Facility Management - Einsparpotenzial oder Millionengrab?

Das Fundament heißt Dokumentation

19. Mai 2005, 23:06 Uhr | Ulrich Bießenberger/mw Ulrich Bießenberger ist Gesellschafter bei Tecodoc (dtm Group, GEFMA-Mitglied).

Flexibilität, Transparenz, Kostenüberblick: Das sind Begriffe, die man in das Facility Management (FM) hinein interpretiert. Tatsächlich sind auch erhöhter Kostendruck, Outsourcing und Optimierung der Personalressourcen die treibenden Kräfte für ein FM. Immer einhergehend mit der Selbstverständlichkeit einer funktionierenden Infrastruktur und dem Missverhältnis zwischen gewollter und tatsächlicher Änderungshäufigkeit der Nutzung dieser Infrastrukturen.

FM hat das Ziel, eine höhere Wertschöpfung während der gesamten Lebensdauer aller Gebäude,
Anlagen und Einrichtungen eines Unternehmens zu erreichen. Oder mit anderen Worten: FM ist eine
Managementdisziplin, die auf einem ganzheitlichen Ansatz der Bewirtschaftung basiert. Erreicht
werden soll dieses Ziel durch die Optimierung der Nutzung aufgrund schneller und richtiger
Entscheidungen. Hierfür ist wiederum eine Abbildung dieser Anlagen in ihren
betriebswirtschaftlichen, technischen und infrastrukturellen Elementen notwendig. Gleichgültig ob
ein FM in all seinen Teildisziplinen über interne Dienstleistung oder Outsourcing umgesetzt wird,
die Grundlage ist immer die Kenntnis über die Anlagen und die Verfahren derer Nutzung.

Die tatsächliche Ausprägung eines FMs stellt sich heute als Computer Aided Facility Management
(CAFM) dar. Nur auf diese Weise lassen sich notwendige Automatismen umsetzen, durch die eine
Dokumentation mit möglichst wenig Aufwand möglichst aktuell gehalten wird.

Basisdokumentation

Der ganzheitliche Ansatz von FM muss sich zwangsläufig einer gewissen Basis an Daten bedienen,
das heißt, alle Daten zu Gebäuden, deren Infrastruktur und Technik. Damit ist der erste Baustein
bereits identifiziert. Die Basisdokumentation stellt den Ausgangspunkt eines jeden FMs dar. Für den
Facility Manager müssen seine Betriebsmittel, seine Rohstoffe und seine Prozesse dokumentiert
werden. Die Basisdokumentation sollte auch nicht speziell für FM erstellt werden müssen, sondern
schon aktuell die Grundlage der Bewirtschaftung bilden. Ob diese Dokumentation bereits CAFM-gerecht
vorliegt, ist ein anderer Punkt.

Eine CAFM-gerechte Basisdokumentation stellt meist keinen Aufwand im Sinne der einzelnen
Teildisziplinen des FMs dar, sondern ist vielmehr als fundamentale Leistung zu sehen.

Der Lebenszyklus von Gebäuden beginnt mit der Planung. Bereits hier fallen sehr viele
Informationen an, die nicht nur für die Erstellung, sondern auch für den späteren Betrieb wertvoll
sind. Dies gilt ebenso für eine Sanierung oder den Abriss. Diese Daten sollten Bestandteil einer
Basisdokumentation sein. Grafische Daten im Sinne digitaler CAD-Pläne werden meist bereits in
dieser frühen Phase der Gebäude erstellt. Bei älteren Gebäuden liegen grafische Daten, wenn
überhaupt, nur in Papierform vor. Solche Pläne kann man zwar scannen, um ein digitales
Speicherformat zu erhalten, jedoch bietet dieses Verfahren außer der elektronischen Archivierung
kaum wirklichen Informationsgewinn. Ein Aufmaß beziehungsweise echte Digitalisierung ist hier klar
vorzuziehen. Für neuere Gebäude gilt ohnehin, dass immer häufiger sogar in 3D dokumentiert
wird.

