Stromsparen durch Energie-Management

Mehr Leistung, weniger Energie

28. November 2013, 7:00 Uhr | Silke Kilz arbeitet als freie Journalistin in Köln./jos

Gegen steigende Strompreise können Betreiber von RZs wenig ausrichten. Wohl aber gegen einen unnötig hohen Energieverbrauch. Der Cloud-Anbieter Pironet NDH verbesserte daher Schritt für Schritt die Energieeffizienz seines Hamburger Rechenzentrums und spart nach eigenen Angaben heute rund 3,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr.Nach einer Untersuchung des Borderstep-Instituts haben Server und Rechenzentren in Deutschland im vergangenen Jahr rund 9,4 Terrawattstunden Strom verbraucht. Dies entspricht einem Anteil von 1,8 Prozent am Gesamtstromverbrauch in Deutschland. Um diese Menge an Energie zu erzeugen, sind fast vier mittelgroße Kohlekraftwerke notwendig. Dennoch ist der Verbrauch im Vergleich zum Jahr 2011 - trotz steigender Server-Zahl - um drei Prozent gesunken. Der Grund: Immer mehr Unternehmen ergreifen Maßnahmen, die den Energieverbrauch ihrer Rechenzentren senken. Auch der IT-Dienstleister Pironet NDH begann vor etwa vier Jahren, die Energieeffizienz seines Hamburger Rechenzentrums unter die Lupe zu nehmen. Um überhaupt nachvollziehen zu können, an welchen Stellen im Rechenzentrum wie viel Energie verbraucht wird, installierte der Cloud-Anbieter im ersten Schritt ein Energiedaten-Management-System. Eberhard Hertwig, Leiter Betrieb Rechenzentrum von Pironet NDH im Datacenter Hamburg, erklärt, wie die Lösung funktioniert: "An verschiedenen vorher festgelegten Messpunkten erfasst das System alle 15 Minuten den aktuellen Stromverbrauch und sendet ihn an den örtlichen Energieversorger Vattenfall. Dieser bereitet die Daten auf und stellt sie uns über ein Portal zur Verfügung." Pironet NDH kann auf diese Weise kontinuierlich seinen Verbrauch überwachen und erkennt, wann und an welchen Stellen der Stromverbrauch besonders hoch ist. Wer sich mit dem Thema Energieeffizienz im Rechenzentrum auseinandersetzt, denkt im ersten Moment an neue Hardware und entsprechend hohe Investitionen. Doch auch einfache Maßnahmen können sich deutlich auf den Stromverbrauch auswirken. So stellte Pironet NDH mithilfe des Energiedaten-Managements fest, dass die Beleuchtung im Rechenzentrum die Stromkosten unnötig in die Höhe trieb. "Aus Sicherheitsgründen brannte bei uns im Server-Raum auch in der Nacht immer das Licht", erinnert sich Hertwig. Heute schalten die Mitarbeiter abends und an den Wochenenden alle Lampen - bis auf die Notbeleuchtung - aus. Der Rest der Beleuchtung ist an die Einbruchmeldeanlage gekoppelt, die nur dann anspringt, wenn jemand unbefugt das Gebäude betritt. Für die Videoüberwachung steht so immer genügend Licht zur Verfügung. Zusätzlich wurde die automatische Beleuchtungszeit von 15 auf fünf Minuten reduziert. "Durch diese Maßnahmen und die Installation energiesparender Leuchtstoffröhren konnten wir den Stromverbrauch für die Beleuchtung in unserem Rechenzentrum um 63 Prozent senken, ohne dabei Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen", so Hertwig. "Aufs Jahr hochgerechnet sparen wir heute über 50.000 Kilowattstunden an Strom ein. Dies entspricht etwa 30 Tonnen CO2. Die jährlichen Kosten reduzieren sich damit um 5.000 Euro."   