Ausfallsicherheit durch Qualität

Kabel ist nicht gleich Kabel

4. Februar 2019, 7:00 Uhr | André Engel

Bei Netzwerkkomponenten ist es wie mit allen Investitionen: Kaufen Unternehmen zu billig, kaufen sie oft zweimal. Deshalb sollten IT-Verantwortliche bei ihrer Kaufentscheidung von Anfang an auf Qualität setzen. Denn Ausfallzeiten und Support­leistungen durch minderwertige Qualität sind letztlich aufwendiger und problematischer als reine Kostenrechnungen.

Passive Netzwerkkomponenten sind extrem wichtig. Dennoch genießen sie oft zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei sind sie der erste Schritt zu einem leistungsstarken und fehlerfreien Netzwerk. Wer bei der Installation passiver Netzwerkkomponenten aus Kostengründen auf Billigprodukte statt auf Qualität setzt, hat zu kurz gedacht. Unternehmen können dann schnell unliebsame Überraschungen erleben. Einsparungen an der Verkabelung sind Einsparungen an der empfindlichsten Stelle des Unternehmens, an seinem zentralen Nervensystem. Von ihm hängt die gesamte IT ab. Billig eingekaufte Komponenten bereiten über kurz oder lang oft Frust und Verdruss. Denn treten Ausfallzeiten aufgrund fehlerhafter Komponenten auf, sind die Supportleistungen viel aufwendiger und teurer als sofort getätigte Investitionen in qualitativ hochwertige Produkte. Dabei ist es entscheidend, dass die Betreiber Verkabelungsrichtlinien vorgeben, damit keine Produkte von unzureichender Qualität zum Einsatz kommen.

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Professionelle Netzwerkexperten bieten eine hundert-prozentige Qualitätsprüfung aller Komponenten und eine lückenlose Dokumentation aller Prozesse. Auf derartig geprüfte Steckverbinder und Stecker - hier ein 24-Faser-MPO von TDE - gibt es bis zu 25 Jahre Systemgarantie. Bild: TDE - Trans Data Elektronik

Stillstand ist teuer

Anteilig gesehen sind die Investitionen in eine professionelle und qualitativ hochwertige Verkabelung meist sehr gering. Qualitätsunterschiede machen sich möglicherweise nicht gleich von Anfang an bemerkbar. Doch mit Blick auf ihre Kunden und den hohen Konkurrenzdruck können es sich moderne Unternehmen längst nicht mehr leisten, darauf zu vertrauen, dass schon alles gut gehen wird. Mit einer qualitativ minderwertigen Verkabelung riskieren sie stillstehende Produktionen, ausfallende Systeme oder lahmliegende ganze Büroetagen. Ausfälle von Rechner­arbeitsplätzen können Unternehmen sehr teuer zu stehen kommen.

Vor dem Hintergrund eines ungebremsten Datenhungers verlangt der Markt heute nach Netzwerklösungen, die höchste Verfügbarkeit garantieren. Bereits 2020 wird die durchschnittliche Datentransferrate al­lein in Deutschland etwa 13?TBit/s und in Spitzenzeiten bis zu 81?TBit/s betragen. Die immer höheren Datenübertragungsraten stellen besondere Ansprüche an die passive Netzwerkinfrastruktur. Doch nicht nur der Datenhunger ist gewachsen. Auch die Übertragungsgeschwindigkeiten haben in erheblichem Maße zugenommen. So rei­chen beispielsweise die Anforderungen in Verbindung mit Multimode-Fasern an die Dämpfungswerte von Patch-Kabeln, die noch für 10?GBit/s ausreichend waren, für 100-GBit/s-Verkabelungen bei Weitem nicht mehr aus.

Gründe für Störungen

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Das Polieren der Stecker ist absolute Präzisions­arbeit. Auf den Nanometer genau erfolgt die Politur der Faserendflächen unter Einsatz von Diamant- oder Aluminiumoxidfolien auf Spezialmaschinen. Bild: TDE - Trans Data Elektronik

Störungen im Netzwerk können verschiedene Gründe haben. Problematisch sind vor allem sporadisch auftretende Störungen, oft verursacht durch Fehler bei der Installation, Komponenten mit unzureichender Qualität oder durch fehlerhafte Herstellungs- und Konfektionierungsprozesse. Qualitativ minderwertige Kunststoffe oder fehlerhafte Produkte halten beispielsweise insbesondere im LWL-Bereich Klimaschwankungen weniger Stand als hochwertige Materialien. Hohe Kabelschrumpfungsraten führen schnell zu erheblich erhöhten Dämpfungswerten durch Faserstress und Fiber Bending. Auch ein nicht sorgfältig verarbeiteter Stecker, falsches Werkzeug oder falsche Komponentenwahl können schnell Faserstress und Micro-Bending verursachen. Netzwerkverantwortliche sollten folg­lich schon bei der Kabelwahl darauf achten, dass die Kabel die notwendigen Eigenschaften hinsichtlich Qualität und Normkonformität einhalten. Dazu gehören beispielsweise die Deklarierung der Brandklasse durch eine Leistungserklärung, Halogenfreiheit, ein gleichmäßiger Außendurchmesser und Kabelaufbau.

