Test: Seetec 5

Videoleitstand auf IP-Basis

9. Mai 2006, 23:25 Uhr | Kurt Pfeiler

Die netzwerkbasierende Videoüberwachungssoftware Seetec 5 ermöglicht das gleichzeitige Monitoring sowie die Aufzeichnung vieler Einzelkameras. Sie verbindet dies mit einem konfigurierbaren Alarmmanagement, das beispielsweise auch die automatische Steuerung von Sicherheitseinrichtungen oder Haustechnik zulässt. LANline hat die Software in einer kleineren Testinstallation begutachtet.

Es ist noch nicht lange her, dass Videoüberwachung eine Domäne analoger CCTV-Systeme (Closed
Circuit Television) war. Die Rolle analoger TV-Kameras übernehmen heute weitgehend IP-basierende
Systeme, die in Bezug auf Kosten, flexiblen Einsatz, Bildqualität und integrierter Intelligenz
ihren Vorgängern zunehmend überlegen sind. Der Ergeiz und Entwicklungseifer der IP-Kamerahersteller
richtet sich dabei sehr stark auf die "Autarkie" der Systeme: Anschließbare oder integrierte
Sensorik – bis hin zur selbstständigen Bewegungserkennung (Motion Detection) – sowie
programmierbare Aktionsmechanismen vom Schaltausgang bis zur automatischen Alarmbildübertragung via
E-Mail machen es beim punktuellen Einsatz oft überflüssig, dass ein menschlicher Beobachter das
Videobild permanent am Webbrowser überwachen muss.

Lösungen für den Aufbau komplexerer Überwachungslandschaften, bei denen permanentes Monitoring
und eventuell auch die kontinuierliche Bildaufzeichnung vieler Überwachungskameras gefordert sind,
überlassen die Kameraentwickler externen Zusatzprodukten. Teilweise haben die Hersteller solche
Erweiterungslösungen selbst im Angebot – dann allerdings in der Regel ausschließlich zur
Unterstützung eigener Kamerasysteme.

Dies ist die Chance für Fremdhersteller wie dem deutschen Softwarehaus Seetec Communications,
das mit "Seetec 5" eine Videoüberwachungssoftware anbietet, die IP-Kameras und IP-Kameraserver
unterschiedlicher Hersteller (aktuell Axis, Mobotix, Panasonic und Sony) integriert. Über die
Kameraserver lassen sich indirekt auch traditionelle Analog-TV-Kameras einbinden. Für
IP-basierendes Facility Management unterstützt Seetec speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) von
Beckhoff und Advantech.

Die Seetec-Lösung blickt bereits auf eine längere Entwicklungsgeschichte zurück: In der Version
3.2.1.0 und damals noch als Einzelplatzprodukt mit der Bezeichnung Viewpoint war sie bereits im
LANline-Test vertreten (LANline Spezial V/2002). Inzwischen steht mit Seetec 5 eine vollständig
neue Generation dieser Überwachungslösung zur Verfügung, die als Client-/Server-Architektur mit
modularem Aufbau konzipiert ist. Bei Skalierung über mehrere Serverrechner hinweg lassen sich im
Rahmen einer Installation maximal 1000 Kameras betreiben. Die gleiche Grenze gilt für die in dem
Mehrplatzsystem verwalteten Benutzer. Seetec 5 adressiert nach Angaben des Herstellers damit
beispielsweise auch die Videoüberwachung in logistischen Einrichtungen, in Bankgebäuden,
Krankenhäusern, im Verkehrsbereich oder an vernetzten Unternehmensstandorten.

Es geht natürlich auch ein paar Nummern kleiner: Im Test hatten wir in verschiedenen
Konstellationen maximal sieben Kameras der Hersteller Axis (Modelle 205, 221, 213PTZ und 225FD) und
Mobotix (Modelle M1 und M10) im Einsatz. Da sich die Zahl der unterstützten Kameras über
Lizenz-Keys regeln und stufenweise erweitern lässt, kann der Einsatz von Seetec 5 auch in kleineren
Umgebungen attraktiv sein. Unter der Bezeichnung Seetec Light steht auf der Homepage des
Herstellers sogar eine kostenlose und zeitlich unbegrenzte Vollversion des Produkts zum Download
zur Verfügung, die auf die Unterstützung einer einzigen Kamera beschränkt ist. Für ein erstes
Kennenlernen des Produkts wie Installation, Benutzeroberfläche und Konfigurationsmöglichkeiten
bietet die Light-Version bereits einen guten Ausgangspunkt. Darüber hinaus kann sie noch als "
Geheimtipp" für all diejenigen gelten, die ein geeignetes Recording-Tool für gelegentliche
Langzeitaufzeichnungen ihrer Netzwerkkamera suchen.

