Messmethoden für Mehrfaser-LWL-Verkabelungen

MPO-Verkabelungen richtig messen

3. Februar 2016, 7:00 Uhr | Thomas Hübsch

Das normkonforme Messen von MPO-Verkabelungen nach einer Verlegung von MPO-Trunks ist leider immer noch nicht üblich. Solche Verbindungen mit 40 oder 100 GBit/s dienen in Rechenzentren jedoch dazu, den Verkabelungsaufwand so gering wie möglich zu halten. Die Messung sollte daher schnell, effizient, einfach und natürlich auch richtig erfolgen.

Wie Studien der IEEE schon vor einigen Jahren gezeigt haben, rechnen Experten damit, dass die Datenraten der Server-Anbindungen in den nächsten Jahren zunächst 40 GBit/s und später 100 GBit/s erreichen werden (Bild 1). Die Forderung nach immer höherer Bandbreite ist allgemein bekannt, und darüber gibt es auch keine Diskussion mehr. Allerdings erfordert dieser erhöhte Bandbreitenbedarf auch in Rechenzentren die Vorausplanung der Anforderungen. Dies führt dazu, dass sich die Verantwortlichen speziell für die Rechenzentren darüber Gedanken machen, wie sie in Zukunft höhere Datenraten zwischen Servern, Switches und Storage übertragen können. Bereits heute kommen dazu in modernen RZs immer häufiger 40-GBit/s-Trunks mit vorkonfektionierten MPO-Kabelstrecken zum Einsatz. Die Vorteile liegen auf der Hand: Anstatt einzelne Fasern zu verwenden, setzt man MPO-Verkabelungsstrecken mit bis zu zwölf Fasern pro Strecke ein, was zu einer Reduzierung der Menge an verwendeten Einzelkabeln, Einzelsteckverbindern und einer Reduzierung des Platzbedarfs in Verlegewegen führt und auch die Anzahl möglicher Fehlerquellen reduziert.
Der MPO-Steckverbinder (Multifiber Push-on) ist ein Mehrfaser-Steckverbinder für Multimode- und Singlemode-Fasern, der vier, acht, zwölf, 16, 24 oder mehr Fasern in einer oder mehreren Reihen aufnehmen kann. Der ursprüngliche MPO-Steckverbinder, entwickelt von NTT in den 80er-Jahren, wurde in den 90er-Jahren von einem Joint Venture namens US-Conec (NTT, Corning und Fujikura) zum MTP-Steckverbinder weiterentwickelt. Neuere Entwicklungen des MPO-/MTP-Steckverbinders bringen es auf bis zu 72 Glasfasern, die in mehreren Reihen in einem MPO-/MTP-Stecker untergebracht sind.
Der Faserabstand in einer Reihe und zwischen den Reihen liegt bei 250 µm. Der MPO-/MTP-Steckverbinder kommt typischerweise mit sogenannten Bändchenfasern zum Einsatz und ist in seiner Größe und Aufbau ähnlich dem MTRJ-Steckverbinder, zeichnet sich jedoch durch eine höhere Faserdichte aus. Er hat eine Ferrule mit den Massen 2,5 mm × 6,4 mm und ist damit geringfügig größer als der MTRJ-Stecker.
Der MPO/MTP arbeitet mit einer Push-Pull-Verriegelung mit Schiebehülse und kann als Male-Stecker zwei Ausrichtungsstifte am Ferrulen-Ende aufweisen (Male- oder Female-Stecker, Bild 2). Wie die meisten LWL-Stecker kann die Stirnfläche als Physical Contact (PC) oder als Angle Physical Contact (APC) mit Schrägschliff ausgelegt sein.
Definiert ist der MPO-/MTP-Stecker selbst in den Standards IEC61754-7 und TIA/EIA 604-5. In den Normen ISO/IEC11801 sowie EN50173-5 ist dieser Steckverbinder Typ neben dem SC- und LC-Steckverbinder für Anwendungen im Rechenzentrum standardisiert und unterstützt paralleloptische Übertragungen, die wie die kommenden Varianten 40- und 100-GBit/s-Ethernet bei den Multmode-Anwendung nicht mehr über Einzelfasern, sondern über Mehrfaserkabel übertragen werden. Ein MPO-/MTP-Steckverbinder hat heute eine typische Einfügungsdämpfungen von 0,1 bis 0,3 dB, eine Rückflussdämpfung von mehr als 15 dB und ist für mehr als 1.000 Steckzyklen ausgelegt.

