Technik der Lichtwellenleiter im LAN

Moden-Schau

17. August 2006, 22:00 Uhr | Carsten Fehr/jos

Welche LWL-Technik im LAN die beste Bandbreite zu den günstigsten Preisen liefern kann, ist Gegenstand teilweise heftiger Diskussionen. Dabei spielt zum Beispiel der Fertigungsprozess eine wichtige Rolle, aber auch das Zusammenspiel mit anderen Systemkomponenten. Der Hersteller Draka Comteq favorisiert OM3- oder OM3+-Multimode-Fasern.

Der unersättliche Hunger nach Bandbreite ist – wie überall – auch im Local Area Network (LAN)
ein starker Antrieb für die Entwicklung der Highspeed-Datenübertragung. Heutige Unternehmensnetze
müssen im Stande sein, aktuelle Breitbandanwendungen wie etwa Voice over Internet-Protocol (VoIP),
Video over IP, Highend-Multimedia, medizinische Bildverarbeitung sowie zukünftige
Hochgeschwindigkeitsapplikationen zu unterstützen. Upgrades auf 10 GBit/s sind also konkret in
Planung, und den Verantwortlichen stehen dazu verschiedene Lösungen zur Auswahl.

Betrachtet man die beiden zurückliegenden Jahrzehnte, so ist die Wachstumsrate in der
Datenübertragungsgeschwindigkeit mit Ethernet unübersehbar (Bild 1). Vor allem im LAN-Backbone
werden LWL-Netze vorrangig mit Multimode-LWL ausgerüstet, da sie erhebliches Einsparpotenzial bei
der Faserverbindungstechnik bieten – verglichen mit der Singlemode-LWL-Technik, die LWL-Strecken
mit einer Ausdehnung jenseits von 550 Meter (Campus Backbone) dominieren.

Während dieser Zeit ist es gelungen, die Multimode-LWL-Technik den gesteigerten Anforderungen in
erstaunlich flexibler Weise anzupassen. Heute stehen moderne Multimode-Produkte mit sehr hohen
Bandbreitereserven zur Verfügung. Zu dieser Entwicklung erheblich beigetragen hat nach eigener
Einschätzung der Hersteller Draka Comteq, weil sein patentierter PCVD-Prozess zur Faserherstellung
im Hinblick auf Highspeed-Multimode-LWL gute Eigenschaften aufweist.

Entwicklungsgeschichte von Gigabit Ethernet

In den frühen 90ern entstanden 100-MBit/s-Datacom-Systeme (100Base-FX), die einfache LED-Quellen
und (verglichen mit heute verfügbaren Produkten) Low-Quality-Multimode-Fasern einsetzten. Die
Notwendigkeit, höhere Übertragungsgeschwindigkeiten zu ermöglichen, führte Ende der 90er zur
Entwicklung des Gigabit-Ethernet-Standards IEEE 803.3z 1, der 1998 finalisiert war.

Dieser Standard basiert im Wesentlichen auf bereits installierten Multimode-Fasern
(hauptsächlich FDDI 160/500 MHz.km für 62,5 µm und 500/500 MHz.km für 50 µm MM). Da LEDs bei einer
Modulation mit 1 GBit/s an ihre physikalischen Grenzen stoßen, entstand zum ersten Mal in der
Datacom-Geschichte ein auf Laserquellen basierendes System (vergleichsweise günstige VCSELs bei 850
nm und etwas teurere Fabry-Perrot-Laser bei 1300 nm). Zwei Lösungen für Multimode-Fasern
entstanden: 1000Base-SX bei 850 nm und 1000Base-LX bei 1300 nm.

Der 1000Base-SX-Standard ist einer der erfolgreichsten Datacom-Standards mit einem
Industrieausstoß von gegenwärtig rund 1,5 bis zwei Millionen Ports pro Quartal. 1000Base-LX ist
primär für Singlemode-Fasern entwickelt worden, obwohl es sich auch mit Multimode-Fasern betreiben
lässt. Der Hauptnachteil dieser Lösung liegt in den höheren Systemkosten aufgrund der
SM-Verbindungstechnik. Das Volumen der 1000Base-LX-Port-Produktion ist gegenwärtig in der
Größenordnung einiger hunderttausend Ports pro Quartal.

