Kommentar: Datenstandort Deutschland am Scheideweg

RZ-Betreiber beklagt hausgemachten Standortnachteil in Deutschland

22. Dezember 2022, 12:00 Uhr | Jörg Schröper
© Firstcolo

Jerome Evans ist Gründer und Geschäftsführer von Firstcolo, einem Rechenzentrumsbetreiber und Colocation-Anbieter in Frankfurt. In einem vor Kurzem veröffentlichten Kommentar zur bislang ausbleibenden Strompreisbremse für Rechenzentren findet er deutliche Worte für die fatale Situation der Branche.

„In der deutschen Wirtschaft ist anhaltend die Rede von einer dringend benötigten allumfassenden Digitalisierung. Dafür braucht es neben einer umfassend ausgebauten IT-Infrastruktur ebenso wirtschaftlich angemessene Bedingungen für die Betreiber. Hierzulande wächst der Bedarf an Datenverarbeitungskapazitäten ähnlich stetig wie im Rest der Welt. Gleichzeitig steigen die Energiepreise dermaßen an, dass sie ein großes Problem für Betreiber von Rechenzentren darstellen“, so Evans. 

Ein derart riesiger Wachstumsmarkt lasse sich nur dann auch ausschöpfen, wenn die Stromkosten nicht noch weiter in die Höhe schießen. Rund 16 Milliarden Kilowattstunden im Jahr verbrauchen alle Rechenzentren in Deutschland zusammen. Ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt in Deutschland kommt jährlich auf 3.000 Kilowattstunden,

„Die Bundesregierung entlastet durch die Verlängerung des Spitzenausgleichs sogenannte energieintensive Unternehmen mit rund 1,7 Milliarden Euro bei der Energie- und Stromsteuer. Rechenzentren, deren Kosten für Strom nicht selten rund 50 Prozent der gesamten Betriebsausgeben ausmachen, lässt diese Strompreisbremse allerdings außen vor", beklagt Evans in seinem Statement. „Und das, obwohl Betreiber in den letzten Jahren alles dafür getan haben, die Datenhäuser immer effizienter und grüner zu gestalten. Neue, noch im Bau befindliche Rechenzentren, die hohen Anforderungen an Nachhaltigkeitsaspekte sowie Energieeffizienz genügen, berücksichtigt der neue Gesetzentwurf ebenso wenig, da hier noch keine Daten für einen maßgeblich vergünstigten Energiepreis vorliegen.“

Alte unternehmenseigene Rechenzentren profitieren laut Evans hingegen. Dies sei kein gutes Zeichen für die grüne Zukunft des Daten-Managements. Hinzu komme, dass der Standort Deutschland ohnehin nicht gerade zu den attraktivsten gehöre, wenn es um entstehende Kosten für Betreiber geht. Dies liegt laut Evens nicht generell am Strompreis – dieser erweist sich als relativ ausgeglichen im europäischen Vergleich –, sondern an Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelten, die die Preise hierzulande in die Höhe schießen lassen. Durch die Energiekrise verschärfe sich diese Situation zudem besonders in dieser Branche enorm.

Um eine daraus resultierende Abwanderung vieler Betreiber von Rechenzentren ins Ausland zu verhindern, müssten die Entscheider zwingend auch Rechenzentren entlasten. Nur so bleibe Deutschland ein attraktiver Standort und die digitale Souveränität des Landes auch in Zukunft erhalten.
 

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