Qualitätsunterschiede bei Markenkabeln

Kupfer-Patch-Kabel unter der Lupe

6. August 2013, 6:00 Uhr | Andreas Klees/jos, Geschäftsführer von Easylan in Garching bei München.

Wenn ein Netzwerktechniker Patch-Kabel bestellt, achtet er meist nur auf Kategorie und Schirmung. Doch auch die Qualitätsunterschiede sind enorm - selbst bei Markenprodukten.

Die Güte von Patch-Kabeln ist seit diesem Frühjahr ein Thema, weil einige namhafte Systemanbieter ihr Portfolio aus Kostengründen auf preisgünstige Patch-Kabel umgestellt haben. So zeigen sich selbst bei Kategorie-6A-Patch-Kabeln von Markenanbietern große Unterschiede: Es gibt sie mit und ohne Rastnasenschutz, mit Stecktülle als Knickschutz (Flex Boot) oder mit komplett umspritzten Steckern. Nicht sofort ersichtlich - aber entscheidend für langfristig gute Übertragungseigenschaften - ist zudem die Goldschichtdicke der Kontakte in den Steckern. Dort sparen die Hersteller häufig zuerst.
Aufbau und Verarbeitung der Stecker wirken sich entscheidend auf die Übertragungseigenschaften eines Patch-Kabels aus. Vor allem bei Übertragungsraten im GBit/s-Bereich sollten über die komplette Verkabelungsstrecke hinweg inklusive der Patchungen optimale Übertragungsbedingungen herrschen, um einen störungsfreien Datenstrom sicherzustellen. Lässt sich zum Beispiel die Steckertülle auf dem Kabelmantel verdrehen, bewegen sich auch die Adern auf den Kontakten. Damit verschlechtert sich die Kontaktierung, was wiederum die Übertragungswerte beeinträchtigt. Zudem besteht die Gefahr, dass es zu einer Unterbrechung oder einem Kurzschluss kommt, womöglich sogar an einem Port eines zentralen Servers oder Switches.
Netzwerkverantwortliche, die sicher gehen wollen, dass sie bei der nächsten Patch-Kabelbestellung die gewünschte Qualität erhalten, sollten sich deshalb vorab an ihren Lieferanten wenden. Über ihn erhalten sie zum Beispiel ein Muster und die zugehörigen Prüfprotokolle.
Bei Patch-Kabeln von namhaften Systemanbietern sollte eine gleichbleibende Qualität Grundvoraussetzung sein. Das heißt, der zuliefernde Konfektionierer sollte mit einer dokumentierten Qualitätssicherung und mit kontrollierten Prozessen arbeiten. Ist dies nicht der Fall, ist Vorsicht geboten.
An einem Muster lässt sich die mechanische Güte eines Kupfer-Patch-Kabels sehr schnell prüfen. Dazu zieht und dreht man probeweise an Stecker und Kabel. Dabei darf sich die Tülle beziehungsweise der Stecker keinesfalls vom Mantel lösen. Denn dann treten zwischen den Adern und den Steckerkontakten Zugkräfte auf. Die Adern bewegen sich im Stecker.
 
Verbindung zwischen Ader und Steckerkontakt
Ein RJ45-Datenstecker, der den Spezifikationen der hier relevanten IEC 61935-2 Ed. 3 entspricht, muss die dort definierten mechanischen Mindestanforderungen einhalten. Dazu definiert die Norm zum Beispiel einen Zugfestigkeitstest mit Zuglasten bis 50 N, bei dem sich das Kabel maximal um einen Millimeter längen darf. Auch ein Flexibilitätstest ist definiert. Dabei ist ein Stecker fixiert und das Kabel mit 2 N Zug um 180° um den Stecker herum gedreht. Bei beiden Prüfungen dürfen sich die Übertragungswerte nicht nennenswert verändern. Außerdem schreibt die Norm eine Mindestlebensdauer von 750 Steckzyklen vor.
Diese Forderungen sind zum Beispiel begünstigt, wenn die Tülle eines Flex-Boot-Patch-Kabels sicher und zugfest am Stecker eingerastet ist oder wenn der Stecker fest mit einem weichen, thermoplastischen Elastomer (TPE) umspritzt ist. Bei umspritzten Steckern sind alle Adern und Kontakte im Stecker definiert positioniert und können sich nicht mehr bewegen. Doch das Aufbringen des Thermoplasts kann den Mantel durch die Erwärmung beschädigen. Deshalb sollte nur ein kleiner Bereich des Mantels umspritzt und dieser mit einem aufgesteckten Knickschutzelement - einer Tülle - geschützt sein (Dual Boot). Meist ist sie in der Umspritzung eingerastet. Patch-Kabel mit solchen Steckern erreichen eine weit höhere Zug- und Torsionsfestigkeit zwischen Kabel und Stecker, als die Norm es fordert. Sie sind für 1.500 Steckzyklen auslegbar.
 
