Qualitätssicherung durch mehrstufige Tests

Integrations- und Härtetests im RZ

18. Mai 2021, 7:00 Uhr | Jörg Schulz/am

Ganzheitliches Sicherheits-Management bedeutet, Sicherheit konzeptionell vom Anfang bis zum Ende zu denken. Integrations- und Härtetests für Server-Räume, Rechenzentren und Datacenter sind eine erprobte Methode, die Zuverlässigkeit einer Sicherheitskonzeption testweise vorwegzunehmen und beurteilen zu können. Somit ergibt sich die Chance, Fehlerquellen und Risiken im Vorfeld der Inbetriebnahme und somit vor Aufnahme des produktiven IT-Betriebs zu eliminieren.

Außerhalb der Rechenzentrumswelt, beim Neubau eines Büro- oder Verwaltungsgebäudes, werden technische Anlagen nach der Montage im Vorfeld der Abnahme getestet. Diese Art von Tests erfolgt in der Regel gewerke- und fachspezifisch durch unterschiedliche Beteiligte und zu verschiedenen Zeitpunkten, denn jedes Gewerk hat einen anderen Fertigstellungszeitpunkt. Häufig erfolgt die Arbeit nach diesem Schema auch bei anspruchsvolleren Bauvorhaben.
Die HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) sieht es vor, jedes Gewerk für sich zu betrachten und Schnittstellen zwischen den Gewerken nicht zu testen. Bei einem bestandenen Test der technischen Anlagen besteht oft die Annahme, dass alles zusammen funktioniert. Doch das ist ein Trugschluss, denn am Bau arbeiten Menschen, und denen unterlaufen Fehler.

Ein Übergabeverteiler könnte zum Beispiel Schnittstellen aus der Brandmeldeanlage, der Lüftungsanlage sowie weiterer Gewerke beherbergen. Ein einziger Denkfehler, sprich Dreher in dieser Schnittstelle (Öffner versus Schließer), führt zu einer Fehlfunktion. Wie können RZ-Betreiber solche Fehler verhindern – insbesondere bei  anspruchsvollen Bauvorhaben, die eine große Zahl hochvernetzter technischer Anlagen beherbergen? Die Gesamtheit aller technischen Anlagen der TGA-Gewerke (Technische Gebäudeausstattung) stellt die versorgende und überwachende Infrastruktur des Rechenzentrums dar und ist meist sehr komplex. Sicherheit bringt nur die Durchführung eines mehrstufigen Testverfahrens mit abschließenden Integrations-, Resilienz- und Härtetests.

Stufen des Verfahrens

Zum Verständnis dieser Begriffe sind nachfolgend die einzelnen Stufen des Verfahrens aufgelistet. Für den international operierenden RZ-Manager gibt es entsprechende englische Bezeichnungen zu dem mehrstufigen Testverfahren (FAT, SAT, ISAT).

Stufe 1 - Werkstest (FAT: Factory Acceptance Test): Beim Werkstest testet der Hersteller jede technische Anlage auf dafür vorbereiteten Testständen und nach einem eigens entwickelten und auferlegten Protokoll. Der Hersteller führt den Werkstest in der Regel eigenverantwortlich durch. Lange und erfolgreich agierende Hersteller besitzen keine Scheu, den Auftraggeber oder einen Bevollmächtigten dazu einzuladen. Sie stellen die Protokolle auch vorab zur Verfügung und erlauben dem Auftraggeber, diese individuell, im Rahmen des Möglichen, anzupassen. Dies ermöglicht kundenspezifische Tests bei den Fachleuten im Werk.

Stufe 2 - Inbetriebnahme und Eins-zu-Eins-Funktionstest (SAT: Site Acceptance Test): Zur Inbetriebnahme testet der Errichter seine technischen Anlagen ebenfalls in Eigenregie komplett durch. Das bedeutet am Beispiel einer Brandmeldeanlage, dass ein Testspray jeden Melder auslöst. Die Auslösung ist eins zu eins protokolliert und für die Dokumentation gespeichert. Andere Gewerke, wie zum Beispiel Netzersatzanlagen, bestehen aus Großkomponenten, die man am Montageort zusammenbaut und danach im Verbund einschaltet.

Auch bei diesen Anlagen erfolgt die Prüfung und Protokollierung aller Funktionen. Die Protokolle der Funktionstests muss der Errichter im Rahmen der Qualitätssicherung mindestens stichprobenartig kontrollieren. Die Stufen 1 und 2 entsprechen der üblichen Vorgehensweise bei Bauprojekten. Erst mit Stufe 3 ist die höchste Qualitätssicherung erreicht.

Stufe 3 - Integrations- und Härtetest (ISAT: Integrated SAT): Bei Integrationstests erfolgt der Test aller technischen Anlagen sämtlicher Gewerke im funktionalen Zusammenhang. Prozesse und Szenarien stellen realistische Störungsursachen nach. Die Protokolle dieser Tests sind individuell vorbereitet, die Szenarien detailliert beschrieben und das erwartete Verhalten aller beteiligten technischen Anlagen aufgelistet. Im Testverlauf erfolgt das Abhaken von Checklisten, der Abgleich der Werte und das Eintragen der Messwerte. Jede Abweichung vom erwarteten Anlagenverhalten muss akribisch dokumentiert sein, um zu gewährleisten, dass die Tests reproduzierbar sind.

Die Voraussetzung für den Integrationstest ist, dass das RZ fertiggestellt ist. Das klingt zunächst banal, ist aber vor dem Hintergrund ehrgeiziger Projektpläne sehr umfangreich. Dies heißt im Detail:

  • Alle beteiligten Anlagen müssen in Betrieb und nach Stufe 2 erfolgreich getestet sein.
  • Etwaige Fehler sind beseitigt. Dies muss durch eine Vorbegehung überprüft sein. Nicht selten müssen die Beteiligten auf die Fertigstellung einer sicherheitstechnischen Anlage oder eines übergeordneten Management-Systems warten.
  • Die Dokumentation ist – wenigstens als Vorabzug oder Arbeitsversion – vorhanden.
     

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