Argumente gegen proprietäre Vernetzung

Strukturierte Verkabelung im RZ

25. Oktober 2013, 6:00 Uhr | Hans-Jürgen Rothert ist Produkt-Manager für strukturierte Verkabelung für Rechenzentren bei Huber+Suhner./jos

Rechenzentren spielen in der Informationsverarbeitung eine zentrale Rolle. Ob im Finanzbereich, in der Industrie, in den Medien, in der Medizintechnik oder in der Telekommunikation: Sie bilden die zentralen Netzwerkknoten für die Verarbeitung, Speicherung und Übertragung der benötigten Informationen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an Performance und Zuverlässigkeit.Die Kosten für die Infrastruktur und den Betrieb von Rechenzentren bei stetig steigenden Anforderungen an die Leistungs- und Ausbaufähigkeit spielen eine immer entscheidendere Rolle. Innovative und modulare Verkabelungskonzepte tragen wesentlich zur Optimierung der "Total Cost of Ownership" (TCO) von Rechenzentren bei. Hohe Port-Dichten und eine gut durchstrukturierte Verkabelung reduzieren den Aufwand für Investitionen, Wartung und Betrieb. Migrationsfähige und skalierbare Lösungen, die den zukünftigen Anforderungen der enorm zunehmenden Informationsverarbeitung mit den einhergehenden steigenden Übertragungsraten gerecht werden, sind eine Grundvoraussetzung für die Kapazitätsverfügbarkeit eines Rechenzentrums. Oft spielt jedoch die passive Verkabelung im Vergleich mit der aktiven IT-Infrastruktur, Stromversorgungs-, Kühlungs- und Sicherheitssystemen in der Wahrnehmung nur eine untergeordnete Rolle. Dies ist sicher zum einen durch den Unterschied der Größenordnungen der erforderlichen Investitionen, zum anderen auch durch die rein "passive" Rolle der Datacenter-Verkabelung bedingt. Während Lebensdauer und Ausfallsicherheit der aktiven Systeme unmittelbar maßgebend für die Verfügbarkeit eines Rechenzentrums sind, unterliegt die Verkabelung keinem Verschleiß, keiner Alterung und behält dauerhaft ihre Eigenschaften und Funktion bei, sofern der Betreiber sie nicht abändert. Letzteres ist allerdings eine Ausnahme, denn nichts ist in einem Rechenzentrum so beständig wie der stetige Wandel. Der damit verbundene Installationsaufwand lässt sich durch "Punkt-zu-Punkt"-Verbindungen zwischen den Geräten vermeintlich gering halten und im Ad-hoc-Verfahren kann der Betreiber spontan auf neue Verbindungsanforderungen reagieren. Tatsächlich führt dies jedoch zu ernsthaften Konsequenzen. Dazu zählen: Hohe Wartungskosten für "Moves, Adds and Changes", da die Verkabelung schwer oder überhaupt nicht nachvollziehbar wird, höhere Investitionskosten für Erweiterungen und Anpassungen durch mangelnde Skalierbarkeit, "Installationen, Moves, Adds and Changes" sind nicht wirklich planbar, in der Folge entstehen ein erschwertes Projekt-Managment, schlechte Aussteuerung der Installationspartner, höhere Kosten und Terminverzögerungen, es besteht ein hohes Risiko, Kabelverbindungen bei Neuinstallation oder Umkonfiguration bestehender Verbindungen zu unterbrechen. Dies ergibt eine hohe Fehleranfälligkeit und stark verminderte Zuverlässigkeit (Tier-Klasse), ungenutzte Kabelverbindungen bleiben unerkannt und verbleiben am Ort. Dies blockiert schließlich Kabelkanäle, macht Neuinstallationen erforderlich, und die Gerätekühlung ist behindert, in der Regel ist keine oder nur eine spärliche Dokumentation der Verkabelung vorhanden. In der Folge bleibt die vorhandene Geräteinfrastruktur nur ineffizient genutzt. Im Extremfall verbleiben sogar ungenutzte Geräte in den Geräte-Racks, da sich nicht nachvollziehen lässt, ob diese Geräte noch angeschlossen sind und arbeiten, und eine kontinuierliche Migration auf neue Übertragungstechniken zur Erreichung höherer Bandbreiten ist nicht möglich.   Standardisierung wichtig Daraus wird sofort ersichtlich, dass nur eine gut strukturierte Verkabelung den effizienten und zuverlässigen Betrieb eines Rechenzentrums garantieren kann. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass sich alle Systemressourcen optimal nutzen lassen. Dabei spielt die Standardisierung möglicher Verkabelungstopologien für Planung und Betrieb eine entscheidende Rolle. Planern ermöglicht sie eine einheitliche Vorgehensweise bei der Auslegung von Rechenzentren. Betreibern und Systemintegratoren erleichtert sie den Aufbau, den Betrieb und die allfällige Fehlersuche. Hersteller spezifizieren ihre Produkte im Rahmen dieser Vorgaben. Die Standardisierung erfolgt innerhalb TIA (Nordamerika; ANSI/TIA-942-A, TIA568.2, TIA 568.3), ISO/IEC 24764 (international) und CENELEC EN 50173-5 (Europa). Die Strukturen sind in etwa gleich und sehen eine hierarchische Struktur mit Hauptverteilung, Bereichs- und lokaler Verteilung vor. Da die Normierungen nur die prinzipiellen Verkabelungsstrukturen erfassen, verbleibt Raum für die individuellen Ausprägungen der Produkte und Lösungen im Hinblick auf Handhabung und den konkreten Anforderungen an Form, Anpassung und Funktion. Eine strukturierte Verkabelung im Datacenter zeichnet sich jedoch allgemein durch die mehrere Eigenschaften aus. Dazu gehört die Schnelligkeit, die eine Reduktion der Installations- und Umrüstzeiten bewirkt. Idealerweise ist keine Fehlersuche notwendig. Im Fehlerfall profitiert der Betreiber von einer schnellen Identifikation der Ursache und des Fehlerorts. Anschluss-Ports sind leicht zugänglich und Verbindungsstrecke einwandfrei rückverfolgbar (vollständige und richtige Etikettierung). Es besteht eine leichte Zugänglichkeit aller Komponenten, idealerweise nur von der Vorderseite eines Geräte- oder Verteilerschranks. Ein umständlicher Ein- und Ausbau und Spezialwerkzeuge entfallen. Der Betreiber hat einen vollständigen Überblick über die installierten Geräte und ihrer Vernetzung. Weitere Vorteile sind im Kasten "Strukturierte Verkabelung - Eigenschaften und Pluspunkte" links zu finden. Nicht nur das Konzept der "strukturierten Verkabelung", sondern auch die einhergehenden Faktoren "Schulung" und "Dokumentation" stellen den einwandfreien Betrieb und die Anpassung eines Rechenzentrums an immer neue Anforderungen sicher. Für die regelmäßige Wartung und den Ausbau eines Rechenzentrums ist es wichtig, die zuständigen Installateure ständig und umfassend zu schulen. Die Vielfalt der eingesetzten Komponenten erfordert vom Installateur ein hohes Maß an Fachkenntnis. Nur wenn die Funktionsweise und die Handhabung der eingesetzten Produkte bekannt sind, lassen sich Fehler und damit zusätzliche Kosten vermeiden. Wichtig ist zudem die Beherrschung der jeweiligen Übertragungstechnik. Fiber-optische, Twisted-Pair- oder koaxiale Verkabelungen erfordern spezifische Kenntnisse. Mit dem Einzug der Fiber-optischen Übertragungstechnik wurden unter anderem Kenntnisse der unterschiedlichen Faser- und Verbindertypen, der Schutz der Verbinder vor Verschmutzung, die stets fällige Reinigung und die korrekte Verlegung in den dafür vorgesehenen Kabelkanälen wichtig. Der Wechsel zur parallelen Optik erfordert ein genaues Verständnis der Polaritätsmethoden und der jeweils im Trunk-Bereich verwendeten Faseraufteilung im Hinblick auf den Übergang zu 40GbE- und später 100 GbE-Systemen. Ein strukturierter Verkabelungsansatz mit klaren Vorgaben und Konfigurationen unterstützt nicht nur bei der Installation, sondern auch bei der Einmessung und Dokumentation der Übertragungs-strecken.   Dokumentation Für den Rechenzentrumsbetreiber ist die genaue Kenntnis der verwendeten Geräte und deren Vernetzung von entscheidender Bedeutung. Ohne diese Information lassen sich weder Optimierungen und Fehlersuche noch Konfigurationsänderungen oder Ausbaumaßnahmen effizient planen und durchführen.   DCIM und Aktualisierung Voraussetzung ist zum einen ein passendes Datacenter-Infrastructure-Management-Tool, in dem die Infrastruktur abgebildet ist, zum anderen die ständige Aktualisierung der Datensätze auf den jeweils neusten Konfigurationsstand. In der Vergangenheit zweckentfremdeten die Betreiber dazu oft Tabellenkalkulationsprogramme. Mit steigender Komplexität stoßen deren Möglichkeiten jedoch an ihre Grenzen. Oft entstanden so unterschiedliche, nicht miteinander synchronisierte Versionen ein und desselben Datacenters. Ein großes Problem beim Übergang zu einem professionellen System stellt heute in vielen Fällen die Qualität der vorhandenen Daten dar, während sich die Datenübernahme selbst über passende Schnittstellen ohne Probleme bewältigen lässt.   Fazit Für den erfolgreichen Betrieb eines Rechenzentrums spielt die strukturierte Verkabelung der Geräte und Komponenten eine wichtige Rolle. Sie hat einen wesentlichen Einfluss auf die Leistung und Zuverlässigkeit eines Datacenters, aber auch auf die Installations- und Betriebskosten. Dies sollte ein Betreiber nie unberücksichtigt lassen.

Grafische Planung für Rack und RZ.

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