Highspeed-WLAN und das Internet der Dinge

Neue Dienste erfordern Reserven

12. November 2014, 7:00 Uhr | Rob Cardigan, Senior Product Manager bei Nexans Cabling Solutions. Gerd Backhaus, dort Marketing-Manager, www.nexans.de./jos

Die Vernetzung der modernen Gebäudeinfrastrukturen schließt heute Geräte ein, die mit der klassischen IT nichts mehr zu tun haben. Das Internet der Dinge und schnelle Drahtlosnetze beeinflussen als Konsequenz auch die Verkabelung, die auch für diese neuen verteilten Dienste die Basis bilden muss. Normierer und Hersteller reagieren auf die Herausforderung.

Bereits in den späten 80er Jahren kamen die Telefonie und die Datenübertragung, vormals strikt getrennt, mittels strukturierter Gebäudeverkabelung zusammen. Diese Art der Konvergenz wiederholte sich in den vergangenen Jahren und betrifft wieder ehemals getrennte Bereiche, die zuvor dem Facility-Management zugeordnet waren. Die Liste ist umfangreich: Zu ihr gehören Funkzugangspunkte, Geräte für das Energie-Management (zum Beispiel Beleuchtung, Stromverteilung, Zählerablesung durch den Energieversorger), Geräte zur Regelung der Umgebungsbedingungen (Temperatur, Feuchtegrad), Geräte für das Mitarbeiter-Management (Zugangskontrolle, Überwachungskameras, passive Infrarot-Detektoren), Zeiterfassung und Anwesenheitsüberwachung, elektronische Leitsysteme, audio-visuelle Projektoren, Geräte für die persönliche Information und Alarme (Personenruf, Patientenüberwachung, Krankenschwesternruf, Sicherheit von Kindern) etc.
Nach Einschätzungen der Experten kommen nun noch die an Anteilen gewinnende Highspeed-Wireless-Technik und das Internet of Things (IoT) zu diesem Gemisch hinzu. Dadurch entstehen plötzlich zusätzliche Designanforderungen an die Vernetzung. Auf diese neuen Herausforderungen müssen sich Planer und IT-Manager einstellen, damit die Verkabelung auch in den nächsten Jahren in allen Bereichen ihre Aufgabe erfüllen kann. Die Normierungsgruppen auf europäischer und internationaler Ebene nennen diese Art der Verkabelung "Distributed Building Services?.
Auch für den Verkabelungsspezialisten für das LAN oder im RZ ist es sinnvoll zu klären, was die neuen Herausforderungen im Detail bedeuten, worin die Unterschiede zur gewöhnlichen Verkabelung liegen und welche Überlegungen nötig sind, um eine lange Lebensdauer des installierten Verkabelungssystems zu gewährleisten.
 
Was anders ist
Grundsätzlich unterscheidet sich die Verkabelung für die genannten "Distributed Services? nicht fundamental. In der Komponentenebene (Kabel, Stecksysteme, Patch-Kabel) kommen meist dieselben Komponenten zum Einsatz wie bei einer traditionellen Büroverkabelung. Die Unterschiede treten vielmehr an den Orten in den Vordergrund, an denen die Kabel installiert werden müssen - was dann bisweilen jedoch tatsächlich einige Auswirkungen auf die Auswahl der Komponenten hat. Unterschiede gibt es auch bei den Geräten, mit denen die Kabel zu verbinden sind, und vor allem bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt sie im Gebäude installiert werden sollen. Dieser Zeitpunkt ist möglicherweise der gravierendste Unterschied zur klassischen Büroverkabelung. Die beschriebene Art der Verkabelung ist meist in Deckenhohlräumen und Gebäudekernabschnitten, also an Orten, an denen sich Menschen im Normalfall nicht aufhalten. Schließlich geht es für die Betreiber der speziellen Netze darum, sogenannte "Non-User?-Geräte mit dem Netz zu verbinden. Folglich sollten Planer und IT-Manager darauf achten, dass die eingesetzten Kabel in Bezug auf ihre physische Widerstandsfähigkeit und in puncto Flammwidrigkeit zum bisweilen ungewöhnlichen Einsatzort passen.
Der Zeitpunkt der Installation der Kabel für die "Distributed Building Services? ist von besonderer Bedeutung. Der Grund: Die Art der Verkabelung, um die es dabei geht, ist eher Teil des Rohbaus und weniger der späteren Ausstattung. Daher ist eine der Herausforderungen, die Möglichkeit zu schaffen, die Kabel möglichst zeitgleich mit oder sogar vor der traditionellen Büroverkabelung installieren zu können. Viele der oben beschrieben Orte sind nach Abschluss des Gebäuderohbaus bekanntlich nicht mehr ohne Weiteres zu erreichen, und ein nachträgliches Aufrüsten würde sich als teuer und schwierig erweisen.
 
