Link-Längen bei OM3-Fasern

Am Stück oder geschnitten?

9. Mai 2006, 23:25 Uhr | Armin Landers, Harald Hein und Wolfgang Hämmerle/jos

Der Verkabelungsprozess kann die Gesamtleistung eines LWL-Fasersystems durchaus beeinflussen - ob positiv oder negativ ist dabei zunächst offen. Eine vom Hersteller J-Fiber angestoßene Untersuchung ergab, dass die Link-Längen der verwendeten Fasern durch den Prozess ansteigen und die geforderte Übertragungsrate von 10 GBit/s über eine Länge von 300 Meter eingehalten wird. Die OM3-Anforderungen sind erfüllt.

Hersteller, Verarbeiter und Anwender von Standardmehrmodenfasern sind seit Jahrzehnten mit den
Eigenschaften dieses Fasertyps hinsichtlich der Übertragungseigenschaften wie zum Beispiel der
Bandbreite bei 850/1300 nm vertraut. Neben der Tatsache, dass die Herstellung eines speziell durch
die DMD-Messung (Differential Mode Delay) bei 850 nm zu charakterisierenden Fasertyps für den
Hersteller eine gewisse Herausforderung darstellt, sollte eine detaillierte Untersuchung vor allem
die folgenden Fragen beantworten:

Verändert sich die Linklänge durch die Verkabelung?

Beeinflusst das Kabeldesign die Link-Länge? Wenn ja, was könnten die Gründe
sein?

Wenn das Kabel zerschnitten wird, wie verhalten sich die Teilstücke?

Wie weit stimmen die Ergebnisse der Link-Längenmessung mit denen der
Bitfehlerratenmessungen überein?

Link-Länge

Der untersuchte Fasertyp (OM3) ist im Detail durch den Standard IEC 60793-2-10 spezifiziert.
Danach erfüllt eine Faser dann die Anforderung zur Übertragung von 10 GBit/s über eine Strecke von
300 Meter bei 850 nm, wenn die längennormierten DMD-Messwerte innerhalb von einer der sechs
definierten Schablonen (Templates) und zusätzlich einer von vier Intervallmasken (Interval Masks)
liegen. In Anlehnung daran verallgemeinert die Untersuchung diese Definition und bestimmt die
Link-Länge als diejenige Faserlänge, bis zu der eine Übertragung mit 10 GBit/s sichergestellt ist.
Dies geschieht durch Skalierung der effektiven modalen Bandbreite (Effective Modal Bandwidth, EMB)
mit dem Inversen der zeitlichen Breite der DMD-Messung.

Für die Untersuchungen kamen zwei allgemein gebräuchliche Kabeltypen in die Auswahl, die
weltweit als Steigleitungen, als Backbone, in der Gebäudeverkabelung oder für Campusinstallationen
zum Einsatz kommen. Zunächst handelte es sich dabei um Festaderkabel (A und B). Dieser in den USA
häufig eingesetzte Kabeltyp besteht üblicherweise aus einem zentralen Zugkraftelement, um das zwei
bis 144 Festadern helixförmig verseilt sind. Die Fasern sind individuell gefärbt und in der Form
von 900-µm-Festadern verarbeitet. Die Außenschicht besteht aus Aramid-Garn und einem Flammen
hemmenden Kunststoffmantel. Die für die Untersuchung benutzten Kabel A und B enthielten jeweils
sechs Fasern. Da sich keine messtechnischen Unterschiede zwischen den beiden Kabeln gezeigt haben,
sind die Messdaten unter der Bezeichnung Festader (Tight Buffer, TB) zusammengefasst.

Des Weiteren ging es in der Untersuchung um ein Bündeladerkabel (C). Dieser in Europa bevorzugte
Kabeltyp enthält typischerweise zwei bis 24 gefärbte Einzelfasern in einer mit Gel gefüllten
Bündelader, die von Zugkraftelementen (Glas-Rovings) und einem selbstverlöschenden, halogenfreien
und raucharmen Mantelmaterial umgeben sind. Das untersuchte Kabel enthielt sechs Fasern, die von
Faserzügen mit größeren Schwankungen der Link-Längen selektiert waren. Im weiteren Verlauf verweist
der Text auf diese Fasern als "Loose Tube? (LT).

Zu Beginn des Tests galt es, einige relevante Faserdaten zu erfassen und zur Abklärung
eventueller Einflüsse mit den Daten nach dem Verkabelungsprozess zu vergleichen. Die
wellenlängenabhängigen Dämpfungskoeffizienten wurden vor und nach der Verkabelung mit der
Rückschneidemethode erfasst. Die Mittelwerte aller Fasern eines Kabels bei 850 nm zeigen einen
geringfügigen, typischen Anstieg von etwa 0,1 dB/km (Bild 1). Die Bündeladerkabel (TB, Kabel A und
B) standen für eine Bandbreitenmessung (Vollanregungsmethode, OFL) bei 850 nm zur Verfügung (Bild
2). Für die Herstellung des Bündeladerkabels zeichnete Leoni Fiber Optics aus Roth verantwortlich.
Die Interpretation der Grafik legt nahe, dass die zirka zehnprozentige Erhöhung der Bandbreite nach
der Verkabelung auf der Auskoppelung von höheren Moden aufgrund von Mikro- und Makrokrümmungen
beruht. Wie Bild 3 zeigt, ist dieser Anstieg der Bandbreiten signifikant.

