Test: Novell Groupwise 2014

Bruch mit den Traditionen

8. Mai 2014, 6:00 Uhr | Werner Degenhardt und Edmund Weber/pf

Novell Groupwise 2014 empfiehlt sich auch in der neuen Version als sicheres, robustes und performantes E-Mail- und Groupware-System. Der Fokus auf Benutzerfreundlichkeit und der Verzicht auf historischen Ballast machen das Produkt nicht nur für große Organisationen, sondern auch für kleine Umgebungen interessant. Kostenbewusste Unternehmen oder solche, die mit dem Gedanken spielen, ihre Kommunikation der Cloud zu übergeben, haben mit Groupwise 2014 eine gute Alternative.Mit Groupwise 2014 bringt Novell ein Produkt auf den Markt, das an vielen Stellen mit der Tradition bricht. Der Hersteller hat fünf Jahre lang daran gearbeitet, Groupwise aus der Bindung an Novell Edirectory zu lösen sowie die Verwaltungsschnittstelle vollkommen zu erneuern und auf HTTP umzustellen. An der grundlegenden Architektur der Lösung und dem "Flexible and Adaptable Information Manager" (Flaim), der als Datenbankmaschine für die hohe Performanz und Skalierbarkeit von Edirectory und Groupwise verantwortlich ist, hat sich jedoch nichts geändert. So präsentiert sich Groupwise jetzt als ein System, das in allen denkbaren IT-Umgebungen zum Einsatz kommen kann. Groupwise 2014 umfasst folgende sechs Komponenten: Message Transfer Agent (MTA), Post Office Agent (POA), Document Viewer Agent (DVA), Internet Agent (GWIA), Monitor Agent sowie Administration Web Service (GW REST API). Der Post Office Agent kümmert sich um die Mailboxen der Benutzer und spricht mit dem Message Transfer Agent, der für die Übertragung von Nachrichten zwischen den Post Offices und verschiedenen Groupwise-Domänen verantwortlich ist. Der Internet Agent kommuniziert mit dem MTA einer Groupwise-Domäne und stellt die Verbindung mit der SMTP-Außenwelt dar. Der Document Viewer Agent dient dem "Webaccess"-Service für die Anzeige von Dokumenten und Attachments in HTML. Der Monitor Agent wiederum überwacht den Status der Groupwise-Agenten und den Nachrichtenfluss durch das System. Eine besondere Rolle spielt das REST API, das es erlaubt, über verschiedene Methoden (zum Beispiel Kommandozeile, JSON oder XML) den Administrations-Web-Service mit Aufträgen zu versorgen. Dies können Änderungen an einzelnen Objekten sein, Batch-Operationen, Verwaltungsaufgaben auf den Datenbanken, Informationsabfragen für die Publikation von Informationen in Groupwise oder in einer Web-Anwendung sowie die Einbettung von Groupwise-Funktionen in andere Produkte.   HTTP-Verwaltungskonsole Die HTTP-Verwaltungskonsole von Groupwise 2014 war lange in Planung und Entwicklung. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Dabei sind alle Funktionen weiterhin vorhanden, die der Groupwise-Administrator aus der bisherigen "Consoleone" kennt, und es sind noch einige neue hinzugekommen. Vor allem sind die benötigten Funktionen jetzt endlich dort zu finden, wo sie der Administrator im Fluss der Arbeit erwartet: Es existiert immer ein kurzer Weg zum Ziel. Die attraktivste Neuheit in der Verwaltungsschnittstelle von Groupwise 2014 ist die "Globale Suche": Der Administrator tippt ein paar Zeichen ein, und die Suchfunktion bringt alles zum Vorschein, was dazu passt, beschränkt sich aber auf maximal zehn Fundstellen. In den jeweiligen Anzeigefenstern lassen sich Filter definieren, ein Fragezeichen führt zu einer gut angepassten kontextsensitiven Hilfe. Mit Groupwise 2014 ist es zudem möglich, Administrationsaufgaben an weitere Benutzer zu delegieren - zum Beispiel an Verantwortliche für ein bestimmtes Post Office.   LDAP und Verzeichnisdienste Während frühere Versionen eng mit dem Novell-Verzeichnisdienst Edirectory verzahnt waren, kommt Groupwise 2014 ohne diese Abhängigkeit aus und wird dadurch auch für kleine und mittlere Unternehmen interessant, denen die Ressourcen für die Einführung eines Identitäts-Managements fehlen. Falls jedoch im Unternehmen ein Verzeichnisdienst vorhanden ist, kann Groupwise 2014 per LDAP auf Benutzer und Benutzergruppen beispielsweise in NetIQ Edirectory oder Microsoft Active Directory zugreifen. Es lassen sich unterschiedliche LDAP-Verzeichnisse und darin enthaltene Container für den Import von Benutzern und