LWL-Steckertypen in der RZ-Verkabelung

Der Dämpfung die Stirn bieten

21. August 2015, 6:00 Uhr | Kai Wirkus, Key Account Manager Data Center bei LWL-Sachsenkabel, www.sachsenkabel.de./jos

Die Datenübertragung via Lichtwellenleiter ist aus Rechenzentren längst nicht mehr wegzudenken. Ob sie reibungslos funktioniert, hängt vor allem von der Qualität der LWL-Steckverbinder ab. Wichtigstes Kriterium für die Wahl der richtigen Lösung ist eine möglichst niedrige Einfügedämpfung. Sie gewährleistet, dass sich mithilfe der Stecker auch zuverlässige Übertragungsstrecken für High-Speed-Datentransfer via 40GbE oder 16 GByte/s Fibre Channel realisieren lassen. Die gestiegenen Anforderungen erfüllen heute nur noch LC-, MPO- und URM-Steckverbinder.

Als Bindeglied zwischen zwei oder mehreren Glasfaserstrecken sowie zwischen Glasfaserkabeln und Aktivgeräten stellen LWL-Steckverbinder eine klassische Komponente der Rechenzentrumsverkabelung dar. Meist als vorkonfektionierte Strecken verbaut, kommen sie in RZs vor allem an Patch-Paneln zum Einsatz - Rangierfeldern, die der Kabelverteilung dienen und mit Durchführungskupplungen (Ports) für die Steckverbinder ausgestattet sind.
Die LWL-Stecker sind dort vis-à-vis eingebracht, sodass sich die Stirnflächen (Endflächen) der von ihnen geführten Fasern berühren (Physical Contact). Auf diese Weise realisieren sie letztlich eine zusammenhängende Glasfaserstrecke. Darüber hinaus dienen die Stecker jedoch auch als Endpunkte von Faserstrecken in Aktivkomponenten wie Switches oder Router, die gleichermaßen mit entsprechenden Ports versehen sind und die eingehenden Lichtwellensignale weiterverarbeiten.
 
Schlüsselrolle in RZ-Infrastruktur
Obwohl sie aus dem RZ-Umfeld also nicht wegzudenken sind, werden LWL-Steckverbinder in ihrer Bedeutung leicht unterschätzt. Äußerlich unspektakulär und von geringer Größe, scheinen sie eher eine Marginalie darzustellen. Tatsächlich aber hängt gerade von ihnen ab, ob die heute unverzichtbare Datenübertragung via Lichtwellenleiter ohne nennenswerte Einschränkung funktioniert. Dies gilt erst recht, seit das Europäische Komitee für Elektrotechnische Normung (Cenelec) die Realisierung einer strukturierten RZ-Verkabelung fordert (DIN/EN 50173-5) und sich in Hochleistungsrechenzentren zugleich die Migration auf Datenübertragungsraten von 40 GBit/s abzeichnet. Beide Aspekte zwingen letztlich dazu, die LWL-Steckverbinder in den Mittelpunkt aller Überlegungen zu einer zeitgemäßen und zugleich zukunftssicheren Rechenzentrumsverkabelung zu stellen.
Worum es dabei geht, verdeutlicht ein Blick auf das Grundproblem jeder optischen Datenübertragung: die in Dezibel (dB) gemessene optische Dämpfung. Darunter verstehen Experten den Energieverlust, den die Lichtstrahlen beim Durchlaufen einer Faserstrecke erleiden.
Für die Datenübertragung ist dieser Energieverlust insofern bedeutsam, als von ihm die Bitfehlerrate, das heißt die Anzahl verfälschter Datensignale, abhängt: Sie wird umso höher, je mehr Energie verloren geht. Steigt die Bitfehlerrate zu stark an, ist eine zuverlässige Datenübertragung nicht mehr zu gewährleisten. Protokolle zur optischen Übertragung von Daten weisen deshalb ein sogenanntes Dämpfungsbudget aus. Dieser Ausdruck bezeichnet das Maximum an Energieverlust, das auf der jeweiligen Strecke ohne Schaden für die Übertragungsqualität toleriert werden kann. Der Umfang des Budgets hängt dabei von der Datenübertragungsrate ab: Je höher die Transferrate, desto geringer das Dämpfungsbudget des Übertragungsprotokolls.
 