Goldschicht der Kontakte
Ebenfalls ausschlaggebend für die Langlebigkeit eines Patch-Kabels ist die Dicke und Oberflächengüte der Goldschicht auf den Kontakten. Der Markt bietet preiswerte Anschlusskabel mit einer Goldschicht von 15 µ-Inch (Mikrozoll) und darunter. Andere haben Schichtdicken bis 50 µ-Inch. Eine 15-µ-Inch-Schicht wird die geforderten 750 Steckzyklen der IEC 61935-2 Ed. 3 nur überstehen, wenn sonst keine Widrigkeiten auftreten.
Da sich die Goldschicht mit bloßem Auge schwer beurteilen lässt, sollte der Anwender die Messprotokolle daraufhin sichten. Doch nicht bei jedem Konfektionierer ist der Beschichtungsprozess in der dokumentierten Qualitätssicherung integriert, etwa weil er bei einem Zulieferer stattfindet. Die Kontakte sollten glatt und glänzend sein und keine rauen Stellen, Poren und Stanzgrade aufweisen.
Hier ein paar typische Prüfungen, wie sie bei Top-Herstellern ablaufen: Vor der Beschichtung werden die Kontakte poliert und die Oberflächengüte optisch geprüft. Eine Röntgenanalyse misst nach dem Beschichtungsprozess die Schichtdicke. Ein Dimethylglyoxim(DMG)-Test überprüft zum Abschluss die Porösität der Oberfläche. Dabei füllen sich die Poren mit Nickel-Kationen, die diese Stellen rot verfärben.
Die Patch-Kabel des Herstellers Easylan haben beispielsweise standardmäßig Kontakte mit einer 50 µ-Inch dicken Goldschicht, und das vorherige Polieren der Kontakte minimiert die Porenbildung. Dies schützt die Kontakte vor der Reaktion mit aggressiven Stoffen. So eignen sich diese Patch-Kabel auch für den Einsatz in korrosiven Bereichen. Der Konfektionierer fertigt sogar Spezial-Patch-Kabel für die petrochemische Industrie mit Goldschichten nach deren Vorgaben.
 
Rastnasenschutz
Der Rastnasenschutz ist ein Zusatznutzen, der für die Übertragungseigenschaften nicht ausschlaggebend ist. Doch für die Praxis untaugliche Lösungen bringen mehr Ärger als Nutzen. Der Rastnasenschutz muss die geforderten 750 Steckzyklen ebenfalls ohne Bruch standhalten. Deshalb besteht er meist aus weichem Kunststoff. Der Anwender sollte an einem Muster ausprobieren, ob sich der Rastnasenschutz mit der Rastnase verhaken kann. Denn dies kann bei einem besonders weichen Rastnasenschutz vorkommen und wäre in einem dicht bestückten Verteiler oder Bodentank störend. Die Patch-Kabel sind dann nur schwer wieder aus den RJ45-Buchsen zu lösen.
 
Patch-Kabel mit Zusatz-Features
Einfache Patch-Kabel mit fest montierten Tüllen können die technischen Anforderungen eines Anwenders durchaus erfüllen. Umspritzte Stecker mit Tülle und Rastnasenschutz halten auch einem rüden Umgang stand und verdoppeln die Lebensdauer. Sie kosten nicht viel mehr als die einfachen Ausführungen. Darüber hinaus bietet der Markt Patch-Kabel, die mit Zusatz-Features ausgestattet sind. Das macht sie zwar etwas teurer, dafür spart der Anwender Zeit und Geld bei Installation und Wartung.
 
