Technischer Brandschutz in Rechenzentren

Der ganzheitliche Ansatz zählt

20. April 2020, 7:00 Uhr | Carsten Meißner

Die technische Ausstattung von Rechenzentren hat vorranging die Aufgabe, die maximale Verfügbarkeit der Daten sicherzustellen. Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Brandschutz. Brandschutzspezifische Anforderungen in Datacentern lassen sich sicher erfüllen, wie das Beispiel Siemens Smart Infrastructure mit einem umfassenden Ansatz zeigt.

Die Zahlen, die das Fachbuch "IT-Räume und Rechenzentren planen und betreiben" nennt, sind schockierend: Wird das Rechenzentrum eines Unternehmens durch Feuer zerstört, ist das Unternehmen existenziell gefährdet. 70 Prozent der betroffenen Firmen müssen ihren Betrieb aufgeben. Nur 23 Prozent der Unternehmen sind nach einem Jahr wieder voll betriebsfähig. Das Risiko von Brandschäden gering zu halten, hat daher oberste Priorität. Frühzeitiges Erkennen von beginnenden Bränden und die schnelle Einleitung entsprechender Maßnahmen sind eine wichtige Grundvoraussetzungen für eine maximale Systemverfügbarkeit.

Tatsächlich sind Brände die häufigste Ursache für Betriebsunterbrechungen in Rechenzentren. Sie entstehen zum Beispiel aus Schwelbränden in der Verkabelung. Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung eines umfassenden Brandschutzes klar. Dabei ist grundsätzlich zwischen vorbeugendem, anlagentechnischem, organisatorischem und abwehrendem Brandschutz zu unterscheiden. Bei ersterem geht es um die brandschutzkonforme bauliche Gestaltung von Gebäuden, etwa in Form von schwer entflammbaren Materialien, Feuerschutztüren etc. Der anlagentechnische Brandschutz umfasst automatisierte Anlagen und Systeme zur Detektion eines entstehenden Feuers, zur Alarmierung von Betroffenen und Hilfskräften sowie zur Ansteuerung von anderen Systemen wie Löschanlagen oder Aufzugsteuerungen. Der organisatorische Brandschutz ergänzt die baulichen und technischen Maßnahmen durch geeignete definierte Prozesse, Abläufe und den richtigen Umgang mit den Brandschutzeinrichtungen. Unter abwehrendem Brandschutz schließlich versteht man alle Maßnahmen von Feuerwehr und anderen Interventionskräften, um direkte und eventuelle Folgeschäden eines Brands zu begrenzen und zu reduzieren.

In Bezug auf den sicheren Betrieb von Rechenzentren besteht das vorrangige Schutzziel darin, einen entstehenden Brand möglichst früh zu erkennen und zu löschen. Möglichst früh heißt: noch ehe wesentliche Teile der Hardware Schaden genommen haben. Der Fokus liegt damit auf dem anlagentechnischen Brandschutz.

Zuverlässige Brandfrüherkennung durch Ansaugrauchmelder (ASD)

Ein Schutzkonzept muss im ersten Schritt eine zuverlässige Branderkennung gewährleisten. Rechenzentren stellen dabei allerdings spezifische Anforderungen, die Standardrauchmelder an ihre Grenzen führen: Es handelt sich um abgeschottete Räume mit großem Volumen, in denen durch die Lüftungssysteme eine hohe Luftzirkulation herrscht.

Die komplexen Anforderungen dieser Umgebungsbedingungen erfüllen so genannte Ansaugrauchmelder (Aspirating Smoke Detectors, ASD). Sie nehmen über ein Rohrnetz permanent Luftproben und führen sie einer Messkammer zu, wo sie auf Rauchpartikel untersucht werden. Damit lassen sich auch geringste Mengen von Brandgasen detektieren. Die VdS-zertifizierten Modelle FDA221 und FDA241 von Siemens bieten in diesem Zusammenhang weitere Vorteile: Die patentierte Messkammer ermöglicht weitestgehend den Verzicht auf zusätzliche Filtermaßnahmen, da die in die Messkammer eingebrachten Partikel im Luftstrom verbleiben und somit wieder aus der Messkammer hinausgetragen werden.

