Energieeffizienz, Abwärme, Kühlung

Nachhaltigkeitsbausteine in Datacentern

19. Juli 2023, 8:00 Uhr | Autor: Wolfgang Kaufmann / Redaktion: Lukas Steiglechner
© Wolfgang Traub

Leistungsfähige Rechenzentren sind ein zentraler Grundpfeiler der Digitalisierung. Gleichzeitig werden sie in vielerlei Hinsicht als Hemmnis für den Klimaschutz gesehen: Der Ressourceneinsatz ist potenziell hoch, der CO2-Fußabdruck entsprechend. Doch moderne Rechenzentren setzen mit diversen Stellschrauben dagegen und warten heute bereits mit beachtlichen Fortschritten auf.

Schon seit mehreren Jahren sind die durch Rechenzentren verursachten Treibhausgasemissionen rückläufig. Trotz einer stetig zunehmenden Leistungsfähigkeit steigt der Stromverbrauch im Verhältnis nicht im gleichen Umfang an. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich die Betreiber intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Zu diesem Ergebnis kommt auch die aktuelle IDC-Studie „Data Center in Deutschland 2022“. Für 85 Prozent der 150 befragten IT-Entscheider hat demnach das Thema Nachhaltigkeit hohe Priorität – im eigenen Unternehmen ebenso wie bei der Wahl der Rechenzentren, in die sie ihre IT-Infrastruktur auslagern.

Laut der Studie verfügen derzeit 21 Prozent der Befragten bereits über eine unternehmensweite Nachhaltigkeitsstrategie, weitere 46 Prozent haben ein Nachhaltigkeitsprogramm auf den Weg gebracht. Großunternehmen sind dabei etwas weiter vorangeschritten als Organisationen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden. 81 Prozent der befragten Unternehmen beziehen bereits ganz oder teilweise grüne Energie, 77 Prozent arbeiten an einer Reduzierung ihres Stromverbrauchs.

Die Initiativen moderner Rechenzentren zur langfristigen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks verbinden in der Regel mehrere Nachhaltigkeits-Bausteine miteinander. Dazu gehören einerseits Maßnahmen, wie sie auch in Unternehmen anderer Branchen bereits üblich sind, beispielsweise beim Fuhrpark-Management, beim Reisen, im Einkauf oder in der Abfallorganisation. Jedoch müssen RZ-Betreiber aufgrund des hohen Ressourceneinsatzes ihrer Branche noch ein ganzes Stück weiterdenken. Drei Bereiche stechen dabei aktuell besonders hervor: Energieeffizienz, Abwärmenutzung, Kühlung.

Optimierung der Energieeffizienz

Die sogenannte Power Usage Effectiveness (PUE) hat sich in den vergangenen Jahren als die zentrale technische Kennzahl etabliert, mit der sich die Energieeffizienz eines Rechenzentrums darstellen lässt. Der PUE-Wert gibt das Verhältnis zwischen dem Gesamtenergieverbrauch des Rechenzentrums und dem Energieverbrauch der gesamten IT wieder. Das bedeutet: je niedriger der Wert, desto energieeffizienter der Betrieb. Europäische Rechenzentren liegen aktuell im Durchschnitt bei einem Wert von 1,46, als optimal effizient gelten Werte von weniger als 1,3. Nach Angaben des Uptime Instituts liegt der Durchschnitt weltweit bei 1,59 Prozent. Damit sind deutsche und europäische Datacenter-Betreiber bereits auf einem guten Weg.

Die Nutzung der Abwärme

Die Komponenten in Rechenzentren wie Server oder Storage-Systeme erzeugen viel Wärme, die zum Großteil ohne weitere Nutzung über die Klimageräte an die Außenluft abgegeben wird. Dabei kann diese Abwärme sinnvoll eingesetzt und weiterverwendet werden. Zum einen ist der Gebrauch der im IT-Betrieb produzierten Wärme gleich vor Ort möglich. Beispielsweise zur Beheizung der Büroflächen. In deutlich größerem Umfang kann die Wärme weiterverwendet werden, indem sie beispielsweise für Netzbetreiber oder weitere industrielle Abnehmer aufbereitet wird. Denkbar ist die Abgabe an das Fern- oder Nahwärmenetz oder die Weitergabe an Abnehmer im nahen Umkreis des Rechenzentrums wie zum Beispiel benachbarte Bürogebäude, Wohnungen oder Schwimmbäder. Aktuell befindet sich die umfangreiche und gut umsetzbare Abwärmenutzung allerdings noch in der Entwicklung: Neben technischen Herausforderungen und mangelnder Infrastruktur fehlt es derzeit vor allem noch an einem verbindlichen regulatorischen Rahmen.

Die Kühlung

Eine der nachhaltigsten Kühlmethode ist derzeit die indirekte freie adiabatische Kühlung. Dabei existieren zwei Kühlkreisläufe: der eine enthält Luft aus dem Rechnerraum, der andere gekühlte Außenluft. Beide sind durch Wärmetauscher miteinander verbunden. Der geschlossene Kreislauf, in dem sich die Außenluft bewegt, wird von außen mit Wasser besprüht. Dieses erwärmt sich oder verdunstet und entzieht der Außenluft Wärme, ehe diese über den Wärmetauscher mit der Wärme der Luft aus dem Rechenzentrum beladen wird. Der Vorteil dieser Methode: Es werden keine schädlichen Kältemittel verwendet. Außerdem wird wenig Strom verbraucht; der CO2-Fußabdruck bleibt entsprechend klein.

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Nachhaltigkeit wird alternativlos

Laut der IDC-Studie „Sustainability & IT“ aus dem Jahr 2021 sind 60 Prozent der damals 200 befragten Unternehmen der Ansicht, dass vor allem große Anbieter besser in der Lage sind, ihre Datacenter nachhaltiger zu betreiben als es die Unternehmen selbst könnten. Nachhaltigkeit und der Kostenfaktor können ein Argument gegen ein eigenes Rechenzentrum und für externe Dienstleister sein. Sustainability wird damit zu einem Businessfaktor, der sich immer stärker neben klassischen Kennzahlen etabliert – gerade auch, weil der Gesetzgeber hier mehr und mehr regulatorisch eingreift.

Diese Entwicklung zeigt sich auch an den verschiedenen Initiativen, an denen sich die Betreiber von Rechenzentren beteiligen. So haben sich beispielsweise zahlreiche namhafte Unternehmen bereits dem sogenannten Climate Neutral Data Centre Pact angeschlossen. Dieser hat das Ziel, die Nachhaltigkeit von Cloud Computing, Rechenzentren und innovativer Technik zu fördern. Die Unterzeichner verpflichten sich dazu, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt definierte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Weitere Punkte betreffen die Nutzung rein grüner Energie, die Begrenzung des Wasserverbrauchs, die nachhaltige Nutzung der Abwärme sowie Wiederverwendung, Reparatur und Recycling von elektrischen Geräten und Servern im Sinne einer zirkulären Wirtschaft. Damit unterstützt die Branche auch den Europäischen Green Deal und das darin definierte Ziel, alle europäischen Rechenzentren so zu gestalten, dass sie komplett klimaneutral arbeiten.

Wolfgang Kaufmann, Geschäftsführer bei Datacenter One


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