URM-Steckverbinder für Base-8-Verkabelungen

Es muss nicht immer MPO sein

14. April 2016, 6:00 Uhr | Kai Wirkus, bei LWL-Sachsenkabel, Euromicron Gruppe, tätig, www.sachsenkabel.de./jos

Nach 40 Gigabit Ethernet soll es in Zukunft auch 100GbE über Base-8-Verkabelungen geben. Die Dominanz von Base-12 im RZ ist damit nicht mehr selbstverständlich. Dies hat Auswirkungen auf die Steckverbinder, die zum Aufbau der Kabelstrecken dienen: Der vermeintlich unangreifbare MPO könnte an den Patch-Punkten Konkurrenz durch den URM bekommen.

Base-12 ist im Rechenzentrumsumfeld heute eine weit verbreitete LWL-Anschlusstechnik. Entwickelt, um im RZ-Backbone-Bereich strukturierte Verkabelungssysteme mit hoher Packungsdichte möglich zu machen, kommt diese Anschlusstechnik überall dort zum Einsatz, wo die Nutzung klassischer Base-2-Verkabelungen in ein ungeordnetes, nicht mehr überschaubares Kabelsystem münden würde.
Base-12-Verkabelungen sind aus Vielfachen von Zwölf aufgebaut und nutzen abhängig von der Architektur Trunk-Kabel mit zwölf, 24, 36, 48 oder mehr Fasern. Solche Trunks ermöglichen es, selbst Server, Speicher- und Netzwerkgeräte mit maximierter Port-Dichte strukturiert zu vernetzen, und punkten zudem mit hoher Montagefreundlichkeit. Erst auf der sogenannten "letzten Meile" vom Patch-Feld zum Server-Rack und in Verteilbereichen sind die Trunk-Kabel dann wieder in klassische Zweifaserkabel aufgefächert und diese schließlich zu den einzelnen Ports geführt.
 
Base-8 als RZ-Backbone-Verkabelung
Doch auch wenn Base-12 im RZ-Backbone-Bereich dominiert und noch etliche Jahre in Gebrauch bleiben dürfte, stellten manche Experten die Zukunftsfähigkeit dieser Anschlusstechnik zuletzt wiederholt in Frage. Grund für diese Entwicklung ist der Standard IEEE 802.3bm, der unter anderem das Protokoll für 40 GBit/s und 100 GBit/s Ethernet normiert. Dieser Standard sieht für 40 Gigabit Ethernet wie auch für 100 Gigabit Ethernet die Datenübertragung über insgesamt acht Multimode-Fasern (vier pro Richtung) vor. Dieser Übertragungsmodus war in der Vorgängernorm IEEE 802.3ba nur für 40GbE standardisiert, während für 100GbE eine Übertragung über insgesamt 20 Fasern (zehn pro Richtung) definiert war. Hintergrund dieser unterschiedlichen Faseranzahlen: Sowohl bei 40 als auch 100GbE betrug die Übertragungsrate pro Faser einheitlich 10 GBit/s.
Der Preis dieser Einheitlichkeit bestand jedoch darin, dass sich 40 und 100GbE nicht auf Basis derselben Kabelinfrastruktur realisieren ließen und somit auch kein einfacher Migrationspfad von 40 auf 100GbE vorhanden war. Der neue Standard IEEE 802.3bm löst dieses Problem, indem er für 40 und 100GbE unterschiedliche Übertragungsraten vorsieht: Bei 40GbE liegt die Datentransferrate wie bisher bei 10 GBit/s, bei 100GbE hingegen bei 25 GBit/s. Aufgrund dieser Änderung kann die Datenübertragung bei beiden Konzepten über jeweils vier Fasern pro Richtung (4 × 10 GBit/s und 4 × 25 GBit/s), also insgesamt acht Fasern erfolgen.
Für die Backbone-Architektur von Rechenzentren bedeutet dies nun, dass bei Highspeed-Datenübertragungen künftig keine Base-12-Infrastrukturen mehr nötig sind. Zumindest bei 100GbE war dies bisher anders: Da es keine 10- oder 20-Faser-Steckertechnik gibt und Trunks den Zwölffaserschritten folgen, mussten für den Datentransfer über zehn Fasern pro Richtung (nach IEEE 802.3ba) zwei Zwölffaserstecker oder ein 24-Faser-Stecker an entsprechenden Trunk-Kabeln eingesetzt werden. Das Problem dieser Architektur: Da in beiden Fällen 24 Fasern bereitgestellt wurden, für die Übertragung von 100GbE aber lediglich 20 Fasern erforderlich waren, blieben zwangsläufig vier Fasern ungenutzt. Dasselbe galt, wenn man 40GbE mit Zwölffaser-Trunks realisierte. Auch dann blieben vier Fasern ungenutzt, da nur insgesamt acht Fasern nötig sind. Beides ist wirtschaftlich unsinnig, da ein hoher Anteil der Glasfaserinfrastruktur ohne Nutzwert anzuschaffen wäre. Bei 100GbE betrug dieser Anteil immerhin ein Sechstel, bei 40GbE sogar ein Drittel.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma gab es bisher nur im Hinblick auf 40GbE. Hier stand RZ-Betreibern zumindest theoretisch die Möglichkeit offen, alternativ auf Base-8-Verkabelungen aus Trunks mit acht, 16, 24 oder 32 Fasern umzusteigen. Diese Lösung hat sich bisher jedoch nicht durchgesetzt, da für eine Migration auf 100GbE wieder eine Base-12-Verkabelung nötig wäre, Base-8 sich also bisher nicht als zukunftssicher einstufen ließ. Sowohl 40 als auch 100GbE sind deshalb bis zur Stunde auf der Grundlage von Base-12-Infrastrukturen realisiert.
Mit der neuen Norm IEEE 802.3bm dürfte sich dies ändern: Da für die Übertragung von 100GbE künftig nur noch acht Fasern nötig sind, können RZ-Betreiber bei GbE prinzipiell auf Base-8-Verkabelungssysteme setzen und so das Problem ungenutzter Glasfaserinfrastrukturen vermeiden. Dies spart Kosten und vereinfacht zudem die Migration von 40 auf 100GbE, da beide Gigabit-Ethernet-Varianten auf Grundlage derselben Infrastruktur arbeiten. Für GbE wird Base-12 somit in jeder Hinsicht überflüssig. Und da es im RZ-Bereich ohnehin keine Anwendung gibt, die nicht prinzipiell auch über Base-8-Verkabelungssysteme laufen könnte, ist mittelfristig sogar davon auszugehen, dass Base-8 die RZ-Backbone-Verkabelung der Zukunft sein wird.
 
