Provisionierung mit TR-069

IP-Telefone remote konfigurieren

25. März 2010, 13:56 Uhr | Oliver Wittig/pf

Auch bei modernen IP-Telefonen wächst die Zahl unterstützter Funktionen und Konfigurationseinstellungen zusehends eine ­Herausforderung für die Administration in großen Unternehmen oder bei Carriern, die ihre Kunden mit IP-Telefonie versorgen ­wollen. Der Remote-Management-Standard TR-069 wurde für zentrale Provisionierung und automatische Konfiguration von Endgeräten entwickelt. Er lässt sich inzwischen auch zur effizienten Administration von IP-Telefonen nutzen.

Stellen Sie sich vor, Sie schließen Ihr brandneues IP-Telefon an das Firmennetzwerk an – im
Büro, in der Lagerhalle oder in der Filiale, und dieses beginnt sofort selbst damit, sich
automatisch zu konfigurieren. Ohne dass der Nutzer irgendetwas einstellen oder einen Administrator
bemühen müsste, registriert sich das Telefon mit der persönlichen Durchwahl des Nutzers im
Telefonnetz des Unternehmens. Automatisch werden alle relevanten Einstellungen vorgenommen, und der
Anwender kann sofort mit dem Telefon arbeiten. Selbst in der Welt der IP-Telefonie war solch ein
Komfort bislang allenfalls bei proprietären Lösungen bekannt – nicht jedoch bei offenen,
herstellerunabhängigen Endgeräten. Das "Zero Touch"-Deployment eines Standard-IP-Telefons ist
allerdings keine Zukunftsmusik mehr, sondern greifbare Realität. Möglich wird dies durch den
Standard TR-069. Erste IP-Telefone, die dieses Remote-Management-Protokoll beherrschen, sind
bereits auf

dem Markt.

Gegenüber der Welt der herkömmlichen proprietären Telefonsysteme spielen Voice-over-IP-Lösungen
und softwarebasierende IP-TK-Anlagen schon seit einiger Zeit ihre Vorteile aus. IP-Telefonie ist
für Unternehmen fast immer günstiger. Erst recht, wenn das Unternehmen verteilte Standorte, viele
Arbeitsplätze oder viele Filialen umfasst. Betriebs- und Administrationskosten sind in der Welt der
IP-Telefonie geringer und dank offener IP-Telefoniestandards wie etwa dem Session Initiation
Protocol (SIP) muss sich kein Unternehmen mehr mit den hohen Kosten proprietärer Telefonanlagen
quälen. Die teuren analogen Telefonanlagen der Vergangenheit funktionierten meist nur mit den
ebenso teuren Systemtelefonen desselben Herstellers. Die IP-Telefonie lebt dagegen von offenen
Standards und offenen Schnittstellen.

War SIP, das als Netzprotokoll den Aufbau und die Steuerung einer Kommunikationssitzung via IP
regelt, schon ein großer Standardisierungsschritt, so erweitert der Standard TR-069 die
Möglichkeiten der IP-Telefonie im administrativen Bereich. Die Unterstützung von TR-069 in den
Endgeräten schafft die Voraussetzung für ein umfassendes Remote-Management aller IP-Telefone im
Unternehmensnetz. Bisher galt: Wenn ein Endgerät ausfällt und dem SIP-Server des Unternehmens seine
Anwesenheit nicht mehr mitteilt, so ist der SIP-Server hilflos, und auch der Administrator in der
Zentrale hat dann keine Fernzugriffsmöglichkeit mehr auf das Gerät. Der Standard TR-069 adressiert
genau die Frage des umfassenden Remote-Managements von Endgeräten und IP-Telefonen. TR-069 regelt
die HTTP-basierende Kommunikation zwischen Endgeräten und so genannten Auto-Configuration-Servern
(ACS). Definiert hat den Standard bereits 2004 das Broadband-Forum (ehemals DSL-Forum), ein
weltweites Konsortium von mehr als 200 Firmen aus dem IT- und Telekommunikationsumfeld. Auch
moderne Breitbandstandards wie ADSL und VDSL sind dem Broadband-Forum zu verdanken.

Dass es das Broadband-Forum war, das in seinem "Technical Report 069" ein Protokoll für das
Remote-Management von so genanntem Customer Premises Equipment (CPE) definiert hat, zeigt auch
schon den ursprünglichen Zweck der Standardisierung: Den großen Internet-, TK-, Kabel- oder
Triple-Play-Providern ging es hauptsächlich darum, all die Router, DSL-Modems oder Settop-Boxen,
die bei ihren Kunden stehen, aus der Ferne managen zu können – ohne für jedes Anschließen oder für
jede Fehlerbehebung einen Techniker zum Kunden schicken zu müssen. Genau diesen Zweck erfüllt auch
der Einsatz von TR-069 in Verbindung mit IP-Telefonen. Für die Welt der IP-Telefonie ist diese
Möglichkeit des standardisierten Remote-Managements etwas grundlegend Neues. Bislang existierten
solche Möglichkeiten, die Endgeräte aus der Ferne zu konfigurieren, zu administrieren oder
upzudaten, nicht. Und wenn doch, dann handelte es sich um proprietäre Lösungen, die nur mit einem
ganz bestimmten Typ von IP-Telefonen funktionierten – und mit den Geräten des Konkurrenzherstellers
schon wieder nicht.

