Streaming von Applikationen

Software läuft ohne Installation

14. März 2007, 0:10 Uhr | Dr. Daniel C. Liebisch/wg Dr. Daniel C. Liebisch ist Technical Product Manager Central Europe bei Citrix.

Der Zugang zu Applikationen muss jederzeit gewährleistet sein, aber vielen Unternehmen ist es zu umständlich, auf den Endgeräten alles einzeln zu installieren und verteilte Updates durchzuführen. Dem begegnet schon lange das Server-based Computing (SBC). Diesen Ansatz ergänzt heute das Streaming von Applikationen: Die gesamte Applikation läuft zwar auf dem Endgerät, ohne aber lokal installiert zu sein. Die beiden Ansätze sind auch kombinierbar.

Beim Streaming arbeitet der Anwender mit einem "leeren" Computer, auf dem sich nur ein
Betriebssystem befindet. Die Anwendung läuft lokal auf dem Desktop, aber die Installationsdateien
liegen zunächst auf einem zentralen Fileserver. Bei Bedarf wird die Applikation als Image vom
Fileserver auf das Endgerät geladen und in der geschützten Umgebung des Streaming-Clients
ausgeführt.

Streaming ist eine besonders wartungsarme Methode zur Bereitstellung herkömmlicher
Desktop-Anwendungen. Im Gegensatz zu Client-/Server- und Webapplikationen werden
Desktop-Anwendungen üblicherweise komplett auf dem Endgerät des Anwenders installiert und
ausgeführt. Während Desktop-Anwendungen für die Mitarbeiter sehr praktisch sind, weil sie sich
online wie auch offline benutzen lassen, bereiten sie den IT-Abteilungen auch Probleme: In
komplexen IT-Umgebungen mit heterogenen Endgeräten und unterschiedlichen Benutzergruppen ist die
Verwaltung von Desktop-Anwendungen ausgesprochen aufwändig. Zu den problematischen Aspekten gehören
hohe Kosten, insbesondere wenn IT-Abteilungen jeden Rechner physisch "anfassen" müssen, um eine
Anwendung oder ein Update darauf zu installieren.

Weitere Problemquellen sind Konflikte zwischen unterschiedlichen Anwendungen auf dem gleichen
Rechner, die man in der Branche auch "DLL-Hölle" nennt. Vor dem unternehmensweiten Einsatz von
Anwendung auf einer Vielzahl von Endgeräten musste die IT-Abteilung bisher viel Zeit für das Testen
der Anwendungen in unterschiedlichen Desktop-Umgebungen aufbringen. Dabei geht es vor allem darum,
Konflikte zwischen vorhandenen und neuen Anwendungen zu vermeiden. Dies kann zum Beispiel bei einer
SAP-Einführung sehr lange dauern und trotzdem nicht alle möglichen Konflikte erfassen. Beim
Pull-basierten Bereitstellungsmodell des Application Streamings laufen die Applikationen hingegen
in einer isolierten Umgebung auf dem Endgerät und können so nicht in Konflikt mit anderen
Anwendungen oder dem Betriebssystem geraten.

Zum Application Streaming benötigt der Anwender einen LAN- oder Internet-Zugang mit einem neuen,
um Streaming-Eigenschaften erweiterten Web-Client oder Program Neighbourhood Client auf seinem
Endgerät und sonst keine weiteren installierten Anwendungen. Im Rechenzentrum sind ein
Standard-Fileserver und ein Streaming-Server zur Erstellung der zu streamenden Anwendungen
erforderlich. Das Application Streaming erfolgt dann in drei Schritten: Profiling, Veröffentlichung
und Ausführung.

Zunächst startet der Administrator mithilfe des Streaming-Servers die Anwendungsinstallation und
erstellt dabei ein so genanntes Profil der Anwendung, ein Image. Dabei analysiert die
Streaming-Lösung das Installationsprogramm, die weiteren Komponenten und die Systemanforderungen
der Applikation. Gleichzeitig werden die Isolationsregeln festgelegt, die später erforderlich sind,
um die Anwendung in einer isolierten Umgebung auszuführen. Dieses Anwendungsprofil enthält alle
benötigten Applikationsobjekte, die relevanten Anpassungen an das Betriebssystem und die
Isolationsregeln.

Das Anwendungsprofil landet nach dem Profiling auf einem Fileserver im Rechenzentrum. Dies
erlaubt, wie auch beim Server-based Computing üblich, die zentrale Verwaltung. Über die
Access-Managementkonsole veröffentlicht der Administrator von zentraler Stelle aus die Anwendung
für bestimmte Anwender oder Gruppen. Die Benutzer sehen auf ihrem Endgerät sofort die neu
verfügbaren aktuellen Applikation und können sie aufrufen.

