FTTO-Stromversorgungskonzepte im Vergleich

Glasfasernetze mit Power

7. Juni 2017, 8:00 Uhr | Von Fjodor Lamm.

Glasfasern eignen sich bekanntlich hervorragend für die Übertragung von Daten. Gegenüber dem "Konkurrenzmedium" Kupferkabel bieten sie viele Vorteile, wie etwa größere Reich-weiten, höhere Bandbreiten, einfach zu realisierende Redundanz und Immunität gegenüber elektromagnetischen Störungen. Genau diese Vorteile lassen LWL-Netze auch im Gebäudebereich immer populärer werden. Allerdings bieten traditionelle Kupferdatenkabel den exklusiven Vorteil, neben den Daten auch Energie übertragen zu können.

FTTO-Netze mit aktiven Switches lösen dieses Dilemma zwar auf effiziente Weise, dennoch muss sich der Planer eines FTTO-Netzes genau überlegen, welches Stromversorgungskonzept für seine Anwendung das geeignete ist. Diese Mühe lohnt sich stets, denn mit den richtigen Stromversorgungskonzepten lassen sich auch energetisch zukunftssichere und skalierbare FTTO-Netze planen. Kosten, Zuverlässigkeit, Redundanz und Energieeffizienz gehören dabei zu den maßgeblichen Auswahlkriterien.

FTTO-Switch mit den Vorteilen von LWL und Kupfer

FTTO stellt eine clevere Alternative zur strukturierten Büroverkabelung mit Kupferkabeln dar. Es vereint elegant alle Vorteile von Glasfasernetzen mit denen der Twisted-Pair-Verkabelung. Ein solches System nutzt durchgängig Glasfaserkabel im Steigbereich und in der Etagenverkabelung, während Kupfer-Patch-Kabel ausschließlich zur Anbindung der Endgeräte dienen. Die RJ45-Patch-Kabel bieten dabei den Vorteil, parallel zur Datenübertragung auch Strom ans Endgerät liefern zu können. Das intelligente Bindeglied zwischen Glas und Twisted Pair sind die FTTO-Switches. Sie leiten das konvertierte Signal der Glasfaser über das RJ45-Patch-Kabel zum Endgerät - und können darüber auch das Gerät mit Strom versorgen, zum Beispiel ein VoIP-Telefon oder einen WLAN Access Point. Diese Technik ist als Power over Ethernet (PoE) bekannt und akzeptiert. Wie PoE funktioniert und welche Normen die einzelnen PoE-Versionen beschreiben, war bereits Thema früherer Artikel in der LANline. Daher geht diese Betrachtung nicht weiter darauf ein.

FTTO-Strom
Bewertungsmatrix für FTTO-Stromversorgungskonzepte.

Um die FTTO-Switches selbst mit Strom zu versorgen, bietet sich dem Anwender eine Reihe recht unterschiedlicher Möglichkeiten. Es lohnt sich, die verschiedenen Varianten mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen genau unter die Lupe zu nehmen. Natürlich kann man die FTTO-Switches direkt an das 230-V-Stromnetz anschließen und benötigt dazu keine besonderen Kabel oder Verteilertechnik. Der große Nachteil besteht allerdings darin, dass die Switches bei diesem Stromversorgungskonzept keinen PoE-Dienst unterstützen können. Dies bedeutet dann in der Folge natürlich auch, dass Endgeräte wie etwa VoIP-Telefone oder WLAN-Router ihrerseits über separate Steckernetzteile arbeiten müssen. Diese Variante ist wegen der fehlenden PoE-Unterstützung daher nur im Einzelfall zu empfehlen.

Das rockt: AC/DC

Neben der Wechselspannung lassen sich die FTTO-Switches auch mit 48-V- bis 54-V-Gleichspannung versorgen. Dazu sind passende Netzteile nötig, und die Verlegung der dabei benötigten Gleichspannungskabel erfordert einen höheren Planungsaufwand. Bei der dezentralen Stromversorgung mit 54 V DC sind die Versorgungseinheiten im Gebäude verteilt und befinden sich typischerweise im Kabelkanal, unter der Verkleidungsdecke oder in einem separaten Gehäuse. Dagegen läuft bei der zentralen Stromversorgung der Gleichstrom zentral vom Technikraum aus bis zum Switch. Ein großer Vorteil dieser Stromversorgungskonzepte ist, dass die angeschlossene Endgeräte von den FTTO-Switches über RJ45-Patch-Kabel den Strom durch PoE beziehen können. Der Verbrauch kann bei PoE+-Nutzung 120 Watt erreichen und mehrere Geräte abdecken. Betreiber können für die Leistungsaufnahme im Bereich klassischer Büroanwendungen mit Nutzung von VoIP und punktuell WLAN typischerweise etwa 30 bis 60 Watt bei der Planung veranschlagen. Die Leistung, die auf einen maximal möglichen Verbrauchsbedarf ausgerichtet ist, ist dabei mit 150 Watt pro Switch beziffert. Sowohl die zentrale als auch die dezentrale Stromversorgung mit 54 V DC lässt sich redundant auslegen.