Produktbeispiel
Dazu zählt zum Beispiel nützliches Zubehör wie farbige Markierungsclips oder -klammern, die am Stecker befestigt sind. Damit lassen sich Anschlusskabel für bestimmte Dienste kodieren. Dies bringt mit einfachen Mitteln mehr Überblick in den Verteiler. Easylan bietet für enge Platzverhältnisse auch Kategorie-6A-Patch-Kabel mit einer Push-Pull-Verriegelung an. Der Netzwerktechniker muss hier keine Rastnase entriegeln, sondern ähnlich wie beim SC-Stecker nur am Stecker ziehen, um die Rastung zwischen Modul und Stecker zu lösen. Solche Patch-Kabel eignen sich zum Beispiel für den Bodentank oder für dicht bestückte Verteiler. Sie passen in jede standardkonforme RJ45-Buchse. Die Stecker sind für etwa 1.500 Steckzyklen ausgelegt.
Die Dual-Boot-LED-Patch-Kabel vom selben Hersteller sind an beiden Seiten mit LEDs ausgestattet. Zudem münden zwei zusätzliche Adern des Kategorie-7-Patch-Kabels an beiden Enden in speziellen Kontakten auf den RJ45-Steckern. Über diese Kontakte speist der Dual-Boot-LED-Detektor die LEDs an den Steckern. Der Anwender sieht auf einem Blick beide Enden eines Patch-Kabels rot aufleuchten. Dies erleichtert Wartungsmaßnahmen während des Betriebs und erhöht die Prozesssicherheit. Außerdem lassen sich diese Patch-Kabel im Bündel verlegen und dank der LED-Signalisierung sicher und schnell anschließen. In dicht gepackten RZ-Verteilern spart dies dem Techniker bis zu 80 Prozent der Zeit für Wartungsarbeiten.
 
Fazit
Der Anwender kann sich nicht darauf verlassen, dass er hochwertige Patch-Kabel erhält, wenn er sie im Rahmen eines namhaften Verkabelungssystems mitbestellt. Er muss sich vor der Bestellung überlegen, welche Anforderungen er an die Patch-Kabel hat: Wie häufig wird gepatcht, wie dicht sind die Schränke bestückt? Bei statischen Netzen, bei denen nur selten gepatcht wird, können einfache Patch-Kabel sinnvoll sein. Doch in vielen Netzen findet fast permanent eine Umkonfigurierung statt. Dann sollte der Netzbetreiber auch bei Patch-Kabeln auf gute Verarbeitung und Langlebigkeit achten. Zusatzfunktionen wie die LED-Signalisierung bringen gegen einen kleinen Aufpreis eine erhebliche Effizienzsteigerung und erhöhen die Prozesssicherheit im Netz.

Güte der Goldkontakte: Wenn der Hersteller die Kontakte vor der Beschichtung poliert, ist die Goldschicht glatt und porenfrei. Die Kontakte rechts sind ohne Polieren geschichtet und haben eine raue, anfälligere Goldschicht. Quelle: ZVK

Das Push-Pull-HDS-Patch-Kabel von Easylan eignet sich für alle RJ45-Dosen und erleichtert das Patchen in schwer zugänglichen Bereichen.

Qualitätsstufen bei Kupfer-Patch-Kabeln: Flex-Boot-Patch-Kabel erfüllen die Mindestanforderungen, Qualitäten in Dual-Boot-Ausführung sind für aktive Netze mit vielen Patchungen konzipiert. Darüber hinaus gibt es Varianten mit Zusatz-Features. Quelle: Easylan

Steckt der Anwender den DualBoot-LED-Detektor in die zusätzlichen Kontakte eines RJ45-Steckverbinders, so leuchten die LEDs an beiden Seiten des Patch-Kabels rot auf. Dabei hält das Patchkabel selbst bei Torsion die Kategorie-6A-Grenzwerte sicher ein. Quelle: EasyLan

Kupfer-Patchkabel der Kategorie 6A können sehr unterschiedlich sein: von der einfachen Flex-Boot-Variante oben - nur mit Tülle - bis hin zu eingespritzten Dual-Boot-Versionen mit Zusatz-Features wie LED-Signalisierung oder Push-Pull-Verriegelung.
LANline.

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