Ncomputing Officestation und Esesix Winconnect

Praxistest: Thin Clients für Kleinbetriebe

1. März 2005, 23:55 Uhr | Bernhard Sterzbach/wg

Manche Thin-Client-Anbieter führen Lösungen speziell für kleinere Umgebungen im Programm: Zum Server aufgebohrte Windows-Maschinen sollen zusammen mit schlanken Endgeräten den Verwaltungsaufwand für PCs vermeiden und so Kosten senken. Das Testfeld besteht aus Ncomputings Thin-Client-System Officestation sowie Esesix mit der Software Winconnect und hauseigenen Endgeräten der Marke Thintune.

Bei der Konzeption der Officestation-TCs (Thin Clients) hat sich Ncomputing eine radikale Diät
verordnet: Nicht einmal ein x86-Prozessor befindet sich in dem kompakten, schwarzen
Kunststoffgehäuse. Stattdessen erledigt ein anwendungsspezifisch programmierter FPGA-Chip
(Field-Programmable Gate Array) mit nur 8 MByte RAM und 0,5 MByte Flash-Speicher die anfallenden
Aufgaben. Ein proprietäres Übertragungsprotokoll erleichtert ihm dies durch Vorverarbeitung auf dem
Server. Auf der Rückseite des Geräts befinden sich die Anschlüsse für Bildschirm, Maus, Tastatur,
LAN (10/100 MBit/s) und Tonausgabe; zur Stromversorgung genügt ein zierliches
10-W-Steckernetzteil.

Mit dem Betätigen des trendgerecht blau beleuchteten Einschalters nimmt die Officestation
geräuschlos den Betrieb auf, versorgt sich über DHCP mit einer IP-Adresse und zeigt die Liste der
im Netz verfügbaren Server an. Nach der Auswahl erscheint der Windows-Anmeldedialog, in unserem
Testaufbau zirka 30 Sekunden nach dem Einschalten. Nach Umschaltung auf 75 Hz Bildwiederholfrequenz
im Setup-Menü liefert das Gerät auch an einem Röhrenmonitor ein angenehmes, flimmerfreies Bild mit
einer Auflösung von 1024 mal 768 Punkten und 16 Bit Farbtiefe. Auch die Tonausgabe (16-Bit, stereo)
taugt durchaus zum Musikgenuss.

Bürogerechte Performance

Bei den üblichen Bürotätigkeiten wie dem Betrachten von Internetseiten, dem Scrollen durch lange
Dateilisten oder dem Arbeiten mit Word oder Excel waren am Thin Client kaum Unterschiede zur Arbeit
am Server wahrnehmbar. Lediglich das Ändern einer Fenstergröße brachte gelegentlich eine spürbare
Verzögerung. Sogar bei Multimedia-Inhalten schlug sich die Officestation recht wacker: Bei der
Tonausgabe traten kaum Unterbrechungen auf, und selbst Videos ließen sich betrachten. Erst wenn das
Videofenster mehr als etwa ein Achtel der Bildschirmfläche einnahm, geriet die Vorführung zunehmend
zur Diashow. Dabei lief immerhin der Ton unbeeindruckt weiter.

Die Interpretation von Maus- und Tastaturaktionen an der Officestation entspricht exakt dem
Verhalten am PC. Nur ein kleiner Patzer fiel auf: Als wir über die Tastenkombination Alt+Druck
Bildschirmkopien anfertigten, verschwand mit dem Tastendruck der Mauszeiger. Der Fehler ist laut
Hersteller inzwischen behoben.

Vor der Nutzung steht die Installation, die hauptsächlich aus dem Einspielen der mitgelieferten
Terminal-Serversoftware besteht. Mehrmals sind Lizenz- und Nutzungsbedingungen zu bestätigen.
Danach fragt die Installationsroutine die Serien- und Lizenznummern des Terminal-Servers ab und
registriert sie online. Nach dem Kopiervorgang und einem Neustart ist der Server dann vom Client
aus erreichbar. Die mitgelieferte Serversoftware ist nicht auf die Serverunterstützung von
Microsoft Windows angewiesen. Ncomputing empfiehlt Windows 2000, Windows XP Home oder Professional
sowie optional auch Windows 2003 Server. Als Hardware empfiehlt der TC-Hersteller eine Maschine mit
über 1 GHz Taktfrequenz. Wir testeten bewusst auf einem etwas schwächeren Gerät (Athlon 700) und
erreichten auch damit ein gutes Zeitverhalten.

