Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Frage, inwieweit Datennetze zu sicherheitstechnischen Einrichtungen kompatibel sind – insbesondere zu den Regeln der EN 50173, der Bibel für das Design informationstechnischer Gebäudeverkabelung.
In der EN 50173 Informationstechnik – Anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlagen Teil 1 bis 6 sind Regeln definiert, wie die passive Verkabelungsinfrastruktur für Datennetze in einem Gebäude auszuführen ist. Neben dem allgemeinen Teil 1 ist in den Teilen 2 bis 6 die Umsetzung in Abhängigkeit konkreter Nutzungen/Gebäudetypen beschrieben:
Diese Europanorm ist bis auf kleine Details identisch mit der weltweiten Norm ISO/IEC 11801. Daneben gibt es noch eine weitere Richtlinie der Industrie für den nordamerikanischen Markt (TIA/EIA 568 xx), die sich dann doch in einigen Punkten von den vorstehend aufgeführten Normen unterscheidet - seien es abweichende übertragungstechnische Grenzwerte für die Übertragungsstrecken oder die Präferierung von ungeschirmten Datenkabeln. Den nachfolgenden Betrachtungen liegt immer die EN 50173 zugrunde. An dieser Stelle noch der Hinweis auf einige weitere Normen, die bei der Planung von Datennetzen zu berücksichtigen sind:
Die wahrscheinlich am häufigsten realisierte Struktur ist die im Teil 2 der EN 50173 beschriebene Struktur für Bürogebäude. Letztendlich leiten sich aber alle Strukturen, wie sie in den Teilen 2 bis 6 beschrieben sind, aus der Grundstruktur gemäß Teil 1 der Norm ab.
Diese Struktur ist nachfolgend am Beispiel der Struktur in Bürobereichen gemäß Teil 2 der EN 50173 näher beschrieben. Vorneweg sind zunächst folgende Begriffsdefinitionen zu erläutern:
Gemein haben alle Strukturen, von Ausnahmen abgesehen, wie zum Beispiel in der Regel Wohnungen oder bei besonderen baulichen Gegebenheiten, dass der Primär- und der Sekundärbereich mit Lichtwellenleitern (LWL) realisiert sind und der Tertiärbereich entweder mit LWL- oder Kupfer-Datenkabeln.
Hat man sich nun für eine strukturierte Verkabelung auf Basis von Kupferdatenkabeln im Tertiärbereich entschieden, sieht die Struktur wie in Bild 2 dargestellt aus. Diese Struktur gilt vom Prinzip auch für eine durchgängige LWL-Verkabelung vom SV bis zum Teilnehmeranschluss TA.
Bezogen auf die Sicherheitstechnik kann das Endgerät (EE), das an den TA angeschlossen ist, sowohl ein Bedienplatz zum Beispiel des Gefahren-Management-Systems sein oder eine beliebige IP-fähige Komponente wie eine Videokamera oder ein Controller einer Zutrittskontrollanlage. Das heißt, dass sich Datennetze für sicherheitstechnische Einrichtungen weitestgehend nach den allgemeinen Strukturen von Kommunikationskabelanlagen für Bürobereiche errichten lassen. Besonders interessant aus sicherheitstechnischer Sicht ist der sogenannte Sammelpunkt (SP), ein passiver Zwischenverteiler, den man beispielsweise in Installationsschwerpunkten errichtet. In einem solchen Zwischenverteiler können Reserveanschlüsse vorgehalten sein, sodass bei späteren Nachinstallationen der Umverkabelungsaufwand geringer ausfällt als beim Nachverkabeln der gesamten Strecke bis zum EV (Etagenverteiler). So überwacht man zum Beispiel Produktionsbereiche häufig aus verschiedenen Gründen mit Videokameras. Sobald sich Produktionsabläufe oder Produktionsmaschinen ändern, muss im Anschluss häufig eine Anpassung der Kamerastandorte erfolgen. In Verbindung mit einem SP vor Ort in dem konkreten Produktionsbereich sind folglich die erforderlichen Verkabelungsarbeiten weniger aufwendig. Für die Installation der Kleinverteiler (SPs) sind folgende Planungsaspekte zu berücksichtigen:
Noch einen Schritt weiter geht hier der Teil 3 der Norm für industriell genutzte Räume, bei denen an Stelle des passiven SPs ein Zwischenverteiler (ZV) vorgesehen ist. Dort können auch aktive Komponenten installiert sein, wodurch sich die nachfolgende Übertragungsstrecke bis zum Endteilnehmer auf bis zu 100 Meter verlängert. Bei einer durchgängigen LWL-Verkabelung bis zum TA entfällt typischerweise der Etagenverteiler (EV), oder der EV lässt sich auf einen passiven Spleißverteiler reduzieren und ist dann eigentlich ein SP. Im TA erfolgt die Installation eines Mini-Switches, an dessen Ausgangsports die Endgeräte mit einem Kupferanschlusskabel angeschlossen sind. Dies nennt sich Fiber to the Office (FTTO). Auch diese Struktur ist für sicherheitstechnische Anlagen exakt so nutzbar. Lediglich die Mini-Switches müssen dann in der Regel PoE-fähig sein, um Kameras und andere Endgeräte mit der erforderlichen Energie zu versorgen. Eine solche Struktur ist typischerweise bei Videoüberwachungen im Außenbereich vorhanden, bei denen die über LWL angebundenen Mini-Switches in sogenannten Kameraanschlusskästen installiert sind.
Der Anschluss der Videokameras über die letzten 2,5 Meter erfolgt dann über Kupferanschlusskabel. An dieser Stelle gibt es eine kleine Abweichung zu der Struktur in Bürobereichen. Switches in Kameraanschlusskästen sind in der Regel aus Redundanzgründen mit einem LWL-Ring verkabelt. Diese Struktur passt dann formal nicht zu den Vorgaben der EN 50173 Teil 2. Trotzdem verstößt eine solche Struktur nicht gegen die EN 50173. Es gibt noch weitere Teile, wie Teil 3 – Industriell genutzte Räume. Dieser ermöglicht den Anschluss von sogenannten Automationsinseln an den TA. Wenn man den LWL-Ring der Videoverkabelung als eine in sich geschlossene Automationsinsel betrachtet und diesen Ring dann wieder über den zentralen Ring-Switch oder Ring-Manager am Zwischenverteiler in das Gesamtnetz einbindet, ist dies wieder normenkonform.
Fazit
Auch wenn die Verkabelungsnorm nicht explizit auf die Einbindung von sicherheitstechnischen Anlagen und Komponenten in die Verkabelungsstruktur eingeht, lassen sich sicherheitstechnische Anforderungen und Besonderheiten immer auf die normativen Ansätze abbilden.
Ingo Kreidler ist Sicherheitsberater bei Von Zur Mühlen‘sche.