M8-Steckverbinder mit D-Kodierung

Viele Daten - kleine Stecker

28. November 2018, 7:00 Uhr | Dirk Bunzel

Einen Trend zur Miniaturisierung gibt es auch in der Netzwerk-Verkabelung. Für die Anschlusstechnik von Industriegeräten bedeutet dies: Steckverbinder sollen gleichzeitig kleiner, leistungsfähiger und zuverlässiger werden. Um diese Anforderungen im Hinblick auf die Anbindung an industrielle Netzwerke sicherzustellen, entstanden M8-Steckverbinder mit neuer D-Kodierung.

Anforderungen in der Industrie - ob an schlüsselfertige Montagelinien, an Geräte oder an Einzelkomponenten - lauten oft "kompakt, effizient, leistungsfähig". Die Gründe dafür sind vielfältig. Kleinere Geräte ermöglichen kleinere Anlagen, die weniger Platz benötigen. Dadurch ergeben sich nicht nur Einsparungen durch einen geringeren Rohstoffverbrauch bei der Herstellung. Auch auf dem Transportweg sowie durch kleinere Aufstellflächen lassen sich Kosten reduzieren. Um die Gerätegrößen zu verringern, betrachten die Entwickler auch die Schnittstelle nach außen, über die nahezu jedes Gerät verfügt.

Im industriellen Umfeld nutzen Betreiber gerne Rundsteckverbinder, deren Einsatz ein IP-geschütztes Gerätedesign und damit den Verzicht auf ein platzraubendes Zusatzgehäuse ermöglicht. Zudem erfolgt der Anschluss schnell und einfach von außen, ohne dass ein Techniker das jeweilige Gerät öffnen muss.

Die Historie von M8

Als Standard für besonders kompakte Anschlüsse hat sich die M8-Variante des beliebten M12-Steckverbinders etabliert: Um ein Drittel kleiner als der M12 bietet der M8 dennoch industrietaugliche Eigenschaften und ist dabei immer noch gut zu handhaben. Ob bei der Anbindung kompakter Sensoren oder bei der Spannungsversorgung von kleinen Geräten - in vielen Bereichen wird der M8 schon heute mit einer hohen Akzeptanz erfolgreich eingesetzt. Mit der zunehmenden Integration von industriellen Netzwerken bis weit in die Maschinen hinein muss sich der M8-Steckverbinder einer weiteren Aufgabe stellen: Der zuverlässigen Übertragung von Informationspaketen im Rahmen des Netzwerkverkehrs.

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Winzig und vernetzt: Der Anschluss von Netzwerkteilnehmern ist mit M8-Steckverbindern auf besonders kompakte Weise möglich. Bild: Phoenix Contact

Anders als bei der populären Baugröße M12 ist für diesen Einsatzzweck bislang keine gesonderte Kodierung vorgesehen. Viele Anwender nutzen daher vierpolige M8-Steckverbinder mit Standardkodierung und binden so schon heute ihre Geräte ins Netzwerk ein.

Zwar ist damit eine funktionale Lösung verfügbar, dies erkauft man sich jedoch mit zwei Nachteilen.

Sind Geräte über zwei A-kodierte M8-Steckverbinder sowohl mit Energie versorgt als auch an das Netzwerk angeschlossen, sind diese Steckverbinder steckkompatibel. Wenn daher beim Anschluss eines solchen Gerätes Markierungen oder Beschriftungen übersehen werden, kann eine an die Datenschnittstelle angeschlossene Versorgungsleitung Schäden durch Überlastung der Geräteelektronik verursachen.

Zudem sind bei der M8-A-Kodierung - als eine zum Anschluss von Sensoren und kleinen Aktoren entwickelte Schnittstelle - die vier Kontakte asymmetrisch angeordnet, um auf diese Weise Fehlstecksicherheit zu erreichen. Daher konnten die Entwickler auch auf die sehr kleinen Kodiernasen verzichten, die im M12 mit symmetrischer Kontaktanordnung für Fehlstecksicherheit sorgen. Aus der asymmetrischen Anordnung ergeben sich jedoch negative Einflüsse auf die Übertragungsqualität - ausgelöst durch elektromagnetische Felder der Kontakte.

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Optimiert für die hochfrequente Datenübertragung: Im Gegensatz zum bisher verwendeten asymmetrischen M8-Steckgesicht (rechts) verfügt die M8-D-Kodierung (links) über Kontakte mit identischen Abständen zueinander - was das Nahnebensprechen reduziert und die Verbindung zuverlässiger macht. Bild: Phoenix Contact

Diese gegenseitige Beeinflussung elektrischer Leiter ist auch als Nahnebensprechen (Near-End Crosstalk, NEXT) bekannt. In der Praxis erreichen Verbindungen mit M8-Steckverbindern für Ethernet oder Profinet zwar eine Geschwindigkeit von bis zu 100 MBit/s. Die Anforderungen der Übertragungskategorie Kategorie 5/Klasse D erreichen sie jedoch nicht vollständig. Die Übertragungsstrecke hat so unter Umständen nicht mehr ausreichend Reserven, um zusätzliche Einflüsse - wie sie durch große Leitungslängen, EMV-Störungen oder sonstige Einkopplungen entstehen - zu kompensieren. Als Ergebnis kann die Übertragungsrate unter stabile 100 MBit/s sinken, sodass Datenpakete verloren gehen und erneut gesendet werden müssen. Die Verbindung wird also unzuverlässig.

