AWS-Summit, 30. Juni 2015, Berlin

"Die Cloud ist das neue Normal"

1. Juli 2015, 1:59 Uhr | Stefan Mutschler/LANline

"Die Cloud ist in Deutschland angekommen!" Dieser Spruch auf einem Plakat auf dem AWS-Summit lässt sich sicherlich auch metaphorisch gut verwenden - in Berlin hatte er jedoch einen ganz praktischen Bezug: Mit Frankfurt eröffnete der Anbieter von Cloud-Services erst Ende Oktober vergangenen Jahres eine von global derzeit elf "AWS-Regionen". Und das mit offenbar überwältigendem Erfolg, wie AWS auf dem Summit verkündete. Gut 2.000 Teilnehmer hörten dort außerdem Neues zu Diensten wie Elastic File System, Machine Learning und Lamda, einem ereignisgesteuerten Rechen-Service. Neue Kunden wie Tado (Heizungs-/Klima-Automation), Audi, Zalando, die TU München und weitere berichteten über ihre AWS-Erfahrungen in der Praxis.

Nach dem mit Retro-Charme gespickten alten Postbahnhof wählte Amazon Web Services (AWS), ein Tochterunternehmen von Amazon.com, in diesem Jahr den neuen High-Tech-Klotz „City Cube“ als Ort für seinen jährlichen AWS-Summit in Berlin. Dieser bot für die insgesamt rund 3.000 Personen (inklusive Partner, Entwickler und eigenem Personal) einen komfortablen Rahmen, sowohl für die Stände der 45 Aussteller als auch für die Keynotes, 45 Break-out-Sessions zu neun Themenbereichen und das persönliche Networking.

In der Tat schien auch die Grundstimmung auf der Konferenz irgendwie runderneuert. Waren im vergangenen Jahr noch Vorbehalte und Sicherheitsbedenken bezüglich Cloud-Angeboten klar präsent, dominierten gestern deutlich die Visionen und konkreten Geschäftsvorteile, die sich durch die Anmietung von Cloud-Diensten erzielen lassen.

Dafür sorgten wohl nicht zuletzt die Auftritte renommierter Firmen und Institutionen völlig unterschiedlicher Couleur. Audi etwa will den Gegenstand Auto künftig mit zahlreichen Web-Services anreichern. Der „Audi on Demand“-Service beispielsweise, der seit Kurzem im San Francisco läuft, spielt mit neuen Sharing-Modellen in Sachen Mobilität.

Tado hat auf Basis von AWS-Diensten einen Service entwickelt, der es Nutzern erlaubt, Heizungen und Klimaanlagen per Smartphone-App zu steuern. Das Frankfurter Städel-Museum – klassischer Vertreter einer „Old School“-Institution – baut derzeit mithilfe der Amazon-Wolke eine digitale Sammlung seiner Kunstwerke auf – umfassende Erläuterungen und Querverweise inklusive.

Zalando erhofft sich mit dem kürzlichen Gang in die AWS-Cloud, auch als nunmehr großes und etabliertes Unternehmen (mit einem Umsatz von 2,2 Milliarden Euro ist Zalando eine der größten Modeplattformen Europas, die in über 15 Ländern mehr 130 Millionen Besucher pro Monat erreciht) seinen „Start-up-Spirit“ zu erhalten. Damit ist nicht zuletzt die Fähigkeit zu schneller Innovation gemeint, zusammen mit anderen Zielen in den Slogan „Radical Agility“ gefasst.

Nicht auf der Bühne, aber bei den Sessions war die Plattform Autoscout24 in Berlin präsent. Der auf den An- und Verkauf von Fahrzeugen spezialisierte Zweig der mittlerweile in zahlreichen Ländern Europas vertretenen 24-Gruppe vollzieht derzeit den Einzug in die AWS-Cloud. Wie Philip Garbe, Lead Developer bei Autoscout24, gegenüber LANline verriet, sollen mittelfristig beide Rechenzentren des Unternehmens aufgelöst und komplett in der Cloud abgebildet werden.

Gründe sind immer wieder mehr Effizienz und gesteigerte Flexibilität und damit Agilität. Autoscout24 organisiert im Zuge des Cloud-Gangs auch seine Teams neu, die Steuerung der IT gehört jetzt dank mittels Cloud erzielten starken Vereinfachungen zur Kompetenz der Arbeitsgruppe. „Unsere Entwicklungsteams sind damit erheblich näher am Kunden, da deren Feedback direkt bei ihnen ankommt und nicht erst den Umweg über eine eigene IT-Organisation gehen muss“, so Garbe.