Die CAD-Pläne sind auch der Ausgangspunkt für alle Gewerke, die Bau und Ausrüstung betreffen –
technische wie infrastrukturelle. Während der Planung und Erstellung entstehen auch die ersten
kaufmännischen Daten. Es lohnt sich auf jeden Fall Daten aus den frühen Phasen im Lebenszyklus von
Gebäuden, Planung und Erstellung in die Betriebsphase hinüberzuretten. Es sind aber eben nicht nur
die Gebäude selbst, die wohldokumentiert eine "wertsteigernde" Eigenschaft besitzen. Die Technik in
den Gebäuden sollte stets die gleiche Wertschätzung erfahren. Eine spätere Herstellung dieser
Ausgangsbasis kann einen erheblichen Teil des Aufwands ausmachen, der bei der Einführung von CAFM
entsteht. Fachmännische Hilfe mit der zugehörigen Effizienz ist hierbei anzuraten. Ein Gebäude
aufzumessen und den technischen Bestand aufzunehmen, sowie die Erkenntnisse in entsprechenden
Dokumentationssystemen abzulegen, ist nur dann effektiv, wenn die Systemkenntnis aller
aufzunehmenden Gewerke vorhanden ist. Es gibt Methoden, mit denen direkt vorort digital erfasst
werden kann. Hinzu kommt das erfahrene Auge, das in gleicher Zeit einfach mehr Information erfasst.
Wenn weder Pläne noch sonstige Unterlagen existieren, kann die Bestandsaufnahme und Herstellung der
CAFM-gerechten Basisdokumentation durchaus Aufwand in der Größenordnung von 50 bis 60 Prozent des
Gesamtaufwands zur Einführung von CAFM angesetzt werden. Das heißt, hier kann sich Effizienz sehr
deutlich in Kosten ausdrücken. Meist findet sich aber ein gewisser Grundstock an Plänen, Listen
oder vorhandenen Datenbanken, die mehr oder minder aktuell sind. Auch hier gibt es Methoden, um
Automatismen zu verwenden, Daten aufzubereiten, zu korrelieren und zu konsolidieren, sodass am Ende
die vorgegebene Qualität auch erreicht wird.

Das Stichwort heißt "vorgegebene Qualität". Es impliziert einen definierten Anspruch an die Art
und Weise, wie und welche Daten in welchen Systemen abzulegen sind. Auf der CAD-Seite bedeutet dies
die Erstellung eines CAD-Handbuchs, in dem zum Beispiel Layer-Strukturen, zu verwendende Symbolik
in Form von Blöcken und dergleichen festgelegt wird.

Einschlägige Normen sind hier so weit wie möglich zu berücksichtigen. Auf der alphanumerischen
Seite ist ebenfalls vor Beginn von Aufnahmen ein Regelwerk sinnvoll. So einfach wie möglich, so
komplex wie nötig und immer mit dem Blickwinkel, was sich in den nächsten Jahren ergeben könnte.
Beispiel IT-Technik: Es gibt kaum ein technisches Gewerk, das nicht zumindest Teile einer
IT-Infrastruktur nutzt oder bald nutzen wird. Zugangskontrolle, Zeiterfassung, Sicherheitstechnik
inklusive Videoüberwachung, Bussysteme der Haustechnik bis hin zur Klimatisierung. Einschließlich
der IT-Gerätschaft selbst sind das gewissermaßen alle Gewerke, die sich im Gebäude finden. Es ist
also eindeutig ein zunehmender Einfluss der Netzwerktechnik auf das Gebäudemanagement zu erkennen.
Daher muss auch unzweifelhaft die Basisdokumentation diesem Aspekt Sorge tragen. Vorteil hierbei
ist, dass sich dadurch eine Vereinheitlichung der Dokumentationsvielfalt ergibt und deutlich mehr
Automatismen zum Einsatz kommen können, um sowohl Erstdokumentation, als auch Aktualisierung
durchzuführen.

Schnittstellen

CAD-Systeme und Datenbanken beherbergen die Basisdokumentation mit Daten, die für FM notwendig
sind, also kaufmännischer, technischer und infrastruktureller Art. Auf der Datenbankseite wurden in
den letzten Jahren bereits mit ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning) oder der Einführung von
CRM (Customer Relationship Management) sehr viele Schnittstellen geschaffen, da auch ein eher
ganzheitlicher Ansatz zugrunde liegt. Allgemein ist EAI (Enterprise Application Integration) immer
noch ein aktuelles Thema. Eine eklatante Lücke klafft aber noch bei den Schnittstellen zu den
CAD-Systemen. Hier wurde meist nur über Dateiaustauschformate ein minimalistischer Ansatz verfolgt.
Als Beispiel dafür, was möglich ist, können die Automobilkonzerne herangenommen werden. Dort wird
seit vielen Jahren mit CAD-Werkzeugen konstruiert, die direkt mit Datenbanken und sogar der
Produktion verknüpft sind. So weit ist man beim FM noch nicht ganz. Aber auch hier sind bereits
solche Schnittstellen nutzbar. Es sind jedoch unterschiedliche Qualitäten der Schnittstellen zu
betrachten, die auch durchaus unterschiedliche Vorstellungen abdecken.