In der Messkammer erkennen die Ansaug-rauchmelder die Größe von Partikeln und deren Konzentrationen. Dabei kommt die optische Dual-Wellen-Detektion zum Einsatz. Das heißt, die Melder nutzen zur Erkennung zwei Lichtwellenlängen - blau und infrarot. Damit können sie - anders als herkömmliche Ansaugrauchmelder - genau zwischen Rauch und Täuschungsgrößen unterscheiden. Dies lässt Brände bereits in der frühen Entstehungsphase täuschungssicher erkennen.

Haben die Melder einen Brand erkannt, löst das System umgehend eine automatische Löschung durch eine Löschanlage aus. Für einen optimalen Schutz sind zwei Dinge wichtig: die Methode der Löschmittelfreisetzung und die Auswahl des geeigneten Löschmittels. Wasser als Löschmittel ist in Rechenzentren aufgrund der empfindlichen IT-Infrastruktur fehl am Platz.
Eine gute Alternative bietet eine Gaslöschanlage. Sie flutet im Alarmfall den betroffenen Raum über Düsen mit einem gasförmigen Löschmittel. Dieses Mittel löscht auch verdeckte oder versteckte Brandquellen, indem es den für den Brand notwendigen Sauerstoff verdrängt. Als Löschmittel sind Inertgase oder chemische Löschmittel denkbar.

Als eine gute Alternative für Rechenzentren hat sich dabei das chemische Löschmittel Novec 1230 Fluid erwiesen, das auch die Sinorix-1230-Löschanlagen nutzen. Es ist für den Menschen unschädlich, hinterlässt keine Rückstände und wirkt auch nicht korrosiv. Die sensible Technik beschädigt es also nicht. Nicht zuletzt lässt sich Novec 1230 Fluid auch leicht transportieren und einfach bevorraten.

Obwohl Gaslöschanlagen die beste Wahl für den Schutz von Rechenzentren sind, bergen sie jedoch auch ein Risiko: So kann es zu Störungen bei Festplatten kommen, nachdem die Löschanlage ausgelöst wurde. Diese Probleme reichen vom automatischen Herunterfahren einer Festplatte ohne Schäden nach einem Neustart bis hin zu schwerwiegenden Störungen. Untersuchungen zeigen, dass die Hauptursache für diese Probleme das relativ hohe Geräuschniveau ist, das eine konventionelle Gaslöschanlage bei der Flutung erzeugt.
Abhilfe bietet etwa die Lösung Sinorix Silent Extinguishing. Ihr Kernstück ist die patentierte Silent Nozzle. Sie kann mit dem Löschgas Novec arbeiten und hat eine VdS-Zulassung. Die Düse ermöglicht die vergleichsweise leise und dennoch wirksame Löschung in Rechenzentren und Server-Räumen. Für eine optimierte schonende Löschung in größeren Rechenzentren ist sie mit Sinorix CDT (Constant Discharge Technology) kombinierbar. Dabei handelt es sich eine innovative Gaslöschanlage mit konstantem Gasaustritt, die Stickstoff oder Argon als Löschmittel verwendet. Dadurch lässt sich die Größe der Druckentlastungseinrichtung um bis zu 70 Prozent reduzieren.

Ein so umfassendes Brandschutzsystem erfordert eine perfekte Koordination zwischen Branderkennung, Aktivierung der Löschanlage und Alarmierung. Eine zentrale Rolle spielen dabei Brandmeldeanlagen (BMA). Sie unterliegen normativen Vorgaben in Bezug auf die zu verwendenden Produkte, den Anlagenaufbau und den Betrieb der Anlage. Im Fokus steht dabei die DIN 14675-1, die Planung, Bau und Betrieb entsprechender Anlagen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg regelt. Herzstück einer BMA ist die Brandmeldezentrale (BMZ), die mit dem Paket MP7 eine integrierte Löschansteuerung bietet und mit einem übergeordneten Management-System kommunizieren kann.

Idealerweise ist das Brandschutzsystem integriert in eine Gesamtlösung, die die professionelle Steuerung und das transparente Management der komplexen Abläufe und Prozesse in der Infrastruktur eines Rechenzentrums erlaubt. Was das in der alltäglichen Praxis bringt, verdeutlicht folgendes Beispiel: Weist etwa das Energie-Monitoring auf einen punktuell erhöhten Stromverbrauch hin, kann dies ein Frühindikator für eine Störung sein, die einen Brand zur Folge haben könnte. Ist dies erstmal erkannt, kann der Betreiber Gegenmaßnahmen frühzeitig einleiten, noch bevor ein größerer Schaden entsteht.

406 Kasten
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