Fraunhofer IZM entwickelt Integrationstechnik für Kryo-Elektronik

Kalter Schalter

4. März 2022, 8:00 Uhr | Jörg Schröper
© Fraunhofer IZM

Quantentechnik und Highspeed-Rechner mit Supraleitern gehören zu den aktuellen Elektronik-Trends. Doch sind die Strukturen, mit denen sich zum Beispiel Qubits auf Chips ansteuern und in Echtzeit auslesen lasseb, bislang noch größer als die Qubits selbst. Forschende des Fraunhofer IZM haben nun einen Prozess entwickelt, mit dem sie die Anschlussdichte mit sogenannten Indium-Bumps im Vergleich zu bisherigen Lösungen verdoppeln.

Mit dieser Technik wollen die Forschungsteams nun die Ansteuerelektronik optimieren. Zusätzlich haben sie in Berlin ein Kryomesslabor eingerichtet, mit dem sie die Leistungsfähigkeit ihrer Elektronikaufbauten testen können.
Wie funktioniert so etwas? Fans der Science-Fiction kennen den Vorgang: Mit Hilfe der Kryostase wird die Hauptfigur eingefroren und kann einige Jahrhunderte später unbeschadet aus dem Kälteschlaf erweckt werden. Solche Utopien basieren auf ganz realer Wissenschaft: der Kryotechnik. Dabei werden Gase verflüssigt, indem sie Tiefsttemperaturen von -160 °C und noch kälter ausgesetzt sind. Während die Erkenntnisse der Kryotechnik Ende des 19. Jahrhunderts noch experimentell gewonnen wurden, haben inzwischen viele Branchen die Vorteile der extremen Kälte erkannt: In der Raumfahrt kommen beispielsweise Kryo-Sensoren für die Gravitationsmessung oder rauscharme Verstärker für sehr schwache Signale zum Einsatz. In der Kryochirurgie behandelt damit krankes Gewebe. Vor allem auf dem Gebiet der Quantentechnik ist die Kryotechnik relevant.

Um das Spektrum der Quantentechniken vom Computing über die Sensorik bis zur Quantenkommunikation realisieren zu können, ist die Entwicklung geeigneter und vor allem skalierbarer Fertigungstechnologien notwendig. Damit ein Quantencomputer echte Rechnungen löst und damit Anwendungen beschleunigt, bedarf es zusätzlicher, ansteuerbarer Qubits – mit Hunderttausenden bis sogar Millionen physikalischen Einheiten nicht gerade wenige.

Diese Qubits sind durch supraleitende Schaltkreise miteinander verbunden, also Leitungen, die bei bestimmter Kälte einen kaum noch messbaren elektrischen Widerstand aufweisen.

Um nun die Qubits auslesen und manipulieren zu können, bedarf es einer elektrischen Schaltung, die eine möglichst hohe Anschlussdichte besitzt. Außerdem muss sie thermisch entkoppelt sein, damit durch ihre Eigenerwärmung im Betrieb die gekühlten Qubits ihre Verschränkung nicht verlieren. Die so genannte Quantenüberlegenheit wird erst mit hohen Qubit-Zahlen erreicht, man geht derzeit von 100.000 oder sogar einer Million Qubits aus.

Die erreichbare Qubit-Dichte auf einem Halbleiterchip ist in vielen Fällen durch die Kontaktdichte limitiert. Beim Anschluss-Rastermaß, dem so genannten Pitch, ließ sich mit derzeitiger Technik seit Jahren der Wert von 15 Mikrometern nicht unterschreiten. Den Forschenden um Dr.-Ing. Hermann Oppermann vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM ist es nun gelungen, durch die galvanische Abscheidung von Indium einen Pitch von weniger als 7,5 Mikrometern zu realisieren.

Bei erforderlichen Umgebungstemperaturen von 20 Milli-Kelvin im Betrieb muss die Eigenerwärmung der elektrischen Leitungen extrem niedrig sein. Dafür sind supraleitende Materialien bestens geeignet. Den Forschenden um Oppermann ist die Abscheidung und Strukturierung von supraleitendem Niob und Nioblegierungen gelungen, die für die Verdrahtung von Schaltungsträgern in mehreren Lagen, so genannte Interposer, mit Durchkontaktierungen verwendet werden. Das Ergebnis sind äußerst verlustarme Schaltungsträger, mit denen sich Qubit-Arrays in Echtzeit ansteuern und zu hochdichten, skalierbaren Systemen für Quantenrechner integrieren lassen.


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