Auf der einen Seite gibt es die reine Visualisierung in unterschiedlichsten Ausprägungen. Diese
geht von der Darstellung von Gewerken vor dem Hintergrund einer vorher importierten Grafik (etwa
ein Grundriss), bis zum direkten flächenbezogenen Objektzugriff in den CAD-Zeichnungen selbst. Eine
bidirektionale Kopplung zwischen Datenbank und CAD mit direktem Zugriff auf die Objekte der Gewerke
ist sicherlich die qualitativ hochwertigste Art der Schnittstelle. Hier reicht die Funktionalität
von der Erzeugung der Datenbankinhalte aus der CAD-Zeichnung heraus und umgekehrt bis zum Abgleich
von Attributen zwischen den Anwendungen grafischer und alphanumerischer Art.

Warum sollen zum Beispiel Räume mit einer Vielzahl an Informationen in ein datenbankbasierendes
System manuell eingetragen werden, wenn es die Möglichkeit gibt, diese Räume samt ihrer berechneten
Flächen und den bereits in den Zeichnungen vergebenen Raumnummern etc. automatisiert anzulegen?
Fast alle CAFM-Werkzeuge basieren auf den Flächenbezügen beziehungsweise einer entsprechenden
Hierarchie wie etwa Campus, Gebäude, Stockwerk und Raum oder Nutzeinheiten. Einen konsistenten
Bestand in allen Bereichen der Dokumentation zu erreichen, ist das Ziel solcher Schnittstellen. Das
bezieht sich auch nicht nur auf die Flächen selbst, sondern auch auf die Gewerke, die diesen
Flächen zugeordnet sind, sprich, auf alles, was sich an Technik in den Gebäuden befindet. Solche
Daten liegen in der Basisdokumentation durchaus grafisch vor und können den anderen Werkzeugen
erschlossen werden. Dadurch ergibt sich eine höhere Effizienz bei der Dokumentation und eben die so
wichtige Konsistenz der Daten. Abgerundet werden solche Schnittstellen mit Funktionen wie der
Erzeugung von Symbolen mit grafischen und nichtgrafischen Informationen in einem CAD-System aus
einer Datenbankanwendung heraus. Dabei kommt dann auch das schon erwähnte CAD-Handbuch wieder zum
Einsatz. Dort wird alles beschrieben, was eine solche bidirektionale Schnittstelle mit direktem
Objektzugriff auf der CAD-Seite braucht. Welche Zeichnungsebene, welche grafische Repräsentation
zum Beispiel eine Datendose oder ein Rauchmelder in der Zeichnung besitzen, welche Eigenschaften in
der Zeichnung zu sehen sein sollen und noch vieles mehr. Auf der Datenbankseite sind es eine
definierte Dokumentationstiefe hinsichtlich der nichtgrafischen Eigenschaften beziehungsweise der
statischen oder dynamischen Attribute von solchen Objekten. Zur Veranschaulichung ein Beispiel:
Eine typische grafische Eigenschaft einer Datendose ist die exakte Lage in einem Raum. Eine
typische nicht grafische Eigenschaft ist der Belegungszustand. Bei einem Rauchmelder wäre das
Wartungsdatum als nicht grafische Eigenschaft zu nennen. Noch einen Schritt weiter kann man die
beiden genannten Objekte dokumentieren, wenn sowohl deren logische als auch physikalische
Verbindung zu anderen Objekten festgehalten werden. Überhaupt ist es oft genug die Physik, die
vernachlässigt wird und die durch grafische Dokumentation vereinfacht wird. Der Versuch, eine
Trassenführung alphanumerisch zu beschreiben ist äußerst schwierig, während hingegen die grafische
Beschreibung einfach und exakt zu bewerkstelligen ist. Nur müssen solche Dinge auch durch
Schnittstellen abgebildet werden können. Es ist also auf der einen Seite der Flächenbezug und der
Objektzugriff zu nennen, auf der anderen Seite die
Import-/Export-/Synchronisierungsfunktionalitäten, die eine Schnittstelle qualifizieren. Um das
Beispiel mit der Datendose oder dem Rauchmelder aufzugreifen: Wenn die Schnittstelle in der Lage
ist, nichtgrafische und/oder dynamische Attribute beziehungsweise Zustandsdaten in der grafischen
Repräsentation , also der CAD-Zeichnung darzustellen, dann eröffnen sich ganz neue Wege, da es sich
um einen echten Informationsgewinn handelt. Ein weiterer Aspekt zur Einschätzung von Schnittstellen
ist natürlich der Umgang mit marktführenden Produkten. Was nutzt die qualitativ beste
Schnittstelle, wenn sie nur mit einem exotischen Werkzeug funktioniert?

