Aufbau eines Information Lifecycle Managements

Storage in einer Klassengesellschaft

3. Oktober 2006, 22:00 Uhr | Susanne Franke/mw

Der Inhalt und damit der Wert einer Information entscheidet über die Art und Weise der Aufbewahrung. Dies ist das zentrale Konzept des Information Lifecycle Managements (ILM). Ein Phasenmodell beschreibt die fünf Stufen dieses Storage-Konzepts von den Grundlagen über den Aufbau eines Lösungs-Stacks rund um eine Anwendung bis hin zur unternehmensweiten ILM-Umgebung.

Traditionelle Speicherkonzepte – in der Vergangenheit unter dem Begriff Data Lifecyle Management
gehandelt – können die heutige Datenflut mit einem Wachstum von 40 bis 50 Prozent jährlich kaum
noch bewältigen. Unternehmen müssen ihren Umgang mit Daten ändern und Informationsstrukturen
aufbauen. Die Lösung soll einen neuen prozess- und nicht mehr produktbezogenen Ansatz im
Storage-Bereich ermöglichen. Information Lifecycle Management (ILM) heißt der neue Begriff, den die
SNIA (Storage Networking Industry Association) vor etwa zwei Jahren definiert und beschrieben
hat.

Regeln, Prozesse, Vorgehensweisen und Werkzeuge

ILM umfasst sämtliche Regeln, Prozesse, Vorgehensweisen und Werkzeuge, die benötigt werden, um
den Geschäftswert von Informationen mit der am besten passenden und kosteneffizientesten
IT-Infrastruktur in Einklang zu bringen – von der Entstehung einer Information über ihre
Speicherung im Unternehmen bis hin zu ihrer endgültigen Löschung.

"ILM ist im Grunde genommen ein Unterbereich des Service-Managements, zuständig für Storage",
präzisiert Hermann Wedlich, Senior Manager Solution Marketing EMEA bei Symantec. Im Unterschied zum
herkömmlichen Storage-Ansatz entscheidet jetzt über die Aufbewahrung von Daten und Informationen
deren Inhalt (Content) und nicht mehr das Alter. Das bedeutet, dass die Klassifizierung von
Informationen aufgrund von Geschäftsanforderungen wie IT-Compliance-Vorgaben im Mittelpunkt
steht.

Die Aktualität der Thematik zeigt das Ergebnis einer Studie der Experton Group aus diesem Jahr:
Fast 77 Prozent der befragten deutschen Unternehmen beschäftigen sich mit ILM. Die meisten Firmen
adressieren dabei allerdings einzelne kritische Themen wie Business Continuity, Disaster Recovery
oder Datensicherheit und greifen dabei auf einzelne ILM-Elemente zurück. Nur eine Minderheit von
3,5 Prozent der 200 befragten Unternehmen hat das Konzept als unternehmensweiten, gesamtheitlichen,
von der Speicherinfrastruktur unabhängigen Prozess umgesetzt.

Immerhin hat die Hälfte der befragten Unternehmen die technischen Vorarbeiten geleistet und
Grundlagen für künftige ILM-Initiativen geschaffen. Diese Basis ist Inhalt der Phase 1 in dem
fünfstufigen Modell, mit dessen Hilfe die SNIA den Weg zu einer auf ILM beruhenden Betriebsumgebung
beschreibt.

Modell in aus fünf Phasen

Zur ersten Phase zählen nach dem Modell die Maßnahmen zur Überprüfung und Konsolidierung der
Speichersysteme im Unternehmen und der Aufbau von Storage-Netzwerken, sei es in Form von SAN oder
NAS. Konsolidieren und Standardisieren heißt jedoch nicht, dass Anwender sich auf einen
Speicherhersteller beschränken müssen. Mithilfe einer Virtualisierungslösung lassen sich
unterschiedlich gewachsene Hardware-Speicherstrukturen zusammenfassen und verwalten.

Die Phase 2 baut auf dieser Architektur auf und stellt einen ersten Schritt zum
Service-Management dar. Ziel ist die Standardisierung von Storage- und Daten-Services aufgrund
einer Klassifizierung der Daten und ihre Zuordnung zu Geschäftsregeln. Zu den möglichen Kriterien
gehören Relevanz der Information, geforderte Zugriffszeit, benötigte Wiederherstellungszeit,
Aufbewahrungsfristen oder Sicherheitsanforderungen.

Dieser Prozess setzt ein Ranking der Anwendungen voraus und soll schließlich in die Definition
von Service Level Objectives (SLOs) münden. Die wichtigsten Anwendungen für ILM sind laut der
Experton-Studie ERP und E-Mail, als Repository für unternehmenskritische Daten.