Modularer Aufbau

Seetec 5 besteht aus einem modularen Server sowie einem Windows-Client für Benutzer und
Administration. Beide Komponenten kommunizieren über IP – auch dann, wenn die gesamte Installation
auf einen Rechner beschränkt ist ("Remote"-Clients erfordern zusätzliche Lizenzen). Als
Serverbetriebssystem kommt neben Windows 2000 Professional, Windows XP Professional und Windows
Server 2003 auch Suse Linux Professional 9x in Frage. Für den Client gelten die genannten
Windows-Varianten. Die Hardwareanforderungen hängen von den Anforderungen ab – grundsätzlich gilt
das Motto: je mehr desto besser. Als Mindestanforderungen für den Server nennt der Hersteller einen
2,8-GHz-Prozessor (Pentium 4 oder Vergleichbarer) sowie 512 MByte RAM. Beim Serversystem liegt ein
Schwerpunkt auf der Festplattenkapazität für die Bildaufzeichnungen, beim Client zählen
insbesondere Rechenleistung und Grafikausstattung. Auch 64-Bit- und Mehrprozessorsysteme sowie
Multimonitorbetrieb passen in die Seetec-5-Installationslandschaft.

Aufgrund des modularen Konzepts lässt sich die Serverinstallation auch auf mehrere Rechner
aufteilen, die in dieser verteilten Installation (zusätzliche Lizenzen nötig) dann unterschiedliche
Aufgaben übernehmen können. Mehrfach auslagern lassen sich dabei die Bildspeicher
(Multimedia-Database) sowie das so genannte Camera-Management (zuständig für Kamera- und
Client-Verbindungen). Einmalig in jeder Installation ist der "Autorization-Manager", der für die
zentralen Aufgaben wie die Verwaltung der Benutzer- und Alarmdaten zuständig ist, und an dem sich
die Clients anmelden.

Bei der Standardinstallation von Seetec 5 auf einem Windows-System braucht sich der
Administrator um nicht viel zu kümmern: Alle Komponenten werden automatisch auf demselben Rechner
eingerichtet. Ungewöhnlich sind allenfalls die selbstständige Installation von Microsofts
Dotnet-Framework 1.1 (falls noch nicht vorhanden) sowie die etwas langwierige Anlage der vom System
genutzten SAP-Datenbank. Anschließend kann sich der Administrator über den Client einloggen und mit
der Konfiguration – zum Beispiel dem Einrichten der ersten Kamera – beginnen. Mit etwas Glück sind
die Schritte bis zum ersten Videobild in einer Viertelstunde erledigt.

Noch einmal zum Konzept: Die Clients kontaktieren ausschließlich den Seetec-Server. Sie haben
nie direkten Kontakt mit den Netzwerkkameras. Es ist der Seetec-Server, der die gesamte
Kommunikation mit der beteiligten Hardware bestreitet und beispielsweise die Video-Streams der
einzelnen Kameras anfordert sowie gegebenenfalls aufzeichnet. Die Endbenutzer erhalten ihr
Bildmaterial – aufbereitet vom Server – "aus zweiter Hand". Zudem kann die Administration über die
Benutzer- und Rechteverwaltung sehr differenziert festlegen, wer was sehen darf und welche
Aktionsmöglichkeiten von einem bestimmten Überwachungsmonitor aus zugelassen sind. Die
Seetec-Lösung unterstützt also nicht nur die Überwachung mit vielen Kameras, sondern auch die
parallele Aufbereitung für teilweise sehr unterschiedliche Aufgabenbereiche.

Ferner ist es möglich, sich von einem Client aus wahlweise an unterschiedlichen
Seetec-Installationen anzumelden. Ein Szenario mit mehreren separaten statt einer zentralen
Installation ist bei Unternehmen mit unterschiedlichen Standorten eventuell geeigneter, wenn die
Überwachungsaufgaben im Wesentlichen standortbezogen sind. Probleme bei unternehmensinternen "
Querverbindungen" – sowohl Server-Server, besonders aber Server-Client – könnten Inhouse-Firewalls
bereiten: Seetec nutzt neben seinen zentralen Ports 60.000 bis 60.009 teilweise auch den Bereich
von 50.000 bis 60.000 sowie beliebige TCP-Ports für die Client-Kommunikation. Es obliegt dann der
Netzwerkadministration, an den Firewalls die nötigen Freischaltungen vorzunehmen.

