Infrastruktur aus der Sicht des Planers

Grüne und andere Wiesen

17. August 2006, 22:00 Uhr | Uwe Karmann/jos

Eine gute Planung ist bei der Einrichtung eines RZs die halbe Miete - was sich wie eine leicht auf die Praxis zu übertragene Binsenweisheit liest, kann unter realistischen Randbedingungen allerdings viele Detailprobleme nach sich ziehen. Besonderes Augenmerk verdienen der Umgang mit den bereits installierten Systemen und eine tatsächlich umfassende Kostenrechnung.

Heute stehen Planer, Installateure, Administratoren und Gebäudebetreiber immer wieder vor neuen
Herausforderungen – sei es wegen der ständigen Umzüge, der Modernisierung der Anlagen, der
Erfüllung der neuesten Normen oder der Investitionskosten, die gerade bei der EDV-Infrastruktur
gewaltige Formen angenommen haben. Die Kosten stehen – oft zum Leidwesen der Beteiligten – im
Vordergrund, und die Sicherheit und Flexibilität werden vernachlässigt. Gerade diese Parameter sind
jedoch wichtig und führen meist in einem zweiten Schritt zu erhöhten Kosten, die dann nicht einmal
mehr kalkulierbar sind.

Trotz der Normensicherheit gibt es viele Verkabelungen, die nicht mehr auf dem neuesten Stand
sind. Vor zehn Jahren konnte niemand absehen, wie sich die Anwendungen entwickeln würden. Und
heute? Anwendungen wie Voice over IP, Power over Ethernet, 10 Gigabit Ethernet etc. sollen
möglichst schnell und günstig in die vorhandenen Strukturen integriert werden.

Wurden vor zehn Jahren noch zirka 600 Milliarden Euro weltweit in die EDV investiert, so sind es
heute schon mehr als doppelt so viel. Und ein Rückgang ist nicht zu erwarten, denn wachsende Zahlen
von Internetnutzern, wachsende Volumen von Seiten, Applikationen, Downloads, höhere Bandbreiten und
nicht zuletzt die höheren Sicherheitsanforderungen verursachen immer höhere Kosten, schaffen jedoch
auch neue Spielräume. In den EDV-Zentralen rüsten die Techniker die Serverschränke ständig um und
erweitern sie, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Doch auch hier sind Grenzen gesetzt, denn die
Übertragung der Datenmengen kann nur so schnell und sicher sein, wie es die vorhandene Verkabelung
zulässt.

Bei Neuplanungen lässt sich von Grund auf mit modernsten Komponenten arbeiten. Die Hersteller
der Kabel stehen dabei an vorderster Front und bieten für alle Anwendungen Glasfaser- oder
Kupferkabel an. Die Stecker- und Buchsenhersteller bieten verschiedene Systeme an, um den
Anforderungen und Normenvorgaben gerecht zu werden.

Wie sieht es aber mit den vielen installierten Netzen aus? Häufig wurden Kabel auf vorhandene
Kabeltrassen gemeinsam mit Starkstromkabeln verlegt, anstatt diese, wie es die Norm DIN EN 50174
fordert, auf separaten Trassen zu führen (Bild 1). Sind in den Steigetrassen bis zu den
Etagenverteilern nur Kupferleitungen verlegt, so sind diese in den meisten Fällen schon belegt.

Eine Erweiterung ist dann oft nur mit Lichtwellenleitertechnik möglich. Dies macht weitere
Überlegungen dazu notwendig, ob eine Verkabelung bis zum Etagenverteiler, direkt ins Büro (FTTO)
oder direkt bis zum Arbeitsplatz (FTTD) möglich oder sinnvoll ist. In einem solchen Fall können
dezentrale Kanal-Switches noch relativ kostengünstige Erweiterungen ermöglichen, die mit recht
geringem Verkabelungsaufwand per LWL oder ohne zusätzliche Leitungen einziehen zu müssen, an die
vorhandene TP-Verkabelung angeschlossen werden. Dazu ist allerdings ein feldkonfektionierbarer und
mit einfachen Werkzeugen installierbarer Stecker erforderlich.