Der Auftritt der Technischen Universität München hatte für AWS eine besondere Bedeutung, denn der öffentliche Sektor gehört heute verstärkt zu den strategischen Zielgruppen des Unternehmens. Auch bei den Sessions gab es dafür einen eigenen Track. Der Bereich Aus- und Weiterbildung steht dabei mit ganz oben auf der Agenda. Mit „AWS Educate“ gibt es dafür auch bereits ein umfangreiches Tool. Auf seiner Basis hat die TU München denn auch sein Programm „Educate as a Service“ (EaaS) aufgesetzt, über das sich Studenten zu einer wachsenden Zahl von Themen, unterstützt durch multimedialen Kontext, auf den aktuellen Stand der Dinge bringen können.

Eine Reihe weiterer deutscher Unternehmen im öffentlichen Sektor sowie gemeinnützige Unternehmen und Forschungsinstitute haben AWS bereits ebenfalls angenommen. Dazu zählen Organisationen wie das Max Planck Institut, die Weltraumbehörde Esa, die Aktion Deutschland Hilft, das Heidelberg Institut für Technische Studien und The Global Crop Diversity Trust.

Frankfurt ist am schnellsten wachsende AWS-Region
Seit Oktober 2014 ist AWS auch mit einer eigenen Region in Deutschland vertreten. Zusammen mit den Regionen in Brasilien, Japan, Singapur, China, Irland und in den USA verfügt AWS damit jetzt über insgesamt elf Regionen weltweit. In Berlin überraschten Martin Geier, General Manager AWS Germany GmbH und der aus den Niederlanden stammende Amazom.com-CTO (Chief Technology Officer) Dr. Werner Vogels mit der Nachricht, dass keine andere Region auf der Welt ein so starkes Wachstum an den Tag legt wie eben Frankfurt.

Mit dem Aufspringen großer Namen auf die AWS-Cloud sieht Vogels das Land der Langzeit-Cloud-Skeptiker nun als bereit für die Massenwanderung in die Wolke, respektive zu AWS. Der Fokus der AWS-Region Frankfurt liegt darauf, zur Entwicklung von Technologien der nächsten Generation beizutragen sowie deutsche Unternehmen dabei zu unterstützen, in die AWS-Cloud zu ziehen.

Natürlich vergaß Vogels nicht, die Aspekte Sicherheit und Datenschutz noch einmal plastisch auszumalen: „Datensicherheit und Datenschutz stehen bei uns an erster Stelle, sowohl was die Entwicklungsprioritäten betrifft, als auch unsere Investments“, so der AWS-Technik-Chef. „Die Kontrolle über die Daten liegt bei uns ausschließlich beim Kunden, das können wir durch unsere Audits zweifelsfrei nachweisen, und das bestätigen die zahlreichen Zertifizierungen, die wir inzwischen erfolgreich durchlaufen haben“. Mit der Lokation Frankfurt sei AWS nun auch in der Lage, firmeninterne und nationale Compliance-Vorgaben zu erfüllen, die für bestimmte Unternehmen und Organisationen ein Muss sind.

Auf dem Summit hat AWS auch ein Schmankerl für Start-ups angekündigt. So will das Unternehmen im Oktober für einen Monat ein Pop-up-Loft öffnen, in dem Start-ups AWS-Mitarbeiter treffen und persönlich Tipps von Lösungsarchitekten erhalten können. Zudem haben sie die Möglichkeit, technische Bootcamps und Trainings zu besuchen, selbstgesteuerte Hands-on-Labs auszuwählen und an technischen Sessions von AWS-Mitarbeitern und Partnern teilzunehmen.

Das Loft, das sich innerhalb des AWS-Büros in Berlin Mitte befinden wird, wird eines von nur zwei AWS-Pop-up-Lofts in Europa sein. Die Standortwahl sieht AWS quasi als Anerkennung für einen Innovationsgeist, der in den letzten Jahren Unternehmen wie Soundcloud, Freeletics und Tado hervorgebracht hat.

