Netzwerkdokumentation auf einen Blick

Keine Lücken im Netz

18. Oktober 2007, 23:31 Uhr | Gunter Reißmann/pf Gunter Reißmann ist Leiter Product-Management bei Brain Force Software.

Mit der wachsenden Bedeutung von ITK-Netzen für die erfolgreiche Abwicklung von Geschäftsprozessen in Organisationen wie Unternehmen, Behörden und öffentlichen Einrichtungen steigt auch die Notwendigkeit, sich schnell und umfassend einen Überblick über den aktuellen Status der organisationsinternen ITK-Infrastruktur zu verschaffen: Netzwerkdokumentation lautet die Devise.

Die Aufgabe moderner softwaregestützter Netzwerkdokumentationssysteme ist es, die flexible und
exakte Dokumentation und Verwaltung von ITK-Netzen bei geringen Kosten und minimalen
Reibungsverlusten zu gewährleisten. Ziele dabei sind, die Prozesse bei der Organisation von
ITK-Infrastrukturen zu verschlanken und die Dauer von Netzausfällen zu verkürzen. Betrachtet man
allerdings den Status quo beim Einsatz von Netzwerkdokumentationssystemen in der Praxis, so klafft
hier noch eine Lücke. Während beispielsweise Energieversorger mit eigenem kommerziell betriebenem
ITK-Netz, Stadtwerke oder die Großindustrie mit eigenen Anlagenparks heute nach Expertenmeinung zu
etwa 70 Prozent bereits Netzwerkdokumentationssysteme im Einsatz haben, sehen viele
mittelständische Unternehmen sowie Behörden und Institutionen diese Systeme häufig noch als "Luxus"
an, der keine hohe Priorität genießt. Viele Entscheider in diesen Organisationen sind der Meinung,
dass die Kombination aus Excel-Listen und Hoheitswissen des IT-Verantwortlichen ausreicht, um eine
lückenlose Dokumentation zu gewährleisten. Diese Nachlässigkeit kann aber plötzlich dramatische,
wenn nicht gar geschäftsschädigende Folgen haben, sollte es zu einem Ausfall von Komponenten oder
zur physischen Beschädigung der Infrastruktur kommen – hervorgerufen beispielsweise durch
Bauarbeiten, Feuer oder Hochwasser. Denn ohne ein Netzwerkdokumentationssystem kann die
Wiederherstellung der Infrastruktur zu lange dauern, weil schon die Suche nach der Fehlerquelle im
Netz erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Wenn sich eine Organisation vor diesem Hintergrund für ein
Dokumentationssystem entscheidet, sind folgende Fragen zu beantworten: Wie arbeiten
Netzwerkdokumentationssysteme, welche Voraussetzungen müssen für den Einsatz gegeben sein und
welchen Mehrwert bringen sie?

Ein Netzwerkdokumentationssystem speichert Angaben über alle passiven (Kabel, Stecker,
Patch-Feld, Verteilerschrank) und aktiven Komponenten (Router, Switches, Server, PCs,
Telefonanlagen) eines ITK-Netzes einschließlich deren Verbindungen und Verbindungszustände
(Connectivity) in einer zentralen relationalen Datenbank (zum Beispiel Oracle, SQL, DB2) und
visualisiert das Gesamtsystem sowohl in alphanumerischer als auch grafischer Form. Darüber hinaus
lassen sich der Standort der einzelnen Komponenten und der Kabelverlauf im Gebäude auf der
Grundlage von Gebäude- und Geländeplänen darstellen. Die Informationen zu den Komponenten und für
die grafische Darstellung ist dabei in einer Komponentenbibliothek gespeichert, die kontinuierlich
aktualisiert wird. Viele Systeme bieten heute bereits einen Webclient, mit dem ein Zugriff auf die
Netzwerkdokumentation über das Internet möglich ist. Servicetechniker wiederum können so auch vor
Ort über mobile Endgeräte Arbeitsaufträge direkt abrufen und diese nach Ausführung im
Produktivsystem quittieren. Einige Netzwerkdokumentationssysteme bieten sogar eine
Discovery-Funktion, die via SNMP neue aktive Komponenten automatisch erkennt und in die
Dokumentation aufnimmt.