Messung von MPO-/MTP-Verkabelungen
Ist das Messen von MPO-/MTP-Verkabelungen überhaupt erforderlich? Experten antworten mit einem klaren Ja, obwohl sich ein Betreiber die Trunk-Kabel mit MPO-/MTP Steckverbindern vom Hersteller getestet und mit Protokollen versehen liefern lassen kann. Die Steckverbinder können währen der Montage Schmutz aufnehmen, und die Fasern können beim "Verlegen" verschiedenen Balastungen ausgesetzt sein, die die Übertragungseigenschaften beeinträchtigen. Die Frage nach der richtigen Messung stellt sich folglich bei einem Test neu installierter MPO-/MTP- oder Aggregation-Links ebenso wie bei einen Eingangstest an MPO-/MTP-Komponenten wie etwa Aufteilkassetten oder Fan-out-Kabeln, die die MPO-/MTP-Steckverbinder auf Einzelsteckverbinder (LC oder SC) umsetzen.
Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, die einzelnen Fasern eines MPO-/MTP-Trunks mittels zweier Fan-out-Kabel (Bild 3) auf Einzelstecker zu legen und dann jede einzelne Faser mithilfe eines Dämpfungs-Messgeräte-Satzes aus einer Glasfaser-Lichtquelle und einem Glasfaser-Leistungsmesser zu vermessen und die entsprechenden Werte einzeln zu dokumentieren.
Dabei treten jedoch vielfältige Probleme auf: Zunächst fordern die Standards ISO/IEC und auch TIA für die Messung an Multimode-MPO-/MTP-Links eine Encircled-Flux-Lichtquelle, die ein einfacher Dämpfungs-Messgeräte-Satz nur in den seltensten Fällen liefert.
Im Gegensatz zu gewöhnlichen Multimode-LED-Lichtquellen (Overfill) oder Multimode-VCSEL-Lichtquellen (Underfill) legt "Encircled Flux" ein standardisiertes Licht-Einkoppelverfahren für Multimode-Glasfasern fest, das für eine definierte Licht-Einkopplung in Multimode-Glasfasern sorgt und damit zu wesentlich genaueren und besser reproduzierbaren Messergebnissen bei der Vermessung von Multimode-Links führt (Bild 4).
Eine weitere Herausforderung ist der korrekte Nullabgleich zwischen der Lichtquelle und dem Leistungsmesser und der Aufwand, der dazu nötig ist, um die Referenzqualität der verwendeten Messkabel zu garantieren. Dies alles macht eine Messung nach diesem Verfahren kompliziert und zeitaufwändig - und damit meist auch teurer,
Eine wesentlich elegantere und einfachere Lösung ist es, die erforderlichen Testfunktionen in Messgeräte mit direkten MPO-/MTP-Anschlüssen einzubauen. An diese lassen sich dann per MPO-/MTP-Messkabel in Referenzqualität direkt die zu vermessenden Verkabelungsstrecken anschließen.
Diese Messanordnung besteht dann ebenfalls aus einer Lichtquelle, die dann jedoch zwölf Multimode-Lichtquellen enthält. Der dazu passende Leistungsmesser hat dann auch wiederum zwölf einzelne Pegelmesser in einem Adapter mit MPO-/MTP-Anschluss. Bei diesen Messgeräten kann der Techniker dann mit einem Autotest gleich bis zu zwölf Fasern messen, was deutlich schnellere Messungen als bei den Einzelfaser-Messgeräten zur Folge hat. Ein weiterer Vorteil dieser MPO-/MTP-Messgeräte ist zudem, dass er bei den gemessenen MPO-/MTP-Links die Anordnung der Fasern nach Typ A, B oder C und auch eine kundenspezifische Anordnungen der Fasern bestimmen und in einer Fibermap darstellen kann (Bild 5). Die einfachere Handhabung des Geräts und auch das Handling der Ergebnisse spielen außerdem eine wichtige Rolle, da der Techniker nun alle Daten zusammen in einem Autotest-Ergebnis und damit auch in einem Messprotokoll erhält.
Ein Produktbeispiel eines solchen MPO-Verkabelungs-Messgerätes ist das Modell Psiber Data Wirexpert mit MPO-/MTP-Multimode-Messadaptersatz, bestehend aus einer MPO-/MTP-Multimode-Lichtquelle, einem MPO-/MTP-Pegelmesser und dazu passenden Messkabeln in Referenzqualität (Bild 6). Diese Messgeräte-Kombination ermöglicht das Messen von MPO-/MTP-Verkabelungen und mit der dazu gehörenden Auswerte- und Dokumentationssoftware das Erstellen von aussagekräftigen Dokumentationen (Bild 7).

Fazit
Das normkonforme und einfache Messen von MPO-/MTP-Verkabelungen ist kein Hexenwerk und mit den richtigen Messmitteln bei nicht allzu hohem Aufwand schnell und unkompliziert möglich.

Bild 2. MPO-Steckverbinder (Male/mit Pins, Female/ohne Pins). Bild: Psiber Data

Bild 3. MPO-Fan-out Kabel mit einem Übergang von MPO- auf LC-Stecker.

Bild 4. Die verschiedenen Multimode-Lichtquellen: LED vs. VCSEL vs. EF-Lichtquellen und Anregungsbedingungen.

Bild 5. Dämpfungsergebnis und Fibermap bei Geräten mit direkten MPO-Anschlüssen.

Bild 6. Psiber Data Wirexpert mit MPO-Messadaptern.

Bild 7. Beispiel eines Autotest-Reports einer MPO-Verkabelungsstrecke.

Bild 1. Server-Forecast mit Port-Geschwindigkeiten als Funktion der Zeit. Bild: IEEE

Dipl.-Ing. (FH) Thomas Hübsch, bei Psiber Data zuständig für den technischen Support und für Grundlagen- und Messtechnik-Schulungen für Kupfer, Glasfaser und WLAN. Er ist in der Standardisierungsarbeit in verschiedenen Arbeitsgruppen der DKE (GAK 715.3.2 / GAK 715.3.7) und ISO/IEC (IEC TC46 WG9) tätig, www.psiberdata.de.


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