Switches mit Power over Ethernet

Übers LAN unter Strom

10. April 2005, 22:55 Uhr | Stefan Mutschler

Die Stromversorgung von Geräten über das Ethernet-Kabel (Power over Ethernet, PoE) gemäß dem IEEE-Standard 802.3af gehört für LAN-Switches immer mehr zur Grundausstattung. Mit der Integration von Sprachanwendungen in die Datenwelt gewinnt PoE als Katalysator für die Verfügbarkeit zusätzlich an Bedeutung. Nur für 10/100-Ethernet vorgesehen, bieten einige Hersteller PoE inzwischen auch über Gigabit-Ethernet-Links. Bei den Switches sind neben "nackter" Power vor allem Managementfähigkeiten gefragt.

Bereits 1999 begann im IEEE-Gremium die Arbeit an der Standardisierung von Power over Ethernet
(PoE) – nicht von ungefähr sehr zeitnah an der Verabschiedung des 802.11b-WLAN-Standards. Denn
WLAN-Access-Points waren unter den ersten Geräten, für die eine Stromversorgung über das
Netzwerkkabel als unabdingbar galt. Insbesondere beim Aufbau von Outdoor-Funkverbindungen, bei
denen der Access Point mit einem möglichst kurzen Kabel zur Antenne verbunden sein sollte, hilft
die Spannungsübertragung per LAN-Kabel über bis zu 100 Meter.

Die formelle Absegnung des 802.3af-Standards zog sich allerdings bis zur Jahresmitte 2003.
Player der ersten Stunde waren Unternehmen wie 3Com, Intel, Powerdsine, Nortel, Mitel und National
Semiconductor. Heute gibt es praktisch keinen Switch-Hersteller mehr, der PoE nicht zumindest
optional anbietet. Neben den Großen wie Alcatel, Avaya, Cisco, Extreme, Foundry, HP, Nortel und
Siemens zählen dazu auch Kleinere wie D-Link, Lancom, Netgear und viele weitere.

Der 802.3af-Standard erlaubt zwei verschiedene Methoden, um Strom an die Verbraucher zu liefern:
Beim ersten fließt der Strom über die gleichen Adernpaare, über die auch die Daten übertragen
werden (Phantomspeisung); beim zweiten kommen die beiden ungenutzten Adernpaare zum Einsatz
(Spare-Pair-Verfahren). PoE-Endgeräte müssen beide Verfahren unterstützen, beim Switch muss sich
der Hersteller für eines von beiden entscheiden.

Ein PoE-Switch muss in der Lage sein zu erkennen, ob an seinen Ports PoE-fähige Endgeräte
angeschlossen sind und welcher Leistungsklasse diese zugehören. Auch hierfür gibt es ein
Standardverfahren. Es nennt sich Resistive Power Directory und kommt bei allen einschlägigen
Anbietern zum Einsatz.

PoE-Gerätezahl nimmt drastisch zu

Inzwischen ist auch eine breite Vielfalt von Appliances auf dem Markt, die sich standardkonform
über das LAN powern lassen, darunter IP-/Webkameras, Printserver, Handheld-Computer und sparsame
Notebooks, Lichtanlagen, Gebäudezugangskontrollsysteme (zum Beispiel Kartenleser) und nicht zuletzt
IP-Telefone. Mit den IP-Telefonen schließt sich wieder ein Kreis, denn in der alten analogen
Telefonwelt war die Stromversorgung des Fernsprechers bereits ein seit über 100 Jahren etabliertes
Konzept. Der Fantasie sind hier nur durch die Gesetze der Physik Grenzen gesetzt – denn starke
Verbraucher lassen sich (noch) nicht fern versorgen. So eignen sich die Twisted-Pair-Kabel wegen
ihres geringen Leitungsquerschnitts und der RJ45-Stecker nur für eine Leistung von etwa 13 Watt.
Dennoch kommen regelmäßig neue Geräte und Gerätetypen hinzu, und zumindest nach den Erwartungen von
IDC soll das auch in den nächsten Jahren so bleiben. Die Analysten erwarten laut einer Studie vom
Mai 2004 ein durchschnittliches jährliches Wachstum des PoE-Markts von 8,9 Prozent bis 2008.

