Einzug von PoE in die Gebäudeinfrastruktur

Verbraucherschutz

7. März 2006, 23:00 Uhr | Reiner Pes/jos

Power over Ethernet (PoE) nach IEEE 802.3af ist dabei, sich als Standard zur Stromversorgung von Endgeräten durchzusetzen. Um PoE flächendeckend im Gebäude anzubieten stellen der erhöhte Leistungsbedarf, die zusätzliche Wärmeentwicklung sowie beengte Platzverhältnisse in den Verteilerschränken zusätzliche Herausforderungen dar.

Die Einführung von Voice over IP in einem Unternehmen ist aufgrund des Strombedarfs der
IP-Telefone mit dem flächendeckenden Bedarf an Power over Ethernet nach IEEE 802.3af verbunden. Die
Möglichkeit, den benötigten Strom über die ohnehin notwendige Datenleitung anzubieten ist in der
Regel wirtschaftlich. Das ursprüngliche 230V-Versorgungskonzept des Gebäudes bleibt geschützt, da
sich im Gegensatz zur Verwendung von Steckernetzteilen die am Arbeitsplatz zur Verfügung stehende
Anzahl an freien 230V-Anschlussdosen nicht zusätzlich reduziert.

Verfügbare Alternativen

Bild 1 zeigt mehrere Alternativen, um Power over Ethernet zum Arbeitsplatz zu bringen. A und B
sind die bisher weitläufig bekannten Varianten, bei denen der Strom entweder vom Switch (A) oder
von einem separaten Gerät (B), das zwischen einen nicht PoE-fähigen Switch und das Patch-Panel
geschaltet wird, zur Verfügung gestellt wird. Der Variante C, dem PoE-Patch-Panel, liegt die Idee
zugrunde, das Patch-Panel und die Midspan Unit der Variante B zu einem einzigen Gerät
zusammenzufassen. Da die zum Arbeitsplatz führenden Datenleitungen beim PoE-Patch-Panel wie bei
einem normalen Patch-Panel rückseitig auf Schneid-/Klemmtechnik aufgelegt sind, wird das Ganze
damit zum Bestandteil der Gebäudeverkabelung. Messgerätehersteller wie zum Beispiel Fluke haben
spezielle Messapplikationen für PoE-integrierende Gebäudeverkabelung als Standardfunktionsumfang
integriert.

Herausforderungen an die Infrastruktur

Die 15,4 Watt Leistung, die ein genormter PoE-Port zur Verfügung stellen muss, werden zunächst
oft unterschätzt. Voice-over-IP-Testinstallationen mit 20 oder 30 Apparaten stellen zunächst keine
besondere Herausforderung dar. Ist jedoch vorgesehen, von einem Verteilerraum 200 Arbeitsplätze mit
PoE zu versorgen, dann sind allein für PoE über 3000 Watt Leistung erforderlich. Die Summe der
Leistung sämtlicher Netzteile eines Switches, wobei in der Regel ein Netzteil zu Redundanzzwecken
dient, liegt oft schon in dieser Größenordnung. Die Folge ist, dass modulare Switches leicht an
ihre Leistungsgrenzen stoßen und damit nicht mehr voll bestückbar sind.

Sprunghafter Kostenanstieg durch zusätzlich notwendige Chassis sowie erhöhter Platzbedarf in den
Verteilerschränken sind das Resultat. Im Bereich der Stackable Switches ist es sehr interessant,
die gerade bei VoIP-Anwendungen wichtigen, zur Erhöhung der Verfügbarkeit eingesetzten, externen
redundanten Netzteile zu betrachten. Ohne PoE lassen sich oft fünf bis zehn Stackable Switches
absichern. Mit PoE reduziert sich diese Anzahl häufig auf ein bis zwei Switches. Auch in diesem
Fall sind sprunghaft ansteigende Kosten die Folge.

Die für PoE-Zwecke durch den Switch geschleuste Leistung von bis zu mehreren Kilowatt verursacht
Verlustwärme. Jedes Grad vermeidbarer Temperaturerhöhung setzt die Lebensdauer der aktiven
Komponenten systematisch herab. Dies gilt im Besonderen beim Betrieb im oberen
Grenzlastbereich.

