Ganzheitliches Infrastrukturmanagement

Sicherheit auf der physikalischen Ebene

31. August 2005, 23:06 Uhr | Bernhard Böhm/mw Bernhard Böhm ist Country General Manager für APC Deutschland und Österreich.

Sommerzeit ist auch Gewitterzeit. Schon kurze Netzausfälle von mehr als 10 Millisekunden Dauer können Workstations und Server abstürzen lassen. Um alle netzwerkkritischen physikalischen Infrastrukturen im Unternehmen optimal zu schützen, ist daher ein umfassendes integriertes Schutzkonzept notwendig, für das sich der Begriff der netzwerkkritischen, physikalischen Infrastruktur (NCPI) etabliert hat.

NCPI bezeichnet eine integrierte Sicherheitsarchitektur der physikalischen Technologieebene von
Rechen- oder Datenzentren bestehend aus den Bereichen Stromversorgung, Leistungsverteilung,
Gehäuse, Verkabelung beziehungsweise Kabelverteilung sowie Kühlung und Belüftung. Moderne NCPIs
sind modular und damit skalierbar aufgebaut und gewährleisten ein durchgängiges Management
sämtlicher beteiligter Komponenten.

Erst die Möglichkeit zum Monitoring aller Komponenten liefert dabei die notwendige Grundlage für
eine lückenlos überwachbare Versorgungskette, von der Stromquelle bis hin zum Verbraucher. In der
Regel erlaubt eine server-basierte Managementeinheit den Facility- und IT-Managern vor Ort oder
remote via SNMP, Telnet, Web oder Modem den Zugriff auf eine Browser-basierte Benutzeroberfläche
(GUI). Hilfreich für die Überprüfbarkeit des Gesamtsystems sind dabei Berichte und
Stromflussdiagramme. Alle ausfallsrelevanten Daten und Informationen der angeschlossenen
Komponenten und Umgebungsüberwachungseinheiten (EMUs) sollten in einer zentralen Managementeinheit
zusammenfließen, um möglichen Fehlbedienungen vorzubeugen.

Ein weiterer Vorteil integrierter und Monitoring-fähiger Systeme liegt in der verbesserten
Administrierbarkeit. Managementlösungen mit besonders hoher Integrationsfähigkeit lassen sich zudem
in bestehende IT- oder Facility-Management-Konsolen eingliedern. Das Senden von SNMP-Traps
(Ereignissen) an das jeweils verwendete Netzwerkmanagementsystem ermöglicht dabei die gemeinsame
Verwaltung von Netzwerkinfrastruktur und NCPI-Schutzkomponenten über eine gemeinsame
Schnittstelle.

Der wirtschaftliche Wert von Infrastrukturlösungen wird vor allem von der Verfügbarkeit der
Architektur und deren Flexibilität bestimmt. Die Verfügbarkeit hängt dabei maßgeblich von drei
Faktoren ab: der Verfügbarkeit der einzelnen Komponenten wie beispielsweise unterbrechungsfreie
Stromversorgungen (USV), Stromverteiler (PDU) oder Lüftungselemente, der mittleren Reparatur- oder
Wiederherstellungsdauer (MTTR, Mean Time to Recover) und der menschlichen Fehlbedienung. Bis zu 60
Prozent aller Ausfälle gehen nach Angaben verschiedener Marktforschungsunternehmen auf menschliche
Fehlbedienung zurück. Die Verfügbarkeit der Einzelkomponenten einer Architekturlösung hängt stark
von deren Standardisierungsgrad ab.

Hot Swap und Modularität

Diese sollten möglichst vollständig modular aufgebaut, ab Werk vorkonfiguriert und während des
laufenden Betriebs austauschbar sein (Hot Swapping). Neben Ausfällen durch Fehlbedienung reduzieren
Standardisierungen vor allem auch Konstruktions-, Planungs- und Schulungskosten und beschleunigen
den Aufbau und das Testen am vorgesehenen Einsatzort.

Die Flexibilität einer NCPI drückt sich maßgeblich in der benötigten Implementierungszeit, der
möglichen Skalierbarkeit und der Rekonfigurierungsdauer aus. Welchen Einfluss diese Größen auf die
Wirtschaftlichkeit einer Lösung haben, zeigt sich beispielsweise bei einem Umzug des Datencenters
oder einer plötzlich notwendigen Kapazitätserweiterung. Während sich Serverkapazitäten in der Regel
innerhalb von zwei Tagen aufstocken lassen, benötigen traditionelle Infrastrukturlösungen aufgrund
ihrer Komplexität und des raumorientierten Designs bis zu einem Jahr an Planungs- und
Implementierungszeit.