Die DMD-Messungen und die darauf basierenden OM3-Link-Längenberechnungen an den für die
Untersuchung benutzten Fasern und Kabeln sind mit einem hoch auflösenden Messgerät ermittelt. Auf
der Empfangsseite verwendet dieses Gerät nicht wie üblich einen Halbleiterdetektor sondern eine so
genannte Streak-Kamera, die eine hohe Empfindlichkeit mit einer hohen Zeitauflösung kombiniert.
Durch diese Eigenart ergibt sich die Möglichkeit, Fasern mit der vom Standard vorgegebenen Länge
von 300 Meter direkt zu messen.

Die Bestimmung der Link-Längen erfolgte sowohl an den Ursprungslängen der einzelnen Fasern als
auch an den resultierenden Längen der gefertigten Kabel. Die Messwerte für die unverkabelten Fasern
und die zugehörigen Kabel sind für die Gegenüberstellung jeweils zusammengefasst. Die Messwerte der
beiden Kabel A und B sind wie bereits erwähnt ebenfalls dargestellt. Wie Bild 4 zeigt, bleiben die
resultierenden Messwerte für die Link-Länge nach der Verarbeitung im Bündeladerkabel (LT) in etwa
gleich, während sie im Festaderkabel (TB) um rund zehn Prozent erhöht sind (Bild 5).

Das Bündeladerkabel (C, Optical Cable Corporation, Roanoke, USA) und die Festaderkabel (A/B)
wurden in Abschnitte zu 300 Meter zerlegt und anschließend die DMD vermessen, wobei die Werte
wiederum gemittelt sind. Die größere Varianz der Link-Längen bei der Selektion der Fasern für das
Kabel C findet sich auch in den Daten der Teillängen wieder. Bei beiden Kabeltypen (Bilder 6 und 7)
sind die gemittelten Link-Längen der Teilstücke in fast allen Fällen größer als die Ausgangswerte
der Einzelfasern.

Die Messungen an den gefertigten Kabeln zeigten eine teilweise deutliche Vergrößerung der
Link-Längen. Um den Einfluss der durch die Verkabelung verursachten Makrobiegungseinflüsse
nachzubilden, brachte das Testteam gezielt Biegungen auf. Zu diesem Zweck wickelten die Techniker
zehn Windungen der beiden Enden eines der Festaderkabel auf Dorne mit Durchmessern von 10, 7,5 und
5 Zentimetern und bestimmten dazu die resultierende Link-Länge.

Für die Bitfehlerratenmessungen kamen im Labor des Fachbereichs Optoelektronik der Universität
Ulm (Dr. Michalzik und M. Stach, Fachbereich Optoelektronik) marktübliche Messgeräte zum Einsatz,
die direkte Messungen bis zu 12,5 GBit/s ermöglichen. Der Aufbau des Systems bestand aus einer
850-nm-VCSEL und einem variablen Abschwächer, um die Messungen mit einem definierten
Signal-/Rauschverhältnis durchzuführen. Der eingesetzte Mustergenerator erzeugte für diese Versuche
Zufallsbitmuster von der Länge 27-1 Bits.

Die Messungen des zur Verfügung stehenden Bündeladerkabels (C) fanden auf einer Länge von 2200
Metern statt. Als Beispiel zeigt Bild 9 das Messergebnis einer der Fasern in Form einer typischen
Messkurve, in der die BER als Funktion der Leistung und gleichzeitig die Referenzmessung
(Back-to-Back) des Systems darstellt sind, wobei der Fehlerzähler des Systems auf eine BER von 10–1
2 eingestellt war. Bild 10 zeigt die Augendiagramme dieser Messungen.

Für die Gesamtlänge des Kabels ließen sich bei einem Signal-/Rauschverhältnis von 3 dB sicher
1,5 GBit/s übertragen. Lineares Verhalten vorausgesetzt ergibt sich daraus für eine Länge von 300
Metern dieser Faser eine Datenrate von 10 bis 11 GBit/s und somit eine gute Übereinstimmung mit der
DMD-Messung. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass der Verkabelungsprozess die an der "
Optigrade"-Faser gemessenen Link-Längen positiv beeinflusst, wobei das Kabeldesign einen
nachweisbaren Einfluss hat. Im konkreten Fall bleiben die Link-Längen der Fasern im Bündeladerkabel
etwa gleich, während der Wert für die Fasern im Festaderkabel ansteigt. Die Versuche zeigen zudem,
dass die Vergrößerung der Link-Längen auf die Abnahme der äußeren Moden zurückzuführen ist. Beim
Zerschneiden der Kabel in Stücke von 300 Meter Länge zeigt sich für beide Kabeldesigns, dass in
fast allen Fällen die mittlere Link-Länge der Segmente den Wert der unverkabelten Fasern
übersteigt. Die Ergebnisse der BER-Messungen ergeben zudem eine gute Übereinstimmung mit den
DMD-Messungen. Diese Untersuchungen haben ebenso ergeben, dass eine Übertragungsrate von 10 GBit/s
unter den gewählten Bedingungen sichergestellt ist.

Info: J-Fiber Tel.: 03641/352-100 Web: www.j-fiber.com


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