Vorbeifahrende U-Bahnen oder LKWs können ebenfalls Störfaktoren sein. Die Fahrzeuge verursachen Resonanzen, die möglicherweise zu Wackelkontakten in den Kabeln führen. Ein weiterer Grund für Störungen im Netz liegt in unterschiedlichen Netzwerklasten: Voice-over-IP-Telefonie und Videoübertragungen laufen in Echtzeit und nutzen das Datennetz. Ihre unterschiedlichen Netzwerklasten bringen die Kapazitäten oft an ein Limit. Dies geschieht umso eher, je öfter Datenpakete fehlerhaft sind. Zwar sieht das Ethernet-Protokoll vor, dass die Netzwerkinfrastruktur fehlerhafte Datenpakete wiederholt überträgt. Dies führt bei einer erhöhten Netzwerklast jedoch unweigerlich zu einer signifikanten Verlangsamung des Netzes. In diesem Punkt gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Infrastrukturqualität und Leistung. Um die Risiken möglichst gering zu halten, sind Verkabelungslösungen mit hoher Qualität erforderlich.

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Höchste Präzision in allen Fertigungsschritten, hier beim sogenannten Cable Preparing des Netzwerkherstellers TDE. Vor der eigentlichen Steckerkonfektionierung erfolgt die maschinelle Vorbereitung des Kabelendes. Kabelmantel und Buffer werden abgemantelt und das Kevlar beigeschnitten. Bild: TDE - Trans Data Elektronik

Zweimal hinsehen

Das Problem dabei ist: Hochwertige Komponenten sind nicht auf den ersten Blick erkennbar. Meist liegen die Unterschiede im Detail. Dies beginnt bereits beim Rohmaterial, denn Billigproduzenten verwenden für ihre Produkte oft Kunststoffe, die vorzeitig altern. Zudem fertigen sie unter Anwendung größerer Toleranzen und prüfen diese nicht zu hundert Prozent.
Für die elektrische Anschlusstechnik sind solche minderwertigen Produkte in vielerlei Hinsicht problematisch: Meist hat das Kontaktmaterial nur eine reduzierte Goldauflage, die nicht ausreichend unternickelt ist. Das Resultat: Die Verbindungsqualität sinkt schnell wieder. Negativ wirkt sich auch die oft sehr raue Kontaktober­fläche aus: Sie bewirkt den vorzeitigen Verschleiß der Kontakte auf der Gegenseite und führt letztlich zu Korrosion. Deshalb ist auf die Kontaktierung nicht dauerhaft Verlass.

Auch eine vorübergehende "Reaktivierung" des Steckverbinders durch wiederholtes Stecken hilft hier nicht weiter und verschlimmert letztlich die Kontaktprobleme bisweilen nur. Besonders problematisch sind RJ45-Patch-Kabel mit falschen Kontaktpresshöhen. Diese entstehen durch schlechtes Verarbeitungsequipment und führen zur Überdehnung der Kontakte auf der Gegenseite. Da die Kontakte dieser Ports nicht mehr die Federkraft für eine dauerhafte Kontaktierung aufweisen, werden die RJ45-Ports irreparabel geschädigt. Damit sind Datenübertragungen in Echtzeit - wie sie etwa die VoIP-Technik erfordert - nicht mehr gewährleistet. Tückisch daran ist, dass derartige Probleme meist nur sporadisch auftreten und somit schwer lokalisierbar sind.

Qualität bestimmt Anzahl der Steckzyklen

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Qualität "Made in Germany": In hochpräziser Handarbeit gelangen die zwölf, 16, 24 oder 32 Faserenden in den MPO-Stecker. Bild: TDE - Trans Data Elektronik

Von entscheidender Bedeutung für ein erstklassiges Installationsergebnis sind hochwertige Komponenten auch in der optischen Anschlusstechnik. Bei billigen Produkten sind Einfüge- und Rückflussdämpfung deutlich schlechter als bei hochwertigen: Präzise und von professionellen Herstellern gefertigte MPO-Stecker haben eine typische Einfügedämpfung von 0,15?dB und eine Rückflussdämpfung von mindestens 25?dB. Auch das Micro- und Macro-Bending der Fasern spielt eine Rolle: Dabei handelt es sich um eine Stressung der Fasern durch Druck, die durch Über-Crimpung oder einen schlechten Kabelaufbau entstehen kann. Als Folge treten insbesondere bei höheren Wellenlängen drastisch höhere Dämpfungen auf.

