Signalintegrität bei M12-Steckverbindern

Verständigung unter Maschinen

23. Oktober 2013, 6:00 Uhr | Dipl.-Wirt.-Ing. Bernd Horrmeyer ist Fachreferent für Standardisierung bei Phoenix Contact in Blomberg./jos

Ob klassischer Feldbus, Industrial Ethernet oder das neue High-Speed-Ethernet - wichtig für den Erfolg eines Systems ist stets auch das Verkabelungskonzept mit seinen Steckverbindern. Damit die Steckverbinder innerhalb eines Systems nicht nur mechanisch kompatibel sind, muss die Qualität der Datenübertragung mit standardisierten Messverfahren beurteilbar sein - interessant auch für IT- und RZ-Experten.Die Entwickler von industriellen Kommunikationssystemen sind häufig Nutzerorganisationen, die für ihre Systeme ein geeignetes Verkabelungssystem definiert haben. So achteten die Praktiker zum Beispiel darauf, dass Schutzgehäuse sowohl für elektrische als auch für optische Einsätze geeignet sind, und dass alle Fasertypen dabei unterstützt sind. Auch die normative Festlegung der Steckverbinder ist ein wichtiger Aspekt, um die weite Verbreitung und Steckkompatibilität untereinander zu unterstützen. Wichtige Unterscheidungsmerkmale sind dabei zum einen die Übertragungsmedien - elektrisch oder optisch -, und zum anderen der Schutz gegen Umweltbelastungen, üblicherweise IP20 für geschützte und IP65/67 für ungeschützte Umgebungen. Diese Merkmale geben das für den jeweiligen Einsatz sinnvolle Steckgesicht vor. In ihren Richtlinien fordern die Nutzerorganisationen häufig die Übertragungsqualität Kategorie 5. Damit lassen sich bei einer Verkabelung, die der Referenzimplementierung nach ISO/IEC 11801 entspricht, Ethernet nach 100Base-T mit 100 MBit/s sowie nach 1000Base-T mit 1 GBit/s sicher übertragen.   Datenübertragung bis 10 GBit/s Mit der zunehmenden Komplexität der Anwendungen in der Industrieautomation steigt auch der Bedarf an höheren Datenübertragungsraten. Anwendungen wie Kameras zur Qualitätsinspektionen, Server zur Speicherung von Qualitätsdaten aus der Produktion oder Scanner zur Identifikation von Komponenten, benötigen höhere Datenraten. So nehmen Applikationen mit Datenraten von 10 GBit/s zu, die dem Ethernet-Standard 10000Base-T entsprechen und Komponenten nach Kategorie 6A benötigen. RJ45-Steckverbinder mit und ohne Schutzgehäuse haben sich hierfür am Markt etabliert. Mit Kategorie 5 und Kategorie 6A erlauben sie Datenübertragungsraten bis 10 GBit/s. Daneben ist auch der M12-Steckverbinder populär. Da er im Sensorumfeld weit verbreitet ist, wollen die Betreiber ihn auch für das Industrial Ethernet einsetzen. Für die Übertragung von 100Base-T eignet sich die vierpolige D-codierte Version gemäß IEC 61076-2-101. Ist jedoch Gigabit-Ethernet nach 1000Base-T oder 10-Gigabit-Ethernet nach 10000Base-T zu übertragen, muss ein neues System her, da acht Kontakte nötig sind. Mit dem von Phoenix Contact entwickelten X-codierten M12-Steckverbinder ist die Übertragung von bis zu 10000Base-T in allen Konfigurationen des Channels möglich. Vorkonfektionierte Leitungen kommen in Maschinen und Anlagen zum Einsatz, in denen die Verlegelänge vorher bekannt ist. Für die einfache Installation im Feld kommen in diesem gemäß IEC 61076-2-109 genormten M12-Steckverbinder auch Schnellanschlusstechniken zum Einsatz, die eine durchdachte Leiterführung zur prozesssicheren Einhaltung von Kategorie 6A umfassen. M12-Steckverbinder mit D- und X-Codierung sind somit fester Bestandteil der Feldverkabelung in der Industrieautomation. Führende Feldbus-Organisationen haben sie daher für ihre Systeme spezifiziert.   