Sonys AIT-1-Turbo-Streamer im Test

Mehr Schub

19. Mai 2005, 23:16 Uhr | Florian Huttenloher/jos

Mit einer neuen Aufzeichnungstechnik rüstet Sony die Bandlaufwerke der AIT-Familie auf. Im LANline-Test musste ein verbessertes AIT-1- Gerät zeigen, ob es die werbewirksame Zusatzbezeichnung "Turbo" verdient und auch im unteren Preissegment für hohe Leistung sorgen kann. Das Gerät gilt als Konkurrent der offenbar auslaufenden DDS/DAT-Reihe.

Seit Beginn des Jahres zeigt Sony ein verstärktes Engagement im AIT-Bereich (Advanced
Intelligent Tape) und rüstet seine AIT-Bandlaufwerke in der nächsten Generation mit einem "
Turbolader" nach. Die komplette Produktreihe erfährt hierbei eine Aktualisierung in Bezug auf
Speicherkapazität der Medien, Datendurchsatz und Preis der Laufwerke. Dabei fügt der Konzern die
aktuelle Aufzeichnungstechnik seiner AIT-3-Laufwerke Schritt für Schritt in die Vorgängerversionen
ein. Sonys diese Technik betreffender Optimismus scheint berechtigt, schließlich machte der
Hersteller mit seinem aktuellen AIT-4-Streamer (Gegenspieler zu LTO-2 – allerdings noch ohne Turbo)
eine gute Figur (LANline Ausgabe 2/2005).

Wie sich die AIT-1-Turbo-Streamer im direkten Vergleich zu den älteren AIT-1-Bandlaufwerken
schlagen, ist das Thema dieses Artikels. Mit den neuen Laufwerken zielt Sony auf die laut einer
IDC-Studie (www. idc.com, siehe auch Computer Zeitung Ausgabe 1/2005) auslaufenden
DDS/DAT-Laufwerke. Dabei setzt der Hersteller, falls die im Datenblatt genannten Kenngrößen wie 360
MByte/min unkomprimiert zutreffen, in puncto Speicherkapazität und Datendurchsatz in dieser
Preisklasse neue Maßstäbe. Ein zusätzliches Umsteigemodell, das AIT-E Turbo, soll weitere Kunden
von dieser Produktlinie überzeugen. Dies wird in einer der nächsten Ausgaben des LANline-Stammhefts
ausführlich getestet und dann auch direkt mit DDS-4 verglichen.

Systemvoraussetzungen

Das Testgerät trägt die Bezeichnung SDX-450V. Die Abmessungen von 170 mm Tiefe auf 120 mm Breite
ohne 5,25-Zoll-Blende und 42 mm Höhe mit einer Masse von einem Kilogramm beziehen sich auf die
vorliegende interne Variante (Bild 1). Diese war im Test über Ultra-160-SCSI an den Backup-Server "
Dual-Xeon" angeschlossen. Preislich ordnet sich der Streamer mit 550 Euro in der unteren Klasse
ein. Das Gerät zeigt den Betriebszustand über LEDs an, rechts neben dem Cartridge-Einschub befindet
sich der Auswurfknopf. Schutz gegen das Eindringen von Fremdkörpern in die Laufwerksmechanik bietet
eine zusätzliche Plastikabdeckung, die jedoch bei Bedarf (etwa in staubfreien Räumen oder
Serverschränken) entfernt werden kann. Falls nötig lässt sich das AIT-Testgerät durch beigelegte
Blenden von 3,5 Zoll auf den 5,25-Zoll-Formfaktor bringen. Die interne SCSI-ID wird über
Dip-Schalter eingestellt.

Bei Nutzung des beigelegten Backup-Programms "Retrospect Version 6.5.350 OEM" von Dantz läuft
das SDX-450V unter Windows XP, der Windows-2000-Familie, Windows 2003 Server, MacOS 9 (nur Clients)
und MacOS 10. Den ersten statistischen Ausfall eines Laufwerks gibt der Hersteller mit 300.000
Stunden bei 100 Prozent Duty-Cycle an. Standardmäßig gewährt Sony auf seine AIT-Streamer 36 Monate
Garantie, und zwar mit Vor-Ort-Service am nächsten Werktag. Aktuelle Treiber sind unter
www.sonyisstorage.com zum Download verfügbar.