Zur Ausführung startet der Endanwender die Applikation durch einen Klick auf das entsprechende
Icon. Beim Erstzugriff überträgt der Fileserver die Anwendung auf das Endgerät. Dort läuft sie dann
in einer isolierten Umgebung, die die Applikation von den Ressourcen des Betriebssystems
abschirmt.

Unter Streaming versteht man dabei den eigentlichen Vorgang der Echtzeitübertragung einer
Anwendung über das Netzwerk auf das Endgerät. Liegt eine ausreichend schnelle Netzwerkverbindung
vor, nimmt der Benutzer keinen wesentlichen Unterschied im Vergleich zu einer lokal installierten
Anwendung wahr. Ist eine Anwendung einmal auf das Endgerät geladen, bleibt sie dort verfügbar und
ist somit auch im Offline-Modus verwendbar. Sobald wieder eine Verbindung zum Server besteht,
erfolgt automatisch ein Abgleich mit dem gespeicherten Anwendungsprofil. Änderungen und
Software-Updates lassen sich auf diese Weise einfach und kosteneffizient an alle Clients
übertragen. Dies stellt sicher, dass Anwender stets mit der aktuellen Anwendungsversion
arbeiten.

Der Administrator kann allerdings auch festlegen, dass Anwendungsprofile nach Ausführung auf dem
Endgerät zu löschen sind, falls das bei sicherheitskritischen Anwendungen erforderlich sein sollte.
Dann wird die Anwendung jedes Mal neu gestreamt und ist so allerdings nur verfügbar, wenn das
Endgerät online ist.

Das Streaming von Anwendungen bietet Unternehmen eine ganze Reihe von Vorteilen. Neben den
erwähnten Kosteneinsparungen und der garantierten Anwendungskompatibilität ist Streaming zudem
sicherer. So muss der Anwender zum Beispiel nicht mehr selbst für nötige Sicherheits-Updates auf
seinem Desktop sorgen. Bei der nächsten Benutzeranmeldung streamt der Server automatisch die
neueste Version mit den aktuellen Hotfixes zum Anwender, sobald der Administrator alle Updates und
Patches auf dem Server installiert und für das Streaming bereitgestellt hat. Wenn ein Anwender die
gestreamten Applikationen off- line nutzt, arbeitet er allerdings immer auf dem Stand des letzten
Streamings des Profils.

Streaming eröffnet die Möglichkeit zu flexiblen und individuellen Lizenzmodellen. Im Grunde
hängt es dann von den Definitionen des Administrators beim Anlegen der Applikationsprofile ab, wie
Lizenzen vergeben und benutzt werden. Ein positiver Aspekt ist zum Beispiel die Möglichkeit, bei
der Erstellung eines Anwendungsprofils eine Laufzeit festzulegen, nach deren Ablauf die Ausführung
nicht mehr möglich ist. Dies ist beispielsweise interessant, wenn externe Dienstleister eine
Anwendung im Rahmen eines Projekts lokal auf ihren eigenen Rechnern nutzen sollen, aber diese ihnen
nach Ablauf der Projektphase nicht mehr zur Verfügung stehen soll. So sparen Unternehmen
Administrationskosten und Lizenzgebühren.

Problem Lizenzpolitik

Doch diese Individualität bei der Lizenznutzung hat ihre Grenzen. Dafür sorgen die umgebende
IT-Struktur und vor allem die Lizenzmodelle, die die benutzten Applikationen vorgeben. Ein Beispiel
ist hier die geräteabhängige Lizenzierung von Microsoft. Aber generell erlaubt Streaming
nutzungsabhängige Lizenzmodelle, da die Anwendungen ja nie auf dem Endgerät installiert, sondern
nur dort genutzt werden.

Streaming lässt sich technisch auch mit Server-based Computing kombinieren. Es ist zum Beispiel
möglich, auf Anwendungen und Daten über einen zentralisierten Server zuzugreifen und gleichzeitig
andere Anwendungen zu streamen. Aber auch eine zweite Variante ist denkbar: Der Endanwender kann
auf eine Applikation via Server-based Computing zugreifen. Die Applikation läuft auf dem SBC-Server
ab. Im Hintergrund könnte aber ein Fileserver diese Applikation auf den SBC-Server streamen. Die
eigentlich Applikation beziehungsweise deren Profil wäre dann nur auf diesem Fileserver installiert
und nicht auf dem SBC-Server. Diese Mischform benötigt sehr viel weniger Bandbreite und bietet
somit zusätzliches Einsparpotenzial.


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