Geringes Dämpfungsbudget
RZ-Betreiber stehen nun vor der Herausforderung, dass moderne Protokolle immer höhere Transferraten ermöglichen und das Dämpfungsbudget entsprechend immer weiter zurückgeht. Standen bei älteren Protokollen mit Transferraten unterhalb des Gigabit-Bereichs zum Teil noch Budgets von über 10 dB zur Verfügung, können RZ-Betreiber von solchen Zahlen mittlerweile nur noch träumen. So ist beispielsweise das Dämpfungsbudget moderner Ethernet-Protokolle, die in Rechenzentren für die Netzwerkkommunikation zum Einsatz kommen, nicht einmal mehr halb so groß wie die Budgets von Protokollen der Pionierzeit. Schon bei Gigabit Ethernet mit einer Transferrate von 1 GBit/s beträgt es nur noch 3,5 dB. Ab einer Ethernet-Bandbreite von mehr als 10 GBit/s ist laut der vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) verabschiedeten Norm IEEE 802.ba sogar lediglich ein Dämpfungsbudget von 1,5 dB zulässig.
Ganz ähnlich verhalten sich die Dinge bei Fibre Channel, dem heute bevorzugten Protokoll in RZ-Speichernetzwerken (SAN, Storage Area Network). Angesichts von Übertragungsraten von 16 GBit/s und mehr beträgt das zulässige Dämpfungsbudget auch dort maximal 1,5 dB.
Vor diesem Hintergrund sind RZ-Betreiber mittlerweile gezwungen, konsequent auf Verkabelungskomponenten zu setzen, die das Dämpfungsbudget so wenig wie möglich belasten. Den größten Handlungsspielraum bieten dabei die LWL-Steckverbinder. Während sich die Dämpfungswerte von RZ-typischen 100-Meter-Kabeln (etwa 0,2 bis 0,3 dB) sowie von Spleißstellen (etwa 0,1 dB) technisch kaum mehr verändern lassen, stehen bei den Steckverbindern heute Modelle mit Einfügedämpfungen zwischen 0,2 und 2 dB zur Wahl. Dass Stecker mit einer Dämpfung von bis zu 2 dB von vornherein ausscheiden, ist angesichts der oben skizzierten Entwicklung klar. Ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium stellt darüber hinaus die Vorgabe einer strukturierten Verkabelung nach DIN EN 50173-5 dar. Bei einer normgemäßen Umsetzung schließt sie selbst bei der einfachsten Verbindung mindestens zwei Patch-Punkte ein, an denen jeweils ein LWL-Steckerpaar mit passender optischer Dämpfung zum Einsatz kommt. Bei Dämpfungsbudgets von maximal 1,5 dB sind damit Steckverbinder mit einer Einfügedämpfung von mehr als 0,5 dB grundsätzlich ungeeignet. Sind mehr als zwei Patch-Punkte vorgesehen, ist man selbst mit Steckern mit optischer Dämpfung von 0,5 dB nicht mehr auf der sicheren Seite.
 
Veraltete LWL-Steckverbinder
Dass die Zahl der in RZs anzutreffenden LWL-Steckertypen mit den Jahren immer kleiner geworden ist, kann angesichts dieser Auswahlkriterien nicht verwundern. So kommt beispielsweise der in den späten 1970er-Jahren entwickelte F-SMA-Stecker (Bild 1), dessen Einfügedämpfung 0,6 bis 1 dB beträgt, nur noch in Mess-, Medizin- und Militärtechnik zum Einsatz. Vollends von ausschließlich historischem Wert sind heute Verbinder wie der ebenfalls aus den Siebzigerjahren stammende Deutsch 1000, der mit seiner Einfügedämpfung von 3 dB bereits ältere Übertragungsstrecken rasch an ihre Leistungsgrenze brachte.
Es ist nun allerdings nicht nur die Einfügedämpfung, von der die Auswahl geeigneter LWL-Steckverbinder abhängt. Eine bedeutsame Rolle spielen auch Parameter wie Größe und Handhabbarkeit - ist man doch seit einiger Zeit bestrebt, den Platzbedarf von Switches und Patch-Feldern durch Erhöhung der Port-Dichte zu verringern. Auf derselben Fläche sollen nach dieser Vorstellung mehr Anschlussbuchsen und dementsprechend auch mehr Stecker Platz finden können als zuvor. Zugleich ist angesichts des geringeren Platzangebots ein möglichst unkompliziertes Handling gewünscht. Dies hat zum Siegeszug der sogenannten Small-Form-Factor-Stecker (SFF-Stecker) geführt, mit deren Hilfe sich die Port-Dichte nahezu verdoppeln lässt und die dank ihrer einfachen Ver- und Entriegelungsmechanik (Push-Pull-Technik) äußerst komfortabel zu handhaben sind.
Opfer dieser Entwicklung ist unter anderem der früher für den RZ-Bereich standardisierte SC (Subscriber Connector), der zwar eine niedrige Einfügedämpfung von etwa 0,2 dB aufweist, im Handling aber nicht so komfortabel ist und zudem doppelt so viel Platz benötigt wie SFF-Steckverbinder. Der SC ist dementsprechend mittlerweile nur noch in älteren Installationen zu finden (Bild 2). Dominierende LWL-Stecker im Rechenzentrums-Bereich sind heute der LC (Lucent Connector) sowie der MPO (Multipath Push-On). Beide Steckverbinder sind in DIN EN 50173-5 und IEC 11801 für den Einsatz in Rechenzentren standardisiert. Beim LC handelt es sich um einen in den USA entwickelten Einzelfaserstecker im SFF-Design, der eine äußerst niedrige Einfügedämpfung von lediglich 0,15 bis 0,3 dB aufweist. Seine Latched-Push-Pull-Verriegelung ermöglicht eine einfache Handhabung. Zudem ist der LC auch als Duplex-Stecker zur Parallelführung zweier Einzelfasern verfügbar (Bild 3). Da in RZs jedoch immer häufiger auch die Parallelführung von mehr als zwei Fasern erforderlich ist, hat sich der in Japan entwickelte Mehrfaserstecker MPO als zweiter Standard-Steckverbinder etabliert. Dieser führt meist zwölf Fasern gleichzeitig und wird deshalb unter anderem auch auf 40-Gigabit-Ethernet-strecken eingesetzt, wo nach IEEE 802.ba eine Datenübertragung über mindestens acht parallele Multimode-Fasern vorgeschrieben ist.
Obwohl als Mehrfachstecker-Lösung für RZs standardisiert, weist der MPO nun allerdings eine hohe Einfügedämpfung von etwa 0,5 dB auf. Würde man für eine 40GbE- oder 16-GByte/s-Fibre-Channel-Strecke mehr als zwei Patch-Punkte vorsehen, wäre das Dämpfungsbudget (1,5 dB) somit schon durch den Einsatz des MPO fast vollständig verbraucht. Mit seiner Hilfe lassen sich daher immer nur kurze Faserstrecken realisieren.
Ursache der hohen Einfügedämpfung ist die Bauart des Steckers: Er führt die Fasern nicht getrennt, sondern gemeinsam in einer einzigen Kunststoff-Ferrule. Dies hat zur Folge, dass bei der abschließenden Steckerpolitur keine gleichmäßig konvexen Faserendflächen entstehen können und sich somit keine optimale, weil maximal dämpfungsreduzierende Stirnflächengeometrie des Steckers realisieren lässt. Stattdessen wird gleichsam eine Fasergruppe poliert, ohne dass jede Faserendfläche einzeln die gewünschte konvexe Form erhält.
 