Nur vier Jahre später erschien im Jahr 2002 die nächste Generation, nämlich 10GbE standardisiert
mit 10GBase-SX als der wichtigsten Version für Multimode-Fasern und eingesetzt bei 850 nm mit einer
einzelnen Wellenlänge (serial solution). Für bereits installierte FDDI-Fasern ließen sich nur
relative kurze Distanzen garantieren (33 m und 82 m für 62,5 µm bzw 50 µm).

Die einzige Lösung, um 10GBit/s über eine Link-Distanz von 300 Metern auf installierten Fasern
zu realisieren, bestand in der technisch aufwändigen Multiplex-Version mit vier Lasersendern bei
1300 nm (10GBase-LX4). In diesem Fall sind nach dem CWDM-Verfahren vier benachbarte Wellenlängen
jeweils mit 3,125 GBit/s getaktet. Trotz der günstigeren Low-Speed-Komponenten ist das Gesamtsystem
hierbei so komplex, dass LX4 eine deutlich kostspieligere Systemlösung darstellt – verglichen mit
Lösungen, die auf einer einzelnen Wellenlänge basieren.

Um die 300 Meter Link-Distanz zu überbrücken, führte die Industrie mit 10GBase-SX im Jahr 2002
gleichzeitig eine neue Generation von Multimode-Fasern ein: die OM3-Faser, optimiert bei 850 nm.
Sie ermöglicht die Verwendung herkömmlicher, günstiger MM-Verbindungstechnik auch bei 10 GBit/s.
Diese Faser, die hauptsächlich in Neuinstallationen in der Gebäudeinfrastruktur Verwendung findet,
hat heute einen Marktanteil von 15 bis 20 Prozent des gesamten MM-Fasermarkts erlangt.

MM vs. SM Faser

Multimode-Fasern lassen sich einfacher miteinander verbinden als SM-Fasern, da sie einen
deutlich größeren Kerndurchmesser aufweisen. 50µ-Multimode-Fasern haben einen Kern mit dem
sechsfachen Durchmesser einer SM-Faser, der wesentlich einfacher in der Verbindung zu anderen
Fasern auszurichten ist. Ein Versatz von beispielsweise 3 µm für einen 50 µm Kern bedeutet
lediglich 12 Prozent dessen Radius und bewirkt 0,5 dB Zusatzdämpfung. Für SM-Fasern ist dieser
Versatz 36 Prozent des Kernradius, gleichbedeutend mit 2 dB Zusatzdämpfung. Die zulässigen
Lagetoleranzen bei SM-Fasern liegen im Submikronbereich, während MM-Fasern mit µ-Toleranzen
auskommen. Dieser Unterschied findet sich direkt in den Kosten der benötigten Komponenten wieder.
Alle GbE-Systeme bei 1300 nm (LX) sind seitens IEEE als SM-Faser-kompatibel spezifiziert und daher
deutlich teurer als 850-nm-SX-Lösungen.

Ein weiterer Aspekt der unterschiedlichen Kerndurchmesser bei MM-und SM-Fasern liegt in der
Empfindlichkeit gegenüber Verschmutzungen, etwa durch Staub. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein
einzelnes Staubpartikel von einigen µ Durchmesser die Leistungsübertragung behindert, ist bei
SM-Fasern weit größer als bei MM-Fasern. Dies bedeutet, dass MM-Fasern viel zuverlässiger arbeiten,
insbesondere im industriellen Umfeld.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass Faser und Verkabelung gerade zehn bis 15 Prozent der gesamten
Systemkosten eines LANs ausmachen, und die eingesetzten Transceiver den Löwenanteil beanspruchen.
Weiterhin ist wichtig, dass die Wahl der Faser die weiteren Systemrandbedingungen vorgibt. Obwohl
MM-Fasern für sich kostspieliger sind, ermöglichen sie die Verwendung kostengünstiger
Systemlösungen mit einem Einsparpotenzial, das die Mehrkosten auf der Transceiver-Seite sehr
schnell wieder wettmacht.