In manchen Fällen kreuzt die Nachinstallation auch Flucht- und Rettungswege oder wird wegen der
einfacheren Leitungstrasse in diesen hineinverlegt. Büroräume, Arbeitsräume oder Klassensäle lassen
sich oft nicht zur Leitungsverlegung nutzen. Um den Forderungen der MLAR oder LAR Rechnung zu
tragen, müssen auch diese Leitungen in speziellen, nichtbrennbaren und rauchdichten Systemen
verlegt sein. Bei notwendigen Fluren und Rettungswegen darf es keine Brandlast geben, damit diese
mindestens 30 Minuten rauchfrei bleiben. Steht die Flexibilität auch hier im Vordergrund, bieten
Hersteller Kanalsysteme an, die nach DIN 4102 Teil 11 geprüft sind.

In den Büroräumen kann oder will man oft kein neues Kanalsystem installieren, da der technische
Aufwand, die Ausfallzeiten oder einfach die Materialkosten zu hoch sind. Ebenso muss der Planer oft
aus Kostengründen dem Wunsch des Bauherrn entsprechen und dadurch auf eine flexible
Installationsgrundlage verzichten. Dabei sind viel zu kleine Kanäle ungeeignet, die großen Mengen
der Daten- und Kommunikationsverkabelung aufzunehmen, was später wiederum zu Störungen führen kann,
da der geforderte Abstand von 50 Millimetern zwischen Daten- und Energieleitungen nicht eingehalten
ist.

Verschiedene Hersteller bieten eine umfassende Palette an anwendungstypischen Kanälen an (etwa
das BR- oder Netway-System von Tehalit) und darüber hinaus auch Sonderkanäle, die sie exakt nach
Kundenwunsch fertigen (Bild 2). Auch bei einer Verlegung in Leitungsführungskanälen oder
Kabeltrassen lassen sich viele Varianten nutzen, die speziell für die Trennung von Daten- und
Energiekabel konzipiert sind.

Wie sieht dies bei den Unterflur- und Deckeninstallationen aus? Estrichgebundene Systeme sind so
unflexibel, dass meist nur eine Komplettsanierung möglich ist. Einzig Doppelböden oder flexible
Deckeninstallationen lassen hier Freiraum für den Planer und die Installateure. Im Vordergrund
sollte doch der Arbeitsplatz stehen. Nicht der Mensch soll sich den Gegebenheiten anpassen, sondern
die Technik dem Menschen. Wie oft steht im Lebenszyklus eines Verwaltungsgebäudes Ein-, Umzüge oder
andere Veränderungen an? Eine Umfrage ergab, dass im Jahr 2004 durchschnittlich 2,1 Umzüge
stattfanden. Damit verbunden ist nicht nur das Verändern der Bürolandschaft, sondern auch die
Bereitstellung der Energie-, Kommunikations- und Datenanschlüsse. Eine vorausschauende Planung kann
hier Vorteile bringen. Auch wenn es oft nicht so gesehen wird: Die elektrische Gebäudeausrüstung
steht nach den Kfz-Stellplätzen an zweiter Stelle bei der Beurteilung einer Immobilie!

Ist eine flexible Grundinstallation (nach Normvorgabe DIN EN 50173-1:2002) mit ausreichend
vielen Anschlüssen vom Planer im Brüstungskanal oder im Raum geplant, dann ist eine Anpassung
relativ schnell ausgeführt. Dabei bieten die so genannten Sammelpunktsysteme oder Consolidation
Points weitere Flexibilität. Eine vorhandene fest installierte Verkabelung kann relativ schnell und
vor allem kostengünstig mit konfektionierten Rangierleitungen (LWL, TP und Energie) die
verschiedenen Arbeitsplätze erreichen und versorgen.

Schenkt der Investor oder Besitzer diesen Punkten keine Beachtung, so entgeht ihm Gewinn, da
sich das Gebäude oder die Büroräume schlecht vermarkten lassen. Gerade durch die heutigen
Leerstände in den Ballungszentren ist der Wettbewerbsdruck unter den Immobilien stärker geworden.
In vielen Gebäuden ist auch heute noch eine Minimalinstallation vorgesehen, da durch
Generalunternehmer häufig nur der Preis im Vordergrund steht und nicht die Technik. Somit hat der
spätere Betreiber hohe Folgekosten für die Anpassung zu tragen.

Info: Hager Tehalit Tel.: 0180/3847424 Web: www.hager.de


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