Seetec-Client

Der Seetec-Client bietet vier unterschiedliche Hauptbildschirme, die je nach Berechtigung zur
Auswahl stehen: Der Überwachungsmodus, der Archivmodus, die Ereignisüberwachung (Auswertung der
Log-Daten) sowie der Konfigurationsmodus. Der Überwachungsmodus steht allen Benutzern zur Verfügung
und bietet die Arbeitsoberfläche für das Echtzeit-Monitoring. Hier kann der Anwender die
angebotenen Kameras zur Betrachtung aufrufen, beziehungsweise mehrere Kameras für eine
Mehrfachansicht zusammenstellen. Zwischen solchen Ansichten lässt sich auch manuell oder
automatisch wechseln. Die Administration kann aber auch so genannte "Wächterrundgänge" mit
entsprechenden Bildabfolgen in der Konfiguration vordefinieren, die sich hier bei Bedarf aufrufen
lassen. Ebenfalls möglich ist die Steuerung von PTZ-Kameras. Ein dritter Aktionsbereich sind so
genannte Buttons die ebenfalls die Administration vordefiniert und mit unterschiedlichsten
Funktionen hinterlegen kann: Zum Beispiel Alarmbildaufzeichnung, spezielle Kamerasteuerungen oder
Schalten der Raumbeleuchtung. Der Überwachungsmodus signalisiert dem Betrachter aber auch
Alarmsituationen der einzelnen Kameras (die Details legt die Administration fest). Wie "
aufdringlich" ein solcher Alarm ausfällt – von der einfachen roten Umrahmung des Kamerabilds, über
Sound-Einspielung bis zur nötigen Quittierung von Alarmereignissen – hängt von den
Konfigurationsvorgaben ab. Ist das Überwachungspersonal bei einem Alarm gerade nicht am Platz, geht
dieser nicht verloren. Der Alarm wird aufgelistet, und die zugehörige Bildsequenz lässt sich in
einem separaten Bildfenster abspielen.

Im Archivmodus können berechtigte Benutzer die Langzeitaufzeichnung einer oder bei Bedarf
mehrerer Kameras unter die Lupe nehmen. Der Player bietet eine skalierbare Zeitachse mit Datum und
Uhrzeit, über die sich die gesamte Aufzeichnung – seien es Stunden oder Tage – blitzschnell
zurückrufen lässt. Dass dies alles während des laufenden Serverbetriebs – also bei kontinuierlicher
weiterer Aufzeichnung geschieht – ist beeindruckend. Details kann der Betrachter auch in "Echtzeit"
oder beispielsweise rückwärts abspielen. Alarmbereiche sind in der Zeitachse rot hervorgehoben und
lassen sich so schnell auffinden, aktuelle "offene" Alarme können über eine Liste angesteuert
werden. Im Player lassen sich die Videobilder mehrerer Kameras auch synchronisieren: So kann der
Betrachter Ereignisse, die von mehreren Kameras gleichzeitig oder aufeinander folgend festgehalten
wurden, sauber rekonstruieren. Wie im Überwachungsmodus besteht auch im Archivmodus die
Möglichkeit, Einzelbilder zu speichern oder auszudrucken, hinzu kommt hier die Option,
Videosequenzen als AVI-Dateien abzuspeichern. Dafür stehen die auf Betriebssystemebene
installierten Codecs sowie unkomprimierter Export zur Verfügung. Die maximale Größe der AVI-Datei
beträgt 4 GByte.

Konfiguration

Der Konfigurationsmodus ist ausschließlich die Domäne des Administrators. Hier geht es
hauptsächlich um Punkte wie das Einpflegen der Kameras mit den nötigen Detailinformationen, die
Ausarbeitung von "Alarmszenarien", das heißt die Verknüpfung von Ereignisauslösern mit gewünschten
Aktionen, sowie die Benutzer- und Rechteverwaltung. Hinzu kommen Konfigurationsmöglichkeiten
beispielsweise für Wächterrundgänge und Buttons, für Lagepläne, vorgefertigte Ansichten oder die
Zeitverwaltung. Weitere Konfigurationspunkte wie Systemverwaltung, Ereignisverwaltung oder "Server"
erfordern nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Die gesamte Konfiguration ist in einer hierarchischen
Baumstruktur angeordnet und damit sehr übersichtlich handhabbar. Ihre Komplexität wächst dynamisch
mit der Zahl der vom Administrator angelegten Objekte und ihren zugehörigen Attributen. Definiert
der Administrator beispielsweise eine neue Kamera (Hersteller, Typ, IP-Adresse, Account, Passwort
etc.), so lässt sich diese anschließend über den vergebenen Namen in anderen Konfigurationspunkten
wie Benutzerverwaltung, Alarmszenarien etc. nutzen. Dies gilt auch für Attribute wie beispielsweise
digitale Ein- und Ausgänge oder Preset-Positionen bei PTZ-Kameras. Im Grund ist diese Konfiguration
ähnlich aufgebaut wie ein Verzeichnisdienst und lässt erwarten, dass sie auch bei einer höheren
Zahl von Komponenten beherrschbar bleibt.

