Kommende Technik erfordert echtzeitfähige LWL-Netze

Ohne Glasfaser kein Edge Computing

8. Juni 2018, 7:00 Uhr | Harald Jungbäck

Im Fahrwasser des Internets of Things (IoT) respektive des Industrial Internets of Things (IIoT), aber auch im Zusammenhang mit der fortschreitenden digitalen Transformation sowie zukunftsorientierten Anwendungen wie dem autonomen Fahren fallen immer häufiger Schlagworte wie Fog oder Edge Computing. Ist dies tatsächlich ein neuer Ansatz oder doch eher "alter Wein in neuen Schläuchen"? Es gilt zu klären, in welchen Anwendungsbereichen die neue Technik tatsächlich zum Einsatz kommen wird.

Daten, Daten und noch mehr Daten: Industrie 4.0, die Smart Factory sowie IoT und IIoT tragen maßgeblich zum exponentiellen Wachstum der Datenberge bei. Auch gesellschaftliche Veränderungen treiben das Datenwachstum. Bereits heute lebt gut die Hälfte der Menschheit in Städten - ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Dies verlangt nicht zuletzt nach modernen Verkehrskonzepten, damit es im urbanen Umfeld nicht zum Verkehrskollaps kommt. Die Smart City der Zukunft benötigt eine Kombination von Lösungen, die einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) mit dem Individualverkehr sowie autonomen Fahrzeugen koppelt.

Auch Radfahrer und Fußgänger müssen in die Überlegungen für zukunftsweisende Verkehrskonzepte einbezogen sein. Dies erfordert eine schnelle und individuelle Datenerhebung und -verarbeitung am Ort des Geschehens. Nur so können alle Beteiligten von den Konzepten für die moderne Stadt profitieren. Flächendeckend verfügbare, schnelle Glasfasernetze und das kommende 5G-Mobilfunknetz sind nach Einschätzung der Branche die Voraussetzung für diese Applikationen.

Mehreren Analystenhäusern zufolge wird das Volumen der Neudaten bis zum Jahr 2025 auf mehr als 160 Zettabyte anwachsen. Hinzu kommen die bereits vorhandenen Daten, die sich durch neue Anwendungen und Prozesse permanent verändern. Dreh- und Angelpunkt für die Verarbeitung, Verwaltung und Speicherung dieser Daten bleiben die Rechenzentren. Es sind jedoch nicht länger nur interne Daten, die dort zusammenlaufen. Vielmehr liefern auch externe und mobile Datenquellen weitere Informationen. In diesem Umfeld wirft das IoT bereits seine Schatten voraus. Das massive Datenvolumen führt im klassischen Rechenzentrum oft zu verzögerten Reaktionszeiten, denn von den vielen verteilten oder mobilen Ressourcen sind die zentralen Knoten geografisch einfach zu weit entfernt, um noch vertretbare Latenzzeiten zu garantieren, wie sie für viele Abläufe erforderlich sind. Die Beeinträchtigung für Geschäfts- und Produktionsprozesse kann dann hoch sein.

Echtzeit spielt die Schlüsselrolle

Gerade moderne Prozesse im geschäftlichen Umfeld und/oder in der Fertigung erfordern nicht nur immer mehr und differenzierte Daten. Vielmehr spielt deren Echtzeitverfügbarkeit und -verarbeitung im Umfeld von autonomem Fahren und Industrie 4.0 zunehmend eine entscheidende Rolle. Entwicklungen wie IoT und IIoT tragen maßgeblich dazu bei, die Belastung konventioneller Rechenzentren weiter zu steigern. Gleiches gilt auch für die digitalisierten Verkehrskonzepte der Zukunft. Abhilfe sollen Fog respektive Edge Computing schaffen. IDC beispielsweise prognostiziert, dass bis 2019 etwa 43 Prozent der Daten, die das IoT generiert, in sogenannten Edge-Computing-Systemen am "Rande" der herkömmlichen Netzwerkinfrastruktur verarbeitet werden.