Die Ausfallsicherheit der Infrastrukturlösung und damit die Verfügbarkeit der angeschlossenen
Verbraucher hängen vom jeweiligen Redundanzkonzept ab. Bei klassischen N- oder 2N-Auslegungen
können Kapazitätserweiterungen nur durch eine aufwändige und teure Vervielfachung der eigenen
Basiskapazität realisiert werden. Die technologische Grundlage für flexibel skalierbare
Infrastrukturlösungen bieten daher Modelle mit interner Redundanz (N+1). Solche Lösungen lassen die
bedarfsgerechte Erweiterung der gewünschten Kapazität beziehunsweise Redundanz in kleinen Schritten
durch zusätzliche USV- und PDU-Module zu.

Technologische Basis: interne Redundanz

Trotz der aufwändigeren Bauart bringt dies einen enormen finanziellen Vorteil mit sich. Denn für
eine höhere Ausfallsicherheit muss nicht gleich die gesamte Kapazität verdoppelt werden. In einem
System mit 10 kVA Gesamtleistung beispielsweise bedarf es hierfür lediglich eines dritten 5 kVA
USV-Moduls. Neben den redundanten USV-Einheiten sind solche Systeme idealerweise auch mit separaten
Steuer-, Leistungs- und Batteriemodulen ausgestattet, die sich bei Bedarf während des Betriebs
auswechseln lassen.

Für hoch verfügbare Lösungen empfehlen sich 2(N+1)-Auslegungen. Diese bestehen aus zwei Systemen
mit interner Redundanz, wobei jedes für sich in der Lage ist, die gesamte Last zu versorgen. Ein
typisches Anwendungsbeispiel hierfür sind hochverfügbare Datencenter-Infrastrukturen mit mehreren
Serverschränken, die von je zwei integrierten USV- und PDU-Racks eingefasst sind.

Zunehmende Bedeutung der Lüftungssysteme

Marktforscher gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2009 jeder vierte ausgelieferte Server ein
Blade-Server sein wird. Spätestens dann werden viele Rechen- und Datenzentrumsbetreiber ihre
Kühlungskonzepte überdenken müssen. Denn die höheren Leistungs- und Stromdichten intensivieren auch
die Wärmeentwicklung. Ausgehend von immer leistungsstärkeren Chips vermehrt sich die erzeugte
Abwärme über die Server und die zunehmend enger bestückten Racks bis hin zum kompletten Datencenter
mit seinen Infrastrukturkomponenten. Verstärkt wird dieser Effekt zudem von der steigenden Anzahl
von Kabeln, die die Luftströmungen im Rack blockieren. Als Bestandteil einer integrierten
Infrastrukturlösung können hier entsprechende aktive wie passive Subsysteme und kühlungsoptimierte
Gehäuse in Abhängigkeit von der jeweiligen Leistungsgröße alle Anforderungen einer NCPI
abdecken.

In einem Warmluftkorridor, der gleichzeitig als rückseitiger Zugang für das Servicepersonal
dient, sammelt sich Abwärme, die abgesaugt wird, bevor die Umgebung eine kritische Temperatur
erreicht. Dieses und ähnliche Konzepte erlauben somit Schrankkonfigurationen, die sich trotz extrem
hoher Leistungsdichte ohne kostenaufwändige Spezialanfertigungen ausfallsicher betreiben lassen. Um
die Bewegungsfreiheit des Servicepersonals nicht einzuschränken, erfolgt die Steuerung des
Luftstroms über spezielle Dachelemente und verschließbare Sicherheitstüren.

Auch andere Aspekte sind in diesem Zusammenhang nicht ohne Bedeutung: Weitere Entwicklungen zur
raumbewussten Steigerung der Kühlungsleistung in den Serverschränken selbst sind unter anderem
vertikal im Rack angebrachte Kühlspulen, die eine horizontale Luftzirkulation zur Frontseite eines
jeden Servers ermöglichen. Die Ausfallsicherheit der Kühlelemente ergibt auch bei diesen Modellen
wieder über Hot-Swapping-Fähigkeit und N+1-Redundanz. Damit nicht genug: Um ein Höchstmaß an
Sicherheit zu bieten, sollte auch die optionale Ausstattung mit Feuer- und Rauchmelder oder
gasbasierte Feuerlöschanlagen gegeben sein.

Flexibilität in Racks und Datencentern

Zusammenfassend lassen sich folgende Aussagen treffen: Die wesentlichen Modernisierungskriterien
für die physische Infrastruktur geschäftskritischer IT-Anwendungen lauten Investitionssicherheit,
geringe Kosten, hohe Verfügbarkeit und Managementfähigkeit. Dies hat direkte Folgen: Vor dem
genannten Hintergrund ist es seitens der Hersteller erforderlich, ihr Praxis-Know-how in
kostengünstige Komplettlösungen für sämtliche Einsatzgrößen zu bündeln. Damit ist gewissermaßen
eine Flexibilität vom Rack bis ins Datencenter sichergestellt.


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