40 Gigabit Ethernet über Kupfer

Lehren aus der Standardisierung von 10G

31. Januar 2014, 7:00 Uhr | Gerd Backhaus/jos, Marketing-Manager bei Nexans Cabling Solutions

Über zehn Jahre ist es schon her, dass ein neues Ethernet-Protokoll für Kupferverkabelung entstand: Im Jahr 2005 hat die IEEE den 10GBase-T-Standard (10G) festgelegt. Dies ist für die Datenverarbeitung eine halbe Ewigkeit, und somit ist es nun allerhöchste Zeit für die nächste Generation. Seit dem Sommer 2012 arbeiten die Experten folgerichtig an einer Definition von 40GBase-T (40G).Die sich aufdrängende Frage lautet schlicht: Warum hat es so lange gedauert? Die amerikanische TIA hatte als Mindestanforderung für 10G einen neuen Standard kreiert: Cat.6A, und zwar sowohl in einer geschirmten Version als auch in einer ungeschirmten Variante. Gerade die ungeschirmten Varianten bereiteten dann in der Folge aufgrund der Alien-Crosstalk-Problematik den Entwicklern der 10G-Chipsätze Kopfschmerzen und führten zu sehr komplexen Chipdesigns mit komplexen Kodierungen. Dies machte die Produkte teuer und im Vergleich zu ToR-Lösungen mit LWL-Uplinks unattraktiv. Dabei hätte man es einfacher haben können: Bereits drei Jahre vor der Normierung der 10G-Applikation haben die Experten der internationalen Norm ISO/IEC 11801 die (rein geschirmte) Kategorie 7 aufgenommen. Mit ihr wäre sofort eine 10G-Verkabelung durchführbar gewesen (und ist es natürlich immer noch) und hätte die Markteinführung wegen des einfach zu realisierenden 10G-Chipdesigns sicher deutlich beschleunigt.   Gelernte Lektionen aus der 10GBase-T-Schlappe Noch ist die Normierung im Fluss und IEEE, TIA und ISO arbeiten mit unterschiedlichen Zielen und Konzepten an der Umsetzung. Zwei große Fehler sind jedoch schon jetzt beseitigt. 100 Meter Übertragungsstrecke gelten nicht mehr als strenges Ziel. 40GBase-T wird ein Übertragungsprotokoll für Rechenzentren werden. Die Link-Längen in RZs sind deutlich kürzer als die für die Büroverkabelung. Statistische Auswertungen von RZ-Verkabelungen haben gezeigt, dass mit 30 Metern bereits über 80 Prozent aller Strecken zu erreichen sind. Der neue Standard verabschiedet sich also von den 100 Metern und wird sich auf 30 Meter beziehen. Ein ungeliebtes Thema ist in vielen Ländern der Kabelschirm. Dennoch ist diesmal klar: 40GBase-T wird es nur noch über eine geschirmte Verkabelung geben. Die Entscheidung zugunsten einer kürzeren Reichweite - wie auch die für den Schirm - sind äußerst sinnvoll und gelten unter Experten schon jetzt als ein Teil der kommenden Erfolgsstory von 40G. Noch nicht festgelegt und somit in der Diskussion sind die Bandbreite (1.600 oder 2.000 MHz) und die Definition der Channel-Performance und die der Komponenten.   Kategorie 8 oder Channel I und II Die IEEE wartet auf Vorschläge der Arbeitsgruppen von TIA und ISO. Dort wird untersucht, welche Verkabelung am besten für die Übertragung von 40G geeignet ist - und zwar mit durchaus unterschiedlichen Konzepten. An dieser Stelle auf alle Details einzugehen, würde den Rahmen des Artikels sprengen, zumal sich bis zur endgültigen Festlegung noch einzelne Parameter ändern werden. Es lohnt sich jedoch, ein vereinfachtes Model zu betrachten, das die Kernpositionen veranschaulichen soll. TIA Cat.8: Die TIA hat mit ihrem Cat.8-Draft bereits Anfang 2013 für Erstaunen und auch Verwirrung gesorgt, denn die TIA kennt keine Cat.7-Spezifikation, hat dann aber einen Entwurf für Cat.8 vorgelegt. Man wollte mit dem Begriff Cat.8 wohl eine Abgrenzung zu den ISO-Normen Kategorie 7 und Kategorie 7A schaffen. Möglicherweise sollte die Bezeichnung auch suggerieren, dass Cat.8 nach TIA-Lesart leistungsfähiger sei. Gerade dies ist allerdings nicht der Fall - die ISO-Kategorie-7A fordert zum Beispiel ungleich bessere NEXT-Werte als die in der TIA Cat.8 vorgeschlagenen. Arbeiten soll Cat.8-Verkabelung mit einem (einfach) geschirmten Kabel und einem neu zu definierenden RJ45-Steckgesicht. ISO Channel II, Kategorie 8.2: Die ISO-Experten untersuchen mehrere Verkabelungsvarianten. Interessant ist hier als Gegenposition zum TIA-Vorschlag vor allem der Channel II, der sich aus Komponenten der Kategorie 8.2 zusammensetzt. Anders als bei der Cat.8 der TIA stehen dabei erweiterte Kategorie-7A-Komponenten im Fokus, also zum Beispiel Kabel, die sowohl gesamt als auch paargeschirmt sind. Auch andere und leistungsfähigere Steck-Interfaces als der RJ45 sind bereits jetzt in der Kategorie 7A genormt, was sie nachdrücklich für eine Betrachtung für die Kategorie 8.2 empfiehlt. Beide Ansätze - TIA Cat.8 und ISO-Kategorie 8.2 - haben sowohl Vor- als auch Nachteile. Sicher ist ein unbestreitbarer Vorteil der Cat.8 das erklärte Ziel, den RJ45-Stecker als Interface beizubehalten. Fraglich ist nur, ob sich bei den zu erwartende hohen Frequenzen die Rückwärtskompatibilität zu heutigen RJ45-Komponenten aufrecht erhalten lässt. Per Definition wird Cat.8 schon nicht mehr rückwärtskompatibel zu Kategorie 7 und 7A sein. Der Nachteil der ISO-Kategorie 8.2 liegt im Umkehrschluss bei einem Steckgesicht, das dann nicht mehr der RJ45 sein würde. Allerdings gäbe es dazu schon eine Lösung: Unter IEC 60603-7-81 ist bereits seit 2007 eine Highend-Kategorie-7A-Buchse definiert, die auch RJ45-Stecker aufnehmen kann. Diese Buchse ist auf dem Markt unter der Bezeichnung GG45 erhältlich.   Zwischenfazit Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist noch vieles offen. Auf dem Markt sind jedoch schon heute Kabel und Stecksysteme verfügbar, die weit mehr leisten können, als die Kategorie-7A-Norm spezifiziert - bis hin zu 1.600 MHz und darüber hinaus. www.nexans.com.


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