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Ergänzend zu Verbindungen mit Glasfaserkabeln kommen für moderne Anwendungen wie autonomes Fahren oder IoT auch drahtlose Übertragungstechniken zum Einsatz. Bild: Rosenberger OSI

An Unternehmen geht in diesem Kontext der Rat, die zunehmende Datenflut bereits am Rande ihrer herkömmlichen Netzwerke zu zähmen, um die konventionellen Datacenter zu entlasten. Dies wird auch notwendig sein, da die Zahl der IoT-Devices in den kommenden Jahren weiter ansteigt. Die Analysten der Gartner Group erwarten, dass bis 2020 weltweit rund 20,4 Milliarden IoT-Geräte im Einsatz sind, die über eine IP-Adresse miteinander kommunizieren. Hinzu kommen weitere physische Objekte, die sich über integrierte aktive oder passive Sensoren via Bluetooth, Laser oder Infrarot auch ohne IP ablesen lassen.

Daten am Entstehungsort verarbeiten

Um zeitkritische Daten verzögerungsfrei zu verarbeiten, gilt Edge Computing als adäquate Lösung. Autonome Fahrzeuge, Applikationen der Smart City, die auf Echtzeitdaten basieren, oder mobiles IoT sind ohne Edge Computing und 5G-Mobilfunk nicht realisierbar. Im industriellen IoT gibt es bereits zahlreiche mögliche Szenarien. Manchmal reicht es aus, Sensordaten lediglich zusammenzuführen. Ein anderes Mal wiederum müssen sie anhand bestimmter Kriterien auch gefiltert werden. Und gelegentlich ist sogar die Kapazität eines "Minirechenzentrums" gefragt. Ein Beispiel dafür sind autonome Fahrzeuge. Beim selbstfahrenden Auto geschieht die gesamte Datenverarbeitung an Bord. Der Wagen muss innerhalb von Millisekunden reagieren können, etwa um Unfälle zu verhindern. Ohne Datenverarbeitung in Echtzeit ist dies nicht denkbar. Dann kommt Edge Computing ins Spiel: Es minimiert Latenzzeiten und verhindert Flaschenhälse im Datenfluss.

Edge Computing sorgt für die Echtzeitverfügbarkeit von Daten und schafft die Voraussetzungen für die Digitalisierung verteilter, kritischer Infrastrukturen. Durch den Brückenschlag zur klassischen operativen Rechenzentrumstechnik sowie zu Anwendungen in der Public Cloud können Unternehmen lokale Computerlösungen einsetzen, die sich nach Bedarf beliebig skalieren lassen. Dies optimiert die Virtualisierung von Ressourcen und unterstützt Echtzeit-Anwendungen.

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Außergewöhnliche Rechenleistungen erfordern eine entsprechende Infrastruktur. Dies gilt explizit für die Verkabelung von Rechenzentren, aber auch die Anbindung externer Niederlassungen. Bild: Rosenberger OSI

Edge-Computer integrieren Rechner- sowie Speicher- und Netzwerkdienste und schlagen eine Brücke zur Cloud und den im Netzwerk eingesetzten Endgeräten. Sie können allerdings in der Regel nicht isoliert arbeiten, sondern werden mit dem sogenannten "Fog Computing" kombiniert. Fog erweitert die Funktionalität von Edge-Computern, indem es die Cloud auf die lokale Ebene führt. Dabei sind sowohl zentralisierte als auch verteilte Computing-Ressourcen in einer einzigen Architektur kombiniert. Auf diese Weise wird es möglich, dass Edge-Geräte problemlos miteinander und mit der zentralisierten Cloud kommunizieren.

Das OpenFog-Konsortium erklärt, dass die Fog-Architektur das Edge-Computing-Modell ideal ergänze, da sie ein Bindeglied bereitstellt, das notwendig ist, um Daten in die Cloud zu übertragen oder zu entscheiden, was lokal zu verarbeiten ist.

