EMV-Probleme bei Videoverkabelung vermeiden

Ohne Bildstörung

3. Dezember 2018, 7:00 Uhr | Biniam Tesfamariam

Wohl kaum ein heimisches Wohnzimmer ist heute ohne Fernseh- und Videowiedergabe denkbar. Doch die bewegten Bilder haben auch schon lange Einzug in Unternehmen und den öffentlichen Raum gehalten. Ob es sich dabei um Info-Terminals an Bahnhöfen oder Flughäfen oder Bildschirme in Wartezimmern, Kaufhäusern, Konferenzräumen oder Anwendungen im Sicherheitsbereich handelt: Ein störungsfreies Videosignal ist in allen Fällen nötig.

Die Anforderungen an eine störungsfrei arbeitende Videoverkabelung sind im professionellen Bereich erheblich höher als bei privaten Anwendungsgebieten. Denkt man beispielsweise an die Leitstände der Bahn, an die Flugüberwachung oder die Medizintechnik, wird schnell ersichtlich, dass ein unterbrechungsfreies Videosignal durchaus auch von sicherheitstechnischer Relevanz sein kann.

Elektromagnetische Störstrahlung

Bei einer in Kupfer ausgeführten Videoverkabelung stellen elektromagnetische Einflüsse den potenziell größten Störfaktor dar, wobei zwischen irreversiblen und reversiblen Störungen zu unterscheiden ist. Durch Überspannung (Blitzschlag) oder auch durch elektrostatische Aufladungen kann es zum Beispiel zu einem irreversiblen Ereignis kommen. Die Zerstörung elektronischer Komponenten ist die direkte Folge. Von einer reversiblen Störung spricht man dagegen, wenn es zu Beeinträchtigungen der Funktionalität (Bildstörungen, Bildausfälle etc.) kommt, die umgehend verschwinden, sobald der Auslöser der Störung abgestellt wurde.

Die Ursachen für eine solche elektromagnetische Störstrahlung können vielfältig sein. Bereits ein älteres Mobiltelefon kann zu Bildstörungen führen, wenn es in einem geringen Abstand zur Signalleitung sendet oder empfängt. Ebenfalls negative Auswirkungen können Starkstrom führende Leitungen haben, die in der Nähe der Videoverkabelung verlaufen. Ein extremes Beispiel stellen dabei Bahnhöfe dar: Abhängig von der Größe der Anlage verlaufen auf engem Raum dutzende Gleise mit stromführenden Oberleitungen, die die Info-Terminals und Überwachungstechnik stören können. Ähnliche Szenarien sind auch in größeren Industriebetrieben durchaus denkbar.

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Bereits in der Planungsphase anspruchsvoller Projekte empfiehlt es sich, Kontakt zum Händler oder Hersteller aufzunehmen, um die genauen Anforderungen, die an das Kabel gestellt werden, zu besprechen. Bild: EFB-Elektronik

Potenzielle Schwachstellen möglichst ausschließen

Bei einer Kupferverkabelung ist die EMV-Abschirmung von entscheidender Bedeutung für eine störungsfreie Bildübertragung. Da die Abschirmung hochwertiger Kabel gewöhnlich nach dem HDMI-Standard genormt ist, gibt es diesbezüglich praktisch keinen Spielraum bei der Kaufentscheidung. Bei der Abschirmung der Stecker sind die Regeln für die Hersteller dagegen deutlich weniger eng gefasst. Entsprechend hoch sind die Unterschiede bei der Qualität.

Auf dem Markt sind primär drei verschiedene Ausführungen der Steckerabschirmung erhältlich. Die günstigste Variante verfügt dabei über ein PVC-Moulding, das den Stecker ummantelt. Die Verdrahtung des Steckers wird in diesem Fall einfach von einem verhärteten Kunststoff zusammengehalten. Der technisch simple Aufbau ist dabei besonders anfällig für elektromagnetische Störeinflüsse, da eine effektive Abschirmung fehlt.

Weniger anfällig für Störstrahlung ist die nächste Version der Steckerabschirmung. Dabei kommt ebenfalls ein PVC-Moulding zum Einsatz. Darunter befindet sich ein Blechgehäuse, das die Verdrahtung des Steckers umschließt. Diese Variante bietet bereits eine einfache Abschirmung und verfügt damit über einen grundlegenden Schutz gegenüber elektromagnetischen Störeinflüssen.

Die beste Widerstandsfähigkeit bietet allerdings erst die dritte Steckerversion: Während diese Variante ebenfalls über das übliche PVC-Moulding verfügt, ist das integrierte Blechgehäuse um eine Kupferfolie ergänzt, die die komplette Abschirmung des Steckers gewährleistet. Zusätzlich bieten hochwertige Kabel eine 360-Grad-Klammer am Stecker, die einen optimalen Kontakt zum Abschirmungsgeflecht des Kabels herstellt. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Abschirmung des Kabels auch tatsächlich durch die 360-Grad-Klammer läuft. Gerade bei minderwertigeren Kabeln ist dies oft nicht der Fall.