Neueste Entwicklung bei GbE: 10GBase-LRM

Im zurückliegende Jahr haben Systemanbieter versucht, die Lücke zwischen den günstigen
10GBase-SX-Lösungen – die für 300 Meter Reichweite allerdings neue OM3-Fasern erfordern – und den
kostspieligen 10GBase-LX4-Lösungen, die mit herkömmlichen FDDI-grade Multimode-Fasern bei 1300 nm
arbeiten, zu schließen. Eine elektronische Lösung (EDC, Electronic Dispersion Compensation)
entstand, die die hohe Dispersion der einfacheren Fasern kompensieren soll. Diese wird in Form
eines zusätzlichen Chips in die Detektorelektronik zu integrieren sein. Diese Entwicklung, bekannt
als 10GBase-LRM, steht gegenwärtig kurz vor der Akzeptanz (IEEE 802.3aq).

Die Systemanbieter zielen damit auf LAN-Betreiber, die ihr Netzwerk einfach aufrüsten wollen.
Häufig genanntes Argument ist, dass es einfacher ist, die Systeme anstatt der Faserinfrastruktur
aufzurüsten. Diese Lösung ist allerdings noch nicht optimal: Erstens wurde die ursprünglich
angestrebte Distanz für 10GBase-LRM von 300 Meter auf nur noch 220 Meter reduziert, um die
Systemkomplexität zu begrenzen. Diese 220 Meter decken allerdings nur 68 Prozent der vorkommenden
Distanzen in der Gebäudeverkabelung ab (Quelle: Flatman 1999).

Zweitens sind die 10GBase-LRM-Transceiver SM-Faser-kompatibel und benötigen die bereits aus der
1-GBit-Technik bekannten Mode-conditioning-Patch-Kabel, die deutlich zu den Systemkosten beitragen.
Das Argument lautet, die 10GBase-LRM Transceiver seien günstiger als 10GBase-LX4 Transceiver.
Dennoch steigern die SM-Verbindungstechnik, der EDC-Chip sowie das Mode-conditioning-Patch-Kabel
die Systemkosten dermaßen, dass ein 10GBase-LRM-Transceiver nach wie vor teurer ist als ein
10GBase-SX-Transceiver.

In gewisser Hinsicht fordert diese Art der Aufrüstung eines veralteten LANs den Vergleich mit
der Renovierung einer abgefahrenen alten Landstraße zu einer Autobahn heraus, indem die Autos
intelligente Anti-Kollisionssysteme bekommen. Es drängt sich die Frage auf, ob dies tatsächlich die
beste aller alternativen Lösungen darstellt, oder ob nicht eher ein Upgrade des LANs mit modernen,
leistungsfähigen Multimode-Fasern die logischere und günstigere Lösung darstellt.

Netzwerke aufrüsten

In diversen Publikationen argumentieren Systemanbieter, eine Aufrüstung der Kabelinfrastruktur
wäre keine kosteneffiziente Lösung und befürworten aufwändige Systemlösungen, um veraltete
Netzwerke zu verbessern. Offensichtlich ist dies für sie die "interessanteste" Lösung. Es ist
jedoch ratsam, vor einer Entscheidung zweimal nachzudenken und eine Neuinstallation der
Faserinfrastruktur in Erwägung zu ziehen.

Dieser Teil des LANs steht für lediglich zehn bis 15 Prozent der gesamten Systemkosten. Den
größten Teil der Systemkosten bestimmt die Elektronik, speziell die Transceiver und deren
Verbindungen zur Faser. Dies ist der Grund, warum eine gezielte Auswahl der richtigen Faser die
effiziente Lösung darstellen kann. Obwohl Fasern und Kabel nur einen relativ kleinen Prozentsatz
der Systemkosten beanspruchen, bestimmen sie doch wesentlich die Planungseckwerte für die
einzusetzenden aktiven Systemkomponenten.

