Archivierung von unstrukturierten Daten

Up to Tape

24. Oktober 2016, 8:20 Uhr | Von Stéphane Estevez.

Tape - ursprünglich klassisches Backup-Medium - gewinnt dank neuester LTO-Techniken in einer neuen Rolle wieder zunehmend an Bedeutung. Die Bandkassetten erfreuen sich gerade in datenintensiven Branchen steigender Beliebtheit als zusätzliche Speicherebene für die Langzeitvorhaltung großer Mengen unstrukturierter Daten.

Laut einem aktuellen Report von IDC verdoppelt sich das weltweite Datenvolumen alle zwei Jahre. Die Branchenanalysten rechnen mit einem Anschwellen der globalen Datenmenge bis 2020 auf 44 ZByte (Zettabyte). Mit Business Intelligence (BI) und Analytics werden die Herausforderungen in Sachen Sicherung, Archivierung und Management von Daten zunehmend komplexer. Hinzu kommt die Anforderung an die Echtzeitverfügbarkeit von digitalen Inhalten, was erhebliche Auswirkungen auf Lebenszyklus und Workflows von Daten hat.

Angesichts eines Datenvolumens, das weltweit die ZByte-Marke knackt und keine Grenze nach oben kennt, gilt es, neue wie alte Lösungen zur Datenspeicherung und -vorhaltung ins Visier zu nehmen und auf ihre zukünftige Tauglichkeit zu prüfen. Für viele IT-Administratoren ist die Festplatte mittlerweile zwar zum "neuen Tape" mutiert, doch selbst wenn die Rolle von Tape im Bereich Backup schwinden mag, gewinnt Letzeres gerade im Hinblick auf moderne Archivierungs-Workflows bei unstrukturierten Daten wieder zunehmend an Bedeutung.

Weg vom Backup - hin zum Archiv

Denn auch Tape geht mit der Zeit. Und so hat sich das Einsatzgebiet von LTO (Linear Tape-Open) mittlerweile zunehmend in den Archivbereich verlagert. Während einerseits die Nutzung von Tape mit Backup-Systemen aufgrund der Vorteile von Deduplizierungs-Appliances oder Disaster Recovery (DR) aus der Cloud kontinuierlich zurückgeht, erfreut sich Tape andererseits - gerade in datenintensiven Branchen - steigender Beliebtheit. Die Anwendungsfälle reichen von der Langzeitarchivierung von 4K-Medieninhalten in der Film- und Unterhaltungsbranche, Footage-Material von Videoüberwachungssystemen oder PByte-Daten (Petabyte) in Forschung und Wissenschaft bis hin zu unstrukturierten Daten auf EByte- (Exabyte) und ZByte-Ebene in Cloud-Rechenzentren.

In diesen Bereichen steht die sichere Vorhaltung der Daten im Vordergrund. Diese müssen entsprechend nicht in Echtzeit, sondern im Einzelfall relativ schnell abrufbar sein. Doch statt Daten intelligent zu klassifizieren oder gar zu löschen, geht die Tendenz zu hundertprozentiger Vorhaltung etwa für mögliche BI-Analysen. Verheerend ist dabei, dass sich inaktive Daten viel zu oft auf teurem Primärspeicher wiederfinden, was die Backup-Kosten in die Höhe schnellen lässt.

In neuen Archivierungs-Workflows sollten vor allem unstrukturierte Daten daher unbedingt automatisch aus dem Backup-Prozess auf den Primärspeicher ausgeschlossen und auf eine eigene Speicherebene verschoben werden - etwa auf Tape mittels intelligenter Daten-Management-Software. Durch den Einsatz von LTO wird kostenintensiver primärer Disk-Speicher frei, und das Unternehmen kann einen flexiblen Workflow implementieren. In der Regel lässt sich mit einer mehrstufigen Speicherarchitektur (Tiered Storage), die alle Phasen des Datenlebenszyklus abdeckt, eine Reduzierung der Speicherkosten von bis zu 70 Prozent feststellen. Gerade deswegen sollte Archivierung in der Sicherungsstruktur eine aktivere Rolle einnehmen.