Mit zu den wichtigsten Konfigurationen bei den Kameras zählen die Einstellungen zum
Bildspeicher: Er lässt sich getrennt nach Standard- oder Alarmaufzeichnung in der Größe festlegen
oder auch deaktivieren. Hinzu kommen Angaben über die jeweilige Bildrate und Auflösung. Benötigt
der Anwender auch aussagekräftige Voralarmbilder, dann sollte er Standard- und Alarmaufzeichnung in
gleicher Qualität festlegen.

Sieht man von der PTZ-Unterstützung ab, beschäftigt sich die Seetec-Software nicht mehr als
unbedingt nötig mit den spezifischen Funktionen der Kameras. Sie beherrscht den Abruf der
Video-Streams und teilweise auch die direkte Einbindung der digitalen I/O-Ports. Bei Axis ist dies
jedenfalls der Fall, bei Mobotix jedoch nicht: Entsprechende Menüpunkte waren zwar auch dort
bislang vorhanden, funktionierten jedoch nicht und wurden mit der Softwareversion 5.1.4 aus dem
Programm genommen. Wer andere Kamerafunktionen von Seetec aus steuern will, kann dies
beispielsweise über Buttons regeln, denen sich auch entsprechende URLs zur Steuerung des HTTP-API
unterlegen lassen.

Eine wichtige Komponente für die Kommunikation von Seetec mit der Außenwelt – vor allem mit den
Kameras – stellt "Seetec IO" dar. Dieser Funktionsbereich besteht aus einer Server- (Eingänge) und
einer Client-Komponente (Ausgänge) für die einfache Kommunikation via TCP-Notifikationen oder
HTTP-Requests. Über die Eingänge lassen sich beispielsweise Event-Notifikationen von den Kameras an
Seetec übermitteln und dort zur Auslösung von Alarmszenarien nutzen. In umgekehrter Richtung bietet
sich hier prinzipiell die Möglichkeit, Steuersignale an die Kameras abzusetzen. In der Praxis
scheitert Letzteres allerdings daran, dass die Steuerpfade der Kameras in der Regel
passwortgeschützt sind und bislang in der Konfiguration keine Möglichkeit besteht, die nötigen
Informationen einzutragen. Der Hersteller will hier noch nachbessern. Insgesamt ist Seetec IO zwar
ein technisch sinnvoller Weg, mehr Flexibilität und Automation in das System zu bringen. Dennoch
bringt er viel Unübersichtlichkeit mit sich und wirkt in der objektorientierten
Konfigurationslandschaft von Seetec bislang als Fremdkörper.

Fazit

Zwei Punkte sind noch zu nennen, die Seetec 5 nicht erfüllt: Die Software bietet heute – im
Gegensatz zu früheren Versionen – keine eigene Motion Detection und setzt hier auf die Fähigkeiten
moderner Netzwerkkameras. Allerdings will der Hersteller diese Funktion in Zukunft wieder
aufgreifen. Zum zweiten bietet Seetec 5 keine Audiounterstützung – es existiert auch keine "Tonspur"
bei der Videoaufzeichnung. Der Hersteller plant jedoch, in Zukunft Voice over IP (SIP) zu
implementieren. Bei den Video-Streams unterstützt Seetec 5 neben dem bewährten und von allen
Herstellern unterstützten Motion-JPEG auch das spezielle Mobotix-Format MxPEG. Im Test konnte diese
Alternative jedoch aus Performance-Gründen nicht überzeugen. Eine Unterstützung von MPEG-4 hat der
Hersteller bereits auf der Agenda.

Trotz einiger Verbesserungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten hinterließ Seetec 5 im Test
einen recht erfreulichen Eindruck. Selbst wenn hier nur relativ wenige Kameras zum Einsatz kamen,
traut man dem Produkt dennoch zu, auch in größeren Umgebungen zuverlässig zu arbeiten und den
Praxisanforderungen gerecht zu werden. Die Preise von Seetec 5 sind abhängig von den benötigten
Lizenzen. Ein bereits gut ausgestattetes "Grundpaket" mit fünf Kameralizenzen kostet beispielsweise
1523 Euro. Für kleinste Installationen und bis zu vier Kameras gibt es mit "Seetec Office" auch
eine eingeschränkte Variante für 314 Euro.

Info: Seetec Communications Tel.: 07256/8086-0 Web: www.seetec.de


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