Praxis: Von Twinax und Typ1 zu 10 GbE

Zurück in die Zukunft

17. August 2006, 22:00 Uhr | Thomas Sentko/jos

Die Aufgabe ist alles andere als trivial: Neu installierte strukturierte Verkabelungen sollen Reserven aufweisen, die einen ungestörten Betrieb über möglichst viele Jahre oder gar Jahrzehnte garantieren. Der Bekleidungsspediteur Thiel entschied sich für Equipment von AMP Netconnect.

Hunderte, wenn nicht tausende Anzüge, Mäntel, Sakkos, Pullover und Hemden: Dies gehört zu den
ersten Eindrücken, die der Besucher am einem Logistikstandort von Thiel Fashion Lifestyle erhält.
Das Unternehmen bietet weltweit integrierte Logistiklösungen an, die auf die Anforderungen der
Kunden abgestimmt sind – komplettes so genanntes Fulfillment mit sämtlichen Dienstleistungen aus
einer Hand. Vom Hauptsitz in Aschaffenburg aus werden die 32 Standorte in elf europäischen Ländern
geleitet.

Das Unternehmen hat sich vom regionalen Kleiderspediteur zum Marktführer im hängenden
Kleiderversand in Deutschland, Österreich und Spanien mit hoher IT- und Branchenkompetenz
entwickelt. Rund 1350 Mitarbeiter realisieren Logistik für hängende und liegende Textilien sowie
Lifestyle-Güter, beispielsweise Kosmetika. Thiel Fashion Lifestyle ist ein Unternehmen der Thiel
Gruppe, die mit 8000 Mitarbeitern an 400 Standorten in 41 Ländern vertreten ist. In der 42-jährigen
Unternehmensgeschichte haben sich viele Dinge und Anforderungen verändert. Dabei hat die IT im Zuge
des heutigen vernetzten globalisierten Wettbewerbs eine wichtige Schlüsselstellung, zu der auch die
passive Gebäudeinfrastruktur einen wichtigen Beitrag leistet.

Im Rahmen einer Umstrukturierung galt es, auch die IT Infrastruktur zu überarbeiten. Wie bei
vielen anderen Unternehmen ist das Netz im Laufe der Jahre heterogen gewachsen. Es basierte noch
auf einer IBM-Typ1-Verkabelung auf Token Ring, die den Anforderungen nicht mehr standhalten konnte.
Diese waren:

universelle strukturierte Gebäudeverkabelung der Klasse EA,

100 MBit/s mit einer sanften Migration zu 1000 MBit/s,

garantierte 10-Gigabit-Ethernet-Fähigkeit mit hohen Margen,

Erfüllung der neuen Link-Klasse EA und

hohe EMV-Leistung des Systems.

Thiel kooperierte für das Projekt mit zwei langjährigen Partnern, AMP Netconnect als
Spezialisten für LAN-Infrastrukturen, sowie dessen Partner Avalan mit Hauptsitz in Bexbach im
Saarland. Avalan zeichnete für die Konzeption des aktiven und passiven Netzwerks verantwortlich und
übernahm die Installation.

Anforderung 10 Gigabit Ethernet

Von 100 MBit/s Ethernet ausgehend steht für die nächsten Jahre eine Umstellung auf Gigabit
Ethernet an. Die Standardisierung von 10 Gigabit Ethernet (IEEE 802.3an) ist im Juni diesen Jahres
seitens IEEE abgeschlossen. Die Grenzwerte für den Twisted-Pair Übertragungskanal sind bereits
jetzt stabil. Die existierenden Normen ISO 11801 2. Ausgabe und EN 50173-X werden zurzeit
überarbeitet, die Forderungen nach einer Bandbreite von 500 MHz beziehungsweise 1000 MHz mit
erhöhten elektrischen Anforderungen an die Systeme fließen noch ein. Daher kam ein System in die
Auswahl, das alle Anforderungen seitens IEEE an den Physical Layer bereits heute nachweisbar
übertrifft. Besonders die erheblich höheren EMV-Anforderungen an Störaussendung und Immunität
sollten sichergestellt sein.