Fortgesetzte Eignung von MPO-Verbindern fraglich
Unter dieser Voraussetzung stellt sich auch die Frage, welche LWL-Stecker sich für den Aufbau von Base-8-Kabelstrecken eignen. Die meisten RZ-Betreiber setzen bislang auf den MPO-12, der in die DIN EN 50173-5 und die IEC 11801 als standardisierter RZ-Mehrfaserstecker aufgenommen wurde.
Unersetzlich ist dieser Stecker jedoch nur an den Mehrfaserstecker-Ports von Aktivgeräten wie Switches oder Routern. Diese insgesamt eher seltenen Ports - LC-Anschlüsse dominieren - sind heute stets als MPO-Port ausgeführt. An den Patch-Punkten hingegen ist der Einsatz des MPO-12 nicht zwingend erforderlich, zumal er hinsichtlich GbE zwei Nachteile aufweist: Zum einen wurde er, wie schon sein Name besagt, ursprünglich für Base-12-Infrastrukturen entwickelt, sodass bei 40GbE - und künftig auch bei 100GbE - stets vier Fasern pro Stecker ungenutzt bleiben. Das Problem der ungenutzten Fasern lässt sich auch mithilfe des verwandten Achtfasersteckers MPO-8 nicht lösen, da bei 40 und 100GbE die Steckerkanäle 1 bis 4 sowie 9 bis 12 genutzt werden, der MPO-8 jedoch die Kanäle 1 und 2 sowie 11 und 12 nicht aufweist. Wer bei GbE auf die MPO-Technik setzt, muss deshalb mit dem überdimensionierten MPO-12 vorlieb nehmen und die notwendige Umsetzung auf LC akzeptieren.
Weit gravierender als diese Überdimensionierung ist indessen der zweite Nachteil des MPO-12, nämlich seine relativ hohe Einfügedämpfung von meist 0,3 bis 0,5 dB. Sie war im Hinblick auf GbE schon immer problematisch, da das Dämpfungsbudget von GbE-Übertragungsstrecken eher gering ist. Nach der älteren Norm IEEE 802.3ba liegt es bei 1,9 dB (OM3-Faser) und 1,5 dB (OM4-Faser) je Link. Setzt ein Betreiber den MPO-12 ein, ist dieses Budget zum Teil bereits nach zwei Patchungen so weit strapaziert, dass im Interesse einer störungsfreien Übertragung keine weiteren Patchungen mehr eingeplant werden können. Mithilfe des MPO-12 lassen sich daher stets nur vergleichsweise kurze Kabelstrecken realisieren.
Dieser Nachteil wird sich künftig speziell bei 100GbE noch negativer auswirken als bisher. Denn die nach IEEE 802.3bm vorgesehene Übertragung von 25 GBit/s je Faser impliziert eine Reduzierung der maximalen Link-Längen. Während nach IEEE 802.3ba noch maximale Link-Strecken von 150 Metern (OM4) und 100 Metern (OM3) vorgesehen sind, sinkt die Maximallänge bei 100GbE nach IEEE 802.3bm auf 100 Meter (OM4) und 70 Meter (OM3). Da sich gleichzeitig das Dämpfungsbudget je Link nur minimal erhöht und künftig bei 1,6 dB (OM3 und OM4) liegt, wird die Maximallänge MPO-12-basierender 100GbE-Strecken um rund ein Drittel sinken.
Ganz ähnlich werden die Dinge übrigens bei Fibre Channel aussehen: Auch dort ist bei steigenden Bandbreiten mit geringeren Dämpfungsbudgets zu rechnen.
Hinzu kommt, dass durch die Vielzahl an LC-Ports das Patchen von Zweifaserkanälen an wichtigen Patch-Punkten wie Cross Connects und anderen sogenannten Distribution Areas unerlässlich ist. Um dies zu ermöglichen, setzen MPO-Systeme auf Kassetten, um die MPO-Anschlusstechnik auf LC zurückzuführen. Diese Kassetten erhöhen die eingebrachte Dämpfung aber eher noch. Dies liegt daran, dass sie auf der Rückseite eine MPO-MPO- und auf der Frontseite eine LC-LC-Steckverbindung aufweisen.
 