Stromausfällen vorbeugen Eine deutlich größere Investition bedeutete hingegen der Austausch der alten USV-Anlagen durch effizientere Geräte. Sie dienen dazu, Stromausfälle zu überbrücken, schädliche Spannungsstörungen zu filtern und Spannungs- sowie Frequenzschwankungen zu kompensieren. "Vor allem vor dem Hintergrund, dass wir im Zuge der Energiewende künftig häufiger mit teilweise auch länger andauernden Stromausfällen rechnen müssen, war der Umstieg auf moderne Anlagen für uns unverzichtbar", erklärt Hertwig. "Während die alten Anlagen nur einen Wirkungsgrad von 85 Prozent hatten, liegt er bei den neuen USV bei etwa 94 Prozent." Grundsätzlich funktionieren die USV-Geräte lediglich als Puffer: Bei einem Stromausfall müssen sie nur etwa eine Minute lang laufen, danach übernehmen zwei Dieselaggregate die Versorgung. Pironet NDH installierte die neuen USV-Anlagen im laufenden Betrieb. Um dennoch zu jeder Zeit eine unterbrechungsfreie Notstromversorgung sicherzustellen, legten die Verantwortlichen eine Bypass-Schaltung: Ein USV-System wurde ausgetauscht, während das andere lief. Anfang des Jahres tauschte der Cloud-Anbieter schließlich auch die Anlagen für die Kühlung des Server-Raums aus. "Die neuen Kühlsysteme sind deutlich leistungsstärker, sodass wir heute statt 22 nur noch 16 Klimageräte benötigen, um unsere Server zu kühlen", erklärt Hertwig. Unter anderem arbeiten die neuen Geräte mit Umluft oder mit einem Freikühlsystem. Dies nutzt das natürliche Gefälle zwischen kühler Außenluft und den Temperaturen im Rechenzentrum und spart dadurch Energie. Unabhängig von den Kühlsystemen ist es außerdem sinnvoll, die Solltemperatur im Rechenzentrum zu überprüfen. Denn mit jedem Grad Celsius, das weniger gekühlt werden muss, sinkt auch der Stromverbrauch. Viele Unternehmen sind der Meinung, die Zuluft eines Server-Raums müsse auf unter 20 °C gekühlt werden und die Abluft dürfe höchstens 22 °C betragen. "Dieser Pauschalwert trifft aber nicht auf alle Rechenzentren zu", erklärt Hertwig. "Je nach Hersteller reicht oft auch eine geringere Kühlung, ohne dass auch nur die geringste Gefahr für die Hardware besteht." Vor diesem Hintergrund hob Pironet NDH die Solltemperatur im Rechenzentrum nach eingehender Prüfung allmählich um drei Grad Celsius an. Durch die neuen Klimageräte und die Anhebung der Solltemperatur spart der IT-Dienstleister jedes Jahr mehr als eine Million Kilowattstunden Strom. Die mit Abstand größte Wirkung erzielte Pironet NDH jedoch nicht mit der Modernisierung seiner Hardware, sondern durch die Zusammenfassung von Server-Ressourcen. In den vergangenen Jahren hat der Dienstleister in mehreren Teilprojekten schrittweise seine Server-Landschaft konsolidiert und virtualisiert, um so bestehende Kapazitäten besser auszunutzen. Insgesamt spart der Cloud-Computing-Anbieter dadurch knapp zwei Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr ein. Für Pironet NDH haben sich die einzelnen Effizienz-Maßnahmen nicht nur finanziell gelohnt: Im Frühjahr wurde der IT-Dienstleister mit dem "Deutschen Rechenzentrumspreis 2013" für Bestandsrechenzentren ausgezeichnet.

Energetisch auf dem neuesten Stand: Hamburger Rechenzentrum von Pironet NDH.

Der Energieverbrauch im Rechenzentrum ließ sich durch die dargestellten Maßnahmen deutlich senken.

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Cellcrypt

Matchmaker+