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Variante 1 der Stromversorgung.

Dies geschieht bei der dezentralen 54-V-DC-Stromversorgung über zentrale USV-Module und bei der zentralen 54-V-DC-Stromversorgung mittels zusätzlicher Versorgungseinheiten.

Bei der zentralen Stromversorgung werden die FTTO-Switches von einer zentralen Stromquelle aus mit einem Spannungspegel von 50 bis maximal 57 V DC versorgt. Die zentrale Stromquelle, bestehend aus mehreren 1.500- oder 2.500-W-Netzteilmodulen, befindet sich zum Beispiel im Schaltschrank im Technikraum. Die stromführenden Kabel sind von dort aus analog zu den Lichtwellenleiter-Strecken zu den FTTO-Switches geführt, wobei die Stromkabel über Abzweigpunkte zu den Verbrauchern, also in diesem Fall den Switches, gelangen.

Der Spannungspegel der Stromquelle hat einen großen Einfluss auf die Stromstärke und die resultierenden Verluste auf der Kabelstrecke. Aus diesem Grund sollte der Spannungspegel so hoch wie möglich sein, aber die normative Grenze von 57 V DC nicht überschreiten. Der höhere Spannungspegel hilft, die Stromstärke und Verlustleistungen des Gesamtsystems zu reduzieren. Der Spannungspegel von 57 V DC ist gemäß der europäischen Niederspannungsrichtlinie als Kleinspannung definiert und mit einem Pegelbereich von unter 60 V für Gleichstromübertragung für Mensch und Tier ungefährlich.

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Variante 2 der Stromversorgung.

Bei dezentralen Konzepten ist zwischen zwei Hauptvarianten zu unterscheiden. In Variante 1 versorgen kleinere Netzteile mit weniger als 100 Watt Nennleistung einen bis maximal zwei Switches. Bei der zweiten Variante handelt es sich um sogenannte Versorgungsinseln mit einer Leistung von 500 bis 1.500 Watt, die die Speisung von mehreren FTTO-Switches übernehmen (Bild ganz unten).

Dezentrale Stromversorgung für FTTO-Switches

Verglichen mit der zuvor beschriebenen zentralen Stromversorgung mit langen Strecken, die größere Leiterquerschnitte erfordern, ist die dezentrale Stromversorgung ein energieeffizienter Weg für die Stromverteilung, da nur kurze Wege von etwa einem bis zu drei Metern zwischen der Konvertierung von 230 V AC zu 54 V DC und dem FTTO-Switch zu überbrücken sind.

Welches Konzept passt?

Leider existiert keine pauschale Antwort auf die Frage, welches Konzept grundsätzlich die bessere Wahl ist. Beide Methoden weisen Vor- und Nachteile auf. Während sich in der Vergangenheit die zentrale Stromversorgung bewährt hat, um FTTO zusammen mit PoE-Geräten nach IEEE 802.3af zu betreiben, bietet die dezentrale Energieversorgung die bessere Leistung im Zusammenspiel mit den gestiegenen Anforderungen des PoE+-Standards nach IEEE 802.3at. Es sind nur kurze Wege zwischen der Konvertierung von 230 V AC zu 54 V DC und dem FTTO-Switch zu überbrücken (im Vergleich mit der zentralen Stromversorgung mit langen Kabelwegen und größeren Leiterquerschnitten). Dies reduziert effektiv die Verluste auf der Strecke bei gleichem Energiebedarf.

Das Konzept der zentralen Stromversorgung hat jedoch Vorteile in Bezug auf die globale Verfügbarkeit durch die Möglichkeit von Redundanz, auch unterstützt durch USV-Module. Jedoch kann die Effizienz der aktiven Geräte durch die Verkabelung und Anschlusspunkte eingeschränkt sein, und zwar in Abhängigkeit der Kabellängen und der Anzahl der Anschlüsse. Auch die exakte Anpassung an den Leistungsbedarf kann sich schwieriger gestalten, vor allem vor dem Hintergrund der sich ständig verändernden Technik und Konvergenz der IT. Es ist schließlich zu erwarten, dass das Netzwerk im Lauf der Zeit wächst und weitere Module und Verteilerpunkte hinzukommen - solange, bis eventuell das Limit der verwendeten passiven Infrastruktur erreicht ist.

Um dem entgegenzuwirken, sollte ein Betreiber die Verkabelung vorsorglich überdimensioniert - also mit Reserven - planen, damit er bei einer zentralen Stromversorgung des FTTO Netzwerks nicht zu früh an dessen Grenzen stößt. Die Schwächen des Konzepts der zentralen Stromversorgung werden sonst spätestens bei einem Umstieg von PoE auf PoE+ oder gar PoE++ deutlich. Das dezentrale Stromversorgungskonzept stellt in jedem Fall den besten Ansatz dar, wenn es um Flexibilität und Energieeffizienz geht. Zudem lässt sich eine Überwachung über ein internes Switch-Management einrichten.

Fjodor Lamm ist Leiter Marketing ANS bei Nexans Deutschland ().

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