Bidirektionale OTDR-Messungen

Auch Messzeit ist Geld

27. Juli 2022, 7:00 Uhr | Alexander Holzer/jos
Schleifenmessung (Loopback): Dabei bleibt der Messaufbau mit dem OTDR und der Vorlaufprüfschnur am nahen Ende des zu messenden Glasfaser-Links bestehen.
© Laser 2000

In der heutigen Zeit sind normkonforme Abnahmemessungen an Glasfaser-Links unabdingbar, um die tatsächliche Leistung fachgerecht feststellen zu können. Dabei gibt es allerdings mehrere Herausforderungen.

Die Anzahl der Glasfaser-Links nimmt drastisch zu. Gerade im Hinblick auf das starke Wachstum von Rechenzentren reden Fachleute von einem Wert im hohen fünfstelligen Bereich. Zudem schrumpft das Zeitfenster zwischen der physischen Installation und der finalen Abnahmemessung immer weiter, da die Verfügbarkeit am besten sofort gewährleistet sein soll.

Für die Feldmesstechnik ist bekannt, dass die Abnahmemessung durch den Installateur erst kurz vor dem tatsächlichen Rollout erfolgt. Damit steigt der Zeitdruck spürbar. Durch diesen Zeitdruck schleichen sich häufig Fehler ein, die den pünktlichen Projektabschluss am Ende gefährden können. Der aktuelle Standard DIN ISO/IEC 14763-3 (VDE 0800-763-3):2019-05 definiert in der Konformität, dass zur Messung installierter Verkabelungen entsprechend dieser Norm das Messverfahren den Anforderungen „Prüfen von installierter Verkabelung“ mit einem Dämpfungsmessgerät (Abschnitt 9.1.1) und einem OTDR (Abschnitt 9.1.2) und den Anforderungen „Prüfen von Verkabelungskomponenten in installierter Verkabelung“ entsprechen muss.

Die Dämpfungsmessung (Tier-1-Zertifizierung) ist eine Messung der Gesamtdämpfung der Verkabelung eines Glasfaser-Links inklusive aller Schnittstellen (verlegtes Glasfaserkabel mit jeder lösbaren Steckverbindung). Diese Messung geschieht mit einem optischen Pegelmessgerät und einer optischen Lichtquelle (OLTS Optical Loss Test Set). Es lohnt sich jedoch im Besonderen, den Abschnitt 9.1.2 „Optisches Zeitbereichsreflektometer (OTDR)“ der DIN ISO/IEC 14763-3 (VDE 0800-763-3):2019-05 näher zu betrachten.

Denn die OTDR-Messung (Tier-2-Zertifizierung) liefert weitaus mehr Informationen über jede einzelne Schnittstelle des installierten Glasfaser-Links. Der größte Vorteil besteht darin, dass jede lösbare Verbindung, jeder Spleiß und auch jedes Kabelsegment in der Verbindung grafisch dargestellt wird und somit die Leistung jeder einzelnen Komponente messtechnisch zu analysieren und bewerten ist.

Die ermittelte Gesamtdämpfung der Installationsstrecke einer einseitigen OTDR-Messung lässt sich nicht mit einer einfachen Dämpfungsmessung (Pegelsender und Pegelempfänger) gleichsetzen. Um die Dämpfung der Installationsstrecke mit einem OTDR zu ermitteln, muss die Messung in beide Richtungen erfolgen und dabei der Mittelwert der beiden Ergebnisse berechnet werden. Damit ist dann eine quantitative Dämpfungsmessung möglich. Dieses Verfahren nennt sich bidirektionale OTDR-Messung. In einem Glasfaser-Link sind Fasern mit verschiedenen Brechzahlkoeffizienten über einen Spleiß miteinander verbunden. Durch diese Unterschiede entstehen auch deutlich andersgeartete Dämpfungsereignisse. In Messrichtung 1 ist die fragliche Verbindung als Dämpfungsereignis dargestellt und in Messrichtung 2 als „Gainer-Ereignis“. Nur eine bidirektionale Messung ergibt den tatsächlichen Dämpfungswert dieses Ereignisses.

Die Messung an einer Installationsstrecke mit einem OTDR fordert den Einsatz einer Vorlauf- und Nachlaufprüfschnur. Im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man diese Prüfschnüre auch Vor- und Nachlauffaser. Der Einsatz solcher Prüfschnüre erlaubt eine Durchgängigkeitsmessung und gibt zusätzlich Auskunft über die Qualität der Steckverbinder sowohl am nahen als auch am fernen Ende. Generell sollten diese Prüfschnüre einen Lichtwellenleiter mit denselben Nennwerten wie der zu prüfende Glasfaser-Link enthalten. Sie sollten nicht kürzer als zwei Meter gleichzeitig jedoch nicht so lang sein, dass die Faserdämpfung einen erheblichen Einfluss auf die Messung hat.

Vor- und Nachlaufprüfschnüre sollten länger sein als die Dämpfungstotzone des OTDRs. Bei Multimode-Fasern sollten diese Prüfschnüre mindestens 75 Meter und bei Singlemode-Fasern mindestens 150 Meter lang sein. Weitere nützliche Angaben gibt es in der DIN ISO/IEC 14763-3.

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