Um Problemen bei der Videoübertragung vorzubeugen, ist eine möglichst genaue Planung und Bedarfsanalyse unumgänglich. Die Wahl eines Kabels, das für den vorgesehenen Einsatzzweck eine optimale Leistung bringt, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen stellt sich die Frage nach der benötigten Distanz, die zu überbrücken ist. Eine Installation von bis zu zehn Metern lässt sich in der Regel noch problemlos mit einem hochwertigen konventionellen HDMI-Kabel durchführen. Eine Kabellänge zwischen zehn und 40 Metern macht den Einsatz eines HDMI-Repeaters oder -Extenders nötig. Alles was darüber hinaus geht, muss entweder mit Twisted-Pair-Kabel (Kategorie 5 oder höher) oder über eine Glasfaserleitung realisiert sein.

Lokation beachten

Bei der Auswahl eines geeigneten Kabels sind auch die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen: Ist das Kabel hoher elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt? Oder soll die Verkabelung durch Bereiche führen, die besonders hohe Anforderungen an den Brandschutz stellen, wie zum Beispiel die Räume, in denen die Kerosintanks an Flughäfen untergebracht sind? In solchen Fällen scheiden Kupferkabel aus, und die Wahl sollte auf eine optische Signalübertragung fallen.

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HDMI-, Display-Port- und DVI-Kabel gibt es in einer großen Bandbreite und allen möglichen Preisklassen auf dem Markt. Doch bei der Qualität trennt sich letztlich die Spreu vom Weizen. Bild: EFB-Elektronik

Kluge Planung

Bereits in der Planungsphase anspruchsvoller Projekte empfiehlt es sich, Kontakt zum Händler oder Hersteller aufzunehmen, um die genauen Anforderungen, die an das Kabel gestellt werden, zu besprechen. Diese können dann valide Empfehlungen für die meisten Einsatzzwecke aussprechen. In jedem Fall sollten Anwender vor dem Kauf die Datenblätter des Kabels genau überprüfen, um zu eruieren, ob die Anforderungen erfüllt sind. Für die meisten Anwendungsgebiete gibt es spezielle Kabel wie Industrievideokabel oder Active Optical Cable (AOC/Aktives Glasfaserkabel). Diese sind gewöhnlich teurer in der Anschaffung, jedoch auch entsprechend hochwertig. Wer sich nicht auf Produktbeschreibungen und Datenblätter verlassen will, kann auch ein Muster des Kabels anfordern und die Ummantelung sowie den Stecker aufschneiden, um die Verarbeitungsqualität selbst zu überprüfen.

Lösungen im Beispiel

Sollte doch einmal der Fall eintreten, dass ein Kabel "von der Stange" die Anforderungen nicht erfüllen kann, sind Hersteller wie beispielsweise EFB-Elektronik in der Lage, Kabel nach speziellen Kundenwünschen zu konfektionieren. So hatte beispielsweise ein Anwender mit Signalausfällen im ländlichen Gebiet wegen starker GSM-Strahlung zu kämpfen, die von alten Mobiltelefonen emittiert wurde. Die Spezialisten von EFB-Elektronik haben das betreffende Display-Port-Kabel untersucht und konnten das Problem durch eine zusätzliche Metall- und Kupferabschirmung am Stecker beseitigen. In einem anderen Fall kam es bei Fahrkartenautomaten zu Problemen, die unmittelbar an der Bahnstrecke aufgestellt waren. Dort konnte ein zusätzliches Metallgehäuse am Stecker des DVI-Industrieanschlusskabels die EMV-Abschirmung optimieren und so einen stabilen Betrieb gewährleisten.

Fazit: Auf Qualität achten

Die Anforderungen an eine Videoverkabelung im industriellen Bereich sind erheblich höher als in den eigenen vier Wänden. Entsprechend hoch sind daher auch die Anforderungen an die Kabel: HDMI, Display-Port und DVI-Kabel gibt es in einer großen Bandbreite und allen möglichen Preisklassen auf dem Markt. Doch bei der Qualität trennt sich letztlich die Spreu vom Weizen: Nur eine hochwertige Verkabelung sorgt für eine störungsfreie Bildübertragung. Doch gerade die Qualität ist bei einem Kabel nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Daher sollten Anwender möglichst frühzeitig den Hersteller oder den Fachhändler in die Planungen einbeziehen. Bei vorhandener Fachkenntnis lassen sich alternativ anhand eines Musters Aufbau und Qualität des Kabels auch selbst prüfen.

Biniam Tesfamariam ist Produkt-Manager Multimedia/Aktive Komponenten bei EFB-Elektronik in Bielefeld, www.efb-elektronik.de.


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