Sensoren für das Rechenzentrum

Aus der großen Welt

4. August 2015, 6:00 Uhr | Prof. Dr. Christian Paetz lehrt an der TU Chemnitz./jos

Die IT-Industrie ist von der Fähigkeit geprägt, auf Basis von immer mehr Daten immer bessere Entscheidungen treffen zu können. Dies wird allerdings erst dann ermöglicht, wenn hinreichend viele Daten in hinreichender Qualität zur Verfügung stehen. Schlagworte wie Industrie 4.0 oder Internet of Things beschreiben am Ende nichts anderes als die massenhafte Installation von Datenquellen - sprich Sensoren - in unserer Lebens- und Arbeitsumwelt. Ziel ist das immer bessere Erkennen von Gefahren und Optimierungsmöglichkeiten, um die Welt zu einem sichereren Ort mit besserer Ressourcennutzung zu machen und den Menschen von stupiden und wenig wertschöpfenden Tätigkeiten zu befreien.

Das Rechenzentrum ist eine kleine Welt in sich - in der Regel sogar mit eigenem Klima und entkoppelter Energieversorgung. Daher ist es nur logisch, dass der Trend zu mehr Sensorik und mehr Datenverarbeitung nicht nur die Neuerrichtung und die Erweiterung von Rechenzentren motiviert, sondern auch zum Betrieb derselben immer wichtiger wird. Ein Rechenzentrum ist eben schon lange nicht mehr nur ein gekühlter und gut bewachter Raum voller Server, sondern ein komplexes Gebilde, das neben höchsten Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit von Daten seit einigen Jahren nun auch noch effektiv mit Ressourcen umgehen soll.
Der Regelungstechniker weiß natürlich, dass Zuverlässigkeit und effektiver Ressourceneinsatz sich nahezu ausschließende Betriebsziele sind. Dies führt jedoch zur Notwendigkeit, den RZ-Betrieb mit intelligenten Lösungen zu unterstützen.
 
Messen, Messen, Messen
"If you can?t measure it, you can?t manage it." Dies ist einer der bekanntesten Sätze des amerikanischen Starökonomen Peter Drucker (1909 bis 2005). Auf die Welt des Rechenzentrums angewendet bedeutet er, dass der RZ-Manager und seine zum Management genutzten IT-Systeme eine große Menge an Informationen benötigen, um die Sicherheit, Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit der angebotenen Dienste zu gewährleisten.
Umso mehr erstaunt es, dass viele Systeme im RZ - zum Beispiel Klima, Stromversorgung, Wärme- und Kältekreisläufe oder Zutrittssysteme - bisher kaum Informationen über ihre internen Betriebszustände und Daten nach außen geben. Tun sie es doch, werden diese Daten meist in einer Form bereitgestellt, die sich schlecht bis gar nicht dazu eignet, sich in einer zentralen Konsole erfassen und darstellen zu lassen. In diesem Punkt hat sich in den vergangenen Jahren mit der Ethernet-Anbindung von Geräten bereits viel getan. Dennoch ist das Ergebnis in Anbetracht der Wichtigkeit der Daten sowie der ohnehin sehr IT-affinen Kundengruppe solcher Systeme bemerkenswert schlecht.
Damit ergibt sich die Notwendigkeit, mit zusätzlichen Sensoren in einem zusätzlichen System alle relevanten Betriebsparameter und Zustände zu erfassen. Dies schafft eine gewisse Unabhängigkeit und Aggregierbarkeit (Fähigkeit zum Zusammenfassen) dieser Daten und damit die Grundlage für intelligente und teilweise sogar automatisierte Entscheidungen.
 