„Wir haben gesehen, dass einige der weltweit größten Köpfe in der Technologiebranche in Europa anzutreffen sind, und dass viele von ihnen Berlin wählen, um hier ihre Geschäfte aufzubauen. Für diese Menschen bringen wir das AWS-Pop-up-Loft in die Stadt. Mit der Eröffnung des Lofts fördern wir die deutschen Start-ups und helfen dabei, das Wachstum von einigen der spannendsten Geschäftsideen in Europa weiter zu beschleunigen“, so Vogels.

Der Amazon-CTO ließ es  sich nicht nehmen, in Berlin auf neue und geplante Cloud-Services aufmerksam zu machen. Der Baukasten der AWS-Services umfasst inzwischen einen enormen Pool für ein breites Spektrum an Aufgaben.

Beim Umgang mit Dateisystemen sah AWS noch akuten Nachholbedarf. Das neue „Elastic File System“ ist als Shared File System konzipiert, das einfachen Zugriff auf gemeinsame Dateien bieten soll. Laut Vogels integriert es nahtlos existierende Apps und unterstützt NFSv4. Der Clou ist, dass es bis in PByte-Dimensionen skalieren und dabei die IOPS-Performance automatisch anpassen soll.

Neben „AWS Lamda“, einem Rechen-Service, der einen Code beim Eintreten bestimmter Ereignisse ausführt und automatisch die zugehörigen Datenverarbeitungsressourcen verwaltet (für Anwendungen, die schnell auf neue Informationen reagieren sollen), ging Vogels auch auf den im April dieses Jahres vorgestellten „Machine-Learning-Service“ ein. Dieser bündelt angeblich Funktionen der künstlichen Intelligenz mit solchen der Big-Data-Analyse.

Resultat für den Anwender soll „ein kurzer Blick in die Zukunft“ sein, wie Ralf Herbrich, Head of the Machine Learning Lab bei AWS, im Gespräch mit LANline erklärte. Kleiderhersteller beispielsweise sollen so in der Lage sein, mit hoher Wahrscheinlichkeit die demnächst gefragten Modelle etwa einer Jeans zu produzieren, in den voraussichtlich angesagten Farben, Schnitten und Größen.

Während die Daten in diesem Beispiel im Batch-Betrieb verarbeitet werden, sind bei Unternehmen wie einem Taxi-Service Echtzeitfähigkeiten gefragt. Ein Dispatcher könnte die Flotte so steuern, dass Fahrzeuge immer in der Nähe von Orten sind, wo voraussichtlich in Kürze ein Taxi gebraucht wird.

„Derartige Prognosen sind nicht neu, früher hatte man oft riesige Tabellen und rechnete mit statistischen Wahrscheinlichkeiten“, so Herbrich. „Im Prinzip ist das bei unserem Machine-Learning-Service nicht anders, nur eben in ganz anderer Skalierung, Geschwindigkeit, Flexibilität und in der Folge auch Genauigkeit.“

Die Frage, ob die Cloud denn nun wirklich in Deutschland angekommen sei, beantwortet Vogels mit einem klaren Statement: „In nur acht Monaten nach dem Launch ist die AWS-Region Frankfurt unsere am schnellsten wachsende internationale Region überhaupt geworden. Dies zeigt, dass deutsche Unternehmen zu den innovativsten und technologieversiertesten Kunden in der Welt gehören und auf die Cloud setzen, um ihr Geschäftswachstum voranzubringen. Die Cloud ist das neue Normal!“

"Für Geschäftsprognosen hatte man oft riesige Tabellen und rechnete mit statistischen Wahrscheinlichkeiten", so Ralf Herbrich, Head of the Machine Learning Lab bei AWS. "Im Prinzip ist das bei unserem Machine Learning Service nicht anders, nur eben in ganz anderer Skalierung, Geschwindigkeit, Flexibilität und in der Folge auch Genauigkeit." Foto: AWS

"Datensicherheit und Datenschutz stehen bei uns an erster Stelle, sowohl was die Entwicklungsprioritäten betrifft, als auch unsere Investments", so Dr. Werner Vogels, CTO (Chief Technology Officer) bei Amazom.com. Foto: Stefan Mutschler

45 Aussteller füllten auf den AWS-Summit das Parkett des City-Cube, Berlin, darunter Equinix, Interxion, Acentrix, Nordcloud, ITM, Infor, Cloudreach und Trend Micro. Foto: Stefan Mutschler

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Precitec Optronik GmbH

Weitere Artikel zu Rexnord-Stephan GmbH & Co. KG

Matchmaker+