Interview mit Rainer W. Kaese, Toshiba

Wachsende Datenflut auffangen

22. August 2022, 7:00 Uhr | Anna Molder
Festplatten übernehmen die Online-Speicherung großer aktiver Datenbestände.
© Toshiba Electronics Europe

Seit dem Aufkommen von Flash-Speichern ist immer wieder vom Ende der Festplatte die Rede, doch der Speicherklassiker hat seine Daseinsberechtigung. Im Interview erklärt Rainer W. Kaese, Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe, warum Festplatten bei der Archivierung der wachsenden Datenflut konkurrenzlos sind.

LANline: Wie skizzieren Sie die Zukunft der HDD?

Rainer W. Kaese: Festplatten sind für den Enterprise-Bereich noch immer unverzichtbar. Es gibt im Moment kein Speichermedium, dass eine solch hohe Kapazität zu einem derart niedrigen Preis bietet.  2020 wurden erstmals HDDs mit einer Gesamtkapazität von einer Milliarde Terabyte verkauft. SSDs sind wegen des hohen Preises und der beschränkten Produktionskapazitäten keine wirkliche Konkurrenz. Bei der Weiterentwicklung der Festplattentechnik ist sehr wichtig, dass die Platten nicht mechanisch größer, langsamer, empfindlicher oder teurer werden. Denn sonst könnten sie nicht in bestehenden Systemen Verwendung finden und würden Unternehmen zudem weitere Kosten verursachen. Wir sehen bei Toshiba, dass es noch in dieser Dekade Festplatten mit 30 bis 35 Tera­byte geben wird.

LANline: In welchen Bereichen oder Anwendungsszenarien ist der HDD-Einsatz im Vergleich zur SSD von Vorteil?

Rainer W. Kaese: Festplatten sind überall da von Vorteil, wo viele Daten anfallen und man diese speichern muss, also in großen Rechenzentren oder Storage-Systemen. Das Fassungsvermögen von Enterprise-Laufwerken steigt kontinuierlich jedes Jahr um etwa 2 Terabyte, und das bei gleichbleibenden Kosten. Diese Entwicklung gelingt aufgrund von kontinuierlichen Verbesserungen der bestehenden Technologie, denn am ursprünglichen Konzept der HDD, also dem berührungslosen Magnetisieren und Abtasten von Sektoren auf rotierenden Scheiben mit magnetischer Beschichtung, hat sich bis heute im Wesentlichen nichts verändert.

Gesteigerte Anforderungen müssen Festplatten nun auch durch technische Neuerungen wie Cloud-Services und IoT-Anwendungen erfüllen. Unter anderem müssen sie eine hohe Performance bei zufälligen Zugriffen bieten. Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Optimierung für sequenzielle Schreib- und Lesevorgänge ausreichte. Durch Verbesserungen der Firmware können Enterprise-HDDs heute je nach Modell über 400 IOPS schaffen. Das reicht zwar nicht an die Leistung von SSDs heran, für Unternehmen ist es aber wesentlich günstiger, einige Dutzend Festplatten in einem Storage-System zu betreiben. So haben sie mehrere zehntausend IOPS zu deutlich günstigeren Kosten zur Verfügung.

LANline: Sehen Sie einen Zeitpunkt oder ein Szenario, bei dem der Einsatz von Festplatten an seine Grenzen kommt?

Rainer W. Kaese: Um das zu beantworten, muss man die Faktoren analysieren, die zum Einsatz eines technischen Produktes im Massenmarkt notwendig sind. Zum einen der Bedarf: Alle Analysten sind sich einig, dass die zu speichernden Datenbestände explodieren. Daher kann man davon ausgehen, dass in Zukunft auf breiter Ebene ein Bedarf zur Speicherung gigantischer Online-Datenbestände entsteht.

Technologisch gesehen wäre es sogar möglich, Festplatten mit bis zu 50 Tera­byte zu entwickeln. Hersteller erforschen gerade die Produktentwicklung von Festplatten mit bis zu 100 Terabyte. Ausschlaggebend ist schließlich, dass die Produktkosten mit den Erwartungen und Möglichkeiten der Anwender kompatibel sind. Das ist der springende Punkt: Wenn es die Industrie in Zukunft schafft, eine Festplatte mit 100 Terabyte für ein paar Hundert Euro zu produzieren und zu verkaufen, dann sind bis dahin keine Grenzen erreicht. Kosten die zukünftigen 100-Terabyte-Platten aber mehr als doppelt so viel wie das Vorgängermodell, hat die Festplatte ihre Grenze erreicht.


  1. Wachsende Datenflut auffangen
  2. Zukünftige Einsatzgebiete

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