Virtual Tape Libraries

Große Auswahl mit breiter Streuung

18. Dezember 2006, 1:15 Uhr | Herbert Bild/dp Der Autor ist Product-Marketing-Manager bei Network Appliance.

Wer künftig seine Bandlaufwerke und -bibliotheken über "Virtual Tape Libraries" auf Festplatten emulieren möchte, sollte bei der Auswahl des Systems darauf achten, dass die Lösung auch seinen Ansprüchen genügt. Denn die Systeme unterscheiden sich zum Teil erheblich voneinander, und meist liegt die Tücke im Detail.

Eine Möglichkeit für eine sukzessive Umstellung von Bandlaufwerken komplett auf eine
festplattenbasierte Speicherlösung sind "Virtual Tape Libraries? (VTLs). Diese Festplattenspeicher
emulieren Band und Bibliotheken. So können sie mit deutlich kürzeren Backup-Fenstern arbeiten als
diese und lassen sich in bestehende Tape-Strukturen eingliedern. Inzwischen gibt es viele derartige
Lösungen auf dem Markt, und alle versprechen Verbesserungen für den Backup- und Restore-Prozess.
Doch sie erfordern einen ganz unterschiedlichen Implementierungs- und Wartungsaufwand. Manche
erfüllen die aktuellen Backup-Anforderungen, sind aber für zukünftige höhere Ansprüche nicht
geeignet. Andere dagegen bringen nicht die versprochene Leistung. Die Unterschiede liegen im
Detail. Um das beste System für seine Bedürfnisse herauszufinden, sollte der Anwender die
unterschiedlichen Systeme nach folgenden Kriterien bewerten:

Geschwindigkeit:

Ein Vorteil von Virtual-Tape-Systemen ist die Beschleunigung der Backup- und Re-store-Zeiten.
Aber nicht alle Lösungen bringen dieselbe Leistung. Viele Faktoren tragen zur Gesamtleistung und
dem Durchsatz des Systems bei. Dazu gehören auch die Rechenleistung der Storage-Controller, die
Festplattengeschwindigkeit, die Anzahl und Arten der Pfade zu den Festplatten am Backend sowie die
Effizienz der Firmware. Ebenfalls Einfluss auf die Geschwindigkeit haben Funktionen wie eine
integrierte Datenkomprimierung oder die Arbeitsweise der Festplattenverwaltung.

Integration physischer Bänder:

Alle VTLs emulieren ein oder mehrere Bandlaufwerke. Wenn die emulierten Laufwerke den
installierten Laufwerken entsprechen, kann die VTL ohne oder mit nur wenigen Änderungen in den
bestehenden Backup-Prozess implementiert werden. Unterscheiden sich die Laufwerke, können
geringfügige Änderungen an der Konfiguration der Backup-Anwendung notwendig sein.

Die Emulation von Bandlaufwerken heißt nicht unbedingt, dass das System die Speicherdaten auch
direkt auf Bandlaufwerke schreiben kann. Denn die Systeme arbeiten mit unterschiedlichen Techniken.
Bei der einen verwaltet die Virtual-Tape-Software nur den Festplattenspeicher und nicht die
physischen Bandlaufwerke. Soll ein virtuelles Band auf ein physisches Band kopiert werden, muss der
Administrator dafür einen separaten Backup-Schritt vorsehen. Dieser zusätzliche Schritt verbraucht
zusätzliche I/O-Bandbreite und Rechenkapazität des Backup-Servers. Die physischen Medien bleiben
unter Kontrolle der Back-up-Anwendung.

Bei der zweiten Methode nutzt die Virtual Tape Library die Prozessoren in der VTL-Appliance und
nicht den Backup-Server zum Verschieben von Daten zwischen Festplatte und Band. Die
Virtual-Tape-Software verfolgt den physischen Speicherort der gesicherten Daten und kann je nach
Bedarf Backup-Kopien über dedizierte Pfade zwischen Festplatte und Band migrieren. Lösungen, die
diese Methode nutzen, unterstützen in der Regel auch die erste Methode.

Wenn der Administrator Bänder aus einer Bibliothek entnehmen will, etwa zu
Disaster-Recovery-Zwecken, muss grundsätzlich festgelegt sein, ob er das Band von der
Backup-Anwendung direkt verwenden soll oder ob er es zum Lesen in die VTL zurückstellen muss.

Ausnutzung der physischen Bänder

Ein weiterer Aspekt der Integration physischer Bänder kann dazu führen, dass VTL-Anwender
unerwartet feststellen, dass sie nach der Implementierung bestimmter VTL-Lösungen mehr Bänder
benötigen als zuvor.

Physische Bandlaufwerke nutzen Hardwarekomprimierung für höhere Bandkapazitäten und
Geschwindigkeit. Dabei ist problematisch, dass die unterschiedlichen Datentypen mit
unterschiedlichen Raten komprimiert werden. Die VTL muss aber aus Gründen der Kompatibilität eine
1:1-Entsprechung zwischen virtuellen und physischen Bändern beibehalten. Das bedeutet, dass bei den
meisten VTLs die virtuellen Bänder die unkomprimierte Kapazität der physischen Bänder besitzen,
damit die Speicherkapazitäten garantiert übereinstimmen. Da im Schnitt die Daten auf dem physischen
Bandlaufwerk im Verhältnis 2:1 komprimiert sind, bleiben die meisten physischen Bänder bei solchen
VTL-Lösungen halb leer, und der Anwender benötigt doppelt so viele Kassetten wie nötig.