Qualitativ minderwertige Steckverbinder weisen auch eine wesentlich geringere Anzahl an möglichen Steckzyklen auf. Diese Zahl stellt einen wichtigen Kennwert für Stecker und Steckverbinder dar. Ein Steckzyklus umfasst jeweils einen Einsteck- und einen Ziehvorgang. Stecken Netzwerktechniker sie häufig ein und aus, ändern sich ihre mechanischen Toleranzen geringfügig. Als Folge davon verändern sich die Übertragungsparameter. Häufiges Stecken und Ziehen ändert zugleich die Steckkräfte der Stecker sowie ihre Einfüge- und Rückflussdämpfung. Vor allem bei LWL-Steckverbindern sind die Steckzyklen genau zu beachten. Präzisionsstecker bringen es auf einige hundert Zyklen. LWL-Stecker liegen bei mindestens 500 bis 1.000 und spezielle Linsenstecker schaffen mehrere tausend Zyklen.

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Durch schlechtes Verarbeitungsequipment kann es bei RJ45-Patch-Kabeln zu falschen Kontaktpresshöhen kommen, die auf der Gegenseite zur Überdehnung der Kontakte führen. Die RJ45-Ports sind dann dauerhaft geschädigt, da die Kontakte dieser Ports nicht mehr die Federkraft aufweisen, die für eine langlebige Kontaktierung notwendig ist. Bild: TDE - Trans Data Elektronik

Wareneingangskontrolle

Höchste Qualität beginnt bereits bei der Planung der Verkabelungsinfrastruktur. Planer, Netzwerktechniker, Ingenieure und Unternehmen sollten sich vor einer Kaufentscheidung zu Herkunft und Qualität der Komponenten sowie deren Zertifizierung informieren, auf qualitativ hochwertige Einzelkomponenten achten und überprüfen, ob diese eindeutig innerhalb der entsprechenden Toleranzen spezifiziert sind. Daher sind Lieferanten schon vorab über die gewünschten Spezifikationen in Kenntnis zu setzen. Aus Qualitätsgründen scheiden Lieferanten aus Fernost im Vorfeld häufig aus.

Anspruchsvolle Kunden sind gut beraten, bei der Wahl ihrer Netzwerkprodukte auf Anbieter zu setzen, die höchste Qualitätsanforderungen bereits an die Rohmaterialien stellen und diese konsequent im Fertigungsprozess und bei der Installation fortführen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten Netzwerkanbieter ihre Kabel und Komponenten im Vorfeld verschiedenen Praxistests unterziehen. Die Qualitätsprüfung der Parameter Zugfestigkeit, Vibration und Korrosionsbeständigkeit spielt dabei eine wesentliche Rolle. Ratsam sind außerdem umfangreiche Wareneingangskontrollen, die Hersteller bereits bei der Kabeltrommel durchführen sollten. Sie zeigen frühzeitig, ob ein Kabel für die Konfektion geeignet ist.

Auf Herz und Nieren testen

Bereits bei den Qualitätsprüfungen wie dem Test der Zugfestigkeit nach IEC 61300-2-4 trennt sich die Spreu vom Weizen: Billigprodukte fallen durch das Raster, bevor Netzwerktechniker sie weiterverarbeiten. Netzwerkexperten müssen sich zudem sorgfältig um die ständige, vorbeugende und dokumentierte Instandhaltung der Werkzeuge, insbesondere der Crimp-Werkzeuge, kümmern. Dabei gilt es anwendungsbezogen zu bestimmen, inwieweit die fertigen Assemblies den Anforderungen an bestimmte Umgebungsbedingungen standhalten sollen.

Vibration

Es ist sinnvoll, wesentliche Tests zur Qualitätsprüfung näher unter die Lupe zu nehmen. Mit Vibrationstests nach IEC 61300-2-1 belegen Netzwerkspezialisten beispielsweise, dass die während des Betriebs standortbedingt oder verursacht durch aktive Komponenten auftretenden Schwingungen in den vorherrschenden Amplituden und Frequenzbereichen keine Auswirkungen auf die Produkte haben.

Bei Salznebeltests gemäß IEC 61300-2-2 überprüfen Netzwerktechniker die Korrosionsbeständigkeit. Diese ist für alle Installationen notwendig, die sich auf dem Meer oder in Meeresnähe befinden. Die in eine Kammer gesprühte Salzlösung bewirkt, dass Materialien schneller als unter klimatischen Alltagsbedingungen angegriffen werden. Prüfdauer und Konzentration der Salzlösung richten sich dabei nach den jeweiligen Anwendungsanforderungen sowie nach den Anwendervorgaben.

André Engel ist Geschäftsführer von TDE – Trans Data Elektronik, www.tde.de


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