Abhängig von der individuellen Situation im Unternehmen können dies ausschlaggebende Gründe
sein, das PoE-Feature außerhalb des Switches in der Netzwerk-Infrastruktur unterzubringen. Dadurch
lassen sich mehrere durch Temperatur verursachte Probleme lösen:

Zusätzliche Wärmeentwicklung im Switch wird vermieden,

das Problem der Kühlung eines Schranks, der aktive Netzwerkkomponenten
enthält, lässt sich lösen, indem die Midspan Units oder PoE-Patch-Panels im Passivschrank
untergebracht sind.

Gerade bei kleineren Verteilerräumen mit ungünstigen Belüftungsverhältnissen erweisen sich
PoE-Patch-Panels, die mit externen Netzteilen betrieben werden, als besonders vorteilhaft. Die
Netzteile können in einem anderen Raum stehen. Analog kann der Planer so das Temperaturproblem in
geschlossenen Schränken lösen, die sowohl Aktiv- als auch Passivtechnik enthalten.

Vor der Einführung von PoE ist es unabhängig von der PoE-Variante, die eingesetzt werden soll,
sinnvoll, die elektrotechnische Planung der Verteilerräume zu überprüfen. Das weit verbreitete
Konzept zweier Steckdosenleisten in den Verteilerschränken, die auf unterschiedliche Stromphasen
geschaltet sind, stößt an seine Grenzen, da recht schnell mehr als 16A je Phase nötig sind.
Änderungen und Erweiterungen an den 230V-Unterverteilungen sind absehbar.

VoIP-Konzept

Das Verkabelungskonzept für VoIP ist abhängig von der Anzahl der Netzwerkanschlüsse am
Arbeitsplatz. Bild 2 zeigt ein mögliches Anschlussschema am Beispiel einer Dreifachdose je
Arbeitsplatz. Ein Port ist jeweils PoE-"powered" und kann zur einfachen Orientierung farbig
gekennzeichnet sein. Sollte das PoE-Feature an einem Arbeitsplatz nicht nötig sein, lässt sich der
Port als gewöhnlicher Netzwerk-Port nutzen, also zum Beispiel für den Anschluss eines Druckers.

Zur Vermeidung von Geräteschäden bei Endgeräten, die nicht PoE-tauglich sind, schreibt die Norm
einen Initialisierungsprozess vor, der prüft, ob das angeschlossene Gerät PoE-fähig ist. Nur bei
positivem Ergebnis wird Spannung angelegt. Da der Standard IEEE 802.3af auf 100BaseT aufsetzt,
ermöglichen einige Hersteller von PoE-Patch-Panels und Midspan Units lediglich
100MBit/s-Übertragung. Dies ist in den meisten Fällen nicht kritisch, da für reine VoIP-Anwendungen
weniger als 100 kBit/s Bandbreite nötig sind. Selbst beim Anschließen eines Switches, der
1GBit/s-Ports zur Verfügung stellt, taktet er dann automatisch auf 100 MBit/s herunter, da es sich
faktisch um 10/100/1000MBit/s-Ports handelt. Viele VoIP-Konzepte berücksichtigen nach der
Voice-Ready-Strategie, bei der es um Verfügbarkeitserhöhung und Sicherstellung des Quality of
Service (QoS) geht, den Einsatz von redundanten Netzteilen sowie die Versorgung der Switches mit
zwei separaten 230V-Spannungseingängen. Die Integration von PoE in die Infrastruktur macht es daher
notwendig, auch Midspan Units oder PoE-Patch-Panels mit redundanten Netzteilen und zwei separaten
Spannungseingängen einzusetzen.

IP-Kamera-Konzept

In der Sicherheitstechnik, aber auch in anderen Gewerken, trifft man häufig separat zur
Arbeitsplatzverkabelung installierte Netzwerke an. Bei Bild 3 könnte es sich beispielsweise um das
IP-Kamera-Netzwerk eines Flughafens handeln. In diesem Beispiel kommen im Verteilerschrank
ausschließlich PoE-Patch-Panels zum Einsatz, da Midspan Units ungefähr den doppelten Platzbedarf im
Verteiler benötigen. Auf diese Weise lässt sich ein kleinerer Verteilerschrank einsetzen – oft
reicht ein Wandverteilerschrank aus. Um die Sicherheit der Fluggäste zu gewährleisten, ist die
Verfügbarkeit der IP-Kameras oberstes Gebot. Daher arbeiten wie beim VoIP-Konzept PoE-Patch-Panels
mit zwei separaten Stromversorgungseingängen.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen: Zusatzequipment ist wichtig

Bei bestehenden Installationen ist eine hohe Aussicht auf Wirtschaftlichkeit gegeben, wenn die
Anschaffung nicht-PoE-fähiger Switches noch nicht lange zurück liegt. Die Integration des
PoE-Features in die Netzwerkverkabelung sichert dabei die Investition in die Switches. Entscheidend
für präzise wirtschaftliche Überlegungen bei bestehenden wie auch bei neuen Installationen ist eine
vollständige Sicht über die Gesamtlösung.