Logische Lösung für Base-8-Patchung
Mit Blick auf die Patch-Punkte von Base-8-Verkabelungssystemen sollten Betreiber angesichts dieser Fakten über Alternativen zum MPO nachdenken. Eine Lösung, die sich unmittelbar anbietet, ist das URM-Verkabelungssystem (You Are Modular) der Euromicron-Töchter LWL-Sachsenkabel und Euromicron Werkzeuge. Der URM-Steckverbinder wird aktuell durch die IEC standardisiert (Future IEC 61754-34). Konzipiert für die Datenübertragung über zwei oder acht Multimode- oder Singlemode-Fasern, passt er sich in Base-8-Verkabelungen ein. Zudem ist seine Einfügedämpfung deutlich niedriger als die des MPO: Sie liegt für Multimode unter 0,2 dB (OFL) und macht so bei einem Dämpfungsbudget von 1,6 dB fünf bis sechs Patchungen pro Link möglich.
Seinen dämpfungsspezifischen Qualitätsvorsprung gegenüber dem MPO verdankt der URM seiner Ferrulentechnik: Während die insgesamt acht, zwölf oder vierundzwanzig Fasern beim MPO in einer einzigen Kunststoffferrule zusammengefasst sind, ist beim URM jede Faser für sich in einer einzeln gefederten Keramikferrule geführt. Diese Führungstechnik ermöglicht es, alle Fasern gleichmäßig konvex zu polieren und so eine maximal dämpfungsreduzierende Stirnflächengeometrie zu erreichen. Beim MPO hingegen, der alle zwölf Fasern in einer einzigen Ferrule zusammenfasst, erfolgt bei der Endpolitur eine Bearbeitung der ganze Fasergruppe. Auf diese Weise ist bei keiner Faser eine gleichmäßig konvexe Faserendfläche realisierbar. Selbst bei weit überdurchschnittlichen Polierkenntnissen lässt sich solch eine Geometrie allenfalls näherungsweise erzeugen. Dieser bauartbedingte Schwachpunkt des MPO ist oft kritisiert worden und hat manche Fachleute von einer Fehlkonstruktion sprechen lassen. Gleichwohl hat sich der MPO zunächst einmal durchgesetzt und auch mangels Konkurrenz als standardisierter Mehrfachstecker im RZ-Bereich etablieren können.
Doch ob es dabei bleibt, muss sich zeigen. Für die Patch-Punkte von Base-8-Kabelsystemen liegt mit dem URM die Alternative vor, die wesentliche Argumente für sich verbucht. Dazu gehört auch, dass sich der Übergang von Base-8 auf die Zweifaserkabel der letzten Meile mit dem URM kostengünstiger und überdies mit geringeren Dämpfungsverlusten realisieren lässt. Um diesen Übergang erfolgreich zu implementieren, wurden bisher spezielle MPO-Kassetten mit meist 2-MPO- und zwölf LC-Ports eingesetzt, was de facto zwei Patchungen pro Link bedeutete: eine am MPO- und eine am LC-Port. Der URM 8 hingegen lässt sich über eine einfache Kupplung mit vier URM-2-Steckern verbinden und benötigt so für den Übergang nur eine einzige Patchung.
Die letzte Meile ist dann auf Basis von Patch-Kabeln mit einem URM 2 und einem LC für den Anschluss an Server, Switches oder Router realisiert. Diese Patch-Kabel haben die beteiligten Hersteller ebenso im Portfolio wie Patch-Kabel mit je einem URM- und einem MPO-Verbinder für den Anschluss an Aktivgeräte mit Mehrfachstecker-Ports. Für die Migration von Base-8 auf Base-2 sind somit lediglich neue Patch-Kabel nötig.

Patchung von MPO auf URM 8.

Übergang von Base-8 auf Zweifaser-Verkabelung, realisiert mit URM 8 und URM 2.

Kupplungsverbindung URM 8 auf URM 8.

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