Seit letztem Jahr gibt es von mehreren Seiten Aktivitäten, die auf eine leistungsfähigere
Spezifikation von PoE abzielen. Damit sollen letztlich fast alle Geräte, die mit dem Datennetz
verbunden sind, ihre Energie auch von dort beziehen – selbst starke Verbraucher. Cisco, Nortel und
Powerdsine haben entsprechende Ansätze entwickelt und bemühen sich nun beim IEEE um die
Ratifizierung eines Standards. Experten rechnen allerdings nicht damit, dass ein "
High-Power-over-Ethernet"-Standard oder "Dubbed PoE Plus", wie er in einer im November letzten
Jahres gebildeten Forschungsgruppe des IEEE-Gremiums heißt, bald kommen wird. Es soll noch
zahlreiche Probleme geben, die avisierten 40 Watt – ein genauer Wert für den Standard ist noch
nicht festgelegt – über PoE zu erzielen.

Die Tatsache, dass der Einsatz von PoE-Technik sehr viele Kosten spart, bildet gleichsam die
Garantie für das Gedeihen dieses Marktes: Wenn nur ein Satz Kabel (Twisted-Pair-Kategorien 3, 4, 5
und 7) statt zwei an das Gerät herangeführt werden muss, vereinfacht dies die Installation und
spart Platz in den überfüllten Kabelschächten. Auch ein teurer Elektriker ist so überflüssig, und
wenn das Gerät an einen anderen Platz kommt, geht das erheblich leichter vonstatten, als wenn zwei
Kabelanschlüsse mitverlegt werden müssten.

Traumgespann: VoIP, PoE und USV

Ein erst auf den zweiten Blick erkennbarer Optimierungsfaktor ist die Ausdehnung des
USV-Schutzes (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) auf alle Geräte, die über PoE angeschlossen
sind. Diese Eigenschaft ist insbesondere im Zusammenhang mit IP-Telefonen wichtig: Lange war die
Skepsis hinsichtlich der Ausfallsicherheit einer der größten Hemmschuhe bei der Verbreitung von
VoIP-Lösungen (Voice over IP) in Unternehmen. Die berechtigte Befürchtung: Wenn der Server
ausfällt, verhindert das nicht nur den Zugriff auf die Daten, sondern das Unternehmen ist auch
telefonisch von der Außenwelt abgeschnitten. Zentrale USV-Lösungen tragen hier in Verbindung mit
PoE entscheidend zur Steigerung der Verfügbarkeit bei.

Unternehmen, die ihre VoIP-Installation bereits mit Switches ohne PoE-Unterstützung realisiert
haben, müssen ihr Equipment nicht von heute auf morgen ausrangieren. Als Interimslösung gibt es
Power-Injektoren, die im Leitungsnetz zwischen Hub/Switch und Endgerät geschaltet werden.

Ein wichtiger Punkt bei gehobenen PoE-Lösungen für LAN-Switches ist das dynamische
Power-Management. Es erlaubt für jeden PoE-Port genau zu regeln, wie viel Strom maximal an ein
IP-Gerät geliefert werden soll. Einige Hersteller bieten zusätzlich an, den Ports unterschiedliche
Prioritätsstufen zuzuweisen, etwa "niedrig", "mittel" und "unternehmenskritsch". In Verbindung mit
einem Power-Monitor, der die verfügbare Strommenge ständig prüft, lassen sich dadurch niedrig
priorisierte Ports abschalten, wenn die Gesamtkapazität erschöpft ist. Alle Managementfunktionen
bezüglich PoE sollten sich in das SNMP-Management einbinden lassen, ideal ist auch ein
Web-Interface.

Da Endgeräte mit PoE-Bedarf künftig immer öfter über GbE-Anschlüsse angebunden sein werden,
rüsten einige Hersteller ihre Switches bereits entsprechend auf, allerdings auf proprietärer
Basis.


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