Durch die Anhebung der Frequenz auf 500 MHz erlangt der neue Parameter "Alien Next" (ANEXT) auch
in puncto EMV an Bedeutung. Er beschreibt die gegenseitige Beeinflussung zwischen benachbarten
Links. Alien Next kann im Feld nicht ohne weiteres professionell dokumentiert werden (siehe dazu
auch den Beitrag auf Seite 38). UTP-Systeme schlossen die Verantwortlichen aufgrund der mangelnden
EMV-Performance und des sehr unsicheren Alien-Next-Verhaltens aus. Umso wichtiger ist das Vertrauen
in die Kompetenz des Herstellers und die Kontrolle der Grenzwerte durch ein unabhängiges Labor.
Ergänzt muss dieses durch die nachgewiesen hohe Qualität der Installation sein, möglichst durch
langjährige Erfahrung und wiederholte Schulungen beim Hersteller erworben.

Für das ausgewählte System "Twist-6S SL" liegt das Ergebnis des nach der "Worst-Case"-Anordnung
der benachbarten Links benannte "6-around-1"-Test bereits vor. Das international akkreditierte
Delta-Labor in Dänemark attestiert dem System die Einhaltung aller Grenzwerte des aktuellen
Entwurfs der ISO/IEC 11801 der Klasse EA und verschiedenen Link-Längen bis 90 Metern mit hoher
Marge.

Vor allem die AENEXT-Werte von rund 30 dB unterstreichen die enormen Reserven und die
Effektivität einer Schirmung. Der zeitlich noch nicht absehbaren Einführung von 10 Gigabit Ethernet
bei den aktiven Komponenten glaubt man daher ruhig entgegen sehen zu können. Zusätzlich überprüften
die Techniker auch die Immunität, also die Fähigkeit, Störungen von außen zu unterdrücken. Dieser
Parameter (Störleistungsunterdrückung) ist Bestandteil der zukünftigen Normen EN 50173-x sowie EN
50174-2. Auch dabei ermittelte der Test erhebliche Reserven, wiederum ein wichtiges ein Kriterium,
da Teile der Infrastruktur auch im Produktionsumfeld zum Einsatz kommen. Dort sind viele
elektrischer Verbraucher aktiv, die aus Sicht der EMV mehr Emission verursachen, als es im Büro
üblich ist. Mit dem 10 Gigabit Standard IEEE 802.3an hat diese Fähigkeit mit –150 dBm/Hz auch
erstmalig den Weg in die Normierung gefunden.

Abnahmemessungen der installierten Links bilden den ergänzenden Abschluss der Installation und
garantieren die Qualität der geleisteten Installationsarbeit. Zum Einsatz kam im Projekt das
Lantek-7G-Zertifizierungsgerät von Ideal Industries. Dabei handelt es sich um einen 1-GHz-Tester,
der auch die neuen Linkklassen EA und FA messen kann.

Diese bilden auch den Teil der Dokumentation die Avalan bei AMP Netconnect einreicht um die
25-jährige Herstellergarantie zu beantragen. AMP übernimmt gegenüber Thiel die Garantie, dass auch
noch in diesem Zeitraum die heute gültigen Grenzwerte für den Übertragungskanal eingehalten
werden.

Fazit

Die 10-Gigabit-Ethernet-Fähigkeit sowie Reserven bei den elektrischen Parametern einschließlich
EMV ermöglichen eine lange Lebensdauer. Denn auch bei der Infrastruktur sind die Innovationszyklen
verkürzt, sodass elektrische Reserven helfen, sie möglichst lange zu nutzen.

Info: Tyco Netconnet Tel.: 06251/133-0 Web: tycoelectronics.com


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