Nutzwert für den Anwender

In erster Linie erhält der Anwender beim Einsatz eines Netzwerkdokumentationssystems jederzeit
einen aktuellen und einheitlichen Überblick über sämtliche Netzwerkressourcen der
organisationsinternen ITK-Infrastruktur. Laut Berechnung der internationalen Organisation für
IT-Servicemanagement, IT Service Management Forum (ITSMF), entfallen über den gesamten Lebenszyklus
eines IT-Systems rund 80 Prozent des geleisteten Aufwands auf dessen Betrieb. Im Gegensatz zu einer
manuellen Bearbeitung lassen sich viele der für den Betrieb einer ITK-Infrastruktur notwendigen
Tätigkeiten über ein Netzwerkdokumentationssystem deutlich schneller erledigen. Fehler bei der
Eingabe und eine redundante Erfassung von Daten werden verhindert. Darüber hinaus ist es möglich,
automatisierte Prozesse für Veränderungen an der Infrastruktur (Change Requests) in das System
einzuführen. Auch lassen sich Arbeitsaufträge – etwa bei einer Reparatur oder einem Umzug –
automatisch erstellen. Vor-Ort-Einsätze des Netzwerktechnikers verlaufen so sehr effektiv. Damit
ergeben sich deutlich schlankere Prozesse bei der Wartung und bei Änderungen des ITK-Netzes.
Berechnungen haben ergeben, dass sich der Aufwand – und damit auch die Kosten – für die Planung und
Dokumentation notwendiger Änderungen im Netz um bis zu 90 Prozent verringern lassen.

Statistiken von Network Operating Centers (NOCs) besagen, das rund 80 Prozent aller
Netzwerkfehler auf Leitungsfehler zurückzuführen sind. Mit dem Einsatz eines
Netzwerkdokumentationssystems sind Unternehmen in der Lage, Störungen schnell zu lokalisieren und
damit den Zeitaufwand für die Fehlerbehebung erheblich zu verkürzen. Mehr noch: Mittels eines
Netzwerkdokumentationssystems lassen sich redundante Signalwege transparent planen und einrichten,
sodass diese bei Störungen einfach zugeschaltet werden können.

Doch so weit muss es gar nicht kommen: Bereits als Präventivmaßnahme können die Verantwortlichen
mit einem Netzwerkdokumentationssystem drohende Ressourcenengpässe ermitteln und ausräumen, bevor
diese Probleme bereiten. So lassen sich die hohen Kosten, die beim Ausfall geschäftskritischer
Systeme drohen, von vornherein vermeiden.

Immer häufiger führen Unternehmen die IT-Abteilung als Profit-Center, das eine interne
Leistungsverrechnung für seine Arbeit sowie für die Kosten von Aufbau, Abbau und Nutzung der
einzelnen ITK-Komponenten nachweisen muss. Über eine Schnittstelle zu einem bestehenden
Billing-System oder die Integration eines eigenen Abrechnungssystems ist ein
Netzwerkdokumentationssystem in der Lage, diese Kosten automatisch und detailliert zu dokumentieren
und abzurechnen. Die Abrechnungseffizienz steigt, und die ITK-Kosten sind transparent.

Anwendungsszenarien

Netzwerkdokumentationssysteme finden heute vorrangig in Großunternehmen sowie bei
Energieversorgern und Stadtwerken Anwendung, die über ausgedehnte und komplexe ITK-Infrastrukturen
verfügen. Eine manuelle Dokumentation und Verwaltung würde hier einen nicht mehr tragbaren Aufwand
bedeuten. Telekommunikationsunternehmen wiederum setzen Dokumentationssysteme ein, weil sie ihren
Kunden gegenüber verpflichtet sind, die Verfügbarkeit der Infrastruktur sicherzustellen und sogar
nachzuweisen. Aber auch Krankenhäuser und andere sicherheitsrelevante Einrichtungen, in denen die
Verfügbarkeit und Sicherheit des ITK-Systems im wahrsten Sinne des Wortes "lebensnotwendig" sind,
setzen vermehrt auf Netzwerkdokumentationssysteme. Für Facility-Manager und Gebäudeverwalter, die
mehrere Unternehmen in einem Gebäude oder mehrere Gebäude an einem Standort mit einem ITK-Netz
versorgen, spielen Netzwerkdokumentationssysteme ebenfalls eine zentrale Rolle bei ihrer täglichen
Arbeit.