Benutzergruppen in die Post Offices anschließen. Jeder Benutzer in einem Post Office kann aus einem anderen LDAP-Verzeichnis stammen. Groupwise ist zudem in der Lage, die E-Mail-Adresse in das LDAP-Verzeichnis zurückzuschreiben. Zum Zugriff auf die Mailbox authentifizieren sich die Benutzer an der Groupwise-Datenbank oder an einem externen LDAP-Verzeichnis. Für jeden Benutzer lässt sich dabei eine eigene Authentifizierungsquelle definieren. In diesem Test importierten wir mehr als hunderttausend Benutzer der Universitäten München und Regensburg aus den jeweiligen NetIQ Edirectories in das Testsystem. Dies funktionierte reibungslos. Voraussetzung ist dabei, dass Edirectory auf dem Stand 8.8 ist und LDAP-Paging unterstützt.   Andere Verbesserungen und Änderungen Novell hat mit Groupwise 2014 auch den Internet Agent GWIA grundlegend überarbeitet sowie die Performanz der Verarbeitung von IMAP-Anforderungen erheblich verbessert. Novell geht davon aus, dass die Diversität unterschiedlicher Geräte, mit denen Benutzer auf das E-Mail-System zugreifen, tendenziell zunimmt und dass IMAP gleichsam den kleinsten gemeinsamen Nenner für diese Endgeräte darstellt. Die zweite Linie der Synchronisierung von E-Mails mit der Vielzahl unterschiedlicher Endgeräte stellt weiterhin das Activesync-Protokoll dar. Novell bietet mit den Produkten "Datasynchronizer" und "Groupwise Mobility Service" (GMS) zwei Möglichkeiten, E-Mails, Termine und Adressen auf entsprechenden Geräten zu synchronisieren. Das Dokumenten-Management hat in Groupwise 2014 allerdings weiter an Bedeutung verloren. In der Verwaltungskonsole gibt es jetzt keine Möglichkeiten mehr, Metainformationen für Dokumente zu definieren und zu verwalten. Novell empfiehlt, für die Speicherung und Verwaltung von Dokumenten die Produkte "Novell Vibe" und "Novell Filr" zu verwenden. Der entscheidende Aspekt am neuen Windows-Client von Groupwise 2014 ist, dass der Anwender auf den ersten Blick keine Änderung gegenüber früher bemerkt. Normalerweise bringt eine neue Programmversion Änderungen für den Benutzer mit sich, an die er sich erst gewöhnen muss, bevor er sie als Verbesserung empfindet. Mit dem Groupwise-2014-Client arbeitet der Benutzer wie gewohnt und bemerkt ganz nebenbei, dass er das, was er benötigt, schneller findet als früher.   Windows-Client Novell nennt diesen Ansatz "Fluid Interface" und meint damit, dass die Benutzerschnittstelle immer einfacher wird, je länger der Benutzer damit arbeitet. Die Funktionen und Kommandos, die der Anwender am häufigsten benutzt, rücken in den Vordergrund, die seltener verwendeten verstecken sich. Ein Grund für das angenehme Arbeitsgefühl kann darin liegen, dass die Entwickler mit grafischen Elementen viel Aufwand getrieben haben und der neue Windows-Client dadurch in unaufdringlicher Schönheit erstrahlt. Leider konnte sich Novell auch diesmal nicht dazu durchringen, Emoticons zur Verfügung zu stellen. Diese gehören inzwischen zum allgemeinen Kommunikationsbedarf im Internet, und es gibt keinen vernünftigen Grund, sich dagegen zu stemmen. Auch "Enterprise"-Software muss nicht nur nüchtern sein.   Web-Client Das Look and Feel des Windows-Clients findet sich auch im neuen "Webaccess"-Client wieder. Letzterer lässt sich ebenso flüssig bedienen wie der Windows-Client und unterscheidet sich im Grunde nur durch den reduzierten Funktionsumfang von seinem großen Bruder. Bemerkenswerterweise macht es keinen Unterschied, welcher Browser zum Einsatz kommt. Wir haben gebräuchliche Versionen ausprobiert wie Firefox 28.0, Internet Explorer 11, Chrome 33.0.1750.154 und Opera 12.16. Darstellung und Reaktionsweise von Webaccess sind über die genannten Browser hinweg identisch. In dieser Hinsicht haben die Entwickler akribisch gute Arbeit geleistet. Webaccess ist auch in einer Version für Tablets verfügbar, die die eingeschränkte Navigationsfähigkeit dieser Geräte berücksichtigt.   