Mittel gegen Bandsalat

Da die Turbo-Generation eine modifizierte Aufzeichnungstechnik verwendet, um die Bänder zu
beschreiben und zu lesen, sind die passenden Medien generell nur in den AIT-Turbo-Laufwerken
nutzbar. Daher lassen nur TAIT1-20N, -40N, und -40C-Kassetten einsetzen, andere AIT-Medien
unterstützen die Systeme für Sicherungen. Dennoch lassen sich ältere Kassetten lesen (getestet mit
SDX-T3C-Medien). Durch die ursprünglich von AIT-3 stammende "Helio-Scan"-Aufzeichnungstechnik wird
laut Sony eine unkomprimierte Gesamtkapazität von 20 (TAIT1-20N) bis zu 40 GByte pro Kassette
(TAIT1-40N) bei einem maximalen nativen Datentransfer von 360 MByte/min erreicht. Zum Vergleich:
AIT-1-Bänder sind mit nativen Speichervolumen von 25 GByte und 35 GByte mit 240 MByte/min Durchsatz
zu haben.

Der bei diesen SDX-T3C-Medien verwendete MIC (Memory In Chip) fehlt dagegen bei den
TAIT1-40N-Bändern. Ist dies ein Indiz für eine effiziente Kostensenkung oder das schmähliche
Weglassen wichtiger Funktionen? Hier müssen Systemadministratoren selbst abwägen. Doch generell
bleibt festzustellen, dass nur die wenigsten Softwarepakete für die traditionelle Datensicherung
den MIC vernünftig unterstützten. Falls diese Funktion tatsächlich benötigt wird, muss der
Backup-Administrator zu den ebenfalls erhältlichen TAIT1-40C-Kassetten greifen.

Der Preis pro GByte liegt nach einer Recherche auf www.aaamedia.com und www.bandlaufwerke.de bei
etwa einem Euro für die aktuellen TAIT1-40N-Bänder (35 Euro pro Kassette). Im Vergleich dazu kommen
die SDX-T3C-Bänder auf Kosten von einem Euro und 20 Cent pro GByte (45 Euro pro Band).

Testumgebung

Die beiden Testgeräte (AIT-1 Turbo und AIT-1) wurden nacheinander an den Server angeschlossen.
Dabei handelt es sich um ein Doppelprozessor-Xeon-3,06-GHz-System auf einem Intel-Server-Board SE
7501WV2 (in der SCSI-Variante, also mit einem SCSI-Chip AIC7902 von Adaptec) mit 1024 MByte DRAM.
Am SCSI-Contollerchip hängt an einem Kanal eine SCSI-Festplatte mit 30 GByte für Windows 2003
Server, ebenfalls über diesem SCSI-Bus läuft intern das AIT-1-Turbo-System. Am zweiten Kanal ist
das AIT-1-Bandlaufwerk extern angeschlossen.

Zwei Festplatten (Typ ST3200822AS von Seagate mit 7200 Umdrehungen pro Minute und einem
Cache-Speicher von 8 MByte) mit jeweils 200 GByte Speicherkapazität waren über SATA zu einem RAID-0
(Stripeset) gebündelt. Danach wurde das Stripeset in drei Partitionen unterteilt. Da verschiedene
Datenträger von Backup Exec getrennt gesichert und protokolliert werden, ist so ein
aussagekräftiger Vergleich zwischen den kleinen, mittleren und großen Dateien möglich.

Als Sicherungsprogramm diente wieder Backup Exec in der Version 8.6. Diese Software von Veritas
kam schon bei den letzten Laufwerkstests in den LANline-Ausgaben 12/2004 (LTO-3) und 2/2005 (AIT-4)
zum Einsatz. In den Testreihen wurden drei verschiedene Blockgrößen bei den Laufwerken verwendet,
um die Bänder nacheinander mit gleichen Dateien zu beschreiben. Weitere Einstellungen wie die
Puffergröße von 1024 KByte oder die Pufferanzahl von 10 und der High Water Count von 7 (zur
Cache-Steuerung) blieben während aller Messungen unter Backup Exec unverändert.

Insgesamt drei Partitionen mit verschieden großen Dateien standen zum Backup an (siehe
Partitionstabelle). Im Verzeichnis R befanden sich Dateien im txt- und doc-Format mit einem
Speichervolumen von 866 MByte. Die einzelnen Dateien belegten meist etwa 1 KByte bis 120 KByte
Speicherplatz. Die mittelgroßen Dateien waren im Ordner S untergebracht. Es handelte sich um
Musikdateien im mp3-Format mit 5,8 GByte belegten Speicher. Im Verzeichnis T lagen die größten
Dateien, nämlich sieben Filme im avi-Format mit jeweils 520 MByte. Für die Sicherungsaufgaben
liefen das ältere SDX-D400C (AIT-1 in der externen Ausführung) sowie das aktuelle SDX-450V
(AIT-1-Turbo) abwechselnd am Backup-Server. Schon die ersten Ergebnisse zeigen deutliche
Unterschiede. Das AIT-1-Testgerät erreichte unter 64 KByte Blockgröße mit den Daten von R eine
maximale Geschwindigkeit von 276,8 MByte/min. Bei derselben Einstellung mit exakt gleichen Daten
zeigt der "Turbolader" seine Stärke: Das Backup war um 1 Minute 2 Sekunden schneller, der Durchsatz
von 413 MByte/min liegt hier um etwa 66 Prozent darüber. Bei den zwei weiteren Blockgrößen (512
Byte und 8 KByte) liegen die Werte für das SDX-D400C bei genau 275,3 MByte/min, respektive 3
Minuten 9 Sekunden. Das Turbo-Laufwerk lieferte Ergebnisse von 2 Minuten 7 Sekunden (409,7
MByte/min unter 8 KByte) und 2 Minuten 9 Sekunden (403,3 MByte/min unter 512 Byte).