Mittlerweile schließen zahlreiche rechtliche Vorschriften die Informations- und
Telekommunikationstechnik in das Risikomanagement von Unternehmen ein, da bei deren Ausfall
geschäftskritische Anwendungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Das "Gesetz zur Kontrolle und
Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)" fordert unter anderem eine nachvollziehbare
Dokumentation der ITK-Netze. Auch bei den Kreditvergaberegeln der Banken nach Basel II werden die
Sicherheit und Verfügbarkeit der ITK-Systeme berücksichtigt. Ähnliches gilt für US-börsennotierte
Unternehmen nach dem Sarbanes-Oxley Act (SOX). Sogar für die Zertifizierung nach ISO 9001:2000, die
Unternehmen zur Abwendung möglicher Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz benötigen, sind
jederzeit verfügbare IT-Systeme, dokumentierte Prozesse und die Bereitstellung der entsprechenden
Daten für alle Berechtigten verpflichtend vorgeschrieben.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich Unternehmen bereits ab einer ITK-Infrastruktur
mit mehr als 400 aktiven Komponenten mit der Einführung eines Netzwerkdokumentationssystems
beschäftigen sollten. Betrachtet der Anwender die Kostenseite, so schlagen bei einer
Softwareinvestition neben dem Anschaffungspreis die Kosten für die Implementierung sowie für die
Mitarbeitereinweisung und -schulung zu Buche. Im Bereich Netzwerkdokumentation sind die beiden
letztgenannten Kostenfaktoren äußerst gering: Wenn die relevanten Daten digital vorliegen, ist die
Implementierung eines Netzwerkdokumentationssystems innerhalb weniger Tage erledigt, und für die
Einweisung von Administrator und Anwendern ist in der Regel weniger als ein Schulungstag nötig. Bei
einer intuitiven, grafischen Benutzeroberfläche lässt sich die Arbeit mit dem System ohne
Spezialwissen wie beispielsweise CAD-Kenntnisse erledigen. Berechnungen bei Anwendern von
Netzwerkdokumentationssystemen haben zudem einen Return on Investment (ROI) von weniger als zwölf
Monaten ermittelt. Wird in der Kalkulation schließlich noch der Nutzen berücksichtigt, der durch
die Erfüllung gesetzlicher Anforderungen entsteht, fällt das Ergebnis deutlich zugunsten von
Netzwerkdokumentationssystemen aus.

Zukunftstrends

Auf die Frage nach den weiteren Entwicklungen im Bereich Netzwerkdokumentationssysteme lassen
sich aus heutiger Sicht folgende Trends nennen: Auch passive Komponenten wie Kabel und Patch-Felder
werden in Zukunft mit "Intelligenz" ausgestattet sein. Schon heute ist es möglich, die Verbindungen
an Patch-Feldern zu dokumentieren und zu überwachen. Durch den Einsatz von RFID-Technik (Radio
Frequency Identification) wird dies in Zukunft auch für andere passive Komponenten realisierbar
sein. Darüber hinaus fordern die Anwender zusätzliche Integrations-Tools. Neben den bereits
verfügbaren Werkzeugen für die Integration von TK-/Nebenstellenanlagen und die Integration in
Billing- und Netzwerkmanagementsysteme werden sich die mit einem Netzwerkdokumentationssystem
erfassten Daten zukünftig auch in CRM- und ERP-Systeme übernehmen und dort weiterverarbeiten
lassen.


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