Das erste Officestation-Testgerät zeigte nach einigen Startversuchen eine Fehlfunktion.
Ncomputing stellte daraufhin schnell und problemlos ein Austauschgerät bereit. Mit ihm und einem
sauberen Betriebssystem gelang die Installation sofort.

Auf dem Desktop zeigt sich die Serversoftware der Officestation als Symbol im System-Tray
(Systemablage). Dieses bietet im Kontextmenü die Funktion "NTC-2000-XP-Konsole" an, die eine
Verwaltungskonsole mit "UTMA-Einstellungen" öffnet. Dort finden sich zunächst die bekannten
Einstellmöglichkeiten für lokale Benutzer und Gruppen sowie die "Richtlinien für lokale Computer".
Dazu kommen neu die passwortgeschützten Terminal-Servereinstellungen zur Verwaltung des
Officestation-Netzes. Über die "Stationsverwaltung" sind die laufenden Terminal-Verbindungen und
die dafür jeweils ausgeführten Tasks einsehbar. Unter "Optionen/Einstellungen" finden sich die
Versions- und Statusangaben zur Serversoftware. Hier erfolgt die Verwaltung der Seriennummern zur
Registrierung neuer Geräte. Unter "Zuweisung von Geräten" schließlich regelt der Administrator die
gemeinsame Nutzung von Wechseldatenträgern und – falls erforderlich – von Eingabegeräten. Neben der
Konsole besteht noch eine Anzeigemöglichkeit für Benutzer- und Rechnernamen der eigenen
Arbeitsstation. Für die Kommunikation mit den anderen Terminalnutzern gibt es ein abschaltbares
Textnachrichtensystem.

Insgesamt bietet Ncomputing mit der Officestation und ihrer Serversoftware ein durchdachtes und
effizientes Thin-Client-Konzept. Der Verzicht auf USB- und andere Schnittstellen am Terminalgerät
mag für manche Anwendungsfälle zwar eine Einschränkung darstellen, jedoch bleibt das System dadurch
kostengünstig und darüber hinaus auch noch übersichtlich.

Kleinstlösung mit ausgewachsenen TCs

In einer höheren Gewichtsklasse tritt der Thin Client Thintune S aus dem Hause Esesix an: Auf
der ungefähr doppelten Grundfläche der Officestation beherbergt das solide, 3,5 kg schwere
Metallgehäuse ein PC-ähnliches Rechnersystem mit einer x86-kompatiblen VIA-C3-CPU und 64 MByte RAM.
Ein 25-W-Netzteil ist integriert. Da der Thintune ohne Lüfter und Festplatte auskommt, arbeitet
auch er geräuschlos. Zirka eine Minute nach dem Einschalten des TCs startet dort ein
Linux-basiertes Betriebssystem und zeigt eine eigene Benutzeroberfläche, in der sich dank des
QT-Window-Managers aber auch Windows-Anwender schnell zu Hause fühlen. Für die Serveranbindung
beherrscht das Gerät eine Vielzahl von Protokollen. Auch X-Window-Systeme oder Telnet-Server kann
es ansprechen. Mit dem integrierten Opera-Browser lassen sich Webseiten direkt ohne
Serverunterstützung betrachten. Das Boot-System enthält umfangreiche Einstellmöglichkeiten für die
Peripherie. Beispielsweise lässt sich hier die Unterstützung von Scroll-Rad-Mäusen aktivieren.

Als Serversoftware lieferte Esesix den Winconnect Server XP in der Version 2.0.0.184 mit. Dieser
setzt Windows XP Home oder Professional voraus, kommt also ebenfalls ohne serverfähiges
Betriebssystem aus. Nach der unproblematischen Installationsprozedur ist der Server vom Client aus
über das Standard-RDP- oder das RDP-Pro-Protokoll erreichbar. Mit einer Auflösung von bis zu 1600
mal 1200 Bildpunkten, einer Bildwiederholfrequenz von bis zu 85 Hz und 24 Bit Farbtiefe steht die
Bilddarstellung des Thintune-Geräts üblichen Arbeitsplatzrechnern in nichts nach. Wenn ein
Bildschirm nicht genügt, steht für einige Thintune-Versionen optional sogar ein zweiter
Bildschirmanschluss zur Verfügung.