EN- und ISO-Normen
Die Normungsgremien von Cenelec und ISO haben die Bedeutung dieser Art der Verkabelung erkannt. Cenelec hat bereits die EN 50173-6 publiziert, die die Bereitstellung verteilter Gebäudedienste beschreibt. Die ISO-Expertengruppen wiederum sind im Moment dabei, die ISO/IEC 11801 in der Art in Unterdokumente aufzugliedern, wie Cenelec dies bereits mit der EN-50173-Reihe getan hat. ISO/IEC 11801-6 (Distributed Buildings) wird sich mit dem Thema beschäftigen und inhaltlich sehr ähnlich zur vorliegenden EN-Norm ausfallen. Beide Dokumente sprechen sich für das "Grid Design" aus und haben dieselben Leistungsanforderungen.
 
Grid Design
Beide Normenwerke, die EN 50173-6 und der Draft der ISO/IEC, beschreiben das Konzept der Service-Area, die von Service-Outlets (SOs) abgedeckt ist, die in einer wabenförmigen Struktur angeordnet sind. Die in dieser Struktur vordefinierten Orte der Service-Outlets lassen sich für die Anbindung von WLAN Access Points, IP-Kameras oder der Gebäude-Management-Ausstattung in Form von Sensoren oder ähnlichen Devices nutzen.
 
Internet of Things (IoT)
Der Begriff "Internet of Things" beschreibt eine neue Generation vernetzter oder netzwerkfähiger Geräte. Die zuvor definierte Konvergenz scheint sich in diesem Punkt also tatsächlich durchzusetzen. Die Gebäude der nahen Zukunft werden voll von Geräten sein, die miteinander und mit Supervisor-Programmen kommunizieren können, um Daten zu teilen und mit ihnen zu arbeiten. Eine derartige Kommunikation kann über das Internet erfolgen, in vielen Gebäuden wird sie jedoch auf das LAN beschränkt sein, und zwar zum einen wegen der IPv4 -Restriktionen, zum anderen hauptsächlich aus Sicherheitsbedenken. IoT-Geräte können entweder mobil sein, was eine drahtlose Verbindung sinnvoll macht, oder statisch mit einer festen Verkabelung arbeiten. In beiden Fällen ist es die Verkabelung für die "Distributed Building Services", die letztendlich für die Verbindung sorgt.
 
803.11ac schafft Mindestanforderungen
In der Praxis existieren nur sehr wenige reine drahtlose Netzwerke, und eine gute Wireless-Infrastruktur benötigt eine sehr gute Verkabelung im Backbone. Traditionell ist diese Verkabelung dann an die Leistung der Wireless-Geschwindigkeit angepasst. So ist in 802.11n-Netzwerken die rund 576 MBit/s betragende Datenrate mit einem 1-GBit/s-Ethernet-Backbone zu erzielen. Für dieses reicht bereits ein einfaches Kategorie-5e/Klasse-D-Verkabelungs-Overlay völlig aus.
Dieses Argument passt auch sehr schön zu der landläufigen Meinung, dass angeschlossene "Non-User"-Geräte nur relativ geringe Datenmengen übertragen und daher ein 10/100-MBit/s-Ethernet-Dienst mehr als ausreichend sei. Dies haben auch die "Normierer" so gesehen, was dazu führte, dass in der oben beschrieben EN 50173-6 als Mindestanforderung lediglich eine Kategorie 5e Verkabelung spezifiziert ist.
In der heutigen Realität sind jedoch schon die ersten Wireless Access Points (WAPs) verfügbar, die den Standard IEEE 803.11ac unterstützen, was eine drahtlose Übertragung von bis zu 1.3 GBit/s erlaubt. Dies bedeutet, dass ein 1-GBit/s-Ethernet-Backbone in dieser Konstellation bereits zum Flaschenhals wird.
Als Konsequenz empfehlen sowohl die EN- als auch die ISO/IEC-Normen eine Kategorie-6A-Verkabelung für WAP-Backbones, die für jeden Knotenpunkt eine 10GbE-Verbindung liefert. Damit wird die Kategorie-6A-Verkabelung zur Mindestanforderung für aktuelle Anwendungen.
 
Fazit
Das Internet der Dinge wird eine stets wachsende Verkabelung für Distributed Building Services nach sich ziehen. Die Anforderungen von Highspeed-Wireless-Backbones benötigen Kategorie-6A-Komponenten. Damit wird Kategorie 6A auch in der Büroverkabelung zur neuen Mindestanforderung. Wie immer gilt zudem: Wer zukunftssicher verkabeln will oder muss, sollte stets Reserven einplanen.

Auch das deutsche Normenwerk beschäftigt sich aktuell mit Verkabelungslösungen abseits der IT.

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