Bei einer Neuinstallation des Netzwerks konzentriert sich die Frage auf die Wahl des geeigneten
Fasertyps, der entweder Singlemode- oder Multimode-Faser-Spezifikation (OM3 Types) haben kann.
Experten sehen SM-Fasern zuweilen als die zukunftsweisende Lösung überhaupt an, jedoch mit
unausweichlichen Folgen für die Systemkosten, die auf die aufwändige Faser-Transceiver-Kopplung
zurückzuführen sind. Im Gegensatz dazu können Multimode Fasern wesentlich einfacher (mit
µ-Toleranzen) verbunden werden und bewirken entsprechend niedrigere Transceiverkosten. Trotz der
höheren Kosten für Multimode-Fasern im Vergleich zu Singlemode-Fasern sind deutliche höherer
Einsparungen der gesamten Systemkosten durch Verwendung einer bei 850 nm optimierten
Multimode-Faser möglich.

OM3- und OM3+-Multimode-Fasern

Auf manch einen weniger involvierten Beobachter wirken Multimode-Fasern etwas altmodisch, da
viele Unternehmen ältere Fasern mit geringer Leistungsfähigkeit seit den frühen 90er-Jahren
installiert haben. Heute verfügbare, moderne Multimode-Fasern – speziell für die Laseranregung bei
850 nm entwickelt – bieten sehr hohe Übertragungsbandbreiten und damit verbundene Vorteile sowohl
technischer wie wirtschaftlicher Art. Diese Fasern kombinieren eine hohe Übertragungskapazität mit
kostengünstiger Verbindungstechnik, was sie zu einem idealen Medium für das LAN-Umfeld mit
Ausdehnungen bis 550 Meter macht.

Neben der heute bekannten OM3-Faser (etwa Maxcap300 mit 2000 MHz.km effektiver modaler
Bandbreite von Draka) ist eine weiter verbesserte Version verfügbar: der Typ Maxcap550, in Bild 2
dargestellt als OM3+, mit einer effektiven modalen Bandbreite von wenigstens 4700 MHz.km. Diese
Faserqualität ist derzeit noch nicht standardisiert; gleichwohl sind seit 2003 auch andere Versuche
unternommen worden, solche Produkte auf den Markt zu bringen.

Speziell OM3+-Fasern können heute als Arbeitspferde der LAN- und SAN-Infrastruktur gelten. Ihre
hohe modale Bandbreite ermöglicht höhere Systemreserven, die sich auf vielfältige Weise nutzen
lassen:

Anwendung größerer Link-Distanzen: 10GBase-SX über 550 m (der Bereich der LAN-Distanzen von 300
m bis 550 m beträgt 10 bis 15 Prozent) (Flatman 1999).

Verwendung der höheren Systemmarge von zirka 2,7 dB zur Installation einer größeren Zahl von
Verbindungsstellen bei kürzeren Strecken, insbesondere im SAN ist dies eine wichtige Option.

Verwendung dieser Faser für zukünftige CDWM-Lösungen. Die hohe Bandbreite erweitert den
verfügbaren spektralen Bereich (jenseits der ± 10 nm bei 10GBase-SX), weshalb sich vier der sechs
Kanäle in einem Wellenlängenbereich von 100 bis 130 nm im 850-nm-Band nutzen lassen.

Auf diese Weise sind 40 GBit/s (4 * 10 GBit/s) oder sogar 100 GBit/s (6 * 17 GBit/s) über 300
Meter möglich. Die Diskussion solcher Anwendungen hat bereits im amerikanischen Gremium TIA
FO-4.1.2 begonnen, wo Draka Comteq erste Vorschläge eingebracht hat. Für 17- GBit/s-Systeme über
300 Meter wird EDC notwendig. Die Alternative 100 GBit/s über SM-Faser erfordert gleichermaßen
CWDM-Lösungen, und zwar bei höheren Kosten der Verbindungstechnik.


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