URM als Alternative zum MPO
Angesichts dieser bauartbedingten Schwäche ist der MPO trotz Standardisierung nicht konkurrenzlos geblieben. Als leistungsstarke Alternative bietet sich mittlerweile der Mehrfaserstecker URM ("You Are Modular") an - ein SFF-Stecker, den Euromicron Werkzeuge und Rako Data Electronics entwickelt haben und der durch die IEC standardisiert wird (Future IEC 61754-34). Ähnlich dem MPO ist auch der URM für die Datenübertragung über mindestens acht parallele Multimode-Fasern (nach IEEE 802.ba) konzipiert (Bild 4 und 5). Da bei ihm allerdings jede Faser in einer einzeln gefederten Keramikferrule geführt ist, ist eine optimale Politur der Faserendflächen möglich. Auf diese Weise erreicht der URM eine niedrige Einfügedämpfung von unter 0,2 dB. Bei einem Dämpfungsbudget von 1,5 dB sind damit bis zu fünf oder sechs Patchungen möglich, sodass sich mithilfe des URMs deutlich längere Übertragungsstrecken für High-Speed-Datenverkehr mit 40GbE oder 16GB FC realisieren lassen. Einzig an den Mehrfachstecker-Ports der Aktivgeräte kann der URM kein Ersatz für den MPO sein, da diese Ports heute standardmäßig als MPO-Ports ausgeführt sind.
Für Kabelstrecken von einer URM-Patchung zu einem MPO-Port bietet der Hersteller des URM-Verkabelungssystems - LWL-Sachsenkabel - jedoch vorkonfektionierte Patchkabel mit je einem URM- und einem MPO-Verbinder an (Bild 6), sodass sich URM und MPO problemlos gemeinsam nutzen lassen - MPO am Aktivgerät, URM am Patch-Feld.

Bild 4. Leistungs-starke Alternative zum MPO-Stecker: Der SFF-Mehrfaser-stecker URM, der aktuell durch die IEC standardisiert wird (Future IEC 61754-34).

Bild 3. In DIN EN 50173-5 und IEC 11801 für den Einsatz in Rechenzentren standardisiert: der in den USA im SFF-Design entwickelte LC-Stecker mit Latched-Push-Pull-Verriegelung und äußerst niedriger Einfügedämpfung von 0,15 bis 0,3 dB. Im Bild die Duplex-Ausführung.

Bild 1. Der in den späten 1970er-Jahren ent-wickelte F-SMA-Stecker ist mittlerweile aus dem RZ-Bereich verschwunden und kommt nur noch in Mess-, Medizin- und Militär-technik zum Einsatz. Bild: LWL-Sachsenkabel

Bild 2. Früher für den RZ-Bereich standardisiert, fiel der SC-Stecker (hier in Simplex- sowie Duplex-Ausführung) dem Trend zu Small-Form-Factor-Steckern (SFF) zum Opfer. Er ist heute nur noch in älteren Installationen zu finden. Bild: LWL-Sachsenkabel

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