Tech Foren und DCS der LANline

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5. Juni 2018, 7:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Die Technik der Verkabelung und der RZ-Infrastruktur wie Kühlung und Stromversorgung gilt gemeinhin als eher trockener Lerninhalt. Wer in diesem Umfeld tätig ist, benötigt dennoch gerade in der aktuellen Marktsituation ein fundiertes Wissen. Die Veranstaltungen der LANline belegen, dass die ernsthafte Beschäftigung mit dieser Materie innerhalb der Branchen-Community durchaus auch unterhaltsam sein kann.

Mit den Tech Foren zur Verkabelung in München, Zürich und Leipzig sowie mit dem Datacenter Symposium (DCS) in Hanau hat das LANline-Team zu Beginn des Jahres offensichtlich exakt die wichtigsten Themen der Infrastrukturbranche getroffen. Alle Veranstaltungen zeigten sich gut besucht, und die Teilnehmer folgten nicht nur aufmerksam den Fachvorträgen, sondern verdeutlichten auch durch rege Diskussionen, welche Bewegung der Technikwandel und der Optimierungsdruck sowohl im Verkabelungs- wie auch im Rechenzentrumsumfeld im Markt derzeit bewirken.

Bei der Verkabelung ist das grundsätzliche Prinzip bekannt: Alle Jahre wieder treibt die Entwicklung von Daten und Anwendungen die geforderte Ethernet-Geschwindigkeit weiter nach oben, und die Verkabelung muss entsprechend nachlegen - zuerst im Glasfaserumfeld und dann bei Kupfer. Das Spielfeld für die leistungsfähigsten Produkte ist dann meist zunächst das Rechenzentrum.

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Volles Haus: Auf der Bühne beantwortet Zoran Borcic, Produkt-Manager Datacom bei Draka/Prysmian Group, nach seinem Vortrag weiterführende Fragen der Teilnehmer. Bild: LANline

Auf den ersten Blick unterscheidet sich die aktuelle Situation wenig von diesem Prinzip, bei genauer Beobachtung wird jedoch klar, dass sowohl die Kupfer- wie auch die Fasertechnik an physikalische Grenzen stoßen. Dies erfordert fundamental neue Konzepte und damit auch Produktlösungen, die nicht unmittelbar aus der Extrapolation der bisherigen Ahnenreihen hervorgehen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Paralleloptik: Wenn die Übertragungskapazität eines einzelnen Faserpaars ausgereizt ist, kann die Lösung darin bestehen, viele solcher Paare parallel zu betreiben. Auf die zugrunde liegende Technik gingen in den Tech Foren gleich mehrere Referenten ein, allen voran Rainer Behr, Sales Consultant bei TDE, der nach eigenem - augenzwinkerndem - Bekunden die Multifasertechnik zu seinen Hobbys zählt (siehe dazu auch den Beitrag auf Seite 27 in dieser Ausgabe). Ihm zufolge ist diese Technik heute absolut ausgereift, zuverlässig und gut verfügbar - und trifft dennoch bisweilen auf Ressentiments, die rational nicht zu begründen sind und womöglich auf einer tief in der Branche verankerten Skepsis gegenüber dem MPO/MTP-Mehrfaserstecker beruhen. Behr verdeutlichte in seinem Vortrag, dass es für diese Ablehnung keine technischen Gründe geben kann, denn in puncto Einfügedämpfung und beim Handling - den stets genannten Kritikpunkten - geben die Steckverbinder heute keine Rätsel mehr auf.

Allerdings, und auch dies merkte Behr an, sollten Anwender auf hochwertige Produkte setzen, wie sie die namhaften Hersteller anbieten. Die Dämpfungsmargen für installierte Strecken sind nämlich so gering, dass ein "schlechter" Stecker die Funktionsfähigkeit des gesamten Links infrage stellen kann.

Bei einer oberflächlichen Betrachtung könnte das Wellenlängen-Multiplexing im Zusammenspiel mit der OM5-Faser als Gegenentwurf zur Paralleloptik angesehen werden. Sowohl TDE-Experte Behr wie auch Zoran Borcic, Produkt-Manager Datacom bei Draka/Prysmian Group, sehen die Mehrfarbenübertragung jedoch eher als komplementäre Ergänzung, die im Zusammenspiel eine Lichtwellenleiterübertragung bis an die TBit/s-Grenze ermöglichen kann.

