Nachhaltige Entwicklung bei Cisco

Jenseits des Greenwashings

19. April 2023, 7:00 Uhr | Wilhelm Greiner

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Lieferkette und Kreislaufwirtschaft

„Einer unserer wesentlichen Vorteile liegt in der Zuverlässigkeit unserer Lieferkette“, betont Lee. „Unsere Supply Chain wurde von Gartner drei Jahre in Folge als Nummer 1 bewertet. Seit Jahren arbeiten wir an engagierten, spezifischen Beziehungen mit einer kleineren Anzahl von Lieferanten bis hin zu jeder einzelnen Komponente.“

Die Corona-Zeit habe sich dabei sogar als nützlich erwiesen: „Die Pandemie, so schwierig sie auch war, hat es uns ermöglicht, eine globale Lieferkettenstrategie zu entwickeln, um in Zukunft widerstandsfähiger, agiler und flexibler gegenüber Veränderungen zu sein“, sagt Lee. „Wir haben in die Scorecards für unsere Zulieferer eine Reihe von Kennzahlen zur ökologischen Nachhaltigkeit aufgenommen.“ Dies ermögliche es Cisco, „in unseren Fabriken, sogar in China, eine Netto-Null-Abfallmenge zu erreichen.“ Als Beispiele für erste Erfolge nennt sie das No-Paint-Projekt (Verzicht auf ölbasierte Farben bei bestimmten Catalyst-Switches) und die Verringerung des Verpackungsmaterials.

Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft: „Wir bemühen uns sehr darum, die Kreislaufwirtschaft in jeder Phase zu integrieren, vom Produktdesign bis zur Demontage und Reparatur oder Wiederverwendung“, sagt Lee. „Wir integrieren die Kreislaufwirtschaft in unsere Produkte, um sie so gut wie möglich zu standardisieren und zu modularisieren. Wir sind stolz darauf, dass 99,98 der Produkte, die wir zurücknehmen, verantwortungsvoll recycelt oder wiederverwendet werden können.“ Auf der Cisco Live in Amsterdam habe Cisco sogar live ein Gerät zerlegt und gezeigt, wie dieser Prozess aussieht und wie man Edelmetalle einsparen kann.

Für Fortschritte bei Scope 3 muss Cisco Kunden und Partner mit an Bord holen. So bietet der Konzern zum Beispiel Takeback- und Reuse-Programme sowie eine Green-Pay-Initiative mit einem zusätzlichen Rabatt von fünf Prozent im Voraus für Kunden, die Produkte zum Recycling oder zur Wiederverwendung zurückbringen. „Wir regen unsere Partner jetzt dazu an, noch mehr über Dienstleistungen nachzudenken, die sie anbieten können“, sagt Lee, „ob es sich nun um Professional Services rund um Nachhaltigkeit und Scope Accounting oder um Energie-Management handelt.“

Partnerunternehmen können eine Zertifizierung für das „Partner Environmental Sustainability Specialization Program“ erlangen. „Mehr als 300 Partner sind bereits zertifiziert“ berichtet Lee, „und wir arbeiten weiter an der Ausbildung und Entwicklung, um sie auf diesem Weg zu begleiten, aber auch, um ihnen zu helfen, die richtigen Dienstleistungen aufzubauen.“

Fast Fashion und Smart Buildings

Trotz aller Fortschritte der IT-Hersteller: Die Klimabilanz hängt letztlich am IT-Einsatz beim Anwenderunternehmen. Nutzt zum Beispiel ein Fast-Fashion-Hersteller all die schönen IT-Neuerungen, um noch schneller noch mehr Wegwerfmode zu produzieren, dann endet grüne IT schnell in einem bunten Müllberg. Dennoch besteht der größte Hebel der IT-Branche heute darin, die Klimafreundlichkeit in anderen Branchen und im Konsumentenalltag zu verbessern.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Die Nachhaltigkeitsbemühungen Ciscos auf Lösungsseite richten sich vor allem auf drei Felder: nachhaltige Rechenzentren, smarte Gebäude und Arbeitsplätze sowie das „Internet der Zukunft“.
Die Nachhaltigkeitsbemühungen Ciscos auf Lösungsseite richten sich vor allem auf drei Felder: nachhaltige Rechenzentren, smarte Gebäude und Arbeitsplätze sowie das „Internet der Zukunft“.
© Cisco

Großes Potenzial sieht Denise Lee beispielsweise bei „Smart Buildings“: „In einem Gebäude (gemeint ist: kommerziellen Gebäude, d.Red.) gibt es heute in der Regel über 30 verschiedene Management-Systeme“, sagt sie. Dies müsse man vereinheitlichen und vereinfachen. „Cisco versteht den Wert der Vernetzung sehr gut. Nun stellen Sie sich das Konzept der Vernetzung von Energie vor. Das ist genau das, was wir innerhalb von Gebäuden tun. Mittels Power over Ethernet mit bis zu 90 Watt können wir diese Energie für alle Access Points, Heizungs-, Lüftungs- und Kühlsysteme, Überwachungskameras und Sicherheitssysteme vernetzen.“

Damit könne ein Unternehmen zum Beispiel alle Geräte auf dem Schreibtisch und alle APs in den Ruhezustand versetzen, wenn sie nicht in Gebrauch sind: „Die Einsparungen, wenn man das über ein ganzes Gebäude und alle Schreibtische im Gebäude multipliziert, summieren sich ganz erheblich“, betont Lee und verweist auf entsprechende Pilotprojekte in New York und London.

Sie freut sich über neuartige Anknüpfungspunkte im Partnerumfeld, die sich aus solchen Projekten ergeben: „Das Faszinierende ist, dass wir allmählich einige neue Partner sehen, etwa für Beleuchtungsdesign, Möbeldesign, Heiz- und Kühleinheiten, alle möglichen anderen Partner, die in diese Programme einsteigen und sich an der breiteren Entwicklung von integrierten Lösungen beteiligen wollen.“ Denkbar wäre hier beispielsweise, um Lees Vernetzungsfaden weiterzuspinnen, eine intelligente, sensor- und IT-gesteuerte Bewässerung der Fassaden- und Dachbepflanzung von Bürogebäuden. Dies wäre in mehrfacher Hinsicht umwelt- und klimagerecht – und es entstünde statt Greenwashing eine grüne Fassade im eigentlichen, positiven Sinne.

In wenigen Jahren wird sich zeigen, inwieweit Cisco seine hoch gesteckten Klimaschutzziele aus eigener Kraft erreichen kann – und in welchem Maß der Konzern doch noch auf den mehr oder minder seriösen Zertifikathandel zurückgreifen muss. Doch durch offene Kommunikation schafft der IT-Ausrüster zumindest schon einmal eine solide Basis, um Fortschritte nachzuvollziehen, im eigenen Haus wie auch in der Lieferkette und in Kundenprojekten. Das Potenzial für Innovationen ist jedenfalls enorm, man muss es nur nutzen – möglichst zügig und nicht nur auf dem Papier. Da ist es gut zu wissen, dass es in Unternehmen – nicht nur bei Cisco und nicht nur in der IT-Branche – Menschen gibt, die solche Projekte jenseits der verbreiteten Schönfärberei mit echtem rotem Herzblut angehen. Und dass es Menschen wie Denise Lee gibt, die dieses Herzblut in geordnete Bahnen lenken. Das Ziel ist schließlich eine gesunde Kreislaufwirtschaft.


  1. Jenseits des Greenwashings
  2. Grüner entwickeln
  3. Lieferkette und Kreislaufwirtschaft

Verwandte Artikel

Cisco Systems GmbH

green it

Energieeffizienz