Single Pair Ethernet

Brückenschlag im intelligenten Gebäude

24. April 2020, 7:00 Uhr | Wendelin Achermann

Die SPE-Technik (Single Pair Ethernet) findet derzeit Einzug in die Normen. Gleichzeitig arbeiten die maßgeblichen Hersteller daran, optimale Lösungen für Industrie 4.0, IoT und intelligente Zweckgebäude zu finden.

Seit der Einführung von 10Base-T im Jahr 1990 hat sich das Ethernet-Protokoll laufend weiterentwickelt und ist heute die dominante "Datenautobahn" im lokalen Netzwerk (LAN) schlechthin. In kupferbasierenden Netzen sind Übertragungsgeschwindigkeiten bis 40 GBit/s möglich und Distanzen bis 100 Meter Standard. In Glasfasernetzen standarisieren die Gremien derzeit sogar 800 GBit/s. Die Entwicklung schreitet sogar noch weiter voran.

In der tertiären Gebäudeverkabelung hat sich die Kupfertechnik durchgesetzt. Die einfache und robuste Installation bietet eine kosteneffiziente Lösung für schnelle wie auch langsame Kommunikationsaufgaben im Zweckgebäude. Mit der Einführung von Power over Ethernet (PoE) und der Weiterentwicklung 4 Pair PoE mit einer Einspeiseleistung von knapp 100 Watt lassen sich moderate Verbraucher, also zum Beispiel Access Points oder Kassensysteme, direkt über die Ethernet-Verbindung mit Strom versorgen.

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Integrierte Kommunikation im Zweckgebäude über TCP/IP. Bild: Dätwyler

In intelligenten Gebäudekomplexen - Büros, Flughäfen, Tunnels etc. - sind derzeit jedoch immer noch weite Teile der internen Zustandsüberwachung und Steuerung mittels Bussystemen realisiert. Zum Beispiel bedienen sich wichtige Gewerke wie HKL, Alarmanlagen und kognitive Belichtungssysteme eines der vielen Busprotokolle. Vierpaarige Kupferdatenkabel sind für diese Anwendungen wegen ihrer Reichweitenbeschränkung und ihrer im Vergleich zu den einpaarigen Busleitungen großen Querschnitts nicht die erste Wahl.

Diese Gewerke lassen sich integrieren. Die ISO/IEC 11801-6 "Distributed Building Services" beschreibt, wie Betreiber normierte und nichtnormierte (also meist proprietäre) Steuerungs- und Alarmsysteme mit Hilfe von Gateways an die universelle Gebäudeverkabelung anbinden können.

IoT als Treiber von Single Pair Ethernet

Die Bereiche Industrie 4.0 und Internet der Dinge (IoT) verdeutlichen, dass in der integralen, vernetzten Kommunikation im Gebäude ein ungehinderter Informationsfluss notwendig ist. Dank des bereits erwähnten Gateways sind übergeordnete Überwachungs- und Steuersysteme realisierbar. Doch die Strukturen jenseits dieser genannten Gateways bleiben für die übergeordneten Geräte - und deren Analyse- und Management-Programme - unsichtbar.

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Einpaariges Datenkabel für SPE-Anwendungen von Dätwyler. Bild: Dätwyler

Problembereiche Kosten und Latenz

Diese Tatsache limitiert die Entwicklungsfähigkeit des IoT-Gedankens und treibt die Kosten für die Integration der Feldebene in übergeordneten Management-Systemen in die Höhe. Darüber hinaus erhöhen die Signalaufbereitung und -übersetzung die Latenzzeiten, was von Nachteil für zeitkritische Applikationen ist. Auch sind Bussysteme wie KNX, LON, Profibus oder EchoNet oft nur innerhalb einer Familie tatsächlich kompatibel. Dies macht das Gesamtsystem noch komplexer und fehleranfälliger.

Single Pair Ethernet bietet in diesem Umfeld die einmalige Möglichkeit, die guten Eigenschaften aus zwei Welten - TCP/IP und Bussysteme - zu kombinieren. Mit SPE wird es erstmals möglich sein, alle in einem Gebäude anfallenden Kommunikationsaufgaben sinnvoll - nämlich über nur ein Protokoll - zu erfüllen. SPE ermöglicht Reichweiten bis 1.000 Meter, nutzt vergleichsweise dünne Kabel und kleine Stecker und ist einfacher und kostensparender zu installieren als vierpaarige Lösungen.

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SPE-Stecker in Industrie-Ausführung (IEC 63171-5) und für die Office-Umgebung (IEC 63171-2) mit identischem Steckgesicht. Bild: Weidmüller

Einzug in die Normung

Single Pair Ethernet ist von der IEEE bereits heute standardisiert. Die Spezifikationsfamilie ist die IEEE 802.3 - wie auch bei den bis dato genutzten, auf Kupfer und Glasfasern basierenden Verkabelungsarchitekturen.
Auch in der ISO/IEC 11801 Ed.3 findet SPE Einzug. In allen relevanten Teilen der Norm sind die Architektur, die Leistungsmerkmale für Kabel, Stecker und das Gesamtsystem (Channel) definiert. Die SPE-Technik wird sich daher nahtlos in die bestehende Architektur integrieren. Neben den Switches für Lichtwellenleiter und vierpaarige Kupferkabel kommen zusätzlich SPE-Switches zum Einsatz.

Die Stecker-Interfaces sind ebenfalls normiert. In der Office-Umgebung, die der M1I1C1E1 entspricht, sind zwei Steckgesichter vorgesehen: ein zweipoliger in einem LC-Gehäuse (IEC 63171-1) und der zweipolige Stecker von Phoenix Contact, der sowohl in einer M1I1C1E1-Ausführung (IEC 63171-2) als auch in einer M3I3C3E3-Ausführung (IEC 63171-5) - letztere für industrielle Anwendungen - erhältlich ist. Von Beginn an ist Single Pair Ethernet darauf ausgelegt, neben Daten auch elektrische Leistung zu übertragen. Power over Data Line (PoDL) ist dafür die Ethernet-Technik der Wahl. Mit PoDL sind keine dezentralen Stromversorgungen mehr nötig. PoDL ist in der Lage, die Endgeräte über die Zweidrahtleitung mit bis zu 60 Watt zu versorgen. Der Stecker nach IEC 63171-5 bietet dabei als einziger normierter Stecker für SPE die geeignete Größe und Form für die Integration in die Standard-M8-Sensor-Anschlusstechnik.

Verkabelungsanbieter wie Dätwyler treiben die Entwicklung von SPE im Zweckgebäude maßgeblich mit voran. Gemeinsam mit anderen Unternehmen - Weidmüller, Phoenix Contact, Sick, Microchip, Reichle & De-Massari, Fluke Networks und vielen weiteren - herrscht bereits ein reger technischer Informationsaustausch, um SPE weiterzuentwickeln und optimale Lösungen für Industrie 4.0, IoT und intelligente Zweckgebäude zu finden.

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