Small-Form-Faktor für optische LAN-Anschlüsse

SC-RJ auf dem Weg zur Norm

17. August 2006, 22:00 Uhr | Hannelore Hirscher und Rolf Zollinger/jos Hannelore Hirscher ist Engineer Fiberoptic, Rolf Zollinger ist Marketing Manager Industrial Cabling bei Reichle und De-Massari in Wetzikon, Schweiz.

Der Bananenstecker, der zu Beginn der Rundfunkära auf den Markt kam, wandelte sich in einer festen dreipoligen Verbindung zum bekannten TF-Stecker - der Quasi-Steckernorm im ehemals analogen (deutschen) Fernmeldesektor. Kann die Verbindung zweier optischer SC-Stecker im RJ45-Format eine vergleichbare Erfolgsstory im gesamten (internationalen) LAN-Bereich schreiben? Im SC-RJ steckt auf jeden Fall eine Menge Potenzial für die Zukunft der Fiber-Optic-Verkabelung.

SC-RJ verbindet zwei SC-Steckverbindungen zu einer festen Einheit, ist also eine Art
SC-Duplex-Verbindung. Die Besonderheit: SC-RJ passt in den Ausschnitt eines RJ45-Anschlussmoduls.
Mit SC-RJ lassen sich also optische LAN-Verbindungen reibungslos in bestehende oder neu zu
verlegende strukturierte Verkabelungen nach ISO/IEC 11801 (2002) und EN 50173-1 (2002)
integrieren.

Die Idee entstand bei Reichle und De-Massari (R&M), wo die Techniker bereits 1997 erste
Studien unternahmen. Allerdings reicht es heutzutage nicht aus, eine gute proprietäre Lösung zu
präsentieren. Wenn sich SC-RJ am Markt durchsetzen soll, muss die Lösung genormt sein,
patentrechtlich gesichert, und außerdem lizenzierbar für andere Hersteller. Denn jeder Kunde, der
eine Steckverbindung einsetzt, besteht auf einer Second Source. Der SC-RJ ist gerade dabei, die
Normenhürde zu nehmen.

Der Stand der Normung

EN 50377-6-1 wurde im September 2002 veröffentlicht. Diese europäische Steckverbindernorm
definiert den SC-RJ für Multimode-Fasern (MM). EN 50377-6-2 für Singlemode-Fasern (SM) folgte im
Juni 2004. Einer revidierte Version ist dazu derzeit in Arbeit, um die neuesten Parameter des IEC
Optical Interfaces zu integrieren. Beide europäischen Normen wurden von der DKE (Deutsche
Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE) in nationale Normen
übernommen und tragen die Bezeichnungen DIN EN 50377-6-1:2003-02 beziehungsweise DIN EN
50377-6-2:2004-11.

Die internationale Norm IEC 61754-24 der SC-RJ-Steckerfamilie befindet sich momentan
gewissermaßen im Entstehungsstadium. Federführend im zuständigen Gremium TC86B WG6 ist R&M. Die
ersten Entwürfe wurden in internationaler Abstimmung angenommen und sind in der weiteren
Bearbeitung, um dann die nächsten Abstimmungsprozeduren zu durchlaufen. Zu bemerken ist, dass die
IEC 61754-24 den SC-RJ-Steckverbinder für alle Fasertypen (SM, MM, PCF, POF) definieren wird. Dies
öffnet eine neue Dimension: Die Steckverbindung ist damit für alle Einsatzgebiete tauglich – sie
ließe sich sogar in Carrier-Netzen einsetzen.

Die Anwendung

Der SC-RJ ist jedoch in erster Linie für LAN-Verkabelungen in Unternehmen und Industrie
konzipiert. Denn diese Bereiche wachsen zusammen. SC-RJ soll dem Planer und Systemintegrator ein
durchgängiges Verkabelungssystem ermöglichen, das Kupfer und Fiber Optic umfasst und die
Office-Welt über die strukturierte Gebäudeverkabelung hinweg bis zu den Produktionsanlagen
verbindet. Für die optische Steckverbindung gelten deshalb drei Kernforderungen:

Ethernet goes Industry, was bedeutet: Das LAN bringt die Steckverbinder mit,
die sich im Enterprise-Bereich bewährt haben – wie den RJ45. Die neue optische Verbindung muss also
zu RJ45 passen;

in der Industrieumgebung bestehen besondere Anforderungen bezüglich EMV,
Vibrationen, Schmutz und Feuchtigkeit. Dies spricht für optische Verbindungen mit Schutz gegen
Umwelteinflüsse – bis Schutzklasse IP67; und

um dem Planer beim Aufbau seines Backbones die nötige Freiheit zu lassen, muss
die Steckverbindung alle möglichen Fasertypen aufnehmen können – von Singlemode- und
Multimode-Glasfaser bis hin zu Industriefasern wie PCF (Plastic Cladding Silica Fiber) und POF
(Polymer Optical Fiber, Plastikfaser).

2,5-mm-Ferrulen für alle Fasertypen

Die SC-RJ-Steckverbinder von R&M haben Ferrulen von 2,5 mm Durchmesser und sollen damit eine
bislang unerreichte Flexibilität erlauben. Sie können alle Fasertypen aufnehmen, also auch PCF, zum
Beispiel HCS mit 200/230 µm Durchmesser und POF mit 1000 µm Durchmesser (Bild 1). Für Glasfaser
lassen sich Präzisionsferrulen aus Zirkonia-Keramik einsetzen, für POF gibt es Schraubferrulen aus
Metall.

Mit den Schraubferrulen für POF erfüllt der SC-RJ die Forderung der Industrie nach der in der
Automatisierung üblichen Feldkonfektionierung. Ohne teures Werkzeug – die Tools sind im
Lieferumfang enthalten – gelingen Verbindungen hoher Performance. Die Leistung für
Glasfasersteckverbinder und deren Nachweis sind in der Normenserie IEC 61753-1-x ausführlich
beschrieben, Ergebnisse in Datenblättern veröffentlicht, der Stand der Technik ist allgemein
bekannt.

POF-Stecker sind häufig so konstruiert, dass sich bei einer Steckverbindung
(Stecker/Adapter/Stecker) ein Luftspalt zwischen den Faserendflächen ergibt und die axiale Führung
große Toleranzen aufweist. Luftspalt, axialer Versatz und Winkelfehler können so zu einer relativ
hohen Dämpfung führen.

Bei einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung mag sie noch nicht stören. Bei einer strukturierten
Verkabelung mit sternförmiger Struktur und mehreren Steckverbindungen im Übertragungsweg ist das
Dämpfungsbudget dagegen schnell ausgeschöpft.

Daher zentriert der SC-RJ die Faserenden in einer Hülse und stellt einen physikalischen Kontakt
zwischen den Endflächen her. Die Faserenden werden einfach poliert. Die Dämpfung (Insertion Loss,
IL) liegt dadurch im Mittel bei 0,4 dB, maximal bei 0,8 dB (Bild 2). Während der Anpressdruck für
SM- und MM-Glasfasern in der Norm bereits definiert ist, beruhen die optimalen Anpresskräfte für
PCF und POF auf Simulationen, Berechnungen und Messungen. Definierte Kräfte gewährleisten einen
sicheren optischen Kontakt auch nach vielen Steckvorgängen.


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