Im Interview: Wolfgang Goretzki von Emerson

Infrastruktur im RZ verwalten

11. Oktober 2012, 6:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Emerson Network Power hat vor Kurzem die umfangreiche DCIM-Lösung Trellis auf den Markt gebracht. Im Gespräch mit der LANline erläutert der zuständige Produkt-Manager Wolfgang Goretzki die Einzelheiten.

LANline: Herr Goretzki, wie definieren Sie bei den heutigen Anforderungen den Begriff Datacenter-Infrastruktur-Management, und welche Bestandteile sollten Ihrer Meinung nach dazu gehören? Goretzki: Es gibt heute eine Vielzahl von Lösungen, die die Hersteller unter dem Begriff DCIM anbieten. Darunter fallen Software-Tools zur Dokumentation des Rechenzentrums, möglicherweise auch mit der Fähigkeit der Kapazitätsplanung oder auch der Planung von Änderungen. Als nächstes gehören dazu Werkzeuge zur Erfassung des IT-Stromverbrauchs. Diese geben idealerweise detaillierte Einblicke in den Verbrauch jedes einzelnen IT-Geräts und bestehen üblicherweise aus Rack-PDUs und Inline Metern zur Messung und aus Software, die die Akkumulierung der Daten, die automatische Alarmierung und das Reporting übernimmt. Außerdem zählt die Überwachung von Umgebungsparametern wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit mithilfe von Sensoren und Konsolierungssoftware zu den Bestandteilen einer DCIM. Ferner dürfen IT-Infrastrukturlösungen für den Fernzugriff, die Steuerung der IT, die Verwaltung und die Fehlerbehebung nicht fehlen. Last, but not least gehören auch Lösungen zur Überwachung und Steuerung der physischen Infrastruktur wie USV- oder Kühlungs-Anlagen dazu. LANline: Das sind zunächst viele Einzelteile. Goretzki: Ja schon, aber dies alles sind Elemente einer echten DCIM, also einer Datacenter-Infrastruktur-Management-Lösung. Nach unserer Erfahrung als Anbieter kompletter Rechenzentrumsinfrastrukturen hat es aufgrund dieser Fülle allerdings auch keinen Sinn, all diese Elemente einzeln zu implementieren. Es ist eine ganzheitliche Lösung notwendig, die alle Elemente der IT und der Facilities verwalten und kontrollieren kann, um das Rechenzentrum effizient zu betreiben und den Ressourceneinsatz dynamisch zu optimieren. LANline: Was heißt das genau? Goretzki: Es ist insbesondere wichtig, die IT und die Facilities nicht voneinander isoliert in Silos, sondern in einer einheitlichen Lösung zu verwalten, in der die gegenseitigen Abhängigkeiten der verschiedenen Ressourcen und deren Interaktionen sichtbar sind. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil die heutige IT-Infrastruktur aufgrund von Virtualisierung und Private-Cloud-Technik sehr dynamisch geworden ist und dadurch das Risiko von unerwarteten Hotspots oder Stromüberlastungen steigt. LANline: Welche Bestandteile sollte eine DCIM-Lösung also umfassen? Goretzki: Aus unserer Sicht sind folgende Funktionen für eine ganzheitliche DCIM-Lösung notwendig: IT Inventory Manager, Facility- und Site-Manager, Change-Planner, Virtual Insight, Power-Manager und Energy Insight sowie Cooling-Manager, ergänzt mit der Möglichkeit, auch komplexe Change Workflows mit einem Prozess-Manager abzubilden, sowie die IT- und Facility-Ressourcen remote zu verwalten und zu steuern. Die Verknüpfung mit System-Management-Lösungen sollte durch die Bereitstellung von SOAP-basierenden APIs auf einfache Weise zu realisieren sein. LANline: Welche Voraussetzungen muss die zu verwaltende Landschaft erfüllen? Goretzki: Eine DCIM-Lösung wird nur dann den ganzheitlichen Ansatz verwirklichen können, wenn man auf Standardschnittstellen setzt. Nur dann lässt sich DCIM mit einer bestehenden, üblicherweise heterogenen Infrastruktur nutzen. Gefordert sind also Standardschnittstellen. LANline: Wie haben Sie das bei Ihrem Produkt verwirklicht? Goretzki: Die Architektur unserer Trellis-Plattform sieht die Integration von Geräten auch anderer Hersteller vor, sofern diese Standardschnittstellen wie Bacnet, Modbus oder SNMP verwenden und erforderliche Schnittstelleninformationen offen gelegt sind. Über eine Element-Library lässt sich das jeweilige spezifische Protokoll bereitstellen. LANline: Was benötigt ein Betreiber konkret? Goretzki: Die Trellis-Plattform besteht aus einer Kombination von Software und Hardware. Der Einsatz der Hardware, die bei Trellis Universal Management Gateway heißt, ist zwingend notwendig, um bei der Sammlung, Aggregation und Bewertung von Überwachungsdaten unabhängig von der Menge der Daten jederzeit volle Echtzeitbedingungen sicherzustellen. Bei höherem Datenvolumen und engerem Zeitraster ist lediglich eine größere Anzahl von Gateways erforderlich. Die Software selbst ist modular gehalten. Damit lässt sich für die jeweilige Situation die optimal angepasste Lösung mit den für den Kunden passenden Funktionen erstellen, und zwar inklusive der Option, dies zu einer umfassenden ganzheitlichen Lösung auszubauen. Heute sind bereits vier Module verfügbar. LANline:… mit welchen Funktionen? Goretzki: Der Inventory-Manager zur Dokumentation, Suche und Lokalisierung der Assets, der Site-Manager zur Überwachung und Steuerung der Geräte im Rechenzentrum, der Change Planner zur Planung einschließlich zeitlichem Ablauf von Änderungen sowie Einblick in die entsprechenden Auswirkungen und das Modul Energy Insight, das überwacht und Einblick in den Energieverbrauch liefert. LANline: Was kommt danach? Goretzki: Wir haben für Trellis eine abgestimmte Roadmap und werden die Lösung kontinuierlich weiterentwickeln und ausbauen, um aktuelle und künftige Anforderungen zu erfüllen. Zu den geplanten Funktionen gehört unter anderem Virtual Insight für einen Einblick in die virtuelle Infrastruktur und somit ein tieferes Verständnis für die dynamischen Änderungen der IT. Außerdem wird es den Power-System-Manager geben, ein Modul für den Einblick in die gesamte Kette der Stromversorgungsinfrastruktur und die Möglichkeit, Fehlersituationen schnell zu überblicken und zu beheben LANline: RZ-Installationen entsprechen zwar meist einem Standard, sind aber individuell. Wie kann eine Management-Lösung darauf eingehen? Goretzki: Unsere Lösung ist auf Modularität und Flexibilität ausgelegt. Sie enthält grundsätzliche Plattformfähigkeiten und Anwendungsmodule, die der Kunde zusätzlich kaufen kann. Dadurch sind eine selektive Bereitstellung von Funktionen sowie die individuelle Konfiguration der statischen Beschreibung des Rechenzentrums möglich. Damit lässt sich beispielsweise klären, was sich wo befindet oder wie die Stromversorgungskette aufgebaut ist, welche Anlagentechnik der Kunde verwendet. Eine einfache komfortable Benutzerschnittstelle erlaubt eine einfache Anpassung an unterschiedliche Situationen im Rechenzentrum.

