Zukunft bestehender RZ-Kupferverkabelung

40GBase-T ist auf dem Weg

20. August 2015, 6:00 Uhr | Eugen Ptoszek, Produkt-Manager bei EFB-Elektronik, www.efb-elektronik.de./jos

In Zeiten von Cloud Computing und Virtualisierung sind auch auf Server-Ebene zunehmend höhere Übertragungsgeschwindig-keiten erforderlich. Mit der Entwicklung von 40GBase-T sollen sich künftig kostengünstig Datenraten von 40 GBit/s über Kupferkabel realisieren lassen. Wie aktuelle Messungen belegen, können dafür durchaus auch bestehende Kategorie-7A-Kupferstrecken infrage kommen, zumindest wenn sie eine maximale Länge von 30 Metern nicht überschreiten.

Eine aktuelle Studie des Herstellers Cisco zeigt: Der IP-basierende Datenverkehr innerhalb von Rechenzentren steigt kräftig an. Bis 2017 soll er weltweit insgesamt 7,7 Zettabyte betragen. Das entspricht 7,7 Milliarden Terabyte und einer jährlichen Steigerungsrate von 25 Prozent. Grund für die rasante Zunahme ist vor allem das stete Wachstum im Cloud Computing. Mit dem zunehmenden Datenverkehr gelten jedoch auch höhere Anforderungen an die Verkabelung.
Im Backbone- und Core-Bereich von Rechenzentren kommen deshalb bereits seit einiger Zeit Glasfaserlösungen zum Einsatz, über die sich heute ohne Probleme Übertragungsgeschwindigkeiten von 40 GBit/s oder 100 GBit/s realisieren lassen. Aufgrund der Virtualisierung werden diese Übertragungsgeschwindigkeiten mittlerweile auch innerhalb der Server-Umgebung erforderlich. Denn durch den verstärkten Einsatz virtueller Maschinen gehören zu Endbenutzeranwendungen häufig mehrere Workloads, die auf verschiedene Server verteilt sind. Dadurch fallen nicht nur Datenströme vom Server zum Endnutzer an, sondern auch zwischen den Servern. Gleichzeitig tragen neue Flash-basierende Storage-Techniken dazu bei, dass sich die Workloads wesentlich schneller abarbeiten lassen. Die bislang überwiegend eingesetzte 10-GBit/s-Verkabelung wird somit zunehmend zum Flaschenhals, da sie für die geforderten Datenübertragungsraten nicht genügend Kapazität aufweist.
Einige Ansätze ermöglichen schon jetzt eine direkte Anbindung von Servern mit 40GbE, darunter etwa achtpaarige Twinaxial-Kupferkabel oder OM3/OM4-LWL-Kabel. Für größere Entfernungen bis 150 Meter kommen dabei vornehmlich LWL-Kabel zum Einsatz. Twinaxial-Kupferkabel dagegen kommen wegen ihrer geringen Reichweite von maximal sieben Metern insbesondere bei der Intra-Rack-Verkabelung mittels Top-of-Rack-Verbindung zum Einsatz.
Beide Lösungen haben jedoch den entscheidenden Nachteil, dass sie aufgrund der aktiven Komponenten äußerst kostenintensiv sind. Daher verwenden sie Betreiber meist nur in Umgebungen, in denen maximale Leistungsfähigkeit im Vordergrund steht und Kostengesichtspunkte zu vernachlässigen sind.
Momentan gibt es allerdings eine Entwicklung, die den Ausbau von 40 Gigabit Ethernet auf Server-Ebene deutlich beschleunigen dürfte. Seit 2013 arbeitet das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) unter der Taskforce 802.3bq mit Hochdruck an der Gestaltung eines neuen Kupferverkabelungsstandards, genannt 40GBase-T. Dieser bringt entscheidende Vorteile mit sich. So sind Twisted-Pair-Kabel wesentlich günstiger in der Anschaffung als Twinaxial- oder LWL-Lösungen. Dadurch halten sich beispielsweise bei Neuinstallationen die Investitionskosten deutlich im Rahmen.
 
Neuer Kupferverkabelungsstandard senkt Kosten
Darüber hinaus lassen sich Twisted-Pair-Kabelstrecken wesentlich einfacher verlegen und warten. Damit bleiben auch die laufenden Betriebskosten auf einem konstant niedrigen Level. Insgesamt ist davon auszugehen, dass durch den Einsatz von Twisted-Pair-Kupferverkabelung deutlich weniger Kosten anfallen als bei einer vergleichbaren LWL-Lösung.
 