Doch es existiert eine Methode, mit der die von der VTL bespielten physischen Backup-Bänder mehr
Kapazität erhalten. Hierzu erfasst die VTL nach dem Zufallsprinzip Daten beim Eintritt ins System
und schätzt auf dieser Basis die Hardwarekomprimierung auf dem Band ab, ohne dabei den Datenfluss
zu beeinträchtigen. So lassen sich die Virtual Tapes in der Größe sehr stark an die komprimierte
Kapazität der physischen Bänder anpassen, sodass nur etwa die Hälfte an Bändern benötigt
werden.

Komprimierung

Manche VTL-Systeme bieten für ihre festplattenbasierten Systeme ebenfalls eine
Komprimierungsmöglichkeit an. Die Vorteile der Komprimierung sind für VTLs jedoch nicht so
ausschlaggebend wie für Bandlaufwerke. Wer sich dafür interessiert, sollte darauf achten, dass
diese hardware-basiert erfolgt. Hier führen spezielle Verarbeitungschips die Komprimierung beim
Eintritt der Daten ins System durch. Diese Art von Verarbeitung ist sehr viel effektiver als eine
softwarebasierte Komprimierung. Wer die Backup-Zeiten möglichst gering halten will, sollte auf
keinen Fall eine Softwarekomprimierung einsetzen.

Skalierbarkeit

Virtual-Tape-Lösungen sind für die unterschiedlichsten Speicherumfänge erhältlich – von
einzelnen Libraries für kleinere Rechenzentren oder Außenstellen bis hin zu Systemen für
Rechenzentren mit zahlreichen Servern. Bei letzteren definieren Storage-Administratoren eine große
Zahl virtueller Bandlaufwerke, wobei die Höchstzahl vom VTL-Anbieter abhängt.

Kleine Systeme emulieren nur Bandlaufwerke, größere dagegen auch Bandlaufwerke und
Bandbibliotheken. In diesen größeren Systemen wird die Festplattenkapazität der Backup-Software
gegenüber als eine oder mehrere Bandbibliotheken einschließlich Laufwerken, Bandkassetten und
Robotern dargestellt. Da das System die Festplatte als Bandbibliothek präsentiert, können
Administratoren Kapazität und Durchsatz des Systems auf mehrere Server verteilen. Arbeitet ein
Unternehmen also mit mehreren Backup-Servern, sollte ein System gewählt werden, das
Bandbibliotheken emuliert.

Ebenfalls interessant beim Thema Skalierbarkeit ist eine gleichbleibend hohe Geschwindigkeit
sowohl bei geringen als auch bei hohen Festplattenkapazitäten.

Management

Die Software für das Management der Virtual Tape Librarie muss ebenso einfach und intuitv in der
Bedienung sein wie die Konfiguration der Libraries, Laufwerke und Kassetten. Wenn die VTL in
Außenstellen oder Abteilungen außerhalb des Rechenzent-rums installiert wird, sollte die
Möglichkeit bestehen, das oder die System(e) von einer zentralen Stelle aus remote zu
verwalten.

Investitionsschutz

VTLs lassen sich in der Regel einfach in bestehende Backup-Infrastrukturen integrieren, um
Probleme mit der Backup- und Restore-Performance zu lösen. IT-Abteilungen sollten diese Anschaffung
jedoch auch als Teil einer größeren Datenschutzstrategie betrachten. Die Auswahl des richtigen
Anbieters kann den Schutz der Investition sicherstellen, die Auswahl des falschen Anbieters dagegen
kann das Produkt innerhalb weniger Jahre praktisch unbrauchbar werden lassen. Daher ist es von
Bedeutung, Pläne und Roadmaps des Anbieters zu kennen.

Fazit

VTLs ergänzen Speicherlösungen mit physischen Bändern und schaffen zwei Stufen der
Datensicherung: Die primäre Backup-Kopie wird auf Festplatte gespeichert, die sekundäre Kopie auf
Band. Virtual Tape Libraries ermöglichen kürzere Backup- und Restore-Zeiten, ohne dass vorhandene
Prozesse oder Work-loads geändert werden müssen. Der Administrator kann schrittweise Optimierungen
einführen. Manche Lösungen sind erst seit kurzem auf dem Markt und vergleichsweise unausgereift.
Sie bieten nur grundlegende Managementfunktionen mit der Aussicht auf zukünftige Verbesserungen.
Wie in anderen Bereichen auch fährt man meist besser mit bewährten Produkten, die kontinuierlich
optimiert werden.

Grundsätzlich muss eine Virtual-Tape-Lösung sorgfältig nach den eigenen Anforderungen und
Präferenzen ausgewählt werden. Die in diesem Artikel angesprochenen Kriterien dienen als "Roter
Faden", um die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Systeme zu erfassen.


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