Komplette Settings

zentral aufspielen

Moderne IP-Telefone verfügen über ein sehr breites Spektrum an Funktionen, die die Effizienz,
mit der der Anwender sein Telefon nutzt, deutlich steigern können. Solch ein IP-Telefon so zu
konfigurieren, dass der Anwender den damit verbundenen Komfort und Funktionsreichtum tatsächlich
nutzt, ist keine triviale Aufgabe. So können beispielsweise unternehmensspezifische Telefonbücher
verfügbar sein, Kurzwahl- und Funktionstasten wiederum sind individuell zu belegen, Account
Settings zu den möglichen Identitäten der Telefonnutzer müssen definiert sein, Abwesenheits- und
Anrufweiterleitungsregeln sind zu bestimmen, das Display-Layout ist zu gestalten und vieles mehr.
In modernen Snom-IP-Telefonen beispielsweise existieren schon mehr als 500 verschiedene Settings,
die sich dem Bedarf des Unternehmens, der Abteilung, der Filiale oder des individuellen Nutzers
anpassen lassen – falls dies nötig ist. Gegebenenfalls kann sogar das individuelle Branding des
IP-Telefonie-Providers zu den Konfigurationen zählen, mit denen ein neues IP-Telefon zu versorgen
ist. Der Anwender kennt so etwas von seinem Handy: das Netzbetreiberlogo.

Was dem Remote-Management-Standard TR-069 derzeit den Weg in die Welt der IP-Telefonie bahnt,
ist tatsächlich die Nachfrage der großen Carrier, die oft Triple- oder gar Quad-Play anbieten: also
verschiedenste Kombinationen von Telefonie, digitalem Kabelfernsehen, Internet-Zugang und
Mobiltelefonie. Schon seit Jahren ist dieser Trend zur Konvergenz der Netze und Angebote zu
beobachten. Ein unerwarteter Aspekt dieses Trends ist allerdings, dass es derzeit gerade für
Mobilfunknetzbetreiber wieder attraktiv wird, ihren Kunden auch Festnetztelefonie anzubieten.
Angesichts stetig sinkender Margen im Mobilfunkgeschäft wird die Versorgung der Endkunden mit
Internet und eben auch mit Festnetztelefonen wirtschaftlich immer interessanter. So bietet
beispielsweise Vodafone mit seinem "Onenet"-Service für Unternehmen bereits die Konvergenz von
Mobilfunk, Festnetztelefonie und Internet-Versorgung. In Großbritannien und einigen anderen Ländern
nutzt Carrier dazu IP-Telefone von Snom, die den Remote-Management-Standard TR-069 unterstützen.
Von Frühjahr 2010 an will Vodafone seinen "Onenet"-Service inklusive Festnetztelefonie mit
entsprechenden IP-Telefonen auch in Deutschland anbieten. Sobald der Endkunde das Telefon bei sich
anschließt, wird es automatisch per TR-069-Protokoll durch den Auto-Configuration-Server, den der
Carrier betreibt, konfiguriert, mit allen notwendigen Einstellungen inklusive Vodafone-Branding –
das heißt mit Display-Layout und Logo im Design des Anbieters sowie mit anbietertypischer
Navigation. Auch Carrier wie etwa Mobilkom Austria oder Telekom Austria setzen für ihre
Festnetztelefonieangebote bereits auf TR-069-Remote-Management-Lösungen für IP-Telefone.

Auto-Configuration-Server

als zentrale Komponente

Die ersten, die den Standard TR-069 für das umfassende Remote-Management von Routern,
Settop-Boxen und IP-Telefonen für sich entdeckt haben, waren zwar die großen Carrier und
Netzbetreiber. Aber auch in größeren Unternehmen mit verteilter Infrastruktur, mit verteilten
Standorten oder zahlreichen Filialen dürfte der TR-069-Standard schon bald ein Thema werden.
Einfacher, schneller und effektiver lässt sich die Telefonieinfrastruktur einer großen Organisation
nicht managen. Sicher, ein Unternehmen, das TR-069-Remote-Management nutzen will, benötigt dazu
einen eigenen Auto-Configuration-Server. Solche ACS-Lösungen gibt es derzeit noch nicht von allzu
vielen Anbietern – typischerweise sind dies klassische Carrier-Ausrüster wie etwa die
Alcatel-Lucent-Tochter Motive (www.motive.com), Friendly Technologies (www.friendly-tech.com) aus
Israel oder der TR-069-Spezialist Axiros (www.axiros.com) aus München. Eine ACS-Lösung ist nicht
gerade preisgünstig, aber von einer gewissen Größe der Organisation an sind ihre Kosten schon
schnell durch die Einsparungen beim Administrationsaufwand amortisiert.

Dabei ist zu berücksichtigen: Das TR-069-Protokoll leistet viel mehr als nur eine grundlegende
erste Konfiguration des Geräts – es erlaubt ein umfassendes Management aller IP-Telefone im
Unternehmen, die das Protokoll unterstützen. Dies reicht vom Rollout neuer Software-Updates bis hin
zum Troubleshooting. Das Versprechen größtmöglicher Flexibilität und einfachster
Administrierbarkeit, das die modernen IP-Telefonanlagen ihren analogen, proprietären Vorgängern
immer schon voraushatten – durch ein Remote-Management über das TR-069-Protokoll wird es endgültig
eingelöst.


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