Klima
Der erste und naheliegende Kandidat für eine Überwachung per Sensorik ist das Klima im Rechenzentrum. Nicht nur geht dort meist ein Großteil der Betriebskosten für Heizung oder Kühlung verloren, ein Ausfall der Klimatisierung hat auch nach kurzer Vorwarnzeit fatale Folgen für die Verfügbarkeit des RZs.
Das Ziel aller Kühlmaßnahmen ist es, eine optimale Temperatur an den Kälteverbrauchern - sprich den Rechnern - zu erhalten. Die dafür maßgebliche Temperatur ist also weder die Ausgangtemperatur der Rückkühlanlage noch die Rücklauftemperatur der erwärmten Luft. Entscheidend ist die Temperatur direkt im Server-Rack. Diese Temperatur gilt es zu überwachen und zu steuern. Dazu bedarf es passender Sensoren. Diese dürfen selbstverständlich nicht nur beliebig im Rack angebracht sein: Theoretisch müsste das System die Temperatur vor jedem Lüfter messen. Ingenieure der ASHRAE (American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers) haben allerdings eine sinnvolle Vereinfachung vorgeschlagen, bei der nur an drei Punkten im Rack zu messen ist - oben, in der Mitte und unten. Dies ist für eine genaue Steuerung der Temperatur und damit eine Optimierung der Kühlkosten ausreichend.
Es ist möglich, in sogenannten Schranküberwachungssystemen (Rack Management Units) mehrere Temperatursensoren anzubringen. Es gibt allerdings auch Hersteller, die entsprechend der ASHRAE-Empfehlung gleich ein einziges Sensorprodukt mit drei Messpunkten im notwendigen Abstand anbieten. Dies erleichtert die Installation, vermindert Kabelwirrwarr und stellt sicher, dass die Empfehlungen der US-Profis auch tatsächlich genau umgesetzt sind.
Die Sensoren direkt im Rack sollten sinnvollerweise durch eine Reihe weiterer Sensoren im Raum ergänzt sein, um unerwartete Verwirbelungen mit entsprechenden Verlusten an Kühlleistung erkennen und beheben zu können. Dabei können auch Luftstromsensoren helfen, die im Unterboden installiert permanent prüfen, ob die wertvolle kalte Luft auch tatsächlich ohne Umwege und ohne künstliche Hindernisse an den Bestimmungsort gelangt.Angesichts der erheblichen Kosten für die Kühlung im RZ fallen die Kosten für die Sensoren kaum ins Gewicht.
Klima bedeutet jedoch leider nicht nur Temperatur, sondern auch Luftfeuchte. Dabei gibt es im Rechenzentrum sehr enge Anforderungen, da sowohl zu trockene (elektrostatische Aufladung durch die Luftströme) als auch zu feuchte Luft (Korrosion) der installierten IT-Technik schaden. Die Luftfeuchte sollte ein Betreiber also messen, und zwar durch Feuchtesensoren und selbstredend wiederum dort, wo die größte Gefahr besteht - im Rack. Ideal sind dazu Feuchtesensoren, die gleich zusammen mit einem Temperatursensor gebaut sind, da der Temperaturwert für die Bereitstellung der maßgeblichen relativen Luftfeuchte ohnehin nötig ist. Spezielle Formen von Feuchtesensoren sind Leckage-Sensoren, die einen eventuellen Wassereinbruch im Unterboden erkennen oder spezielle Melder, die zum Beispiel den Austritt von Kühlflüssigkeit erkennen können.
 
Energie
Der zweite große laufende Ausgabenposten im RZ ist die Stromversorgung. Auch in diesem Umfeld existieren jede Menge Möglichkeiten, Energie ohne weiteren Sinn zu verschwenden. Das Messen des Stromverbrauches sollte daher Standard im Rechenzentrum sein, da die möglichen Kosteneinsparungen allein schon durch die bessere Ausnutzung der meist begrenzten Stromverteilung für eine Amortisation sorgen. Die höhere Betriebssicherheit dank permanenter Überwachung der Strompfade gibt es dann gewissermaßen umsonst. Daher empfehlen RZ-Interessengruppen wie Green Grid die permanente Überwachung des Stromnetzes. Auch in diesem Punkt gelten die beim Klima erwähnten Argumente: Entscheidend sind nicht die Verfügbarkeit und die Qualität des Stroms am Ausgang der USV, entscheidend ist vielmehr, was wirklich am Verbrauchspunkt, also im Server-Rack, geschieht. Die technische Lösung für Stromsensoren sind heute intelligente Stromschaltleisten, die neben dem Messen des Stromes auch das Abschalten von Verbrauchern übernehmen können.
 
Fazit
Sensoren sind die Augen und Ohren des RZ-Betreibers. Sie erfassen und kommunizieren Betriebsgrößen und Zustände, die für den ordnungsgemäßen Betrieb eines RZs entsprechend der Anforderungen nach Sicherheit und Effizienz notwendig sind. Zusammen mit einer passenden Software entsteht eine Steuerkonsole, die den Mitarbeitern und Leitern des Rechenzentrums stets alle notwendigen Infos bereitstellt und bei Fehlerfällen die erforderlichen Daten zur Analyse bietet. Für vergleichsweise wenig Kapital lassen sich so die Betriebskosten eines RZs merklich senken. Das Gefühl, in der kleinen Welt des RZs schon einmal erfolgreich die Technik einzusetzen, von der die Industrie 4.0 heute noch träumt, gibt es kostenlos dazu.

Sensoren sind die Augen und Ohren des RZ-Betreibers. Sie erfassen und kommunizieren Betriebsgrößen und Zustände, die für den ordnungsgemäßen Betrieb eines RZs entsprechend der Anforderungen nach Sicherheit und Effizienz notwendig sind.

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