Erreichen der geforderten Werte Steckverbinder-Normen definieren jeweils die einzuhaltenden mechanischen und elektrischen Parameter sowie die hierfür notwendigen Testverfahren. Somit ist die Kompatibilität für den Anwender gegeben. Eine Sonderstellung nehmen die Tests für die Signalintegrität ein. Sie sind notwendig, um die Güte der Signalübertragung zu beurteilen und bewerten etwa das Reflexionsverhalten sowie das Übersprechen neben zahlreichen weiteren oft komplexen Parametern (siehe Kasten). Ohne ausreichende Qualität besteht die Gefahr, dass die Signale in ihrer Spannung und in ihrem Zeitverhalten aufgrund von Störungen so verändert sind, dass sie nicht mehr erkennen lassen. Die Maschine versteht dann plötzlich nicht mehr, was sie erfahren soll. Bei allen Ethernet-basierenden Übertragungssystemen verbergen sich die zu testenden Parameter und deren Grenzwerte in den Komponentenklassen der ISO/IEC 11801 - wie zum Beispiel Kategorie 5 oder Kategorie 6A. Die ISO/IEC 11801 entstand für Anwendungen im Bereich der strukturierten Datenverkabelung in Gebäuden, wo meist der RJ45-Steckverbinder zum Einsatz kommt. Die dafür notwendigen Messungen zur Signalintegrität sind bereits in Normen definiert, die die beteiligten Experten speziell für diesen Zweck entwickelt haben. M12-Steckverbinder sind zwar in ihrer Geometrie definiert, die Datenübertragungsqualität ließ sich bislang jedoch nicht nach einem standardisierten Verfahren beurteilen. Daher haben alle auf dem Markt vertretenen Hersteller bisher ein Messverfahren genutzt, bei dem in einer möglichst kurzen und hochwertigen Verkabelungsstrecke ein M12-Steckverbinderpaar eingefügt ist. Damit lässt sich feststellen, ob die geforderten Werte für die Qualifikation nach Kategorie 5 oder Kategorie 6A eingehalten sind. Mit zunehmender Popularität des M12 in der industriellen Kommunikationsverkabelung sowie in der strukturierten Datenverkabelung für den Industriebereich nach ISO/IEC 24702 genügt dieses Verfahren nicht mehr den Anforderungen. Auf Initiative und unter maßgeblicher Beteiligung des M12-"Erfinders" startete das Normierungsprojekt IEC 60512-29-100, um die Datenübertragungsqualität von M12-Steckverbindern nach dem Stand der Technik zu beurteilen. Neben Parametern und Grenzwerten entwickelten die Techniker dazu auch die notwendigen Messmittel - in diesem Fall die so genannten Direct-Fixtures. Diese Direct-Fixtures stellen aus der Sicht der Datenübertragung ein hochwertiges Gegenstück zu einem M12-Steckverbinder dar, welches den Prüfling ohne nennenswerte Beeinflussung durch den Prüfaufbau beurteilt. Ein besonderer Clou dabei ist das im Vergleich zum RJ45-Steckverbinder einfach gehaltene Messprinzip. Da der RJ45 einige Asymmetrien aufweist, ist dort ein aufwändigeres Messverfahren mit mehreren Kompensationsschritten nötig, das beim M12 aufgrund seines symmetrischen Aufbaus komplett entfällt. Dadurch vereinfacht die Prüfung und Bewertung der Komponenten im Prüflabor erheblich.

M12-Steckverbinder in D- und X-Codierung kommen für die Übertragung von Ethernet mit 100 MBit/s bis 10 GBit/s in der Industrie zum Einsatz.

Die Güte der Signalübertragung ist nach dem neuen Verfahren nun auch bei M12-Steckverbindern für Ethernet bis 10 GBit/s normativ zu beurteilen.

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