Edge Server und Fog Server reduzieren gemeinsam Latenzprobleme und optimieren die Reaktionsfähigkeit von Anwendungen deutlich. Dazu führen lokale Applikationen einen Großteil der Datenverarbeitung, -steuerung und -verwaltung in der unmittelbaren Nähe von Sensoren oder Geräten durch. Dies beschleunigt die Echtzeitverarbeitung unternehmenskritischer Daten, wie sie beispielsweise notwendig sind, um Alarme oder Warnmeldungen auszulösen. Notwendig ist das zum Beispiel, wenn kritische Situationen auftreten oder zeitnah die Wartung von Maschinen in der Produktion erforderlich ist, um die Wertschöpfungskette nicht zu unterbrechen. Weniger kritische Dateninformationen gelangen - wie bisher - zur Verarbeitung und Analyse weiter in die Cloud oder in das klassische Rechenzentrum.

Damit der Datenfluss ungebremst fließen kann, ist allerdings ein massiver Ausbau der vorhandenen Glasfaserinfrastruktur notwendig. Die Breitbandversorgung und der Aufbau zum Gigabit-Netz mit 5G ist die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen das IoT produktiv für ihre Anwendungen nutzen können. Wesentlicher Bestandteil einer modernen Glasfaserinfrastruktur sind die Antennen der Mobilfunkmasten und Small-Cell-Antennen bis hin zu LWL-Verkabelungssystemen die zu den Rechenzentren hinführen und dort auch als interne Infrastruktur zum Einsatz kommen.

Außergewöhnliche Rechenleistungen erfordern eine entsprechende Infrastruktur. Dies gilt explizit für die Verkabelung von Rechenzentren, aber auch die Anbindung externer Niederlassungen. Glasfaserkabel gelten unter Fachleuten in diesem Umfeld als erste Wahl. Der Umbruch, den die kommenden Trendthemen von der Verkabelungsinfrastruktur verlangen, ist nur mit den schnellen und zuverlässigen Lichtwellenleitern zu bewerkstelligen. Von der Stange gibt es diese Lösungen jedoch nicht. Vielmehr sollten Unternehmen sich bei der Planung und Realisierung solcher Lösungen auf das Know-how etablierter Spezialisten verlassen.

Ergänzend zu Verbindungen mit Glasfaserkabeln kommen für moderne Anwendungen wie autonomes Fahren oder IoT auch drahtlose Übertragungstechniken zum Einsatz. Bei den Sendemasten für die drahtlose Datenübertragung setzt die Telekommunikationsindustrie bereits seit Jahren weltweit auf Fiber-to-the-Antenna-Verkabelungssysteme (FTTA).

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Verkabelungsspezialisten wie Rosenberger OSI, die über das nötige Know-how verfügen, sind in der Lage, kundenspezifische LWL-Lösungen für Spezialaufgaben zu entwickeln. Bild: Rosenberger OSI

Als Enabler für autonomes Fahren, IoT und IIoT betrachten Fachleute die flächendeckende Einführung der nächsten Mobilfunkgeneration 5G. Sie wird mit neuen Standards die Voraussetzungen für die Echtzeitkommunikation schaffen. Aufgrund seiner erheblich höheren Datenkapazität sowie der extrem geringen Reaktionszeiten werde 5G den Weg in die vollständig vernetzte Gesellschaft umfassender erfüllen als bisherige Techniken, schätzen die Experten. Dies könne die Basis für neue Anwendungen intelligenter Mobilität und nicht zuletzt für das IoT legen. Nach seiner flächendeckenden Verfügbarkeit, mit der das Bundesministerium für Verkehr und digitale Technologien 2020 rechnet, habe 5G das Potenzial, Anwendungen aus dem Bereich Industrie 4.0, der Logistik und oder des vernetzten Fahrens voranzutreiben, heißt es.

5G-Mobilfunk als Enabler

Über 5G soll auch die Steuerung einzelner Produktionsmittel erfolgen. Auf der Basis passender Hard- und Software ermögliche dies Lösungen für die "Smart Factory" und die Kommunikation der dafür notwendigen Komponenten (Machine to Machine), so das Ministerium. Um den kontinuierlichen Datenaustausch, die Aktualisierung von Informationen und die Ausarbeitung notwendiger Handlungsempfehlungen zeitnah und konsistent zu garantieren, wird kein Weg an der leistungsstarken 5G-Technik vorbeiführen.

Harald Jungbäck ist Product Manager für Rechenzentrums-Verkabelung bei Rosenberger OSI, www.rosenberger.com/osi.


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