Künftig größere Datenmengen

In industriellen Netzwerken liegen die geforderten Übertragungsraten bisher unterhalb von 100 MBit/s, daher fällt es nicht so sehr ins Gewicht, wenn ein System diese Geschwindigkeit nicht immer oder nicht vollständig erreicht. Die Menge der zu übertragenden Daten und damit die erforderliche Übertragungsgeschwindigkeit nehmen jedoch zu. Erste Industrie-4.0-Anwendungen sind bereits implementiert und zeigen, dass zur Sicherstellung der hohen Flexibilität von Fertigungsanlagen eine deutlich höhere Sensordichte erforderlich ist als bisher üblich. Auch die Qualität und somit die Menge sowohl der erfassten als auch der über zentrale Datenbanken zur Verfügung gestellten Daten erhöhen sich sukzessive. Alle in industrielle Netzwerke eingebundenen Geräte müssen daher deutlich mehr Daten empfangen, verarbeiten und versenden.

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Richtung Industrie 4.0: Mit zunehmender Vernetzung von Maschinen und Anlagen steigen auch die Anforderungen an das industrielle Netzwerk. Die Vernetzung bis zum Sensor gelingt konstruktiv leichter mit kompakten M8-Steckverbindern für die Datenübertragung. Bild: Phoenix Contact

Diese Anforderungen kann nur ein leistungsfähiges und zuverlässiges Netzwerk erfüllen. Das Prinzip Industrie 4.0 sieht darüber hinaus vor, dass das industrielle Netzwerk näher an den Prozess heranrückt - bis hin zur Einbindung der einzelnen Sensoren in das Netzwerk. Da dies auch für kompakte Maschinen und Anlagen gilt, hat sich die Möglichkeit, auch die kleine M8-Schnittstelle zu optimieren, als besonders attraktiv erwiesen.

Um die beiden Nachteile des Standard-M8-Steckverbinders zu beseitigen, entwickelten die Experten daher die D-Kodierung und standardisierten sie in der Norm IEC 61076-2-114. Das neue Steckgesicht verfügt über vier symmetrisch angeordnete Kontakte. Die jeweils gegenüberliegenden Kontakte bilden ein Paar, an das entweder zwei gegenüberliegende Adern einer Sternviererleitung oder ein Adernpaar einer Twisted-Pair-Leitung angeschlossen sind. Da sich die elektromagnetischen Felder, die während des Sendens und Empfangens von Daten entstehen, durch die symmetrische Kontaktanordnung gegenseitig aufheben, vermeidet dies Verluste von Datenpaketen durch NEXT. Damit ist sichergestellt, dass alle Anforderungen der Katagorie 5/Klasse D eingehalten und ausreichend Reserven vorhanden sind. Der Anwender erhält auf diese Weise eine zuverlässige Netzwerkverbindung.

Baugröße M8 - im Schatten von M12?
Ist die Rede von Industriesteckverbindern für die Sensor-/Aktor-Verkabelung oder für die Datenübertragung, geht es meist um die weit verbreiteten M12-Steckverbinder. Zu Recht, denn eine große Auswahl an verschiedenen Kodierungen für die unterschiedlichsten Einsatzzwecke sowie robuste Lösungen für Industrien abseits des Maschinenbaus - etwa Lebensmittelbranche, Außenbereich oder Schienenfahrzeuge - erlauben den universellen Einsatz über Applikationsgrenzen hinweg. Wenn die Steckverbindung jedoch kompakter ausgeführt sein soll, spielt nach Einschätzung vieler Experten der M8 seine Stärken aus und zeigt sich dabei fast ebenso flexibel. Auch M8-Steckverbinder gibt es mit diversen Kodierungen für Sensoren und Bussysteme oder mit der D-Kodierung für Netzwerke.

Ebenso kommt diese Bauform auch in der Lebensmittel- oder Bahnindustrie zum Einsatz, wo sie sich besonders in platzkritischen Einbausituationen behauptet.

Durch die nunmehr symmetrische Kontaktanordnung sind zusätzliche Kodierelemente im Steckgesicht erforderlich. Die Kodierung verhindert zum einen das Fehlstecken innerhalb des Steckverbinders, sodass die Kontaktreihenfolge immer eingehalten ist. Zum anderen erfolgt eine mechanische Unterscheidung zwischen Steckverbindern mit gleicher Kontaktanordnung, die jedoch für andere Anwendungen vorgesehen sind - wie zum Beispiel die M8-P-Kodierung für EtherCAT. Besonders die mechanische Trennung zu Kodierungen, die künftig für die Spannungsversorgung vorgesehen sind, ist wichtig, um mögliche Beschädigungen durch falsch angeschlossene Versorgungsleitungen auszuschließen.

Die Anordnung der Kodiernasen innerhalb des Steckgesichts orientiert sich dabei an den Kodierelementen der D-Kodierung in Baugröße M12. Die Elemente sind jedoch optimiert, damit sie sich auch in der kleineren Baugröße als Kunststoffteil fertigen lassen.

Fazit

Die neue D-Kodierung in der Baugröße M8 vermeidet Leistungseinbußen durch knapp bemessene Übertragungsraten und reduziert die Möglichkeit des Fehlsteckens durch ein symmetrisches Steckgesicht. Gerätehersteller, die diese Schnittstelle verbauen, setzen auf eine zukunftssichere und stabile Verbindung. Durch die Standardisierung als IEC-Norm können Anwender sicherstellen, dass eine Kombination auch über Herstellergrenzen hinweg zuverlässig funktioniert.

Dirk Bunzel ist staatlich geprüfter Betriebswirt und Produkt-Manager Passive Netzwerkkomponenten, Industrial Field Connectivity, bei Phoenix Contact in Blomberg, www.phoenixcontact.net.


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