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Technik zum Anfassen: Nach seinem Vortrag stellte Rainer Behr, Sales Consultant bei TDE, die Multifaser-Technik in der Ausstellung auch in Produktform vor. Bild: LANline

Borcic ging in seinem Vortrag auch auf verschiedene Entwicklungen bei der Kupferverkabelung ein, unter anderem auf 25GBase-T, das sich sowohl mit Kategorie 8.1 und 8.2 sowie mit Kategorie 7A realisieren ließe. Das Fazit, das der Draka-Mann am Schluss seines Vortrags zog, sollten vor allem Einkäufer und Controller stets im Hinterkopf behalten: Verkabelung ist unabhängig von ihrem kurzfristigen Einsatzweck immer eine langfristige Investition. Ähnliches lässt auch über die Lösung sagen, die Christian Richter von Hoval und Ladislav Hes von Datasign auf dem Datacenter Symposium in Hanau vorstellten: Das adiabate Kühlsystem des Rechenzentrums in der Ostschweiz sorgt einerseits für besonders gute PUE-Werte, eignet sich andererseits durch seine Abwärmenutzung jedoch außerdem auch dazu, eine angrenzende Molkerei und Käserei mit Energie zu versorgen. Beide Experten räumten zwar ein, dass sich wegen des außergewöhnlichen Standorts in der Schweizer Höhenlage nicht alle Randparameter auf andere RZ-Bau- oder Modernisierungsprojekte übertragen ließen, wollten das grundlegende Konzept der Energienutzung dennoch durchaus als richtungsweisend verstanden wissen. Laut Richter sprechen die Wetterdaten auch in gewöhnlichen Lagen wie Frankfurt oder München nicht dagegen, bislang eher ungewöhnliche Kühlkonzepte einzusetzen.

Warum eine kluge RZ-Planung immer wichtiger wird, verdeutlichte Bernd Hanstein, Vice President PM IT bei Rittal, in seiner Präsentation. Das Internet der Dinge (IoT) und Entwicklungen wie Industrie 4.0 lassen zum Beispiel den Bedarf an Edge-Rechenzentren wachsen, verändern außerdem aber auch die Rolle der heute üblichen RZs innerhalb der Wertschöpfungskette in den Unternehmen. Hanstein stellte in diesem Kontext die Rolle der EN 50600 in den Vordergrund und plädierte unter anderem für ein Energie-Monitoring, das in seinem Granularitätsniveau an die Erfordernisse des Unternehmens angepasst sein sollte. Die Technik dafür ist auf dem Markt zu haben, ein Betreiber muss sie nur möglichst intelligent an der richtigen Stelle platzieren.

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Bernd Hanstein, Vice President PM IT bei Rittal, plädierte in seiner Präsentation für eine angemessene Granularität beim Energie-Monitoring. Bild: Rittal

Dass es beim Thema Datacenter derzeit nicht ausschließlich um Technik geht, stellte Dorothea Teichmann, Rechtsanwältin bei Cyberlegal, in ihrem Vortrag klar. Die DSGVO mit ihrer Pflicht zur Dokumentation des Umgangs mit personenbezogenen Daten kann durchaus auch für Infrastrukturexperten von Bedeutung sein. Das Risiko eines unbefugten Zugangs zu solchen Daten bezieht auch den Aspekt des physischen Zugriffs ein, also wer wann wo an welchen Rechner oder Speicher gelangt.

Weitere Foren und Symposien

Viele der geschilderten Aspekte werden die Sprecher auf weiteren Tech Foren und Datacenter Symposien im Lauf des Jahres in aktualisierter Form wieder aufgreifen. Die im Vergleich mit beispielsweise Anwendungssoftware eher langen Innovationszyklen der Verkabelungs- und RZ-Infrastruktur sind für Betreiber bekanntlich zugleich Fluch und Segen: Markt und Produkte ändern sich zwar verhältnismäßig langsam, gleichzeitig müssen sich Investitionen jedoch auch über viele Jahre rentieren. Ein Schritt in die falsche Richtung kann somit fatale Auswirkungen nach sich ziehen. Planer, Betreiber und Installateure sollten also genau wissen, was sie tun, und im Zweifel neutrale Beratung hinzuziehen oder unabhängige Veranstaltungen wie die der LANline besuchen. Im Juli 2018 können Teilnehmer des Datacenter Symposiums in München und des Tech Forums in Stuttgart zusammen mit dem LANline-Team das 30-jährige Bestehen der LANline feiern. Termine, detaillierte Agenden und alle wichtigen Informationen finden Interessierte auf www.lanline.de/events.


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