Bei den größtenteils unkomprimierten Textdateien kann das Turbo-Laufwerk trotz der geringen
Dateigröße durch seine Hardwarekomprimierung punkten. Allerdings finden sich dank der Komprimierung
auch beim AIT-1-Laufwerk die kürzesten Backups unter Partition R. Ein dagegen homogenes Feld bilden
die Sicherungen der S-Partition, liegen die Werte des Turbo-Streamers doch zwischen 331,8 MByte/min
und 332,7 MByte/min. Dabei lassen sich mit dem AIT-1 Transferraten zwischen 220,2 MByte/min bis
220,8 MByte/min messen. Hier liegt das aktuelle Testgerät etwa 50 Prozent über den
SDX-D400C-Transferraten.

Schließlich gaben die Streamer bei den sieben Filmdateien zu 520 MByte unter T alles: Da diese
Daten bereits im avi-Format vorliegen, ist die Hardwarekomprimierung nahezu völlig zu
vernachlässigen; folglich wird der maximale native Durchsatz ermittelt. Die Bandlaufwerke erledigen
ihre Jobs mit 339,1 MByte/min (64 KByte und 8 KByte) und 337,6 MByte/min im Fall des
Turbo-Laufwerks, und mit 224,0 MByte/min (8KByte) bis 226,1 MByte/min (64 KByte) für den externen
AIT-1-Streamer. Die Hardwarekomprimierung war bei allen Testläufen aktiviert, ebenfalls der
abschließende Dateivergleich (verify).

Wiederherstellung im Vergleich

Zuletzt widmete sich das Lab-Team den Restore-Jobs. Die zuvor beschriebenen Bänder liefern das
Ausgangsmaterial für diese Aufgaben. Dabei zeigte sich Erstaunliches: Die Wiederherstellungen
liefen durchweg schneller als die Sicherungen. Dabei waren die maximalen Transfergeschwindigkeiten
wie erwartet mit TAIT-1-Medien unter den zwei höchsten Blockgrößen mit Daten von R zu messen, die
Restore-Aufgaben jeweils nach 2 Minuten 5 Sekunden mit einem Durchsatz von 416,3 MByte/min beendet.
Unter der kleinsten Einstellung dauerte es 2 Minuten 14 Sekunden (388,3 MByte/min) bis zum Ende des
Restores. Das AIT-1 zeigte einen insgesamt um zwei Drittel niedrigeren Datendurchsatz. Ein
ähnliches Bild ergab sich bei den Werten der wiederhergestellten Musikdateien: Wiederum ist das
Turbo-Laufwerk mit Restore-Geschwindigkeiten von 333,3 MByte/min (64 KByte und 8 KByte) etwa um die
Hälfte schneller. Bei den Filmdateien schaufelte das externe Bandlaufwerk die 3,6 GByte in rund
16,5 Minuten (226 MByte/min) auf die Festplatte. Das Turbo AIT hatte den Job bereits nach etwa zehn
Minuten beendet.

Fazit

Durch die um 50 bis 60 Prozent gesteigerte Leistung der Turbo-Geräte mit ebenfalls erhöhter
Speicherkapazität zeigt Sony Flagge. Leider sind diese Verbesserungen auf Kosten der Kompatibilität
entstanden, schließlich wurde die Aufzeichnungstechnik verändert. Der Hersteller sollte das
Augenmerk nun auf möglichst kostengünstige Bänder setzen, um zu vermeiden, dass die Turbo-Laufwerke
ein Nischendasein fristen. Positiv anzumerken ist die Rückwärtskompatibilität zu AIT-1 beim
Wiederherstellen, schließlich lassen sich so ältere Backup-Sätze nach einem Umstieg verwenden. Für
DDS/DAT-Administratoren lohnt sich der Wechsel zusätzlich, da diese Technik wohl zu den
Auslaufmodellen zählt.


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