PoE ist in mehreren Standards definiert. Dementsprechend ermöglicht PoE unterschiedliche maximale Leistungen. Nach den Standards IEEE 802.3af im Jahr 2003 und IEEE 802.3at im Jahr 2009 verabschiedete die IEEE im dritten Quartal 2018 den Standard IEEE 802.3bt. Der jüngste, auch Four-Pair-PoE („Type 4“) genannte Standard nutzt alle Adern des Datenkabels für die Energieübertragung. Die maximal erzielbaren Leistungen liegen zwischen 72 und 90 Watt (Bild 2).
Bei PoE stehen sich Energieversorger PSE (Power Sourcing Equipment), darunter PoE-Konverter, PoE Splitter oder PoE-Switch, und Energieverbraucher PD (Powered Device) wie PoE+ Wireless APs, PoE+-IP-Phones oder PoE+-Speed-Dome-IP-Kameras gegenüber. Als Varianten der Energieversorgung stehen das Spare-Pair-Verfahren, das nur die freien Paare 4/5 und 7/8 für die Stromversorgung nutzt und die vollständige Phantomspeisung zur Verfügung. Bei Letztem erfolgt die Spannungsversorgung über alle Adernpaare, über die auch die Datenübertragung erfolgt. Das heißt, die Spannung ist auf die Datenleitung aufmoduliert. End-Span-Netzwerke haben PoE-fähige Switches installiert, wohingegen Mid-Span-PoE-Netze externe PoE-Injektoren nutzen, die zwischen einem Nicht-PoE-Switch und einem PD-Gerät installiert sind. Mit der zunehmenden Verbreitung von PoE-fähigen Switches und der immer höheren Leistungsfähigkeit von PoE wachsen der Markt und das Spektrum der Applikationen (Bild 3).
Green IT in der Kabelindustrie
Smart Home und IoT über PoE-Kupferverkabelung sorgen für mehr Energieeffizienz in IT-Umgebungen und sind damit ein wichtiger Baustein von Green IT. Digital und intelligent vernetzte Technik bietet enorme Energieeinsparpotenziale. Doch Green IT geht darüber hinaus: Neben der smarten Vernetzung von Wohn-, Geschäfts- und Fabrikgebäuden kann die Kabelindustrie viel mehr tun.
Umweltschutz vom Design bis zur Anwendung
Vom Design über den Produktionsprozess bis hin zur Anwendung: In allen Phasen des Produkt-Lifecycles sollten ressourcenschonende und energiesparende Aspekte in den Fokus rücken. Beispielsweise lassen sich durch die Entwicklung und Herstellung von kleineren Kabeln Material und Energie einsparen. In der Applikation kommt es auf die Technik an. PoE spielt dann ganz klar seine Vorteile aus. PoE arbeitet mit Gleichstrom. Laut OCP Foundation ist ein Rechenzentrum mit Gleichstrom um rund 16,8 Prozent effizienter als mit Wechselstrom. Bei Wechselstrom geht bei einer Systemeffizienz von 77 Prozent etwa ein Drittel der elektrischen Energie verloren. Mit Gleichstrom hingegen beträgt die Systemeffizienz 90 Prozent.
Regularien zum Umweltschutz
Das strikte und konsequente Umsetzen von Regularien zum Umweltschutz ist eine weitere wesentlich Säule für mehr Green IT. Dazu zählt etwa die seit 2007 geltende REACH-Verordnung als europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe. Sie stellt ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicher und soll gleichzeitig den freien Verkehr von Chemikalien auf dem Binnenmarkt gewährleisten und Wettbewerbsfähigkeit und Innovation fördern. Die REACH-Verordnung gilt als eines der strengsten Chemikaliengesetze der Welt.
Die RoHS-Richtlinie 2011/65/EU als weitere Umweltschutz-Regelung regelt die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Im Wesentlichen geht es um die Stoffbeschränkung bestimmter gesundheitsgefährdender und umweltschädlicher Materialien.
Schließlich legt die international anerkannte Umwelt-Management-Norm ISO 14001 Anforderungen an ein Umwelt-Management-System fest. Nach der ISO 14001 zertifizierte Unternehmen bekennen sich zu einer gesteigerten Ressourceneffizienz, zu geringeren Verbrauchs- und Umweltkosten sowie einer Reduktion der Umweltrisiken. Sie setzen die erforderlichen Umweltschutzmaßnahmen kontinuierlich um und integrieren das Umwelt-Management in die Geschäftsprozesse. ISO 14001 kann sowohl auf produzierende als auch auf dienstleistende Unternehmen angewendet werden. Eine solche Zertifizierung ist für vier Jahre gültig, dann muss eine Re-Zertifizierung stattfinden. Zwischen den Zertifizierungen finden jährlich Überwachungs-Audits statt.
Made for the Continent
Ganz entscheidend für mehr Green IT sind kürzere Transportwege, konkret die Reduzierung der Überseetransporte und damit der Anzahl der Containerschiffe auf den Wasserstraßen. Die Seeschifffahrt trägt wesentlich zur Vermüllung und Verschmutzung der Meere bei, vor allem durch den Einsatz von Diesel und Schweröl für die Motoren. Schiffsabgase werden zwar gereinigt, die giftigen Reste landen jedoch direkt im Meer. Zudem fahren 88 Prozent der Hochseeschiffe mit einem so genannten „open loop scrubber“. Das heißt, sie leiten den flüssigen Schwefel ins Meer. Das Ziel müssen kürzere Transportwege sein. Sie bewirken einen geringeren CO2-Ausstoß. Außerdem lassen sich Produktionsprozesse und Lieferketten erheblich leichter nachvollziehen.
Bei der Umsetzung der genannten Maßnahmen und Regelungen ist jeder gefragt, seinen Beitrag zu leisten. Ressourceneffizienz und Klimaschutz sind eine Gemeinschaftsaufgabe. Jeder Einzelne sollte sein Handeln im Sinn der Nachhaltigkeit überdenken und optimieren. Eines ist klar: Green IT erfordert die Bereitschaft der Unternehmen zu investieren. Reduzierte Kosten sind nicht die effektivste und beste Lösung für die Umwelt. Anstelle von Billigware aus Übersee sollte die Wahl auf Produkte fallen, die europäische Unternehmen klimaneutral produzieren. Letztlich profitieren die Abnehmer von höherer Qualität, besserer Rückverfolgbarkeit und schnelleren Lieferketten.
Fazit
Trotz der vielfältigen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft bleibt der Wachstumstrend im Datacom-Markt mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,8 Prozent bis zum Jahr 2026 weiterhin stabil. Dies sind gute Aussichten. Und auch hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz eröffnen sich Perspektiven und neue Wege. Insbesondere PoE-Netzwerke mit Kupferverkabelung können eine wichtige Rolle bei mehr Green IT spielen. Hier steckt viel Potenzial.
Zoran Borcic ist als Product Manager Copper Data der BU Multimedia Solutions innerhalb der Prysmian Group tätig.