Verkabelungen in der Bauproduktenverordnung

Personenschutz im Brandfall

20. November 2017, 7:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Feuer ist gefährlich. Die neue europäische Bauproduktenverordnung beeinflusst künftig jegliche Art von fest installierten Kabeln - vor allem, um die Brandvermeidung und den Personenschutz in Gebäuden zu verbessern. Die unbestritten grundsätzlich äußerst vernünftige Maßnahme zieht Konsequenzen nach sich, die auf den ersten Blick unnötig bürokratisch und für den Anwender schwer durchschaubar wirken. Bei nüchterner Betrachtung bleiben jedoch nur wenige Fakten übrig, die es zu beachten gilt. Die LANline-Berichterstattung hat die Themen Brandschutz und europäische Bauproduktenverordung (EU-BauPVO) in der Vergangenheit bereits einige Male aufgegriffen (Kasten unten). Insgesamt zieht die seit Juli dieses Jahres verpflichtende Regelung gleich eine ganze Reihe von Konsequenzen für den Kabelmarkt nach sich. Etliche davon betreffen allerdings in erster Linie die Hersteller. Für Planer und Anwender sollte es ausreichen, sie grob zu kennen. Bei den Teilen, die die Nutzerseite betreffen, ist dagegen allerdings durchaus Aufmerksamkeit geboten.

Für das Brandschutzverhalten der Verkabelung - nicht zu verwechseln mit der Brandlast - existieren nach der EU-BauPVO grundsätzlich die Klassen von ACA bis FCA, wobei A den stärksten und F den schwächsten Schutz beschreibt. Die Kriterien dafür fußen im Wesentlichen auf der Wärmefreisetzung und der Unterdrückung der Flammenausbreitung. Zusätzlich gibt es Unterkriterien, die das Entstehen von Rauch (s = smoke), die Säurefreisetzung (a = acid) sowie eine gefährliche Tröpfchenbildung (d = droplets) beschreiben. Der Smoke-Beiwert kann die Größen 1, 1a, 1b, 2 oder 3 annehmen (1 ist der beste Wert). Der Acid-Wert kann 1, 2 oder 3 betragen, der Droplets-Wert 0, 1 und 2.

Eine komplette Kabelbeschreibung nach der EU-BauPVO hat also beispielsweise die Form Fca, was ungeschützte Verkabelungen beschreibt, die etwa als Erdkabel zum Einsatz kommen und keinen weiteren Schutz bieten. Ein im Sinn des Brandschutzes hochwertigeres Pendant wäre B2CA s1a a1 d0, was für ein gut brandgeschütztes, modernes Datenkabel für den Inneneinsatz steht. Im Zusammenspiel mit den datentechnischen Übertragungseigenschaften entsteht mit diesen Größen eine nahezu unüberschaubare mehrdimensionale Matrix, die ein Planer oder Betreiber erstmal überblicken müsste - und die die Hersteller mit einem riesigen Portfolio abzudecken hätten. Zu beachten: Die Brandschutzeinteilung unterscheidet grundsätzlich nicht zwischen Kupfer- und LWL-Verkabelungen.

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Grobe Einteilung des Brandschutzbedarfs nach dem Vorschlag des ZVEI.

Zum Glück erweist sich die Realität in diesem Fall als wesentlich einfacher als die Theorie: In der Praxis bleiben für den tatsächlichen Einsatz nämlich nur wenige Klassen übrig, die eine Bedeutung behalten. Im Zusammenspiel mit der Gesetzgebung und der Normierung gibt es seitens der Industrie eine Empfehlung dazu, welche Brandschutzklasse in welcher Art von Gebäude und Liegenschaft zum Einsatz kommen soll. Als Faustregel kann gelten, dass in gewöhnlichen Räumen meist die Klasse CCA gefordert ist, in der Umgebung von Fluchtwegen oder in besonders gefährdeten Umgebungen B2CA. Eine komplette aktuelle Tabelle der Zuordnungen von Gebäude(teil) zu Brandschutzklasse findet sich auf den Web-Seiten der meisten Hersteller oder beim ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie, Fachverband Kabel). Hier der Link zum kostenlosen ZVEI-Download: bit.ly/2zyoyuq.

Mehrere Vertreter namhafter Verkabelungsanbieter äußerten sich gegenüber der LANline auch zu den internen Prozessen bei der Herstellung der neuen Produkte. Demnach sei es bei Weitem nicht mit einem schlichten Umlabeln getan. Nach dem bereits vor Jahren vollzogenen Übergang zu halogenfreien Mantelmaterialien seien vielmehr weitere signifikante konstruktive Maßnahmen nötig, was unter anderen bisweilen zu einem größeren Kabeldurchmesser führe. Dies erhöht bemerkenswerterweise die Brandlast - im Gegensatz zum Personen-Brandschutz im Kontext der EU-BauPVO eine Größe, die sich zunächst auf die Feuerresistenz des Gebäudes bezieht. Auch der Preis könne um zehn bis zwanzig Prozent steigen.

Fazit

Neben verschiedenen Pflichten für die Hersteller, etwa Klassifizierung, Abnahme und Kennzeichnung der Produkte, hat die neue europäische Bauproduktenverordnung auch Auswirkungen auf die Planung und den Betrieb von datentechnischen Verkabelungen in Gebäuden. Hilfe bei der Entscheidung, welche Brandschutzklasse für welche Art der Installation gefordert ist, bieten Tabellen mit Empfehlungen seitens des ZVEI. Grob gilt: In gewöhnlichen Räumen ist meist die Klasse CCA gefordert, in der Umgebung von Fluchtwegen oder in besonders gefährdeten Umgebungen B2CA. Im Zweifel empfiehlt es sich, schon in der Planungsphase Rücksprache mit dem Versicherer zu halten oder sich durch die Feuerwehr beraten zu lassen.

Informationen zur EU-BauPVO

ZVEI
bit.ly/2zyoyuq

LANline: Faktensammlung zur Bauproduktenverordnung
bit.ly/2iwDU7v

Brandschutz im Kabel
bit.ly/2h638JF


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