Häufig kommen in solchen Vergleichen jedoch lediglich die Preise der PoE-Switches oder -Module
und die der Nicht-PoE-Geräte vor. Außer Acht gelassen werden dagegen oft die Kosten der zusätzlich
erforderlichen Netzteile, Patch-Kabel, das Neu-Terminieren von Datenleitungen oder erhöhtem
Platzbedarf im Rack.

Nutzt man Geräte, die nicht auf allen Ports die nach Norm erforderlichen 15,4 Watt Leistung
liefern können, also zum Beispiel nur durchschnittlich 60 Prozent davon ermöglichen, so fließt dies
ebenfalls in die Kostenbetrachtung ein. Auch die Folgen für den späteren Betrieb verursachen
Kosten: Die Überwachung der einzelnen Ports ist zwingend notwendig, um rechtzeitig
Leistungsengpässe erkennen zu können. Der zusätzliche Beschäftigungsgrad, aber auch die zur
Übertragung der Managementinformationen belegten Switch-Ports wirken Kosten steigernd. Kommen
Switches, Midspan Units oder PoE-Patch-Panels ohne zweiten Stromversorgungseingang oder ohne
redundante Netzteile zum Einsatz, verhält es sich wie bei einer Versicherung: Durch die erhöhte
Bereitschaft, Risiko selbst zu tragen (Selbstbeteiligung), reduzieren sich die Kosten der zu
zahlenden Prämie. Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass mittel- bis langfristig auch
tatsächlich Geld zu sparen ist. Dazu ist eine diffenrenziertere Betrachtung notwendig.

Im Hinblick auf mittel- bis langfristige Überlegungen bei der Netzwerkinfrastruktur können die
meisten Leser wohl aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Netzwerkverkabelung mit einer
Perspektive von rund acht bis zehn Jahren in einem Gebäude installiert wird. Während dieser Zeit
tauscht man die Switches etwa zwei- bis dreimal aus. Dies heißt im Fall von PoE, dass dieses
Feature während der Einsatzdauer der Verkabelung mehrfach zu kaufen ist. Daher kann es in vielen
Fällen sinnvoll sein, das PoE-Feature aus einer sich schnell verändernden Umgebung – den Switches –
herauszulösen, und in eine sich dazu langsamer verändernde Umgebung – der Netzwerkinfrastruktur
eines Gebäudes – zu integrieren. Nun tritt der gewünschte Effekt ein, denn in diesem Fall kann sich
die Investition selbst bei deutlich höheren Anschaffungskosten beim nächsten Austauschzyklus der
aktiven Komponenten auszahlen.

Perspektiven für weitere Geräte

Hersteller konzipieren Terminals für Gebäudezugangskontrolle sowie Zeiterfassung, die derzeit
einen Netzwerkanschluss besitzen, bereits neu und statten sie zunehmend mit PoE aus. Da die Norm
IEEE 802.3af nicht vorschreibt, dass das Endgerät unbedingt Ethernet-fähig sein muss, sind bereits
erste Produkte PoE-betriebener Displays, Uhren sowie Gassensoren auf dem Markt, die die genormte
Infrastruktur nutzen.

Fazit

PoE-Patch-Panels sind aufgrund der hohen Leistungsanforderungen und deren Folgen eine wichtige
Lösungsalternative, um PoE wirtschaftlich und hochverfügbar in ein Gebäude einzubringen. Gerade bei
einer mittel- bis langfristigen Betrachtungsweise wird deutlich, dass die Maßnahmen zur attraktiven
Senkung der Betriebskosten beitragen können und damit den Ertrag des Unternehmens steigern.

Info: Panduit Tel.: 069/95096129 Web: www.panduit.de


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