Einstiegspreise ab 50.000 Euro

LANline: Ab welcher Größe eines RZs ist der Einsatz einer solchen Lösung sinnvoll? Goretzki: Man sieht, dass Trellis eine sehr mächtige Lösung ist. Wir können jedoch auch schon grundlegende Funktionen für ein kleineres Rechenzentrum mit rund 100 Servern und 14 Racks bereits zu einem Listenpreis ab 50.000 Euro bereitstellen. LANline: Gibt es schon ROI-Betrachtungen dazu? Goretzki: Der Return on Investment richtet sich natürlich sehr stark nach den individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Rechenzentren. In einigen Fällen konnten bereits deutliche Einsparungen von bis zu 75 Prozent bei den Betriebsausgaben erreicht werden, indem der Betreiber Energie- und Verwaltungskosten senken und das Capacity-Management verbessern konnte. Insgesamt ist die Berechnung des ROI für DCIM jedoch sehr komplex. Wir arbeiten momentan mit einigen Kunden und führenden Branchenanalysten an der Erstellung einer Risiko-gewichteten ROI- und Amortisationskalkulation für spezifische Rechenzentren inklusive eines ROI-Kalkulations-Tools. Mit über 500 DCIM-Installationen weltweit und einem umfangreichen Angebot mit über einer Dekade an DCIM-Expertise haben wir die besten Voraussetzungen, um genaue ROI-Kalkulationen und Tools zu erstellen. LANline: Herr Goretzki, vielen Dank für das Gespräch. Der Autor auf LANline.de: jschroeper

Wolfgang Goretzki, Product Marketing Manager EMEA Avocent Products and Services bei Emerson Network Power.
LANline.

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