Hohe Übertragungsraten
Im Gegensatz zum 10GBase-T-Standard, der sowohl für die Büro- als auch die Rechenzentrumsverkabelung ausgelegt war, zielt 40GBase-T ausschließlich auf die Anwendung im Rechenzentrum ab. Um Übertragungsgeschwindigkeiten von 40 GBit/s über Twisted-Pair-Kupferkabel realisieren zu können, plant die ISO/IEC die Erweiterung der Verkabelungskategorien um die Kategorie 8. Im Rahmen dieses Entwicklungssprungs soll das Bandbreitenspektrum von momentan maximal 1.000 MHz (Kategorie 7A) auf mindestens 1.600 MHz, eher jedoch auf 2.000 MHz angehoben werden.
Mit dieser Bandbreitenerhöhung nehmen zwangsläufig auch potenzielle Störungen auf der Übertragungsstrecke zu. Aus diesem Grund soll die maximale Verkabelungslänge von 100 Metern auf 30 Meter sinken. Trotz dieser Längenrestriktion wäre der neue Standard allerdings in der Lage, die bisher bestehende Lücke zwischen der DAC- (Direct Attached Copper) und der LWL-Verkabelung zu schließen. Studien haben gezeigt, dass mehr als 80 Prozent der installierten RZ-Verkabelungsstrecken eine Link-Länge von 30 Metern nicht überschreiten.
 
Neue Verkabelungsklassen der Kategorie 8
Im Rahmen der Kategorie-8-Entwicklung arbeitet das zuständige Gremium auch an der Definition zweier neuer Verkabelungsklassen: Class I (Kategorie 8.1) und Class II (Kategorie 8.2). Class I soll dabei auf optimierten Komponenten der Kategorie 6A mit einer extrapolierten Bandbreite bis 1.600 MHz beruhen. Class II stellt eine Weiterentwicklung der Kategorie 7A dar, ebenfalls extrapoliert bis 1.600 MHz. Zukunftsfähig dürften vor allem die Kabeltypen S/FTP sein. Denn bei diesen Kabeln sind die einzelnen Adernpaare paarweise in Metallfolie geschirmt (PiMF). Dadurch sind besonders beim Nahnebensprechen (NEXT) sehr gute Übertragungseigenschaften zu erzielen. Darüber hinaus lassen sich an die abwärtskompatiblen Kabel sowohl die RJ45-Steckverbinder der Kategorie 6A beziehungsweise Kategorie 8.1 anschließen als auch Steckverbinder der Kategorie 7A beziehungsweise Kategorie 8.2. Zu letzterem zählen etwa Tera, GG45 sowie ARJ45 (Tabelle 1).
 
Zukunftsfähigkeit von installierter RZ-Kupferverkabelung
Ein Punkt, der bei Einführung des neuen 40GBaseT-Standards zunehmend eine Rolle spielt, ist die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der bereits vorhandenen Kupferverkabelungsstrecken. Schließlich sind in vielen Rechenzentren bereits Kategorie-6A-, Kategorie-7 sowie Kategorie-7A-Kabel und -Komponenten installiert, von denen es vor wenigen Jahren noch hieß, dass sie auch für künftige Entwicklungen bestens geeignet seien. Da die Festinstallation einer strukturierten Verkabelung in der Regel auf zehn bis 15 Jahre ausgelegt ist und ein Austausch der Verkabelungsinfrastruktur stets mit immensen Kosten und Betriebsunterbrechungen verbunden ist, lohnt es sich, das 40GBase-T-Potenzial der bestehenden Verkabelung eingehend zu prüfen.
Glücklicherweise sind auf dem Markt bereits Kabelzertifizierer vorhanden, die für Messungen bis 2.000 MHz ausgelegt sind. Dadurch ist das Leistungsvermögen der bestehenden Kabel und Komponenten gut bewertbar. Zwar sind für die Netzanwendungsklasse EA noch keine Messadapter erhältlich, die bis 2.000 MHz zertifiziert sind. Mit einem Herausrechnen des Messfehlers lassen sich dennoch aussagekräftige Ergebnisse erzielen, die Aufschluss über die Reserven der unterschiedlichen Komponenten geben.
 