Bei den getesteten typischen Büroarbeiten erinnern spürbare Verzögerungen immer wieder daran,
dass man an einem Terminal sitzt: Beim Blättern durch eine längere Internetseite läuft der Text
nach dem Loslassen der Bildlauftaste manchmal fast sekundenlang nach. Auch beim Verschieben des
Scroll-Balkens im Internet Explorer kann der Nutzer einen Augenblick lang zusehen, wie der
Fensterinhalt aufgebaut wird. Der Ton konnte – vielleicht durch starke Komprimierung im
RDP-Pro-Protokoll – nicht ganz überzeugen und kam bei Bewegungen auf dem Bildschirm immer wieder
ins Stottern. Trotz der genannten Schönheitsfehler ist aber produktives Arbeiten am Terminal
problemlos möglich.

Bereits die von uns getestete Thintune-Version S (Small) bietet eine Vielzahl von
Schnittstellen: Zwei serielle Ports und ein Parallelanschluss stehen ebenso zur Verfügung wie vier
USB-Ports, von denen zwei an der Frontseite erreichbar sind. Der Anwender kann auch eine Smart Card
an der Frontseite einschieben, beispielsweise zur Authentifizierung.

Über die Thintune Management Console lassen sich auch größere Server-based-Computing-Strukturen
komfortabel administrieren. Zunächst wird hier eine Verbindung mit einem Server hergestellt, dem
dann seine Clients zugeordnet sind. Die umfangreichen Einstellmöglichkeiten des Thintune-Clients
mit seinen zahlreichen Protokollen und Peripherieoptionen sind alle aus der Ferne änderbar. Durch
Gruppenbildung kann der Administrator auch mehrere Geräte gleichzeitig mit passenden Vorgaben
versorgen. Außerdem existieren Fernsteuerkommandos zum Beispiel für Abschaltung oder Neustart. So
manchen Dienstgang erspart das Shadowing: Diese Fernwartungsfunktion spiegelt nach Art der
bekannten VNC-Software den Bildschirm des Clients und überträgt Maus- und Tastaturaktionen dorthin.
Vorher bittet das Tool den Benutzer am Client-System artig um Erlaubnis. Zudem erscheint für die
Dauer der "Beschattung" ein entsprechender Hinweis auf dem Bildschirm.

Nützliche Low-Cost-SBC-Lösungen

Als Low-Cost-Gerät erfüllte die Officestation die Standardanforderung mit minimalem
Hardwareaufwand, Platzbedarf und Energieverbrauch und bot dabei erstaunliche Performance. Die
üblichen Bürotätigkeiten unter Windows lassen sich an einer solchen Arbeitsstation ohne spürbare
Einschränkungen erledigen. Installation und Administation sind einfach – allerdings teils bedingt
durch den Verzicht auf Standardprotokolle und Erweiterungsschnittstellen.

Ein umfassenderes Konzept verfolgt Esesix mit seinen Thintune-Geräten, die in mehreren
Ausführungen erhältlich sind. Mit kräftiger Prozessorausstattung und einem vollständigen
Betriebssystem unterstützen sie viele etablierte Terminalprotokolle und ermöglichen per X11 auch
den Zugriff auf Linux- und Unix-Server. Über zahlreiche Schnittstellen lassen sich hier auch
Arbeitsplatzdrucker, USB-Kartenleser, CD-Laufwerke und andere Geräte anbinden. Beim Umgang mit den
komplexen Einstellmöglichkeiten unterstützt eine leistungsfähige Managementsoftware mit
Fernsteuerungs- und Fernwartungsfunktionen den Administrator.

Eine Serverbetriebssystemversion ist für beide Lösungen nicht erforderlich: Dank eigener
Serversoftware genügen die Windows-Versionen, die üblicherweise auf aktuellen Standard-PCs
vorinstalliert sind – ein erheblicher Beitrag zur Kostensenkung. So sind Anwendungsprogramme –
einmal auf der Servermaschine installiert – von allen Clients aus nutzbar. Allerdings gilt in der
Regel auch ein Thin Client als Arbeitsplatz, für den eine eigene Lizenz erforderlich ist. Beide
Anbieter weisen darauf hin, dass zum Beispiel jeder gleichzeitig zugreifende Client eine
Windows-XP-Lizenz benötigt. Ncomputings Officestation ist ab 199 Euro pro Client inklusive
Serversoftware erhältlich. Eine Lizenz des Winconnect Servers XP für drei Anwender kostet 291 Euro,
ein Thintune S Linux Edition 386 Euro. Die optionale Managementsoftware für fünf Anwender schlägt
mit 45 Euro zu Buche.


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