LTO als De-facto-Tape-Standard

Seit der Einführung von LTO-Ultrium-Bandkassetten im Jahr 2000 wurden laut dem LTO-Konsortium insgesamt mehr als 385.000 PByte an Gesamtdatenkapazität ausgeliefert. Die ausgelieferte Speicherkapazität auf LTO-Bandkassetten hat 2015 um satte 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen, heißt es im aktuellen Report des LTO-Konsortiums, zu dem die Hersteller Quantum, HP und IBM gehören. Grund dafür sind die steigenden Kapazitäten der LTO-6- und LTO-7-Bänder, weshalb Anwender auch mehr Daten auf weniger Bandkassetten sichern können. Die LTO-Technik hat sich in der Datenvorhaltung in komplexen Umgebungen als De-facto-Tape-Standard etabliert und erlaubt die Nutzung von mehreren Medienquellen. Das besondere Merkmal der LTO-Technik ist das offene Format, das eine hersteller-, geräte- und medienübergreifende Kompatibilität erlaubt.

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Der Vergleich der LTO-Modelle spiegelt die kontinuierlich erweiterten Kapazitäts- und Performance-Merkmale wider.

Natürlich haben IT-Administratoren bei der Implementierung neuer Techniken eine längerfristige Investition im Sinn, die organischem wie unerwartetem Datenwachstum in Kapazität und Performance standhält. LTO befindet sich inzwischen in der siebten Generation, IT-Administratoren können aktuell bis zur zehnten Generation rechnen, die von den Herstellern verbindlich zugesagt ist und eine beachtliche Kapazität von 120 TByte bei Komprimierung bieten wird. Der Vergleich der LTO-Modelle von anfangs LTO-3, derzeit LTO-7 und demnächst LTO-10 spiegelt die kontinuierlich erweiterten Kapazitäts- und Performance-Merkmale wider (siehe Tabelle).

WORM-Technik und Verschlüsselung

In der Disziplin "Schutz geschäftskritischer Daten" hat LTO zudem maßgebliche Funktionen wie Datenverschlüsselung und WORM anzubieten. Aufschlussreiches Detail: Der Einsatz von Encryption-Key-Lösungen hat bei LTO-Laufwerken weder Einfluss auf Leistung noch Kapazität. Die WORM-Technik steht für "Write Once, Read Many": Sie verhindert das Überschreiben oder Ändern von auf Tape geschriebenen Daten und stellt damit eine wichtige Funktion zur Einhaltung von Compliance-Richtlinien und 99,9-prozentiger Archivierung hochsensibler Daten dar.

Das mit der LTO-5-Bandgeneration eingeführte "Linear Tape File System" (LTFS) macht es zudem möglich, dass sich Bänder wie Festplatten verhalten. Der Vorteil: Daten lassen sich wie bei Disk oder USB-Sticks ohne Zwischenstation über eine Backup- oder Archivierungssoftware direkt auf Band sichern. Die Daten sind unter jedem Betriebssystem abrufbar und wie bei einer Festplatte im Explorer sichtbar. IT-Administratoren sollten LTFS daher besonders bei unstrukturierten Daten in Betracht ziehen, die sich nur schwer komprimieren oder deduplizieren lassen.

Wer über die Anschaffung einer Tape Library nachdenkt, sollte als technische Kriterien neben der Performance vor allem die Skalierbarkeit der Bandlaufwerke und Kassetteneinschübe sowie das Vorhandensein der mit LTO-5 eingeführten LTO-Partitionierungsfunktionen in den Fokus rücken. Mit deren Hilfe können Systemadministratoren eine separate Partition für einen Index der auf der primären Tape-Partition gespeicherten Inhalte zu Tape-Beginn anlegen.

Die Automatisierung spielt bei Tape Libraries ebenso eine kritische Rolle. Dabei ist als wichtiges Entscheidungskriterium die automatische Analyse der Kassetten hinsichtlich ihrer Datenintegrität zu nennen. Ebenso ist es von Vorteil, wenn der Hersteller den unterbrechungsfreien Umbau von defekten Hardwarekomponenten sowie Fernwartung und Statusmeldungen gewährleisten kann. Zudem sollte die Umrüstung auf die jeweils folgende LTO-Technik garantiert sein.

Stéphane Estevez ist Backup and DR Product Marketing Manager bei Quantum ().

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