Messergebnisse von Kategorie-6A-Komponenten
Messungen eines EA-Channels mit einer Gesamtlänge von 50 Metern zeigen, warum im Rahmen von 40GBase-T die maximale Link-Länge auf 30 Meter beschränkt sein soll. Selbst bei Kompensation des Messfehlers ist die Dämpfung bei 2.000 MHz um etwa 40 dB zu hoch. Die Class-I-Grenzwerte sind bereits unter 500 MHz deutlich überschritten, und auch die Grenzwerte für Laufzeit und Gleichstromwiderstand werden deutlich verfehlt. Dies ist unter anderem auf die Länge der Verkabelungsstrecke zurückzuführen. Denn aufgrund des hohen Bandbreitenspektrums nimmt der Signalrauschabstand auf größeren Längen deutlich zu.
Doch auch bei normgerechten Strecken von 30 Metern Länge können die aktuellsten Kategorie-6A-Komponenten die angesetzten Class-I-Grenzwerte nicht erfüllen. Dies wird unter anderem deutlich, wenn man das Nahnebensprechverhalten von Kategorie-6A-Keystones näher untersucht. Zwar weisen Third-Party-zertifizierte Keystones wie der Infralan Cat.6A OC45 Keystone STP 500 MHz von EFB bei hohen Frequenzen bessere Werte auf als herkömmliche Kategorie-6A-Keystones, die Grenzwerte überschreitet er dennoch.
Ein anderes Bild zeigt sich bei Übertragungsstrecken, in denen ausschließlich Kategorie-7A-Komponenten arbeiten. Dort sind nicht nur ausnahmslos die Class-I-Grenzwerte erfüllt, sondern auch die meisten Grenzwerte der Class II. Lediglich bei der Einfügedämpfung lassen sich leichte Grenzwertüberschreitungen feststellen. So etwa bei Verlegekabeln mit 25 Metern Länge, die für eine Bandbreite von 1.000 MHz zertifiziert sind. Diese zeigen deutliche Einbrüche im Bereich von 900 MHz. Aufgrund der Längenabhängigkeit der Einfügedämpfung verbessern sich die Werte jedoch auf kürzeren Strecken und können beispielsweise bei einer Verkabelungslänge von 15 Metern die Grenzen vollständig einhalten.
 
Messergebnisse von Kategorie-7A-Komponenten
Kategorie-7A-Kabel, die bis 1.500 MHz zertifiziert sind, bestehen in Kombination mit Kategorie-7A-Adaptern und -Steckverbindern die Tests nach Klasse FA16 bei allen untersuchten Längen. Einziger Ausreißer ist das Dämpfungs-Fernnebensprech-Verhältnis (ACR-F). Beim schlechtesten Wert der Adernpaare 3/6 und 7/8 zeigen sich dabei die Class-II-Grenzwerte ebenfalls geringfügig überschritten. Dies allerdings erst über 1.600 MHz. Daraus lässt sich schließen, dass bei gleichen Übertragungsstrecken alle Grenzwerte nach der bis 1.600 MHz erweiterten Klasse FA erfüllt sind, wie das Bild unten rechts zeigt.
Zentraler Punkt bei der Einführung des neuen 40GBaseT-Standards ist die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der bereits installierten RZ-Kupferverkabelung. Messungen von Kategorie-6A- und Kategorie-7A-Komponenten zeichnen dabei ein deutliches Bild. So sind mit den Kategorie-6A-Komponenten und -Kabeln in keinem Fall die erforderlichen Class-I-Grenzwerte einzuhalten. Eine Verkabelung auf Basis von aktuellen Kategorie-6A-RJ45-Komponenten ist somit nicht in der Lage, 40GBase-T abzubilden. Dies gilt selbst für Reichweiten unter 30 Meter - auch unter optimistischen Bedingungen.
 
Fazit: Exakte Messung erforderlich
Anders sieht es bei Steckverbindern und Kabeln aus, die nach Kategorie 7A oder Netzanwendungsklasse FA bis mindestens 1.000 MHz zertifiziert sind. Sofern die Verkabelungslänge 30 Meter nicht überschreitet, könnten diese schon heute durchaus die Anforderungen von 40GBase-T erfüllen. Eine bereits installierte Kategorie-7A-Verkabelung könnte damit grundsätzlich zukunftsfähig sein. Letztlich lässt sich allerdings nur durch eine genaue Messung des installierten Verkabelungssystems sicherstellen, ob eine Eignung für den Dienst 40GBase-T besteht.

Bei einer EA-Link-Länge von 50 Metern erweisen sich auch die Grenzwerte für Laufzeit und Gleichstromwiderstand als nicht zu schaffen.

Kategorie-7A-Verlegekabel, die bis 1.000 MHz zertifiziert sind, zeigen bei einer Verkabelungslänge von 25 Metern Einbrüche bei 900 MHz.

Kategorie-7A-Verlegekabel, die bis 1.500 MHz zertifiziert sind, bestehen bis auf das Dämpfungs-Fernnebensprech-Verhältnis alle Grenzwerte der Class II.

Die Class-I-Grenzwerte für die Einfügedämpfung verfehlt ein EA-Channel von 50 Metern Länge deutlich.

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