Nach Ansicht der Experton Group sind rund zehn Prozent der deutschen Unternehmen dabei, die
entsprechenden Prozesse und SLOs aufzusetzen, während sich die meisten Firmen im Übergang von der
ersten auf die zweite Stufe befinden. Die Marktforscher empfehlen Anwendern, ihre SLOs und die
dahinter stehenden Prozesse an dem Regelwerk ITIL auszurichten.

Datenobjekte und Hierarchien

Technisch betrachtet gilt es auf dieser Stufe, Speicherhierarchien (Tiered Storage) festzulegen,
um anschließend die einzelnen Datenobjekte den passenden Storage-Hierarchien zuzuordnen. Ein
Beispiel einer Lösung, mit der Anwender eine Storage-Umgebung gemäß dieser ersten beiden Stufen
aufbauen können, ist Veritas Storage Foundation.

Die Software liefert eine Virtualisierungsschicht für die Standardisierung der heterogenen
Speichermedien mit einer Komponente für das Storage-Ressource-Managment. SRM ist Teil des
Speichermanagements und dient der Steuerung und Überwachung der Speicherressourcen und
Datenbestände durch übergreifende Managementregeln. Dabei können die Unternehmensdaten durch
gezielte Automatismen auf alle im Unternehmen vorhandenen Speicher verteilt werden. Außerdem bietet
die Lösung die Möglichkeit der automatischen Qualifizierung von Anwendungen für die hierarchische
Speicherung.

Die nächsten Schritte (Phase 3) beziehen sich bereits auf die Schaffung einer nahezu kompletten
ILM-Umgebung für einzelne Anwendungen, für die ein Set von homogenen Daten- und Speicherdiensten
definiert und in SLAs (Service Level Agreements) festgehalten wird. Dieser "Solution Stack" deckt
Themen wie Archivierung, Sicherung und Datenwiederherstellung oder auch Compliance und Sicherheit
ab. Solche Lösungen können von unterschiedlichen Herstellern stammen, und die Prozesse laufen im
Allgemeinen noch nicht vollständig automatisiert ab.

Automatisierung von ILM-Prozessen

Die Automatisierung von ILM-Prozessen mit Managementwerkzeugen ist das Ziel der Phase 4 und soll
laut den Fachleuten von Experton im nächsten Jahr "in greifbare Nähe" rücken – zumindest für
homogene Plattformen eines Anbieters. Das bedeutet, dass die Daten- und Informationsdienste, das
Netzwerk, die Server- und Storage-Infrastruktur für eine Anwendung integriert und zentral verwaltet
werden können.

Die vorläufige Endstufe (Phase 5) ist noch Zukunftsmusik: Sie soll eine lückenlose
Automatisierung von heterogenen Rechenzentrumsumgebungen im Sinne eines "Enterprise ILMs"
ermöglichen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass einzelne Produkte mit denen anderer Hersteller
austauschbar und interoperabel sind.

Dafür fehlen aber noch die benötigten Schnittstellenstandards auf Applikationsebene, damit die
benötigten Dienste produktunabhängig angeboten und konsumiert werden können. Für 2007 ist die erste
Version der SNIA-Spezifikation XAM (Extensible Access Method) geplant. Diese
Standard-Storage-Schnittstelle für Anwendungen soll die herstellerübergreifende
Datenklassifizierung ermöglichen. Die Storage Management Initiative Specification (SMI-S) ist
bereits in der Version 1.1 vorhanden und definiert eine Methode für interoperables Management eines
heterogenen SANs.

Die technische Seite zur Umsetzung von ILM-Konzepten decken sowohl Anbieter von
hardwarebasierten Speicherlösungen und Storage-Netzwerkinfrastrukturen ab als auch Hersteller von
Storage-Software und zum Teil auch von E-Mail-Archivierungslösungen. Viele Anbieter sind dabei, ihr
Portfolio zu erweitern, und orientieren sich dabei an Anforderungen wie höherer Sicherheit, Backup
und Systemwiederherstellung oder der Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben, so das Ergebnis der
Experton-Studie. Diese Lücken werden häufig durch Fusionen, Übernahmen oder auch durch
Partnerschaften gefüllt – häufig mit den bekannten Nachteilen der Integration. Zu den Herstellern,
die in der Lage sind, mit dem eigenen Portfolio bereits eine automatisierte ILM-Betriebsumgebung zu
schaffen, gehört auch Symantec. Neben der Veritas Storage Foundation verbindet der Hersteller das
Thema Backup mit Sicherheitsthemen: Ein Sicherheits-Alert kann automatisch die Backup-Frequenz
erhöhen. Die Vision eines unternehmensweiten Information Lifecyle Managements geht über die
SNIA-Definition hinaus und umfasst mehr als das Organisieren, Archivieren und Wiederherstellen.
Ebenfalls dazu gehören eine Suchoption und auch Funktionen des Dokumentenmanagements.


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