Integration und Koexistenz Für die Erweiterung der Kommunikationsmöglichkeiten von Groupwise 2014 stellt Novell Integrationen mit den Instant-Messaging-Systemen "Skype" und "Novell Messenger" zur Verfügung. Die Skype-Integration funktioniert gut. Telefon, Video-Call, SMS, Instant Messaging - alles ist nur einen Click entfernt. Unternehmen, die sich nicht auf einen solchen Cloud-Dienst außerhalb des europäischen Rechtsraums einlassen wollen, können den Novell Messenger nutzen. Auch diese Integration funktioniert gut. Allerdings benötigt der Novell Messenger ein Edirectory - von dem sich Groupwise 2014 eben verabschiedet hat. Offenbar marschieren die Entwicklerkompanien noch nicht im Gleichschritt. Die Integration von Novell Vibe in Groupwise ist unverändert vorhanden. Wer damit arbeitet, spürt allerdings, dass Web-2.0-Collaboration und klassische E-Mail doch zwei unterschiedliche Welten sind. Ein flüssiger Übergang ist dabei noch nicht garantiert: So ist es beispielsweise nicht möglich, Items mit der Maus einfach aus dem Groupwise-Client zu nehmen und nach Vibe zu verschieben oder umgekehrt. Der Anwender muss dazu die Groupwise-Items umständlich in die Vibe-Ordner ziehen, die der Groupwise-Client in einer Ordnerliste anzeigt. Bauartbedingt passen Web-Anwendungen und "Fat Clients" einfach nicht wirklich gut zusammen. Damit Änderungen in Unternehmenskonstellationen nicht zwingend zu einer Vereinheitlichung von E-Mail-Systemen führen müssen, gibt es die "Groupwise Coexistence Solution for Exchange". Diese Lösung synchronisiert die Systemadressbücher der beiden Groupware-Produkte und erlaubt die "Busy Search" über beide Systeme hinweg. E-Mails zwischen Novell Groupwise und Microsoft Exchange werden weiterhin wie zwischen Fremdsystemen ausgetauscht, das heißt sie laufen über den Groupwise GWIA und den Exchange Hub Transport.   Systemvoraussetzungen und Installation Der Groupwise-2014-Server ist als 64-Bit-Software realisiert. Diese läuft auf Windows (2008 R2, 2012) oder Linux (Novell OES 11, Suse Linux Enterprise Server 11). Die Software unterstützt die "Novell Cluster Services" für Linux und das Microsoft-Clustering für Windows. Als Virtualisierungsplattformen akzeptiert Groupwise 2014 die Lösungen VMware ESX/ESXi und Microsoft Hyper-V 2008/2012. Für den Test hatten wir Groupwise 2014 Beta 11 auf einer virtuellen Maschine im Rechenzentrum der Universität Regensburg unter OES 11 installiert. Die Installation wird durch einen Installation Wizard unterstützt und ist in jeder Hinsicht einfach. Dabei erfolgte die Synchronisation von über 100.000 Objekten aus den Verzeichnisdiensten der Universität Regensburg und der Universität München. Auf Lasttests haben wir verzichtet.   Marktchancen Wer schon bislang Groupwise einsetzt, wird dieses E-Mail- und Groupware-System in der neuen Version mit erhöhtem Vergnügen weiterverwenden. Der Funktionsumfang deckt alles ab, was das Unternehmen je benötigen wird, die Benutzbarkeit des Systems auf den verschiedensten Plattformen lässt sich als sehr gut bezeichnen. Unter den drei großen klassischen E-Mail-Systemen (Exchange, Lotus Domino und Groupwise) ist Groupwise dasjenige, das die geringsten Anforderungen an Infrastruktur und Administration stellt und - nach Aussagen der Analysten - die insgesamt günstigste TCO (Total Cost of Ownership) aufweist. Da der Markt bei großen Installationen weitgehend aufgeteilt ist, liegen die Marktchancen von Groupwise 2014 vor allem bei kleinen bis mittleren Organisationen und Unternehmen. Eine Inhouse-Groupwise-Installation lässt sich ohne Weiteres von einem Teilzeit-Administrator betreuen und stellt ohne zusätzliche Maßnahmen einen sicheren und verschlüsselten Datenspeicher zur Verfügung, der kaum teurer ist als eine Cloud-Lösung. Es kann gut sein, dass die Markteinführung von Groupwise 2014 von den jüngsten Ereignissen im Bereich von Datenschutz und Datensicherheit profitiert. Info: NovellTel.: 0211/5631-0Web: www.novell.com/de-de/products/groupwise

Mit verschiedenen Codebeispielen kann sich auch der wenig trainierte Administrator der Mächtigkeit der Kommandozeile nähern.

Bis auf den reduzierten Funktionsumfang ist der Web-Client vom Windows-Client kaum zu unterscheiden.

Der neue Windows-Client von Groupwise 2014 kommt dem Benutzer vertraut vor, ist aber in der Handhabung viel effizienter als der bisherige Client.

Das neue Browser-basierende Administrations-Interface von Groupwise 2014 löst die bisherige Consoleone ab und bietet wesentlich bessere Übersicht.

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