Integration

Mit der Grundlage einer Basisdokumentation und den Möglichkeiten der Schnittstellen wird der
nächste Schritt definiert. Über die Schnittstellen wird die Basisdokumentation dynamisiert.
Dokumentationsschritte werden in Prozesse eingebunden, die Vorgänge dazu automatisiert. Dadurch
wird der Effekt erzielt, dass jeder sein Werkzeug nutzen kann und die Aufwände dort betrieben
werden können, wo sie am effizientesten sind. Um einige Teilaspekte eines FM näher zu beleuchten,
legen wir das Gebäudemanagement zugrunde und betrachten die drei Grundsäulen (Bild 1). Ein
CAFM-System besteht nicht nur aus einer CAFM-Software, sondern aus einer Vielzahl dedizierter
Produkte, die alle ihre Spezialgebiete abdecken. Es gibt also nicht "die" CAFM-Software allein,
sondern "das" CAFM-System, das eben aus der Integration der einzelnen Teile samt Schnittstellen und
Basisdokumentation besteht. Die drei Säulen aus Bild 1 zeigen bereits, wie vielschichtig die
Anforderungen sind. Kaufmännische, technische und infrastrukturelle Belange wollen integriert
betrachtet werden. In Bild 2 ist solch eine Integration zu sehen. Ein CAD-System wird über eine
bidirektionale Schnittstelle verbunden, die den Objektzugriff erlaubt. Mehrere datenbankbasierende
Produkte arbeiten zusammen und besitzen eine Schnittstelle zur ERP-Anwendung. Hier werden aus den
drei Grundsäulen eines Gebäudemanagements (GM) einige Anforderungen abgedeckt und die
Basisdokumentation über qualitativ hochwertige Schnittstellen hinreichend dynamisiert. Die Belange
eines IT-Servicemanagements sowie Asset-Managements werden hier zusätzlich mit grafischer
Information versorgt. Die CAD-Anwendung dient zur grafischen Repräsentation aller Objekte in den
anderen Anwendungen sowie zur Abdeckung der Raumplanung und Ausrüstung. Nicht nur die
verbindungsorientierten Zusammenhänge werden in einer modernen ITIL-orientierten (IT Infrastructure
Library) modularen Anwendung inklusive CMDB (Configuration Management Database) und passivem Netz
abgebildet, sondern auch Teile des Lizenzmanagements. Es werden Routen beziehungsweise Trassen in
CAD lagerichtig dargestellt (Campusnetz, Gebäudenetz etc.). Brandlasten sind ebenso dynamisch
dokumentiert wie die Belegungszustände der Datendosen, die auch in die Zeichnung synchronisiert
werden. Hardware- und Softwareverwaltung sowie Lager- und Bestellwesen sind genauso eingebunden,
wie die Verwendung eines vorgegebenen Warenkorbs. Alle Anwendungen können weitgehend auf Daten der
jeweils anderen zugreifen, ein Planungsmodus sowie Prozessunterstützung einschließlich zu
erzeugender Arbeitsaufträge sind ebenfalls vorhanden. Ein weiterer Automatismus, der hier
integriert ist, ist eine automatische elektronische und zertifizierte Stichtagsinventur für
IT-Assets. An diesem Beispiel werden die Möglichkeiten in FM schnell deutlich.

Natürlich ist dieses Beispiel etwas IT-lastig. Allerdings zeigt das eben genau diesen immer
tiefgreifenderen Einfluss der Informationstechnik auf alle anderen Gewerke und das Facility
Management selbst durch seine Ausprägung als CAFM-System.

Fazit

Der Aufwand zur Herstellung einer CAFM-gerechten Basisdokumentation kann mit besagten 50 bis 60
Prozent durchaus einen erheblichen Anteil an einem Gesamtvorhaben FM ausmachen. Der Weg diese
Investitionen langfristig zu sichern, ist die Dynamisierung der Dokumentation durch die Verwendung
effizienter Schnittstellen. Darauf aufbauend kann man zu folgendem Schluss kommen: Wer mit seiner
Basisdokumentation auf dem Ist-Zustand aufbauend plant und den Planzustand wieder in einen
Ist-Zustand überführt, der kann FM erfolgreich betreiben.

Umkehrschluss: Wer es nicht schafft, die Grundlage eines jeden FM dynamisch genug zu handhaben
und ständig eine Dokumentationslücke zu überbrücken hat, der wird keine Chance erhalten, in den
Genuss eines funktionierenden FMs zu gelangen – Nutzen zu mehren und den Aufwand zu senken.
Facility Management muss also kein Millionengrab sein, sondern kann ein deutliches Einsparpotenzial
realisieren, wenn die Grundlagen berücksichtigt werden.


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